BFH: Vorsteuerabzug bei Totalverlust der Rechnungen
- Den Nachweis darüber, dass ein anderer Unternehmer Steuern für Lieferungen oder sonstige Leistungen gesondert in Rechnung gestellt hat, kann der Unternehmer mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen.
- Einem Beweisantrag auf Vernehmung von Zeugen muss das FG nur dann nachkommen, wenn dieser hinreichend substantiiert ist. Dies setzt voraus, dass er sich auf das Vorliegen von Originalrechnungen für konkret bezeichnete Eingangsleistungen bezieht.
BFH-Urteil vom 23.10.2014, V R 23/13 (veröffentlicht am 23.12.2014)
UStG § 14, § 15 Abs. 1
Richtlinie 77/388/EWG Art. 17 Abs. 1, 2 Buchst. a, Art. 22 Abs. 3
AO § 95, § 162
Vorinstanz: FG Sachsen-Anhalt vom 20.2.2013, 2 K 1037/10 (EFG 2013 S. 1715 = SIS 13 23 71)
I. Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die vom Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren (1998 bis 2001) geltend gemachten Vorsteuerbeträge nach dem Totalverlust der Buchführungsunterlagen zu Recht um 40 % gekürzt hat.
Der Kläger ist Einzelunternehmer. Sein Unternehmen umfasst die eigene gewerbliche Tätigkeit (Vermietung und Verpachtung wesentlicher Betriebsgrundlagen) sowie die gewerbliche Tätigkeit der Betriebs-GmbH (Herstellung und Vertrieb von Fenstern und Türen), deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Kläger ist. Seit 1996 liegen die Voraussetzungen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft zur Betriebs-GmbH vor (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung - UStG -).
Am 28.5.2003 erließ das FA gegenüber dem Kläger eine Prüfungsanordnung, die auch die Umsatzsteuer der Streitjahre betraf. Nachdem der Prüfer erfolglos um Vorlage der Prüfungsunterlagen gebeten hatte und der Prüfungsbeginn auf Antrag des Klägers wiederholt verschoben wurde, beschloss die Gesellschafterversammlung der Betriebs-GmbH im August 2003 die Umfirmierung in C-GmbH und eine Sitzverlegung nach Z. In 2004 veräußerte diese C-GmbH das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen an eine neu gegründete M-GmbH, die im Dezember 2004 in MF-GmbH umfirmierte.
Nach Aufforderung, die Buchführungsunterlagen zwecks Prüfungsbeginns in das FA M zu bringen, teilte der Kläger mit Schreiben vom 28.6.2004 mit, dass ihm die Vorlage der erbetenen Unterlagen inzwischen unmöglich geworden sei. Der Transporter mit den gesamten Buchungsunterlagen und der EDV-Anlage, auf der die Buchführung gespeichert war, sei am 23.6.2004 vom Betriebsgelände gestohlen worden.
Die zwischen 10.1.2006 und 27.4.2007 durchgeführte Außenprüfung führte dazu, dass die - nicht durch Belegzweitschriften nachgewiesenen - Vorsteuerbeträge (1998: 974.240,69 DM, 1999: 826.554,04 DM, 2000: 690.080,64 DM, 2001: 564.389,70 DM) im Schätzungswege um 40 % gekürzt wurden (Bp-Bericht vom 23.5.2007). Unter Berücksichtigung der Betriebsprüfungen der Vorjahre und der allgemeinen Lebenserfahrung ging der Prüfer davon aus, dass zumindest ein Teil der Originalrechnungen zum Zeitpunkt der Buchungen und der Geltendmachung des jeweiligen Vorsteuerabzugs vorgelegen hätten. In den beiden vorherigen Betriebsprüfungen sei der Vorsteuerabzug aus den verschiedensten Gründen und im Einzelfall bis zu 25 % des geltend gemachten Vorsteuerabzugs nicht anerkannt worden. Da diese Prüfungen immer nur auszugsweise und punktuell erfolgt seien und bei genauerer und umfassender Prüfung vielleicht noch weitere Beträge nicht zum Vorsteuerabzug zugelassen worden wären, sei die Nichtanerkennung von 40 % des jährlich geltend gemachten Vorsteuerabzugs angemessen. Unter Bezugnahme auf den Bericht der Betriebsprüfung erließ das FA am 21.6.2007 die streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage zum Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg. Das FG entschied in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 1715 veröffentlichten Urteil, es sei nicht zu beanstanden, dass das FA die Vorsteuern nur in Höhe von 60 v.H. der vom Kläger im Voranmeldungsverfahren erklärten Beträge berücksichtigt habe.
Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das FG habe sowohl gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs als auch gegen den Untersuchungsgrundsatz und die Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verstoßen, da es die angebotenen Zeugen nicht vernommen und die vorgelegte eidesstattliche Versicherung nicht in seine Entscheidungsfindung einbezogen habe.
Die vom FG gestellten Anforderungen, wonach im Einzelnen und zu jeder Rechnung vorgetragen werden müsse, aus welcher Lieferung und Leistung der Vorsteuerabzug begehrt werde und zudem Angaben zum Leistungsgegenstand, Leistungszeitpunkt und zur Höhe des Entgelts erforderlich seien, widersprächen der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes - BFH - (BFH-Beschluss vom 12.5.2003 V B 226/02, BFH/NV 2003, 1226; BFH-Urteile vom 5.8.1988 X R 55/81, BFHE 154, 477, BStBl II 1989, 120, sowie vom 16.4.1997 XI R 63/93, BFHE 182, 440, BStBl II 1997, 582). Danach fordere der BFH nicht, dass die Inhalte der Originalrechnungen im Einzelnen vorgetragen werden müssten. Vielmehr müsse der Kläger lediglich nachweisen, dass ein anderer Unternehmer eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis erstellt und ihm ausgehändigt habe. Im Urteil vom 1.4.1982 V R 66/77 (juris) betreffend die Vernichtung sämtlicher Unterlagen durch Brand sei als Zeugin eine Buchhalterin benannt worden. Der BFH habe ausgeführt, dass diese habe vernommen werden müssen, um der gerichtlichen Ermittlungspflicht des § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gerecht zu werden. An keiner Stelle sei jedoch ausgeführt worden, die Zeugin müsse zu jeder einzelnen Rechnung, zum Leistungsgegenstand, dem Leistungszeitpunkt und der Höhe des Entgelts dezidiert vortragen. Damit liefen die vom FG gestellten Anforderungen auf eine vollständige Entwertung der BFH-Rechtsprechung hinaus.
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 20.2.2013 2 K 1037/10 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG des Landes Sachsen-Anhalt zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es macht sich im Wesentlichen die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des FG-Urteils zu eigen.
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Vorsteuerbeträge hat.
1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) und sind entsprechend dieser Bestimmung richtlinienkonform auszulegen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 6.5.2010 V R 29/09, BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885, unter II.1., sowie vom 9.12.2010 V R 17/10, BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, unter II.1.a, m.w.N.).
a)Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht gemäß Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht (vgl. BFH-Urteil vom 1.7.2004 V R 33/01, BFHE 206, 463, BStBl II 2004, 861, unter II.3.). Dies ist nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG der Zeitpunkt, in dem die Lieferung des Gegenstands oder die Dienstleistung bewirkt wird (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - vom 29.4.2004 C-152/02, Terra Baubedarf-Handel GmbH, Slg. 2004, I-05583, Rz 31).
b) Das entstandene Recht auf Vorsteuerabzug kann erst dann ausgeübt werden, wenn der Steuerpflichtige im Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung ist (EuGH-Urteil Terra Baubedarf in Slg. 2004, I-5583, Rz 31; BFH-Urteil in BFHE 206, 463, BStBl II 2004, 861). Damit ist die Ausübung des Vorsteuerabzugs an den Besitz der Originalrechnung oder des Dokuments geknüpft, das nach den vom jeweiligen Mitgliedstaat festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann (EuGH-Urteil Terra Baubedarf in Slg. 2004, I-05583, Rz 31, sowie EuGH-Urteil vom 5.12.1996, Reisdorf, C-85/95, Slg. 1996, I-6257, Rz 22).
aa) Unionsrechtlich ist dafür der Besitz einer nach Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG ausgestellten Rechnung erforderlich. Diese muss als Mindestangaben den Preis ohne Steuer und den auf die einzelnen Steuersätze entfallenden Steuerbetrag sowie ggf. die Steuerbefreiung ausweisen (Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG).
bb) Darüber hinausgehende Anforderungen ergaben sich in den Streitjahren nach der Rechtsprechung des Senats aus dem nationalen Recht auf der Grundlage von Art. 22 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG vor Änderung durch die Richtlinie 2003/92/EG vom 7.10.2003. Danach knüpfte § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG mit den Worten "Rechnungen im Sinne des § 14" an die Regelung in § 14 Abs. 4 UStG an, nicht an diejenige in § 14 Abs. 1 UStG (BFH-Urteile vom 27.7.2000 V R 55/99, BFHE 193, 156, BStBl II 2001, 426; in BFHE 182, 440, BStBl II 1997, 582; vom 17.9.1992 V R 41/89, BFHE 169, 540, BStBl II 1993, 205). Deshalb musste eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung zwar nicht sämtliche der in § 14 Abs. 1 UStG aufgeführten Merkmale aufweisen. Erforderlich waren jedoch Angaben tatsächlicher Art in der Rechnung, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, der Rechnungsaussteller habe Lieferungen oder sonstige Leistungen an den Leistungsempfänger erbracht, für die die Umsatzsteuer gesondert in Rechnung gestellt wurde (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 24.9.1987 V R 50/85, BFHE 153, 86, BStBl II 1988, 688, unter II.6., und vom 29.4.1993 V R 118/89, BFH/NV 1994, 584, sowie vom 10.11.1994 V R 45/93, BFHE 176, 472, BStBl II 1995, 395). Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung musste dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Was zur Ermittlung dieser Voraussetzungen erforderlich war, richtete sich nach den Umständen des Einzelfalles (BFH-Urteil vom 12.12.1996 V R 16/96, BFH/NV 1997, 717, m.w.N.).
c) Der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht, hat die Darlegungs- und Feststellungslast für alle Tatsachen, die den Vorsteuerabzug begründen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 27.6.1996 V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620, m.w.N.).
aa) Es ist daher regelmäßig Sache des Leistungsempfängers darzulegen und nachzuweisen, dass der Vorsteueranspruch entstanden ist, er also Leistungen von einem Unternehmer für sein Unternehmen bezogen hat.
bb) Weiterhin hat der Unternehmer darzulegen und nachzuweisen, dass er eine ordnungsgemäße Rechnung in Besitz hatte. § 15 Abs. 1 UStG erfordert dagegen nicht, dass das Abrechnungspapier auch noch in einem späteren Zeitpunkt vorhanden ist.
Den Nachweis darüber, dass ihm ein anderer Unternehmer Steuerbeträge für Lieferungen oder sonstige Leistungen gesondert in Rechnung gestellt hat, kann der Unternehmer nicht allein durch Vorlage der Originalrechnung führen. Besitzt er diese nicht mehr, können die Mitgliedstaaten andere Beweise zulassen, aus denen sich ergibt, dass der Umsatz, auf den sich der Antrag auf Vorsteuerabzug bezieht, tatsächlich stattgefunden hat (EuGH-Urteil Reisdorf in Slg. 1996, I-6257). Im Anschluss hieran hat der BFH im Urteil in BFHE 182, 440, BStBl II 1997, 582 entschieden, die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug setze voraus, dass der Steuerpflichtige im Besitz der Originalrechnung ist. Den Nachweis, dass diese Voraussetzung erfüllt war, könne der Steuerpflichtige nicht nur durch Vorlage der Originalrechnung, sondern mit allen nach der Finanzgerichtsordnung verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen (BFH-Urteil in BFHE 182, 440, BStBl II 1997, 582; BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 1226).
cc) Entscheidend ist, dass die Finanzbehörde oder im Falle eines Rechtsstreits das FG die Überzeugung gewinnt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG einschließlich des (ursprünglichen) Rechnungsbesitzes vorliegen (BFH-Beschluss vom 31.7.2007 V B 156/06, BFH/NV 2008, 416, unter II.1.b, unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 19.11.1998 V R 102/96, BFHE 187, 344, BStBl II 1999, 255).
d)Lagenim Zeitpunkt der Geltendmachung des VorsteuerabzugsOriginalrechnungen anderer Unternehmer mit gesondertem Steuerausweis vor, die aber danach verlorengegangen sind und nicht mehr rekonstruiert werden können, sind die abziehbaren Vorsteuerbeträge zu schätzen (§ 162 der Abgabenordnung - AO -). Denn die erfolgte Rechnungstellung wird durch den Verlust der Rechnungen nicht aufgehoben (BFH-Urteil vom 1.4.1982 V R 66/77, juris). Der fehlende Nachweis des Rechnungsbesitzes kann dagegen nicht durch eine Schätzung ersetzt werden (BFH-Urteil vom 12.6.1986 V R 75/78, BFHE 146, 569, BStBl II 1986, 721; BFH-Beschlüsse vom 26.11.1997 V B 48/97, BFH/NV 1998, 563, und vom 28.12.2001 V B 148/01, BFH/NV 2002, 682).
2. Nach diesen Maßstäben steht dem Kläger kein Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Vorsteuerbeträge zu.
a) Wie das FG zu Recht entschieden hat, fehlt es im Streitfall bereits an den Voraussetzungen für die Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Denn der Kläger hat weder dargelegt noch nachgewiesen, welche konkreten Leistungen er von anderen Unternehmen für sein Unternehmen tatsächlich bezogen hat. Die im finanzgerichtlichen Verfahren als Zeugen benannten Personen (B.A., K.T., A.O.) sind insoweit ungeeignet, da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass diese aus eigener Wahrnehmung Angaben über den tatsächlichen Leistungsbezug für das Unternehmen des Klägers machen könnten.
Auch sind diese Zeugen vom Kläger lediglich zum Nachweis seiner Behauptung benannt worden, dass in den erstellten Umsatzsteuererklärungen nur solche Vorsteuerbeträge geltend gemacht worden seien, für die auch entsprechende Originalrechnungen vorgelegen hätten. Das Vorliegen von Originalrechnungen besagt indes nichts darüber, ob der Kläger die in Rechnung gestellten Leistungen tatsächlich bezogen hat (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 14 Rz 42 und 44, sowie § 15 Rz 85).
Entgegen der Ansicht des Klägers widerspricht das Erfordernis der Darlegung und des Nachweises von Einzelheiten des tatsächlichen Leistungsbezuges nicht der von ihm bezeichneten BFH-Rechtsprechung. Diese betrifft lediglich die Nachweismöglichkeiten beim Verlust der Originalrechnung und damit die Ausübungsvoraussetzung des Vorsteuerabzugs. Der fehlende Nachweis der Entstehung des Vorsteueranspruchs kann nicht durch den Nachweis der Ausübungsvoraussetzung ersetzt werden.
b) Das FG hat keinen Verfahrensfehler begangen, indem es die eidesstattliche Versicherung nicht in seinem Urteil berücksichtigt und eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der angebotenen Zeugen abgelehnt hat.
aa) Soweit die im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegte eidesstattliche Versicherung der Buchhalterin B.A. zum Inhalt hat, dass formell ordnungsgemäße Rechnungen des Lieferanten i.S. von § 14 UStG vorgelegen hätten, ist diese zur Glaubhaftmachung ungeeignet, da sie keine Tatsachen, sondern eine rechtliche Schlussfolgerung beinhaltet. Die Richtigkeit einer Rechtsansicht kann nicht eidesstattlich versichert werden (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 95 AO Rz 5).
bb) Entgegen der Ansicht des FG beziehen sich der vom Kläger angebotene Zeugenbeweis jedoch nicht und die eidesstattliche Versicherung nicht nur auf diese rechtliche Schlussfolgerung, sondern (auch) auf die dem Beweis zugängliche Tatsache, ob dem Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs die Original-Eingangsrechnungen vorgelegen haben.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung kann der Unternehmer beim Verlust der Originalrechnung den Nachweis, dass diese bei Geltendmachung des Vorsteuerabzugs im Besitz des Unternehmers war, mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen (BFH-Urteile in BFHE 182, 440, BStBl II 1997, 582 Leitsatz 2, sowie in BFHE 154, 477, BStBl II 1989, 120; BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 1226). Bei diesem Nachweis geht es somit nicht um den Besitz einer nach §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung, sondern lediglich um das vormalige Vorhandensein der Originalurkunde.
(a) Als Beweismittel kommen in erster Linie Kopien oder Zweitausfertigungen der Originalrechnung in Betracht. So hat der BFH im Urteil in BFHE 154, 477, BStBl II 189, 120 Vorsteuerbeträge aufgrund der Vorlage einer Rechnungskopie anerkannt, nachdem sich die Existenz eines Durchschlags dieser Rechnung bei dem liefernden Unternehmen und einer weiteren Fotokopie bei den Akten einer mit dem Kläger in Geschäftsbeziehung stehenden Bezirkssparkasse herausgestellt hatte und überdies feststand, dass die erbrachte Leistung getilgt worden war. Nicht ausreichend ist dagegen im Regelfall die Kopie eines Vorsteuerkontos aus der Buchführung (vgl. BFH-Beschluss vom 14.4.2000 V B 157/99, BFH/NV 2000, 1373).
(b) Nach der Rechtsprechung des Senats kann der Beweis des Vorliegens von Originalrechnungen mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln [vgl. oben II.2.b bb (1)] und damit auch durch Zeugen erbracht werden.
Einem entsprechenden Beweisantrag muss das FG allerdings nur dann nachkommen, wenn dieser hinreichend substantiiert ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 14.7.2008 II B 5/08, BFH/NV 2008, 1815; vom 13.8.2002 VII B 267/01, BFH/NV 2003, 63; vom 17.3.2003 VII B 269/02, BFH/NV 2003, 825, und vom 2.3.2006 XI B 79/05, BFH/NV 2006, 1132). Das setzt voraus, dass das Beweisthema und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme in Bezug auf einzelne konkrete Tatsachen genau angegeben werden (BFH-Beschlüsse vom 21.11.2002 VII B 58/02, BFH/NV 2003, 485, und vom 12.12.2007 I B 134/07, BFH/NV 2008, 736). Beweisermittlungs- oder Beweisausforschungsanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken soll, brauchen dem Gericht eine Beweisaufnahme dagegen nicht nahe zu legen (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2006, 1132, und vom 6.9.2005 IV B 14/04, BFH/NV 2005, 2166).
(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegen im Streitfall keine hinreichend bestimmten Beweisanträge vor:
Der Kläger hat lediglich in pauschaler und damit in unbestimmter Weise behauptet, die von ihm benannten Zeugen könnten aussagen, dass für alle Lieferungen und Leistungen des Anlage- und Umlaufvermögens entsprechende Rechnungen im Original vorgelegen hätten. Damit fehlt die Bezugnahme auf einzelne konkrete Tatsachen, zu denen sich die Zeugen äußern sollen. Die hinreichende Substantiierung eines Beweisantrages erfordert danach, dass er sich auf das Vorliegen der Originalrechnung für eine konkret bezeichnete Eingangsleistung (vgl. unter II.2.a) beziehen. Das FG hat daher im Ergebnis ohne Verfahrensverstoß eine Vernehmung der Buchhalterin B.A., des Steuerberaters K.T. und der Sachbearbeiterin A.O. abgelehnt.
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