BFH: Änderung der Bemessungsgrundlage bei Rabatten im Punktsystem
Beteiligt sich ein Unternehmer an einem von einem Dritten betriebenen Rabattsystem, das an Kunden des Unternehmers umsatzabhängige Punkte ausgibt, so mindert sich die Bemessungsgrundlage des Unternehmers erst, wenn der Kunde die Punkte tatsächlich einlöst.
UStG § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 7
MwStSystRL Art. 73, Art. 79 Satz 1 Buchst. b, Art. 90 Abs. 1
BFH-Urteil vom 16.1.2020, V R 42/17 (veröffentlicht am 26.3.2020)
Vorinstanz: FG München vom 23.8.2017, 3 K 1271/16 (EFG 2017 S. 1837 = SIS 17 19 88)
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand u.a. der Verkauf von Waren aller Art ist. Sie ist über ihre Organgesellschaften auch im Einzelhandel tätig und führt dabei Umsätze zum ermäßigten Steuersatz und zum Regelsteuersatz aus.
Die A-Card ist ein seit März 2008 bestehendes Bonus- und Rabattsystem der Firma A-Card GmbH. Dieses Unternehmen betreut und organisiert die A-Card als Herausgeberin und Vertragspartner der Kunden sowie als Dienstleisterin der sogenannten Partnerunternehmen.
Die Klägerin ist auf Großhandelsebene Partnerunternehmen (Vertragspartner) der A-Card GmbH. Kunden, die Inhaber einer A-Card sind, können bei den teilnehmenden Organgesellschaften der Klägerin umsatzabhängige Punkte bei ihren Einkäufen sammeln. Dazu müssen diese Kunden zunächst einen Vertrag mit der A-Card GmbH über die Eröffnung eines Punktekontos abschließen. Der Kunde erhält dann bei Vorlage seiner A-Card bei einem Einkauf bei der Klägerin in der Regel für 2 € Umsatz des Bruttobetrages einen Punkt, der einen Cent wert ist. Diese Punkte werden von der A-Card GmbH für jeden einzelnen Kunden auf seinem Punktekonto gutgeschrieben. Zum Zeitpunkt des ersten Einkaufs kann der Kunde noch nicht über die dadurch erworbenen Punkte verfügen; sie sind technisch bedingt frühestens am Folgetag für den Kunden verfügbar.
Der Kunde hatte im Streitjahr (2008) verschiedene Möglichkeiten zur Verwendung seiner erworbenen A-Card-Punkte:
- er kann diese bei einem weiteren Einkauf in einem Markt oder bei einem weiteren Partnerunternehmen der A-Card GmbH an Zahlung statt einlösen (sog. "instore redemption"),
- er kann die Punkte spenden,
- er kann sie gegen Dienst- oder Sachleistungen bei externen Lieferanten eintauschen und
- er kann sie verfallen lassen.
Die "instore redemption" stellt die nahezu ausschließlich (ca. 90 %) genutzte, und im vorliegenden Verfahren auch allein streitige, Möglichkeit zur Einlösung der Punkte dar.
Die Abrechnung der gesammelten und eingelösten Punkte der Kunden zwischen der Klägerin und der A-Card GmbH erfolgte durch die A-Card GmbH als Systemanbieter in einem monatlichen "Punkteclearing" gegenüber der Klägerin. Darin wurde der von der Klägerin der A-Card GmbH für den Abrechnungszeitraum insgesamt geschuldete Wert der Punkte in Euro für die durch Einkäufe bei der Klägerin an Kunden ausgegebenen Punkte ohne Umsatzsteuer ausgewiesen. Der von der Klägerin zu zahlende Betrag errechnete sich dabei aus dem Wert der im jeweiligen Abrechnungszeitraum bei der Klägerin ausgegebenen Punkte abzüglich des Werts der in diesem Zeitraum bei der Klägerin eingelösten Punkte. Die Leistungen der A-Card GmbH, z.B. für die Ausstellung der Karten und die Führung der Kundenkonten, wurden separat mit der Klägerin als umsatzsteuerpflichtige Leistungen abgerechnet.
Die Klägerin erklärte die für ihre Kunden bei deren Einkäufen ausgegebenen A-Card-Punkte und den entsprechenden --im "Punkteclearing" ermittelten-- der A-Card GmbH für einen Abrechnungszeitraum hierfür geschuldeten Betrag jeweils auf Grundlage der Abrechnungen der A-Card GmbH umsatzsteuerlich als Entgeltminderung. Wegen der unterschiedlich zur Anwendung kommenden Steuersätze bei den Ausgangsumsätzen wurde dabei zur Ermittlung der Entgeltminderung auf die durchschnittlichen Umsatzverhältnisse in der jeweiligen Filiale abgestellt und die Umsatzminderung mit 7/107 oder 19/119 aus dem Bruttobetrag der in Euro umgerechneten A-Card-Punkte herausgerechnet. Eine dahingehende Unterscheidung, ob diese Punkte später von den Kunden durch die "instore redemption" oder anderweitig eingelöst wurden, erfolgte nicht.
Im Anschluss an eine steuerliche Außenprüfung erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) Entgeltminderungen nicht an und behandelte diese als umsatzsteuerrechtlich unbeachtlichen Werbeaufwand.
Der dagegen gerichteten Sprungklage gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 1837 veröffentlichtem Urteil statt. Die Bemessungsgrundlage der von der Klägerin an ihre Kunden bei deren "ersten Einkauf" ausgeführten Leistungen sei nachträglich zu dem Zeitpunkt gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) gemindert worden, in dem die Klägerin im Rahmen des "Punkteclearings" mit dem Gegenwert der Punkte durch die A-Card GmbH belastet worden sei. Diese Minderung sei unabhängig von der späteren Verwendung der Punkte eingetreten, denn der Kunde habe über den Gegenwert der Punkte im Rahmen seiner vertraglichen Vereinbarungen mit der A-Card GmbH frei verfügen können. Durch die Verwendung der A-Card bei einem Einkauf habe der Kunde einen Anspruch auf die Gutschrift der Punkte auf seinem Kundenkonto sowie einen Anspruch auf die Verwendung des Gegenwerts dieser Punkte u.a. als Zahlungsmittel gegenüber der A-Card GmbH erworben.
Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, mit der es Verletzung materiellen Rechts geltend macht.
Da das vorliegende Bonus- und Rabattsystem im Streitjahr keine Barauszahlung der Punkte vorgesehen habe, sondern dessen Nutzung an einen Folgeumsatz geknüpft gewesen sei, habe es sich im Kern um ein mit umsatzsteuerlich unbeachtlichem Werbeaufwand verbundenes Kundenbindungssystem gehandelt. Die abgestimmte Verwaltungsauffassung verlange für eine Entgeltminderung aber eine uneingeschränkte Wahlmöglichkeit des Kunden, die auch die Möglichkeit, den Gegenwert der Bonuspunkte durch Barauszahlung zu erhalten, ermöglichen müsse. Es liege daher zu keinem Zeitpunkt eine Entgeltminderung vor.
Selbst wenn man von einer Entgeltminderung ausgehe, trete diese nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- (Urteil Freemans vom 29.05.2001 - C-86/99, EU:C:2001:291) und des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Urteil vom 18.09.2008 - V R 56/06, BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250) erst ein, wenn der Kunde tatsächlich über den gutgeschriebenen Betrag verfüge, indem er diesen bei einem Folgeumsatz einlöse. Es genüge noch nicht, dass der Kunde beim Kauf einen Rückvergütungsanspruch erhalte.
Diese Betrachtung gebiete auch der Grundsatz der Neutralität, weil der Rabatt tatsächlich erst mit der konkreten Entscheidung des Kunden entstehe. Verfüge er nicht über sein Punkteguthaben, sei der Ansatz eines geringeren Entgelts nicht gerechtfertigt.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags trägt die Klägerin vor, bei den ausgegebenen A-Card-Punkten habe es sich um Rabattierungen ihrer Umsätze und damit um Entgeltminderungen i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG gehandelt. Dass die Einlösung an einen Folgeumsatz geknüpft gewesen sei, stehe dem nicht entgegen, weil Rabattsysteme immer der Kundenbindung und damit auch der Werbung dienten. Die vom FA geforderte Bargeldauszahlungsoption sei ein derart einschneidendes Kriterium, das zwingend einer, vorliegend nicht vorhandenen, gesetzlichen Grundlage bedürfe.
Bereits mit der Gutschrift der Punkte erhalte der Kunde die uneingeschränkte Verfügungsmacht und die wirtschaftliche Substanz der Rückvergütung. Ab diesem Zeitpunkt könne er das Guthaben wie Bargeld oder Buchgeld zum Einkauf einsetzen. Für den Bereich der Lohnsteuer habe das auch das Bundesministerium für Finanzen anerkannt, indem es im Schreiben vom 20.01.2006 bei der Vergabe sog. "Payback"-Punkte bereits im Zeitpunkt der Gutschrift von einem Zufluss und einer Einnahme ausgehe.
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zwar zu Recht entschieden, dass die Klägerin zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG berechtigt ist. Das FG hat aber zu Unrecht entschieden, dass diese Berichtigung bereits für den Zeitpunkt des "Punkteclearing" durchzuführen ist, denn die Bemessungsgrundlage hat sich erst durch die Inanspruchnahme des Rückgewähranspruchs durch den Kunden beim "zweiten Umsatz" geändert. Beteiligt sich ein Unternehmer an einem von einem Dritten betriebenen Rabattsystem, das an Kunden des Unternehmers umsatzabhängige Punkte ausgibt, so mindert sich die Bemessungsgrundlage des Unternehmers erst, wenn der Kunde die Punkte tatsächlich einlöst. Das FG hat damit § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG verletzt.
1. Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt hat, gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Die erforderlichen Berichtigungen sind für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist (§ 17 Abs. 1 Satz 7 UStG). Bei der Bemessungsgrundlage, deren Änderung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zur Berichtigung führt, handelt es sich um das Entgelt i.S. von § 10 Abs. 1 UStG (z.B. BFH-Urteil vom 26.06.2019 - V R 64/17, BFHE 264, 542, BStBl II 2019, 640, Rz 18 bis 19, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BFH). Entgelt ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG in der bis 31.12.2018 geltenden Fassung alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG).
Unionsrechtliche Grundlage für § 17 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist Art. 90 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach wird im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes die Besteuerungsgrundlage (Steuerbemessungsgrundlage) unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert. § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG beruht unionsrechtlich auf Art. 73 MwStSystRL. Danach umfasst die Steuerbemessungsgrundlage bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer (Erwerber) oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 264, 542, BStBl II 2019, 640, Rz 18, 19). Nach Art. 79 Satz 1 Buchst. b MwStSystRL sind Rabatte und Rückvergütungen auf den Preis, die dem Erwerber oder Dienstleistungsempfänger eingeräumt werden und die er zu dem Zeitpunkt erhält, zu dem der Umsatz bewirkt wird, nicht in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen.
2. Vorliegend hat sich die Bemessungsgrundlage geändert. Allerdings ist die Änderung weder --wie die Klägerin meint-- mit der Verfügbarkeit des Rabattes am Folgetag des "ersten Umsatzes" noch --wovon das FG ausgegangen ist-- mit dem "Punkteclearing" eingetreten. Die Bemessungsgrundlage hat sich erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Inanspruchnahme des Rückgewähranspruchs durch den Kunden beim "zweiten Umsatz" geändert.
a) Bemessungsgrundlage war das vollständige von den Kunden entrichtete Entgelt, weil die Klägerin das ungeschmälerte Entgelt vereinnahmt hat. Die Ausgabe der A-Card-Punkte im Zeitpunkt dieses Umsatzes hatte schon deshalb noch keinen Einfluss auf die Bemessungsgrundlage, weil die Kunden über den Gegenwert der erworbenen Punkte erst frühestens am Folgetag verfügen konnten.
b) Zu einer Änderung (Minderung) der Bemessungsgrundlage ist es --entgegen der Auffassung des FA-- in den Fällen, in denen die Kunden durch einen "zweiten Umsatz" von ihrem Rabattanspruch Gebrauch gemacht haben ("instore redemption"), gekommen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist zur Gewährleistung der steuerlichen Neutralität als endgültige Besteuerungsgrundlage bei Lieferung eines Gegenstands nur die tatsächlich dafür erhaltene Gegenleistung anzusehen (EuGH-Urteile Freemans, EU:C:2001:291; Glawe vom 05.05.1994 - C-38/93, EU:C:1994:188, Rz 8; Argos Distributors vom 24.10.1996 - C-288/94, EU:C:1996:398, Rz 16; Elida Gibbs Ltd. vom 24.10.1996 - C-317/94, EU:C:1996:400, Rz 26 bis 31). Entscheidend für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage und damit auch für deren Änderung ist, dass die Leistung des Unternehmers "letztendlich" nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich aufgrund der von ihm wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergibt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250, Rz 40; vom 30.11.1995 - V R 57/94, BFHE 179, 453, BStBl II 1996, 206, unter II.1.a, m.w.N.; vom 28.09.2000 - V R 37/98, BFH/NV 2001, 491; vom 16.01.2003 - V R 72/01, BFHE 201, 335, BStBl II 2003, 620, unter II.1.a). Deshalb ist die Steuerbemessungsgrundlage immer dann zu vermindern, wenn der Steuerpflichtige nach der Bewirkung des Umsatzes die Gegenleistung oder einen Teil davon nicht erhält (EuGH-Urteile Boehringer Ingelheim Pharma vom 20.12.2017 - C-462/16, EU:C:2017:1006, Rz 39; NLB Leasing vom 02.07.2015 - C-209/14, EU:C:2015:440, Rz 35; Almos Agrárkülkereskedelmi vom 15.05.2014 - C-337/13, EU:C:2014:328, Rz 22). So ist es in den --hier allein streitigen-- Fällen der "instore redemption", denn der Klägerin verbleibt dabei im Ergebnis nur das um 0,5 % reduzierte Entgelt.
c) Die Minderung der Bemessungsgrundlage ist --entgegen der Ansicht der Klägerin-- noch nicht mit dem Erwerb des Rückgewähranspruchs durch den Kunden am Folgetag des "ersten Umsatzes" eingetreten. Es handelt sich bei der Buchung des Rückzahlungsanspruchs auf der A-Card nicht um die (teilweise) Rückzahlung des Kaufpreises, sondern erst um die Dokumentierung des Rückzahlungsanspruchs, der auch nur gegenüber einer zwar umfangreichen, aber doch begrenzten Zahl an Vertragspartnern geltend gemacht werden kann. Eine Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs liegt deshalb zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Das wird im Übrigen auch dadurch deutlich, dass die Klägerin am Folgetag des "ersten Umsatzes" noch gar nicht belastet ist.
d) Die Minderung der Bemessungsgrundlage ist aber nicht --wie das FG angenommen hat-- bereits mit dem "Punkteclearing", sondern erst mit der tatsächlichen Inanspruchnahme des Rabattes durch den Kunden beim "zweiten Umsatz" eingetreten. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH und des erkennenden Senats kommt es bei der Gewährung von Rabatten erst dann zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage, wenn der Kunde tatsächlich über die Gutschrift durch Auszahlung oder anderweitig verfügt hat, d.h. wenn das gezahlte Entgelt tatsächlich (teilweise) an den Kunden zurückgewährt wird (EuGH-Urteil Freemans, EU:C:2001:291, Rz 25, 31, 35, zu Art. 11 Teil A Abs. 3 Buchst. b, Art. 11 Teil C Abs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage --Richtlinie 77/388/EWG--; BFH-Urteil in BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250, Rz 44; für Über- oder Doppelzahlungen vgl. auch BFH-Urteil vom 19.07.2007 - V R 11/05, BFHE 219, 220, BStBl II 2007, 966).
aa) Diese zu Rabattierungen im Zweierverhältnis zwischen leistendem Unternehmer und Kunde entwickelten Grundsätze gelten auch in der vorliegenden Fallgestaltung unter Einbeziehung eines Dritten, hier der A-Card GmbH. Zwar weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass im vorliegenden Fall der Wert des Rückvergütungsanspruchs bei ihr, der Klägerin, im Zeitpunkt des "Punkteclearings" abgeflossen ist und ihr als Entgelt(-bestandteil) für mindestens drei Jahre nicht mehr zur Verfügung gestanden hat und dass in ca. 90 % der Fälle, nämlich denen der "instore redemption", der Abfluss sogar endgültig gewesen sei. Damit fallen der Wertabfluss beim Rabatt gewährenden Händler und der Wertzufluss beim Kunden zeitlich auseinander. Auch in diesem Fall ist der Zufluss beim Kunden entscheidend für die Änderung der Bemessungsgrundlage.
bb) Entgelt und damit Bemessungsgrundlage ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG in der bis 31.12.2018 geltenden Fassung alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Die Bemessungsgrundlage ändert sich folglich begriffsnotwendig erst in dem Zeitpunkt, in dem sich der Aufwand des Leistungsempfängers (Kunden) ändert (hier: vermindert). Das ist nicht der Zeitpunkt, in dem der Kunde die bloße Möglichkeit erhält, bei der Klägerin oder einem Partnerunternehmen einen Rückgewähranspruch zu realisieren, denn zu diesem Zeitpunkt besteht der Aufwand des Kunden für den ersten Umsatz nach wie vor in dem ungeschmälerten Kaufpreis. Der Aufwand des Kunden reduziert sich erst in dem Moment, in dem er die 0,5 % Rabatt aus dem "ersten Umsatz" auf das Entgelt des "zweiten Umsatzes" tatsächlich erhält. Dass die Klägerin bereits zuvor mit dem "Punkteclearing" diesen Entgeltbestandteil an die A-Card GmbH gleichsam auslagert, hat auf die Bemessungsgrundlage keinen Einfluss.
cc) Das steht im Einklang mit dem Unionsrecht. Denn nach Art. 73 MwStSystRL, an dem sich § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG in der ab 01.01.2019 geltenden Fassung orientiert, gehört zur Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen. Auch insoweit ändert sich die Bemessungsgrundlage erst, wenn sich der Wert der vom Kunden erhaltenen Gegenleistung ändert, mit anderen Worten, wenn dieser den Rabatt in Anspruch nimmt. Die Auslagerung eines Teils der Gegenleistung an einen Dritten hat auch nach dieser Sichtweise keinen Einfluss auf die Bemessungsgrundlage.
3. Die Einwendungen des FA hiergegen greifen nicht durch.
a) Für die Annahme des FA, dass gar keine Rabattierung des "ersten Umsatzes" der Klägerin an ihre Kunden, sondern vielmehr ein tauschähnlicher Umsatz anzunehmen sei, in dessen Rahmen der Kunde seine Daten an die Klägerin gegen ein Entgelt verkaufe, bieten die Feststellungen des FG für das Streitjahr keine Anhaltspunkte. Die Kenntniserlangung von Daten mag ein Motiv der Klägerin für die gewählte Gestaltung gewesen sein, einen Niederschlag in den vertraglichen Vereinbarungen hat dies jedoch nicht gefunden.
b) Auch auf eine Barauszahlungsverpflichtung gegenüber dem Kunden kommt es, wie das FG zutreffend entschieden hat, nicht an. Weder § 17 Abs. 1 Nr. 1 UStG noch Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL bieten irgendeinen Anhaltspunkt dafür, dass der Preisnachlass in bar erfolgen oder zumindest ein dahingehender Anspruch bestehen muss. Das lässt sich insbesondere auch nicht aus dem Senatsurteil in BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250 herleiten. Eine solche Annahme würde zudem der wirtschaftlichen Realität widersprechen (vgl. hierzu EuGH-Urteile Loyalty Management UK und Baxi Group vom 07.10.2010 - C-53/09 und C-55/09, EU:C:2010:590, Rz 39; Planzer Luxembourg vom 28.06.2007 - C-73/06, EU:C:2007:397, Rz 43), für die der Barzahlungsverkehr zunehmend an Bedeutung verliert.
4. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat --nach seiner Rechtsansicht folgerichtig-- keine Feststellungen dazu getroffen, in welchem Umfang Kunden der Klägerin im Streitjahr die ihnen gewährten Rabatte bei dem Bezug eines "zweiten Umsatzes" tatsächlich in Anspruch genommen haben, mit der Folge, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Umsätze der Klägerin insoweit vermindert hat. Das FG wird die erforderlichen Feststellungen nachholen müssen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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