EuGH: Schülertransport durch Gemeinde, Unternehmereigenschaft
Vorlage zur Vorabentscheidung – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 2 Abs. 1 Buchst. c und Art. 9 Abs. 1 – Steuerpflichtige – Wirtschaftliche Betätigung – Begriff – Schülertransport
EuGH-Urteil vom 12. Mai 2016, Rechtssache C-520/14
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c und Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gemeente Borsele (Gemeinde Borsele) und dem Staatssecretaris van Financiën (Finanzminister) über das Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer, das von dieser Gemeinde beansprucht wird.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 Gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer
„Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt“.
4 Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:
„Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt.
Als ,wirtschaftliche Tätigkeiten‘ gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.“
5 Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor:
„Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.
Falls sie solche Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Umsätze jedoch als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
Die Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten in Bezug auf die in Anhang I genannten Tätigkeiten in jedem Fall als Steuerpflichtige, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist.“
6 In Nr. 5 des Anhangs I („Verzeichnis der Tätigkeiten im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 Unterabsatz 3“) der Richtlinie wird die Tätigkeit „Personenbeförderung“ aufgeführt.
7 Art. 73 der Richtlinie lautet:
„Bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter die Artikel 74 bis 77 fallen, umfasst die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.“
Niederländisches Recht
8 Art. 4 („Kosten des Schülertransports“) des Wet op het primair onderwijs (Gesetz über den Grundschulunterricht) bestimmt:
„(1) Für Zwecke des Schulbesuchs gewähren der Bürgermeister und die Beigeordneten den Eltern von Schülern, die ihren Wohnsitz im Gemeindegebiet haben, auf Antrag die Übernahme der von Bürgermeister und Beigeordneten als notwendig erachteten Transportkosten. Der Gemeinderat erlässt hierzu eine nähere Regelung unter Berücksichtigung der Bestimmungen der nachfolgenden Absätze.
...
(4) Die Regelung berücksichtigt eine Beteiligung, die von den Eltern vernünftigerweise verlangt werden kann, und sieht vor, dass der Transport in einer für den Schüler angemessenen Weise erfolgt. Sie bestimmt die Modalitäten, nach denen der Bürgermeister und die Beigeordneten hierzu den Rat von Sachverständigen einholen.
(5) Die Regelung sieht vor, dass die Kosten übernommen werden für den Transport über die Entfernung zwischen der Wohnung des Schülers und
a) der nächstgelegenen für ihn zugänglichen Grundschule oder, wenn der Schüler einer besonderen Schule für den Grundschulunterricht zugewiesen wurde, der nächstgelegenen besonderen Grundschule, die ihm zugänglich ist,
b) einer anderen Grundschule oder besonderen Grundschule, wenn der Transport zu dieser Schule geringere Kosten für die Gemeinde mit sich bringt als der Transport zu der Grundschule bzw. besonderen Grundschule gemäß Buchstabe a und die Eltern mit dem Transport zu dieser anderen Schule einverstanden sind,
c) der nächstgelegenen für den Schüler zugänglichen besonderen Grundschule im Kooperationsverband der Grundschule, die er besucht, wenn seine Eltern mit dem Transport zu dieser besonderen Grundschule einverstanden sind, oder
d) einer anderen besonderen Grundschule in dem Kooperationsverband gemäß Buchstabe c, wenn der Transport zu dieser Schule geringere Kosten für die Gemeinde mit sich bringt als der Transport zu der besonderen Grundschule gemäß Buchstabe c und die Eltern mit dem Transport zu dieser anderen Schule einverstanden sind.
...
(7) Die Regelung kann für Eltern, deren kumuliertes Einkommen 17 700 Euro übersteigt, vorsehen, dass die Förderung nur gewährt wird, wenn die Transportkosten höher sind als die Kosten für den öffentlichen Transport über die durch den Gemeinderat gemäß Absatz 8 festgestellte Entfernung, die höchstens 6 Kilometer beträgt. Bei der Berechnung des Einkommens wird das Einkommen zugrunde gelegt, das im zweiten Kalenderjahr, das dem Kalenderjahr vorausgeht, in dem das Schuljahr beginnt, für das die Kostenübernahme beantragt wird, erzielt wurde. Die Kosten für den öffentlichen Transport im Sinne von Satz 1 entsprechen den angemessenen Kosten für öffentlichen Transport, die aufgrund der Zoneneinteilung in der Regelung gemäß Art. 27 Abs. 1 des Wet personenvervoer (Personenbeförderungsgesetz) für diese Entfernung anfallen würden, unabhängig vom Vorhandensein oder der tatsächlichen Nutzung öffentlicher Transportmittel. Im Fall der Anwendung von Absatz 10 bestimmt die Regelung einen gemäß Satz 3 berechneten finanziellen Beitrag der Eltern. Der in Satz 1 genannte Betrag wird ab 1. Januar 1999 jährlich nach Maßgabe der Entwicklung des Indexes der Regellöhne erwachsener Arbeitnehmer im Vergleich zum Vorjahr, gerundet auf ein Vielfaches von 450 Euro, angepasst. Der angepasste Betrag ersetzt den in Satz 1 genannten Betrag.
(8) Die Regelung kann bestimmen, dass aufgrund der Entfernung zwischen der für den Schüler zugänglichen Schule und der Wohnung des Schülers, gemessen entlang der kürzesten, für den Schüler hinreichend begehbaren und sicheren Strecke kein Anspruch auf Kostenerstattung besteht.
...
(10) Die Regelung kann vorsehen, dass die Gemeinde, statt eine Kostenübernahme in Geld zu gewähren, den Transport durchführt oder durchführen lässt.
(11) Die Regelung kann für Schüler, für die die Entfernung im Sinne von Absatz 5 mehr als 20 Kilometer beträgt, vorsehen, dass die Höhe der Kostenübernahme von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern abhängt oder dass der Transport, den die Gemeinde durchführt oder durchführen lässt, gegen einen von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern abhängigen Beitrag bis höchstens zum Betrag der Kosten für den Transport des betroffenen Schülers erfolgt. In diesem Fall enthält die Regelung auch Vorschriften zur Bestimmung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern. Satz 1 ist auf einen Schüler einer besonderen Grundschule, für den die Entfernung zur nächstgelegenen öffentlichen oder privaten besonderen Grundschule mehr als 20 Kilometer beträgt, nicht anwendbar.
...“
9 Nach Art. 4 Abs. 1 des Wet op de expertisecentra (Gesetz über Kompetenzzentren) „berücksichtigt [die Regelung] die Beteiligung, die von den Eltern vernünftigerweise verlangt werden kann, und sieht vor, dass der Transport auf eine für den Schüler angemessene Weise stattfinden kann, mit der Maßgabe, dass Schüler, die weiterführendem Sonderunterricht folgen, nur dann Anspruch auf Transportkostenübernahme erheben können, wenn sie wegen ihrer Behinderung auf andere Transportmittel als öffentliche Transportmittel angewiesen sind oder wenn sie aufgrund ihrer Behinderung öffentliche Transportmittel nicht selbständig benutzen können“.
10 Die Verordening leerlingenvervoer gemeente Borsele 2008 (Verordnung 2008 der Gemeinde Borsele betreffend den Schülertransport) sieht u. a. vor:
- Bei einer Entfernung von bis zu sechs Kilometern findet keine Kostenübernahme für den Schülertransport statt;
- bei einer Entfernung zwischen sechs und 20 Kilometern wird der Schülertransport gegen Zahlung eines festen Beitrags der Eltern des transportierten Kindes durchgeführt, dessen Höhe dem Preis für den öffentlichen Transport über eine Entfernung von sechs Kilometern entspricht;
- bei einer Entfernung von mehr als 20 Kilometern wird der Schülertransport gegen Zahlung eines Beitrags durchgeführt, der pro Familie unter Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern nach Maßgabe der kumulierten Einkommen der Eltern – nach Abschlägen – im Sinne des Einkommensteuergesetzes 2001 berechnet wird und den Selbstkostenpreis für diesen Transport nicht übersteigen darf.
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
11 Die Gemeinde Borsele greift für den Schultransport der Schüler, die hierauf Anspruch haben, auf die Leistungen von Transportunternehmen zurück. Hierfür entrichtete sie für das Jahr 2008 einen Betrag von 458 231 Euro einschließlich Mehrwertsteuer.
12 Gemäß den Bestimmungen der Verordnung 2008 der Gemeinde Borsele betreffend den Schülertransport entrichtete ungefähr ein Drittel der Eltern der Schüler, die den Schülertransport in Anspruch nahmen, Beiträge, deren Gesamthöhe, die 3 % der von der Gemeinde zur Finanzierung der Schülertransportdienstleistungen gezahlten Beträge entsprach, sich auf 13 958 Euro belief. Den darüber hinausgehenden Betrag finanzierte die Gemeinde mit öffentlichen Mitteln.
13 Die Gemeinde Borsele hat vor den Steuerbehörden geltend gemacht, dass sie wegen der Erbringung von Schülertransportdienstleistungen gegen eine Zahlung von Beiträgen mehrwertsteuerpflichtig sei und daher zum Abzug der ihr von den Transportunternehmern in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer von dieser Zahlung berechtigt sei. Dieser Einspruch wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Gemeinde keine Dienstleistungen gegen Entgelt erbringe und damit keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübe.
14 Mit Bescheid vom 1. Juli 2009 setzten die Steuerbehörden den der Gemeinde Borsele vom Mehrwertsteuer-Kompensationsfonds geschuldeten Betrag für das Jahr 2008 fest, ohne dass die der Gemeinde von den Transportunternehmern in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer darin enthalten war.
15 Die Gemeinde Borsele erhob gegen diesen Bescheid Klage bei der Rechtbank te ‘s-Gravenhage (Gericht Den Haag, Niederlande). Diese Klage wurde mit Entscheidung vom 29. Dezember 2010 als unbegründet abgewiesen. Die Gemeinde Borsele legte Berufung beim Gerechtshof te ‘s-Gravenhage (Berufungsgericht Den Haag, Niederlande) ein, der diese Entscheidung sowie die Bescheide der Finanzbehörden mit Entscheidung vom 20. April 2012 aufhob. Die Gemeinde Borsele und der Staatssecretaris van Financiën legten jeweils eine Kassationsbeschwerde gegen die Entscheidung des Gerechtshof te ‘s-Gravenhage (Berufungsgericht Den Haag) beim Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) ein.
16 Unter diesen Umständen hat der Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
- Sind Art. 2 Abs. 1 Buchst. c und Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass eine Gemeinde im Zusammenhang mit dem Schülertransport nach einer Regelung wie der im vorliegenden Urteil umschriebenen insofern als Steuerpflichtige im Sinne dieser Richtlinie anzusehen ist?
- Ist bei der Beantwortung dieser Frage die Regelung insgesamt zu berücksichtigen, oder hat diese Prüfung für jede Beförderungsleistung gesondert zu erfolgen?
- Sofern Letzteres der Fall ist: Muss in diesem Fall danach unterschieden werden, ob es sich um eine Beförderung von Schülern über eine Entfernung zwischen sechs und 20 Kilometern bzw. über eine Entfernung von mehr als 20 Kilometern handelt?
Zu den Vorlagefragen
17 Mit seinen Fragen möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Gebietskörperschaft, die eine Schülertransportdienstleistung unter Bedingungen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen erbringt, als Steuerpflichtige handelt und somit der Mehrwertsteuer unterworfen ist.
18 Nach Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie gilt als Steuerpflichtiger, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt.
19 Um festzustellen, ob in dem Fall, um den es im Ausgangsverfahren geht, die Gebietskörperschaft als Steuerpflichtige handelt, ist daher zu prüfen, ob sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie ausübt.
20 Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 dieser Richtlinie als wirtschaftliche Tätigkeiten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe gelten.
21 Wie die Generalanwältin in Nr. 32 ihrer Schlussanträge festgestellt hat, kann eine Tätigkeit nur dann als wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der genannten Bestimmung eingestuft werden, wenn mit ihr einer der in Art. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie genannten Steuertatbestände erfüllt wird.
22 Um im vorliegenden Fall zu klären, ob der von einer Gemeinde unter den Bedingungen des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Sachverhalts durchgeführte Schülertransport eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 dieser Richtlinie darstellt, ist somit erstens festzustellen, ob die Gemeinde im Rahmen der Organisation dieses Schülertransports eine Dienstleistung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie erbracht hat.
23 Da sich anhand der Angaben, die das vorlegende Gericht in seinem Vorabentscheidungsersuchen gemacht hat, feststellen lässt, dass im Ausgangsverfahren tatsächlich eine Dienstleistung in Frage steht, ist weiter zu prüfen, ob diese Dienstleistung als von der Gemeinde gegen Entgelt erbracht angesehen werden kann, wie es Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie voraussetzt.
24 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Dienstleistung nur dann im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie „gegen Entgelt“ erbracht wird und somit steuerpflichtig ist, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (vgl. u. a. Urteile vom 3. März 1994, Tolsma, C‑16/93, EU:C:1994:80, Rn. 14, vom 5. Juni 1997, SDC, C‑2/95, EU:C:1997:278, Rn. 45, und vom 26. Juni 2003, MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring, C‑305/01, EU:C:2003:377, Rn. 47).
25 Im vorliegenden Fall wird für die Bemessung des Beitrags der Eltern zu den Kosten des Schülertransports nicht auf die tatsächlichen Kosten der erbrachten Dienstleistungen abgestellt. Die Höhe dieses Beitrags der Eltern hängt nämlich weder mit der Zahl der täglich zurückgelegten Kilometer noch mit dem Selbstkostenpreis pro Fahrt für jeden beförderten Schüler oder der Häufigkeit der Fahrten zusammen.
26 Der Umstand, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit zu einem Preis unter oder über dem Selbstkostenpreis ausgeführt wird, ist jedoch unerheblich, wenn es darum geht, einen Umsatz als „entgeltlichen Umsatz“ zu qualifizieren. Dieser Begriff setzt nämlich lediglich das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Lieferung von Gegenständen oder der Erbringung von Dienstleistungen und der Gegenleistung voraus, die der Steuerpflichtige tatsächlich erhalten hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. März 1988, Apple and Pear Development Council, 102/86, EU:C:1988:120, Rn. 12, und vom 20. Januar 2005, Hotel Scandic Gåsabäck, C‑412/03, EU:C:2005:47, Rn. 22).
27 Die Zahlung eines Beitrags zum Schülertransport durch ungefähr ein Drittel der Eltern der transportierten Kinder lässt somit den Schluss zu, dass die Gemeinde Borsele eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie erbracht hat.
28 Zweitens ist klarzustellen, dass das Vorliegen einer gegen Entgelt erbrachten Dienstleistung im Sinne der vorgenannten Bestimmung, wie die Generalanwältin in den Nrn. 49 und 50 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, für die Feststellung einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht ausreicht.
29 Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass für die Feststellung, ob eine Dienstleistung so erbracht worden ist, dass diese Tätigkeit als gegen ein Entgelt erfolgt und somit als eine wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. März 1987, Kommission/Niederlande, 235/85, EU:C:1987:161, Rn. 15), alle Umstände zu prüfen sind, unter denen die Tätigkeit erfolgt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. September 1996, Enkler, C‑230/94, EU:C:1996:352, Rn. 27).
30 Der Vergleich zwischen den Umständen, unter denen der Betreffende die fragliche Dienstleistung erbringt, und den Umständen, unter denen eine derartige Dienstleistung gewöhnlich erbracht wird, kann somit eine der Methoden darstellen, mit denen geprüft werden kann, ob die betreffende Tätigkeit eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt (vgl. entsprechend Urteil vom 26. September 1996, Enkler, C‑230/94, EU:C:1996:352, Rn. 28).
31 Daneben können weitere Gesichtspunkte, wie u. a. die Zahl der Kunden und die Höhe der Einnahmen, bei dieser Prüfung berücksichtigt werden (vgl. entsprechend Urteil vom 26. September 1996, Enkler, C‑230/94, EU:C:1996:352, Rn. 29).
32 Zwar ist es letztlich Sache des nationalen Gerichts, sämtliche Gegebenheiten des Ausgangsverfahrens zu beurteilen. Indes ist der Gerichtshof, der dazu aufgerufen ist, dem nationalen Gericht zweckdienliche Antworten zu geben, dazu befugt, auf der Grundlage der Akten dieses Verfahrens und der schriftlichen und mündlichen Erklärungen, die ihm unterbreitet worden sind, dem nationalen Gericht Hinweise zu geben, die es diesem ermöglichen, über den konkreten bei ihm anhängigen Rechtsstreit zu entscheiden.
33 In dieser Hinsicht ist zum einen festzustellen, dass die Gemeinde Borsele über die Beiträge, die sie erhält, nur einen kleinen Teil der anfallenden Kosten deckt. Die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Beiträge werden nämlich nicht von jedem Nutzer geschuldet und nur von einem Drittel von ihnen gezahlt, so dass ihr Betrag nur 3 % der gesamten Transportkosten deckt. Der verbleibende Teil wird mit öffentlichen Mitteln finanziert. Ein solcher Unterschied zwischen den Betriebskosten und den als Gegenleistung für die angebotenen Dienstleistungen erhaltenen Beträgen deutet darauf hin, dass der Beitrag der Eltern eher einer Gebühr als einem Entgelt gleichzusetzen ist (vgl. entsprechend Urteil vom 29. Oktober 2009, Kommission/Finnland, C‑246/08, EU:C:2009:671, Rn. 50).
34 Aus einer solchen Asymmetrie folgt, dass es an einem tatsächlichen Zusammenhang zwischen dem gezahlten Betrag und der Erbringung der Dienstleistungen fehlt. Damit weist der Zusammenhang zwischen der von der Gemeinde erbrachten Transportdienstleistung und dem von den Eltern zu entrichtenden Gegenwert nicht die erforderliche Unmittelbarkeit auf, um diesen Gegenwert als ein Entgelt für diese Dienstleistung und damit diese als eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie ansehen zu können (vgl. entsprechend Urteil vom 29. Oktober 2009, Kommission/Finnland, C‑246/08, EU:C:2009:671, Rn. 51).
35 Zum anderen ist festzustellen, dass die Bedingungen, unter denen die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Dienstleistung erbracht wird, sich von denen unterscheiden, unter denen die Tätigkeit der Personenbeförderung üblicherweise vorgenommen wird, da die Gemeinde Borsele, wie die Generalanwältin in Nr. 64 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, keine Leistungen auf dem allgemeinen Markt für Beförderungsleistungen anbietet, sondern vielmehr selbst als Endverbraucher von Beförderungsleistungen in Erscheinung tritt, die sie bei Transportunternehmen, mit denen sie Vertragsbeziehungen hat, erwirbt und die sie den Eltern von Schülern im Rahmen der Daseinsvorsorge zur Verfügung stellt.
36 Nach alledem ist auf die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen zu antworten, dass Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Gebietskörperschaft, die eine Schülertransportdienstleistung unter Bedingungen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen erbringt, keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und damit keine Steuerpflichtige ist.
An dieser Fassung sind noch Änderungen möglich; verbindlich sind nur die in der "Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts" und im "Amtsblatt der Europäischen Union" veröffentlichten Fassungen.
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