BMF: Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG bei gemischt genutzten Grundstücken
Veröffentlichung der BFH-Urteile vom 22. August 2013 – V R 19/09 = SIS 13 32 67, vom 7. Mai 2014 – V R 1/10 = SIS 14 15 59, vom 3. Juli 2014 – V R 2/10 = SIS 14 22 32, vom 10. August 2016 – XI R 31/09 = SIS 16 19 66, vom 26. April 2018 – V R 23/16 = SIS 18 12 61 und vom 11. November 2020 – XI R 7/20 = SIS 21 02 54 sowie der EuGH-Urteile vom 8. November 2012, C-511/10, BLC Baumarkt = SIS 12 33 74, und vom 9. Juni 2016, C-332/14, Wolfgang und Dr. Wilfried Rey Grundstücksgemeinschaft = SIS 16 11 88
Bundesministerium der Finanzen 20. Oktober 2022, III C 2 - S 7306/19/10001 :003 (DOK 2022/1029175)
Inhaltsverzeichnis
- Stand der Rechtsprechung in Bezug auf gemischt genutzte Grundstücke
- Umsetzung der Rechtsprechung
- Grundsätze
- Flächenschlüssel
- Objektbezogener Umsatzschlüssel
- Umbauter Raum
- Zuordnung
- Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
- Anwendungsregelungen
1 Verwendet ein Unternehmer die für sein Unternehmen gelieferten oder eingeführten Gegenstände und die in Anspruch genommenen sonstigen Leistungen sowohl für Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch für Umsätze, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG ausschließen, hat er die angefallenen Vorsteuerbeträge in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil aufzuteilen. Nach dem Unionsrecht ist für die Aufteilung im Grundsatz ein auf die Gesamtheit der von dem Unternehmer bewirkten Umsätze bezogener Umsatzschlüssel anzuwenden (Art. 173 Abs. 1 und 174 MwStSystRL, „Pro-rata-Satz“). Die Mitgliedstaaten können jedoch nach Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL in bestimmten Fällen von diesem Grundsatz abweichen. Von dieser Möglichkeit hat der deutsche Gesetzgeber mit § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG in Form des Vorranges von „anderen wirtschaftlichen Zuordnungen“ vor einer Aufteilung nach den Umsätzen Gebrauch gemacht.
I. Stand der Rechtsprechung in Bezug auf gemischt genutzte Grundstücke
2 Der EuGH hat mit Urteil vom 8. November 2012, C-511/10, BLC Baumarkt, BStBl II 2022 S. xxx, entschieden, dass es mit dem Unionsrecht vereinbar sei, wenn ein Mitgliedstaat zum Zweck der Berechnung des Pro-rata-Satzes für den Abzug der Vorsteuern aus einem bestimmten Umsatz wie der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes vorrangig einen anderen Aufteilungsschlüssel als den in Art. 19 Abs. 1 der 6. EG-RL (entspricht Art. 174 Abs. 1 MwStSystRL) vorgesehenen Umsatzschlüssel vorschreibt. Voraussetzung sei, dass die herangezogene Methode eine präzisere Bestimmung des Pro-rata-Satzes gewährleistet. Er bestätigte damit im Grundsatz die deutsche Rechtslage in § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG.
3 Der BFH hat mit Urteil vom 23. August 2013 – V R 19/09, BStBl II 2022 S. xxx, (Folgeurteil zum EuGH-Urteil C-511/10) entschieden, dass eine generelle Anwendung der wirtschaftlichen Zuordnung für alle Fälle der Vorsteueraufteilung dem Unionsrecht widerspreche (Rn. 23 des Urteils). Daher sei § 15 Abs. 4 UStG teleologisch einschränkend auszulegen und nur auf Fälle anzuwenden, in denen durch die Vorschrift präzisere Ergebnisse erzielt werden. Durch diese teleologische Reduktion sei § 15 Abs. 4 UStG unionsrechtskonform und ein Steuerpflichtiger könne sich nicht auf einen Umsatzschlüssel – statt auf einen Flächenschlüssel – berufen (Rn. 34 des Urteils).
4 Im Folgenden hat der BFH mit Urteil vom 7. Mai 2014 – V R 1/10, BStBl II 2022 S. xxx, an der Begründung in dem Urteil V R 19/09 nicht mehr im vollen Umfang festgehalten, sondern sie ergänzt und die noch in der Entscheidung V R 19/09 enthaltene Beschränkung auf Vorsteuerbeträge, die zugleich nach § 15a UStG berichtigungspflichtig sind, aufgegeben (Rn. 28 und 29 des Urteils). Danach sei eine Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel nur zulässig, wenn keine andere, präzisere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Der Flächenschlüssel schließe im Regelfall als präzisere Zurechnung die (gesamtumsatzbezogenen oder objektbezogenen) Umsatzschlüssel aus (Rn. 31 des Urteils). Allerdings seien die Vorsteuerbeträge nicht nach dem Flächenschlüssel aufteilbar, wenn die Ausstattung der Räumlichkeiten (z. B. wegen der Höhe der Räume, der Dicke der Wände und Decken oder in Bezug auf die Innenausstattung) erhebliche Unterschiede aufweist (Rn. 32 des Urteils). Wenn der Flächenschlüssel keine präzisere wirtschaftliche Zurechnung darstelle, gelte die Methode, die eine genauere Aufteilung ermögliche: Betreffen die Vorsteuerbeträge die mit dem Gebäude selbst erzielten Umsätze (z. B. Vermietungsumsätze), sei ein objektbezogener Umsatzschlüssel genauer. Wird das Gebäude hingegen insgesamt für die mit dem gesamten Unternehmen erzielten Umsätze genutzt (z. B. ein Verwaltungsgebäude), sei ein gesamtumsatzbezogener Umsatzschlüssel gerechtfertigt (Rn. 33 des Urteils).
5 Weiterhin hat der BFH mit Urteil vom 3. Juli 2014 – V R 2/10, BStBl II 2022 S. xxx, seine im Urteil V R 1/10 geäußerte Auffassung nochmals bestätigt: Der Umsatzschlüssel sei nur zulässig, wenn keine andere, präzisere Zurechnung möglich ist. Die Vorsteueraufteilung bei einem gemischt genutzten Grundstück richte sich im Regelfall nach dem objektbezogenen Flächenschlüssel. Vorsteuerbeträge seien nach dem (objektbezogenen) Umsatzschlüssel aufzuteilen, wenn die Ausstattung der Räumlichkeiten, die verschiedenen Zwecken dienen (z. B. wegen der Höhe der Räume, der Dicke der Wände und Decken oder in Bezug auf die Innenausstattung) erhebliche Unterschiede aufweist.
6 Der EuGH hat mit Urteil vom 9. Juni 2016, C-332/14, Wolfgang und Dr. Wilfried Rey Grundstücksgemeinschaft, BStBl II 2022 S. xxx, entschieden, dass eine direkte Zuordnung von Gegenständen und Dienstleistungen, welche die Anschaffung oder Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes betreffen, zu den Ausgangsumsätzen unionsrechtlich nicht erforderlich sei, wenn eine solche Zuordnung „in der Praxis schwer durchführbar“ ist (Rn. 28 des Urteils). Unter dieser Voraussetzung sei die Vorsteueraufteilung grundsätzlich auf Grundlage eines Pro-rata-Satzes vorzunehmen, der für die Gesamtheit der vom Unternehmer bewirkten Umsätze unter Anwendung des Umsatzschlüssels festgelegt wird (Rn. 31 des Urteils). Wie sich aus dem Urteil in der Rs. BLC Baumarkt ergebe, könnten die Mitgliedstaaten allerdings auch eine andere Berechnungsmethode anwenden, wenn die herangezogene Methode eine präzisere Bestimmung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs als die Bestimmung anhand der erstgenannten Methode (Umsatzschlüssel) gewährleistet (Rn. 32 des Urteils). Die gewählte Aufteilungsmethode müsse jedoch nicht zwingend die genauestmögliche sein (Rn. 33 des Urteils). Es obliege dem vorlegenden Gericht, zu prüfen, ob die Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug unter Anwendung des Flächenschlüssels zu einem präziseren Ergebnis führen kann als die Berechnung anhand des Umsatzschlüssels (Rn. 34 des Urteils).
7 Der BFH hat in seinem Urteil vom 10. August 2016 – XI R 31/09, BStBl II 2022 S. xxx, (Folgeurteil zum EuGH-Urteil C-332/14) entschieden, dass bei der Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes für den Vorsteuerabzug – im Gegensatz zu den Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung und Unterhaltung – nicht darauf abgestellt werden könne, welche Aufwendungen in bestimmte Teile des Gebäudes eingehen. Vielmehr komme es insoweit auf die prozentualen Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes an (Rn. 32, 34 und 38 des Urteils). Hingegen könnten Erhaltungsmaßnahmen den verschiedenen Nutzungsanteilen verhältnismäßig einfach unmittelbar zugeordnet werden (Rn. 40 des Urteils). Zudem schließt sich der XI. Senat mit diesem Urteil der Auffassung des V. Senats aus den Urteilen V R 1/10 und V R 2/10 an, dass der Flächenschlüssel regelmäßig eine präzisere Berechnung der abzugsfähigen Vorsteuern ermögliche als ein Umsatzschlüssel (Rn. 44 ff des Urteils).
8 Aufbauend auf die vorgenannte Rechtsprechung hat der BFH im Urteil vom 26. April 2018 – V R 23/16, BStBl II 2022 S. xxx, für den Fall einer Schulsporthalle entschieden, dass bei einer zeitlich abwechselnden Nutzung desselben Gebäudes zu steuerfreien oder steuerpflichtigen Zwecken eine Aufteilung nach den Nutzungszeiten zu einer präziseren wirtschaftlichen Zurechnung als der (unternehmensbezogene oder objektbezogene) Umsatzschlüssel führe (Rn. 22 des Urteils). Eine Vorsteueraufteilung anhand des objektbezogenen Flächenschlüssels komme nicht in Betracht, wenn es nicht um die gleichbleibende Nutzung verschiedener Funktionsbereiche gehe, sondern um die zeitlich abwechselnde Nutzung derselben Gebäudeteile (Rn. 23 des Urteils).
9 Schließlich bestätigte der BFH mit Urteil vom 11. November 2020 – XI R 7/20, BStBl II 2022 S. xxx, nochmals seine vorgenannte Rechtsprechung. Eine direkte Zuordnung von Eingangsleistungen zu den Ausgangsumsätzen betreffe „insbesondere die Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung des gemischt genutzten Gebäudes“ (Rn. 14 f des Urteils). Neben einer Bezugnahme auf die im Urteil XI R 31/09 genannten praktischen Probleme führt der BFH ergänzend an, dass dies auch gelte, da nicht ein bestimmter Gebäudeteil, sondern ein bestimmter Prozentsatz des Gebäudes für steuerpflichtige bzw. steuerfreie Umsätze genutzt werde (Rn. 16 des Urteils). Bestehen erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der verschiedenen Zwecken dienenden Räume, soweit es um Flächen innerhalb eines Gebäudes und auf dessen Dach geht, oder wenn eine Aufteilung nach dem Flächenschlüssel aus sonstigen Gründen nicht präziser ist, seien die Vorsteuerbeträge nach einem (objektbezogenen) Umsatzschlüssel aufzuteilen (Rn. 17 des Urteils). Dies lasse dann auch im Ausnahmefall keine Anwendung des Flächenschlüssels aufgrund einer Vergleichsbetrachtung zu (Rn. 27 des Urteils). Außerdem müsse nicht der Steuerpflichtige beweisen, dass der Umsatzschlüssel präziser ist als ein Flächenschlüssel (Rn. 29 des Urteils).
II. Umsetzung der Rechtsprechung
10 Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Aufteilung der Vorsteuer nach § 15 Absatz 4 UStG bei gemischt genutzten Grundstücken nach der genannten Rechtsprechung Folgendes:
1. Grundsätze
11 Im Fall von Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung und Unterhaltung von gemischt genutzten Gebäuden sind die Leistungen nach den allgemeinen Grundsätzen zunächst soweit möglich direkt den zum Vorsteuerabzug berechtigenden bzw. diesen ausschließenden Ausgangsumsätzen zuzuordnen. Verbleibende Vorsteuerbeträge sind sachgerecht aufzuteilen. Wegen dieses Verfahrens wird auf Abschnitt 15.17 Abs. 1 bis 4 UStAE hingewiesen. Für danach aufzuteilende Vorsteuerbeträge gelten die folgenden Ausführungen entsprechend.
12 Wird ein Gebäude durch einen Unternehmer angeschafft oder hergestellt und ist die Nutzung dieses Gebäudes durch den Unternehmer sowohl für vorsteuerunschädliche als auch für vorsteuerschädliche Umsätze beabsichtigt, sind dagegen die gesamten auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes entfallenden Vorsteuerbeträge einheitlich in einen abziehbaren und in einen nicht abziehbaren Teil aufzuteilen. Abweichend von Abschnitt 15.17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 UStAE ist keine vorherige direkte Zuordnung von Eingangsleistungen zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen bzw. diesen ausschließen, durchzuführen (vgl. BFH-Urteile vom 10. August 2016 – XI R 31/09 und vom 11. November 2020 – XI R 7/20, a. a. O.; siehe auch oben Rn. 7 und 9). Bei der Anschaffung eines Gebäudes, bei dessen Verkauf eine Teiloption nach Abschnitt 9.1 Abs. 6 UStAE erfolgt ist, sind die daraus resultierenden Vorsteuerbeträge nur dem Gebäudeteil wirtschaftlich zuzuordnen, auf den sich die Teiloption bezieht. Daher ist in diesen Fällen eine ggf. erforderliche Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG nur nach der Verwendungsabsicht für diesen Gebäudeteil vorzunehmen.
13 Die Vorsteueraufteilung muss nach einem sachgerechten Aufteilungsschlüssel erfolgen. Kommen neben dem Gesamtumsatzschlüssel (gleichbedeutend zu gesamtumsatzbezogenen oder gesamtunternehmensbezogenen Umsatzschlüssel) andere Aufteilungsschlüssel in Betracht, ist ein anderer Aufteilungsschlüssel anzuwenden, wenn er ein präziseres Ergebnis liefert. In Betracht kommen insbesondere ein (objektbezogener) Flächenschlüssel (siehe unten Rn. 15 bis 18), ein objektbezogener Umsatzschlüssel (siehe unten Rn. 19 bis 23) oder ein Schlüssel nach dem umbauten Raum (siehe unten Rn. 24). Weitere Aufteilungsschlüssel können im Einzelfall sachgerecht sein (zur Vorsteueraufteilung im Fall einer Schulsporthalle nach den Nutzungszeiten vgl. BFH-Urteil vom 26. April 2018 – V R 23/16, a. a. O., oben Rn. 8).
14 Kommen neben dem Gesamtumsatzschlüssel mehrere andere präzisere Aufteilungsschlüssel in Betracht, ist nicht zwingend die präziseste Methode anzuwenden (vgl. oben Rn. 6). Die Auswahl der anzuwendenden präziseren Methode obliegt in diesen Fällen dem Unternehmer; das Finanzamt kann sie jedoch daraufhin überprüfen, ob sie sachgerecht ist.
2. Flächenschlüssel
15 Grundsätzlich erfolgt die Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der Nutzflächen des Gebäudes (objektbezogener Flächenschlüssel), da dies regelmäßig die wirtschaftlich präzisere Aufteilungsmethode gegenüber dem Gesamtumsatzschlüssel darstellt (vgl. oben Rn. 4, 5 und 7). Dabei ist die Flächenberechnung nach den Gebäudeinnenflächen vorzunehmen, ohne dabei z. B. Außenstellplätze mit einzubeziehen (vgl. BFH-Urteil vom 27. März 2019 – V R 43/17, n. v.). Der Unternehmer kann einen Flächenschlüssel aber nur beanspruchen, wenn dieser sachgerecht ist (zu einer Spielhalle mit unterschiedlich genutzten Automaten vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 2011 – V R 36/10, BStBl II 2012 S. 77, zu einer zeitlich abwechselnden Nutzung derselben Funktionsbereiche einer Schulsporthalle vgl. BFH-Urteil vom 26. April 2018, a. a. O., oben Rn. 8).
16 Für die Flächenberechnung sind grundsätzlich die Grundflächen aller Räume anzusetzen, unabhängig davon, ob es sich um Wohn- oder Gewerbeflächen handelt (Wohn- und Verkaufsräume, als Lagerflächen genutzte Keller oder Speicherräume, Tiefgarage). Flächen, die zur Versorgung des Gebäudes verwendet oder nur gemeinsam genutzt werden (z. B. Technikräume, Treppenhaus, Fahrradabstellräume, Waschküchen), bleiben unberücksichtigt. Ebenso sind von vornherein nicht zum Ausbau vorgesehene Räume nicht in die Flächenberechnung mit einzubeziehen. Die Grundflächen sind auch bei Dachschrägen in vollem Umfang anzusetzen. Die Flächen von Terrassen oder Balkonen zählen zur Hälfte zu der maßgeblichen Grundfläche.
17 Eine weitere anerkannte Methode zur Flächenberechnung (z. B. nach DIN 277 oder der Wohnflächenverordnung) kann auch für Zwecke der Vorsteueraufteilung angewandt werden, wenn die gewählte Methode bereits für andere (z. B. mietvertragliche) Zwecke angewandt wird, die Flächenberechnung für das gesamte Gebäude einheitlich erfolgt und das Ergebnis sachgerecht ist.
18 Die Feststellungslast, dass der Flächenschlüssel präziser als ein Umsatzschlüssel ist, liegt zwar beim Finanzamt (vgl. BFH-Urteil vom 11. November 2020 – XI R 7/20, a. a. O.; siehe auch oben Rn. 9). Dies gilt jedoch nur, wenn dem Finanzamt alle für eine entsprechende Beurteilung erforderlichen Informationen vorliegen, insbesondere durch Erfüllung der dem Unternehmer obliegenden Mitwirkungspflichten. Liegen nicht alle erforderlichen Informationen vor bzw. lassen diese keine eindeutige Beurteilung zu, ist davon auszugehen, dass der Flächenschlüssel grundsätzlich die präziseren Ergebnisse liefert (vgl. oben Rn. 15).
3. Objektbezogener Umsatzschlüssel
19 Ein objektbezogener Umsatzschlüssel kommt nicht per se in Betracht, sondern nur unter den vom BFH aufgestellten Voraussetzungen (vgl. BFH-Urteile vom 7. Mai 2014 – V R 1/10 und vom 3. Juli 2014 – V R 2/10, a. a. O.; siehe auch oben Rn. 4 und 5).
20 Weicht danach die Ausstattung der unterschiedlich genutzten Räume erheblich voneinander ab, erfolgt grundsätzlich eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge anhand des objektbezogenen Umsatzschlüssels. In solchen Fällen führt eine Aufteilung nach dem Flächenschlüssel nicht zu einem sachgerechten Ergebnis, der objektbezogene Umsatzschlüssel kann aber die wirtschaftlich präzisere Aufteilung gegenüber dem Gesamtumsatzschlüssel ermöglichen. Nur ausnahmsweise kann in solchen Fällen eine Aufteilung nach dem Gesamtumsatzschlüssel zur Anwendung kommen, nämlich z. B. bei Verwaltungsgebäuden, wenn diese den Umsätzen des gesamten Unternehmens dienen.
21 Erhebliche Unterschiede in der Ausstattung können immer dann angenommen werden, wenn sich die Dicke der Decken und Wände oder die Innenausstattung erheblich voneinander unterscheiden. Denn regelmäßig unterscheidet sich dann auch die Höhe des Bauaufwandes der verschiedenen Räume erheblich voneinander und auch die tatsächlich erzielbaren Mieteinnahmen weichen ggf. erheblich voneinander ab. Ausstattungsunterschiede, die in der unterschiedlichen Nutzung begründet sind, denen aber im anderen Gebäudeteil ein ähnlicher Aufwand gegenübersteht, stellen für sich alleine noch keine erheblichen Unterschiede dar. Daher liegen z. B. keine erheblichen Unterschiede vor alleine
- bei einer unterschiedlichen Anzahl und Art von Strom- oder Wasseranschlüssen für private und gewerbliche Mieter oder
- bei Einbau deckenhoher Ganzglastürelemente nur im gewerblich genutzten Gebäudeteil und normaler Fenster im Wohnbereich (bei vergleichbarer Funktion der eingebauten Gegenstände entsteht kein deutlich unterschiedlicher Bauaufwand für die unterschiedlichen Gebäudeteile).
22 Erheblich sind Unterschiede erst, wenn sie über die bloße unterschiedliche Nutzung hinaus zu einem deutlich unterschiedlichen Bauaufwand für nur einen Gebäudeteil führen, dem im anderen Gebäudeteil kein entsprechender, funktions- und wertähnlicher Aufwand gegenübersteht. Ein erheblicher Unterschied liegt beispielsweise vor
- wenn die einen Räume luxuriös, die anderen aber schlicht ausgebaut sind,
- wenn nur für einen Gebäudeteil ein besonderer, aufwändiger Herstellungsaufwand anfällt (z. B. traglastverstärkte Böden für bestimmte gewerbliche Nutzungen, derselben Funktion steht hier ein deutlich unterschiedlicher Bauaufwand gegenüber),
- beim Einbau eines Schwimmbades, das nur durch die Mieter des Wohnbereichs genutzt wird (keine vergleichbare Funktion im anderen Gebäudeteil und dadurch bedingt ein deutlich unterschiedlicher Bauaufwand; das BFH-Urteil vom 20. Juli 1988 – X R 8/80 ist insoweit nicht mehr anzuwenden) oder
- bei der erheblich unterschiedlichen Nutzung von Flächen innerhalb eines Gebäudes und Nutzflächen auf dessen Dach (für den Fall der Errichtung eines Holzschuppens bzw. der Neueindeckung eines Scheunendachs allein zum Betrieb einer Photovoltaikanlage vgl. BFH-Urteile vom 19. Juli 2011 – XI R 29/09, BStBl II 2012 S. 430, und XI R 29/10, BStBl II 2012 S. 564).
23 Die Kosten einer zur Erzielung von Einnahmen genutzten Photovoltaikanlage stellen unter den Voraussetzungen von Abschnitt 15.17 Abs. 6 UStAE Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Gebäudes dar. Wenn sie das Gebäude jedoch nicht erheblich prägt (z. B. Installation einer Aufdach-Photovoltaikanlage auf einem mit nicht nur geringem Aufwand errichteten Gebäude), stellt sie alleine noch keinen erheblichen Unterschied i. S. v. Rn. 21 für das gesamte Gebäude dar. Damit das Ergebnis der Vorsteueraufteilung in diesem Fall die maßgeblichen Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes zutreffend abbildet, ist im Regelfall eine zweistufige, jeweils sachgerechte Vorsteueraufteilung vorzunehmen (Stufe 1: Anteil PV-Anlage, Stufe 2: restliches Gebäude). Regelmäßig wird für die Stufe 1 ein objektbezogener Umsatzschlüssel zur Ermittlung des Anteils für die Dachflächennutzung sachgerecht sein. Die danach auf das restliche Gebäude entfallenden Vorsteuerbeträge sind in der Stufe 2 nach einer ggf. auch abweichenden sachgerechten Methode aufzuteilen, z. B. unter den Voraussetzungen der Rn. 15 bis 18 nach einem Flächenschlüssel oder der Rn. 24 nach dem umbauten Raum.
4. Umbauter Raum
24 Bestehen erhebliche Abweichungen in der Geschosshöhe, kann die Vorsteueraufteilung anstelle des Gesamtumsatzschlüssels nach dem umbauten Raum in Betracht kommen, wenn eine solche Aufteilung in diesen Fällen eine präzisere wirtschaftliche Zurechnung der Vorsteuerbeträge ermöglicht. Hiervon kann ausgegangen werden, wenn Gebäudeteile mit unterschiedlichen Geschosshöhen, aber ansonsten ohne erhebliche Unterschiede in der Ausstattung (vgl. oben Rn. 21) zu beurteilen sind.
5. Zuordnung
25 Die vorstehenden Grundsätze sind hinsichtlich der Zuordnung eines gemischt genutzten Grundstücks zum Unternehmen entsprechend anzuwenden, beispielsweise zur Feststellung der unternehmerischen Mindestnutzung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG. Wegen der Einzelheiten wird auf Abschnitt 15.2c Abs. 8 UStAE hingewiesen.
III. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
26 Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 1. September 2022 - III C 2 - S 7316/19/10002 :001 (2022/0853290), BStBl I S. 1399, geändert worden ist, wie folgt geändert:
1. Abschnitt 15.2c wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 7 wird das Beispiel wie folgt gefasst:
3Bezogen auf das gesamte Gebäude beträgt die unternehmerische Nutzung nur 6 % (50 % von 12 %). 4Eine Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen ist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG nicht möglich (Zuordnungsverbot).“
b) Absatz 8 wird wie folgt geändert:
aa) Satz 3 wird gestrichen.
bb) Der bisherige Satz 4 wird neuer Satz 3 und wie folgt gefasst:
„3Sachgerechter Aufteilungsmaßstab ist in der Regel das Verhältnis der Nutzflächen (vgl. Abschnitt 15.17 Abs. 7).“
cc) Die bisherigen Sätze 5 bis 8 werden die neuen Sätze 4 bis 7.
c) Absatz 9 Nummer 2 Beispiel 1 wird wie folgt geändert:
aa) Nach Satz 1 wird folgender Satz 2 eingefügt:
„2Die Nutzungseinheiten sind vergleichbar ausgestattet, es kommt nur eine Aufteilung nach dem objektbezogenen Flächenschlüssel in Betracht (vgl. Abschnitt 15.17 Abs. 7).“
bb) Die bisherigen Sätze 2 und 3 werden die neuen Sätze 3 und 4.
cc) Satz 4 Buchstabe e wird wie folgt geändert:
aaa) Nach Satz 2 wird folgender Satz 3 eingefügt:
„3Die Ausstattung von Archiv und Fitnessraum und der jeweilige Bauaufwand weichen nicht erheblich voneinander ab.“
bbb) Die bisherigen Sätze 3 bis 5 werden die neuen Sätze 4 bis 6.
ccc) Der bisherige Satz 6 wird neuer Satz 7 und wie folgt gefasst:
„7Für die Aufteilung ist der Flächenschlüssel des Dachgeschosses maßgebend, weil die Ausstattung der unterschiedlich genutzten Räume nicht erheblich voneinander abweicht.“
ddd) Der bisherige Satz 7 wird neuer Satz 8.
d) Absatz 10 wird wie folgt gefasst:
„(10) Photovoltaikanlagen, Blockheizkraftwerke und Betriebsvorrichtungen gelten unabhängig davon, ob es sich um einen wesentlichen Bestandteil des Gebäudes handelt(§ 94 BGB), als umsatzsteuerrechtlich eigenständige Zuordnungsobjekte, soweit sie nicht gemäß Abschnitt 15.17 Abs. 6 Anschaffungs- oder Herstellungskosten desgesamten Gebäudes darstellen.“
e) Absatz 11 Beispiel Satz 3 wird wie folgt gefasst:
„3Das Zimmer entspricht 5 % der Gesamtfläche des Einfamilienhauses, das nach einem Flächenschlüssel zu beurteilen ist.“
2. Abschnitt 15.6a wird wie folgt geändert:
a) Absatz 3 Satz 3 wird wie folgt gefasst:
„3Hiervon unberührt bleiben Gegenstände, die umsatzsteuerrechtlich selbständige Zuordnungsobjekte im Sinne des § 15 Abs. 1 UStG darstellen (z. B. Photovoltaikanlage und Blockheizkraftwerk), soweit sie nicht gemäß Abschnitt 15.17 Abs. 6 Anschaffungs- oder Herstellungskosten des gesamten Gebäudes darstellen.“
b) Absatz 7 wird wie folgt geändert:
aa) Beispiel 1 wird wie folgt geändert:
aaa) Nach Satz 3 wird folgender Satz 4 eingefügt:
„4Da die Ausstattung der unterschiedlich genutzten Räume nicht erheblich voneinander abweicht, hat U richtigerweise eine Aufteilung nach dem Flächenschlüssel vorgenommen.“
bbb) Die bisherigen Sätze 4 bis 11 werden die neuen Sätze 5 bis 12.
bb) Beispiel 2 Satz 4 wird wie folgt gefasst:
„4U nutzt das Gebäude ab Fertigstellung planungsgemäß zu 40 % für seine vorsteuerunschädlichen Ausgangsumsätze und zu 60 % für private Wohnzwecke, die Ausstattung der beiden Nutzungseinheiten weicht nicht erheblich voneinander ab.“
3. Abschnitt 15.16 Abs. 2 Satz 7 wird wie folgt gefasst:
„7Im Fall der Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes sind abweichend hiervon die Aufwendungen stets einheitlich aufzuteilen, vgl. Abschnitt 15.17 Abs. 5 bis 8.“
4. Abschnitt 15.17 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 3 wird wie folgt geändert:
aa) Nach Satz 3 wird folgender Satz 4 eingefügt:
„4Dies ist in dem Sinne zu verstehen, dass keine andere Methode eine präzisere Ermittlung der abziehbaren Vorsteuern gewährleisten darf (vgl. BFH-Urteile vom 10.08.2016 – XI R 31/09, BStBl II 2022 S. xxx, und vom11.11.2020 – XI R 7/20, BStBl II 2022 S. xxx).“
bb) Die bisherigen Sätze 4 und 5 werden die neuen Sätze 5 und 6.
b) Absatz 4 wird wie folgt geändert:
aa) Der bisherige Inhalt wird neuer Satz 1.
bb) Nach Satz 1 wird folgender Satz 2 angefügt:
„2Dagegen besteht keine Bindung an die Wahl des Aufteilungsverfahrens, wenn dieses nicht sachgerecht war (vgl. BFH-Urteil vom 11.11.2020 – XI R 7/20, BStBl II 2022 S. xxx).“
c) Absatz 5 wird wie folgt geändert:
aa) Sätze 2 und 3 werden wie folgt gefasst:
„ 2Vorsteuerbeträge, die entweder das Gebäude selbst oder aber dessen Erhaltung, Nutzung oder Gebrauch betreffen, sind danach jeweils gesondert zu beurteilen. 3Handelt es sich um Aufwendungen für das Gebäude selbst (aus der Anschaffung oder Herstellung), kommt nur eine einheitliche Aufteilung der gesamten auf den einheitlichen Gegenstand entfallenden Vorsteuerbeträge nach einem sachgerechten Aufteilungsmaßstab (§ 15 Abs. 4 UStG) in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 10.08.2016 – XI R 31/09, BStBl II 2022 S. xxx).“
bb) Satz 5 wird wie folgt gefasst:
„ 5Selbst wenn Herstellungskosten eines Gebäudes aus einer Vielzahl von einzelnen Leistungsbezügen bestehen können, die für sich betrachtet einzelnen Gebäudeteilen zugeordnet werden oder auf mehrere unterschiedliche Nutzungen aufgeteilt werden könnten, muss einerseits zwischen der Verwendung des Gebäudes selbst und andererseits der Verwendung von Gegenständen und Dienstleistungen zur Erhaltung oder zum Gebrauch dieses Gebäudes unterschieden werden.“
cc) In Satz 6 wird folgender Klammerzusatz angefügt:
„(vgl. BFH-Urteil vom 11.11.2020 – XI R 7/20, BStBl II 2022 S. xxx)“.
d) Absatz 7 wird wie folgt gefasst:
„(7) 1Wird ein Gebäude durch einen Unternehmer angeschafft oder hergestellt und soll dieses Gebäude sowohl für vorsteuerunschädliche als auch für vorsteuerschädliche Ausgangsumsätze verwendet werden, sind die gesamten auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes entfallenden Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen. 2Für die Zurechnung dieser Vorsteuerbeträge ist die „prozentuale“ Aufteilung der Verwendung des gesamten Gebäudes zu vorsteuerunschädlichen bzw. vorsteuerschädlichen Umsätzen maßgebend (vgl. BFH-Urteile vom 28.09.2006 – V R 43/03, BStBl II 2007 S. 417 und vom 11.11.2020 – XI R 7/20, BStBl II 2022 S. xxx). 3Abweichend von Abschnitt 15.17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 ist keine vorherige direkte Zuordnung von Eingangsleistungen zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen bzw. diesen ausschließen, durchzuführen (vgl. BFH-Urteile vom 10.08.2016 – XI R 31/09, BStBl II 2022 S. xxx, und vom 11.11.2020 – XI R 7/20, BStBl II 2022 S. xxx). 4Daraus folgt eine Ermittlung der nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG im Wege einer sachgerechten Schätzung. 5Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab können bei Gebäuden in der Regel vorrangig folgende Aufteilungsschlüssel in Betracht kommen, wenn sie präziser als das Verhältnis der Gesamtumsätze des Unternehmers (Gesamtumsatzschlüssel) sind (siehe hierzu auch BMF-Schreiben vom 20.10.2022, BStBl I S. xxx):
- 1Flächenschlüssel: Eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Nutzflächen (objektbezogener Flächenschlüssel) stellt gegenüber einer umsatzbezogenen Aufteilung (Umsatzschlüssel) regelmäßig eine präzisere Bestimmung des Aufteilungsschlüssels dar (vgl. BFH-Urteile vom 12.03.1992 – V R 70/87, BStBl II S. 755, vom 07.05.2014 – V R 1/10, BStBl II 2022 S. xxx, und vom03.07.2014 – V R 2/10, BStBl II 2022 S. xxx). 2Bei einer Aufteilung nach dem objektbezogenen Flächenschlüssel sind die tatsächlichen Nutzflächen des Gebäudes zugrunde zu legen. 3Dabei ist die Flächenberechnung nach den Gebäudeinnenflächen vorzunehmen, ohne z. B. Außenstellplätze mit einzubeziehen (vgl. BFH-Urteil vom 27.03.2019 – V R 43/17, n. v.). 4Flächen, die zur Versorgung des Gebäudes verwendet oder nur gemeinsam genutzt werden (z. B. Technikräume, Treppenhaus, Fahrradabstellräume, Waschküchen), bleiben unberücksichtigt. 5Die Grundflächen sind auch bei Dachschrägen in vollem Umfang anzusetzen. 6Die Flächen von Terrassen oder Balkonen zählen zur Hälfte zu der maßgeblichen Grundfläche. 7Eine weitere anerkannte Methode zur Flächenberechnung (z. B. nach DIN 277 oder der Wohnflächenverordnung) kann auch für Zwecke der Vorsteueraufteilung angewandt werden, wenn die gewählte Methode bereits für andere (z. B. mietvertragliche) Zwecke angewandt wird, die Flächenberechnung für das gesamte Gebäude einheitlich erfolgt und das Ergebnis sachgerecht ist. 8Der Unternehmer kann eine flächenbezogene Vorsteueraufteilung aber nur dann beanspruchen, wenn diese sachgerecht ist (vgl. BFH-Urteile vom 07.07.2011 – V R 36/10, BStBl II 2012 S. 77, und vom 05.09.2013 – XI R 4/10, BStBl II 2014 95, zum Fall einer Spielhalle mit Spielgeräten, die teilweise umsatzsteuerpflichtigen und teilweise umsatzsteuerfreien Zwecken dienen).
- 1Objektbezogener Umsatzschlüssel: Weicht die Ausstattung der unterschiedlich genutzten Räume erheblich voneinander ab (z. B. wegen der Dicke der Wände und Decken oder in Bezug auf eine teils besonders aufwändige und teils nur einfache Innenausstattung, siehe hierzu BMF-Schreiben vom 20.10.2022,BStBl I, a. a. O.) mit der Folge, dass auch die Höhe des Bauaufwandes und ggf. auch die tatsächlich erzielbaren Mieteinnahmen sich wesentlich voneinander unterscheiden, ist es dagegen grundsätzlich erforderlich, die Aufteilung der Vorsteuerbeträge anhand des objektbezogenen Umsatzschlüssels vorzunehmen, da dies dann die wirtschaftlich präzisere Aufteilung ermöglicht(vgl. BFH-Urteile vom 07.05.2014 – V R 1/10, a. a. O., und vom 03.07.2014 – V R 2/10, a. a. O.). 2Hier ist ein gegenstandsbezogener, das konkrete Wirtschaftsgut betreffender Umsatzschlüssel gegenüber einer Aufteilung nacheinem Gesamtumsatzschlüssel genauer, wenn (wie z. B. in Vermietungsfällen)durch die Nutzung des Objekts ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zu den Ausgangsumsätzen besteht. 3Die Vorsteueraufteilung erfolgt bei erheblichen Ausstattungsunterschieden - mangels einer anderen präziseren Zurechnung - nur dann nach dem Gesamtumsatzschlüssel, wenn das Objekt (z. B. ein Verwaltungsgebäude) zur Ausführung der Gesamtumsätze des Unternehmens dient (vgl. BFH-Urteil vom 07.05.2014 – V R 1/10, a. a. O.).
- 1Umbauter Raum: Bestehen erhebliche Abweichungen in der Geschosshöhe, kann die Vorsteueraufteilung anstelle eines Umsatzschlüssels nach dem umbauten Raum in Betracht kommen, wenn eine solche Aufteilung in diesen Fällen eine präzisere wirtschaftliche Zurechnung der Vorsteuerbeträge ermöglicht. 2Hiervon kann ausgegangen werden, wenn Gebäudeteile mit unterschiedlichen Geschosshöhen, aber ansonsten ohne erhebliche Unterschiede in der Ausstattung zu beurteilen sind.
- 1Weitere Aufteilungsschlüssel: Beim Erwerb, nicht jedoch bei der Herstellung von Gebäuden kommt auch eine Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der Ertragswerte zur Verkehrswertermittlung in Betracht (vgl. BFH-Urteile vom 05.02.1998 – V R 101/96, BStBl II S. 492, und vom 12.03.1998 – V R 50/97, BStBl II S. 525). 2Bei zeitlich abwechselnder Nutzung derselben Flächen kann eine Aufteilung nach Nutzungszeiten erforderlich sein (vgl. BFH-Urteil vom26.04.2018 – V R 23/16, BStBl II 2022 S. xxx).
6Die Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Gesamtumsatzschlüssel (Verhältnis der vorsteuerschädlichen Umsätze zu den vorsteuerunschädlichen Umsätzen des gesamten Unternehmens) ist nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. 7Nicht zulässig ist eine Zurechnung der Aufwendungen zu bestimmten Gebäudeteilen nach einer räumlichen (sog. „geografischen“, vgl. BFH-Urteil vom 10.08.2016 – XI R 31/09, BStBl II 2022 S. xxx) Anbindung oder nach einem Investitionsschlüssel (vgl. BFH-Urteil vom 18.11.2004 – V R 16/03, BStBl II 2005 S. 503).
Beispiel 1:
1U errichtet ein Wohn- und Geschäftshaus, dessen Nutzungseinheiten sich hinsichtlich der Ausstattung nicht erheblich voneinander unterscheiden. 2Er beabsichtigt, die Fläche des Hauses zu jeweils 50 % vorsteuerunschädlich bzw. vorsteuerschädlich zu vermieten. 3Aus der Erstellung des Fußbodenbelags entstehen U Aufwendungen von insgesamt 100.000 € zzgl. 19.000 € Umsatzsteuer.
4Es handelt sich um Aufwendungen für die (Neu-)Herstellung des Gebäudes(„ursprüngliche“ Herstellungskosten). 5Eine Zuordnung, in welchem Gebäudeteil der Fußboden verlegt worden ist, ist nicht vorzunehmen. 6U ist unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG berechtigt, den Vorsteuerabzug aus den Aufwendungen für den Fußbodenbelag zu 50 % (= 9.500 €) geltend zu machen.
8Entsprechend ist bei nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu verfahren. 9Maßgeblich für die Vorsteueraufteilung ist in diesem Fall die beabsichtigte Verwendung des Gegenstands, der durch die nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten entsteht.
Beispiel 2:
1U errichtet ein Gebäude, bestehend aus einer vorsteuerunschädlich gewerblich genutzten (EG; Nutzflächenanteil 50 %) und einer vorsteuerschädlich zu Wohnzwecken vermieteten Einheit (1. OG; Nutzflächenanteil 50 %), dessen Nutzungseinheiten sich hinsichtlich der Ausstattung nicht erheblich voneinander unterscheiden. 2Das Dachgeschoss ist noch nicht ausgebaut. 3U ordnet das Gebäude vollständig seinem Unternehmen zu.
4Ein Jahr nach Errichtung des Gebäudes baut U das Dachgeschoss aus. 5Es entstehen dabei drei separat zugängliche, gleich ausgestattete und gleich große Einheiten, von denen eine als Wohnung und zwei als Büroteil genutzt werden(sollen). 6Die Wohnung wird umsatzsteuerfrei und die Büroteile werden umsatzsteuerpflichtig vermietet. 7Gleichzeitig lässt U das Treppenhaus zum Dachgeschoss erweitern.
8Des Weiteren lässt U eine Alarmanlage installieren, die das gesamte Gebäudesichert. 9Zudem lässt U einen Aufzug anbauen, mit dem jede Etage erreicht werden kann. 10Mit dem Zugewinn an Nutzfläche erhöht sich der Anteil der vorsteuerunschädlich genutzten zum vorsteuerschädlich genutzten Teil an der Gesamtfläche des ausgebauten Gebäudes von 50 % auf 60 %. 11Das neu ausgebaute Gebäude ist vollständig dem Unternehmen des U zugeordnet.
12Die Aufwendungen für den Ausbau des Dachgeschosses, die Erweiterung des Treppenhauses, den Einbau der Alarmanlage und den Einbau des Aufzugs sind jeweils (nachträgliche) Herstellungskosten.
13Der Ausbau des Dachgeschosses ist eine eigenständig genutzte Erweiterung desbestehenden Gebäudes (Altflächen) und ist damit eigenständiges Aufteilungsobjekt. 14Entsprechend der vorsteuerunschädlichen Verwendung des Dachgeschosses in Höhe von 2/3 sind die Vorsteuern aus dem Dachausbau zu 2/3 abziehbar.
15Die Aufwendungen für die Erweiterung des Treppenhauses sind dem Dachgeschoss zuzuordnen, da sie ausschließlich durch den Ausbau des Dachgeschosses verursacht sind. 16Die Vorsteuern sind daher nach den Nutzungsverhältnissen des Dachgeschosses aufzuteilen.
17Die Aufwendungen für den Einbau der Alarmanlage sind dem gesamten Gebäude in seinen neuen Nutzungsverhältnissen zuzuordnen, da sie das gesamte Gebäudesichert. 18Folglich sind die Vorsteuern zu 60 % abziehbar.
19Die Aufwendungen für den Einbau des Aufzugs sind dem gesamten Gebäude mitseinen neuen Nutzungsverhältnissen und nicht ausschließlich dem Dachgeschosszuzuordnen, da mit dem Aufzug jede Etage erreicht werden kann. 20Die Vorsteuern sind daher zu 60 % abziehbar.
21Die jeweiligen (nachträglichen) Herstellungskosten stellen gesonderte Berichtigungsobjekte im Sinne von § 15a Abs. 6 UStG dar.“
e) Absatz 8 wird wie folgt geändert:
aa) In Satz 1 wird folgender Klammerzusatz angefügt:
„(vgl. BFH-Urteil vom 10.08.2016 – XI R 31/09, BStBl II 2022 S. xxx)“.
bb) Beispiel 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„1U besitzt ein Wohn- und Geschäftshaus, dessen Nutzungseinheiten sich hinsichtlich der Ausstattung nicht erheblich voneinander unterscheiden und dessen Fläche er zu jeweils 50 % vorsteuerunschädlich bzw. vorsteuerschädlich vermietet hat.“
cc) Beispiel 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„1U lässt an seinem Wohn- und Geschäftshaus, dessen Nutzungseinheiten sich hinsichtlich der Ausstattung nicht erheblich voneinander unterscheiden und dessen Fläche er zu jeweils 50 % vorsteuerunschädlich bzw. vorsteuerschädlich vermietet, die Fassade neu anstreichen.“
6. Abschnitt 15a.2 Abs. 2 Satz 3 Nummer 5 wird wie folgt gefasst:
„5. wenn sich eine Rechtsänderung nach dem Leistungsbezug auf die Beurteilung des Vorsteuerabzugs auswirkt, z. B. bei Wegfall oder Einführung einer den Vorsteuerabzug ausschließenden Steuerbefreiung (vgl. BFH-Urteil vom 14.05.1992 – V R 79/87, BStBl II S. 983) oder bei gesetzlichen Neuregelungen zur Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG (vgl. BFH-Urteile vom 22.08.2013 – V R 19/09, BStBl II 2022 S. xxx, und vom 10.08.2016 – XI R 31/09, BStBl II 2022 S. xxx),“
IV. Anwendungsregelungen
27 Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Es wird nicht beanstandet, wenn Unternehmer vor der Veröffentlichung dieses Schreibens zulässigerweise eine direkte Zuordnung von Vorsteuerbeträgen nach Abschnitt 15.17 Abs. 7 Sätze 6 und 7 UStAE in der bisherigen Fassung vorgenommen haben. Es wird weiter nicht beanstandet, wenn sich ein Unternehmer vor der Veröffentlichung dieses Schreibens auf die Regelungen in der bisherigen Fassung der Abschnitte 15.2c Abs. 10 und 15.6a Abs. 3 UStAE berufen hat.
28 Das BMF-Schreiben vom 30. September 2008, BStBl I 2008 S. 896, wird aufgehoben.
Schlussbestimmungen
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
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