BFH zu den Voraussetzungen einer Änderung gemäß § 27 Abs. 19 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG)
Eine Umsatzsteuerfestsetzung kann nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann geändert werden, wenn ihm ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23.02.2017 ‑ V R 16, 24/16, BFHE 257, 177, BStBl II 2017, 760 = SIS 17 04 53). Demgegenüber kommt es hierfür auf die Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG nicht an.
UStG § 27 Abs. 19 Satz 1 und 3
FGO § 126 Abs. 2 und 4
AO § 367 Abs. 2 Satz 2
BFH-Urteil vom 31.1.2024, V R 24/21 (veröffentlicht am 25.4.2024)
Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 24.6.2021, 2 K 5261/15 = SIS 22 09 71
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), der als Einzelunternehmer im Jahr 2009 (Streitjahr) tätig war, erbrachte an die Q‑KG und mehrere mit ihr verbundene Gesellschaften (im Folgenden: Q‑KG) aufgrund gleichlautender Werkverträge Bauleistungen. Den Vergütungsvereinbarungen lag die Annahme einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gemäß § 13b des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (UStG) durch die Vertragsparteien zugrunde. Nach den Verträgen konnte der Kläger Forderungen aufgrund des Vertrags gegen die Q‑KG nur mit schriftlicher Zustimmung der Q‑KG an Dritte abtreten oder verpfänden.
Der Kläger rechnete die Leistungen entsprechend § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 und § 14a Abs. 5 UStG ohne Ausweis von Umsatzsteuer ab. Die Q‑KG zahlte die Rechnungsbeträge nach Abzug von Sicherheitseinbehalten und Skonti im Streitjahr und versteuerte in der Annahme ihrer Steuerschuldnerschaft die vom Kläger empfangenen Bauleistungen nach § 13b UStG und führte die Umsatzsteuer an den für sie wie auch für den Kläger zuständigen Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) ab.
Der Kläger reichte beim FA am 27.10.2010 eine zu einer Vorbehaltsfestsetzung führende Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr ein, in der er die Umsätze gegenüber der Q‑KG nicht als von ihm zu versteuernde Umsätze erfasste. Im Mai 2011 hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Am 12.02.2014 beantragte die Q‑KG beim FA aufgrund des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22.08.2013 ‑ V R 37/10 (BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128) die Erstattung der Umsatzsteuer, die sie als Steuerschuldnerin für die vom Kläger bezogenen Leistungen ohne Inanspruchnahme eines Vorsteuerabzugs entrichtet hatte.
Daraufhin teilte das FA mit Schreiben vom 20.11.2014 dem Kläger mit, dass die Q‑KG die Erstattung der von ihr für die streitigen Bauleistungen entrichteten Umsatzsteuer gefordert habe. Das FA kündigte an, den Kläger nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG als Steuerschuldner für die Leistungen an die Q‑KG in Anspruch zu nehmen und verwies hierfür auf § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG i.d.F. des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.07.2014 (BGBl I 2014, 1266) sowie auf die Möglichkeit einer Abtretung nach Satz 3 und 4 dieser Vorschrift. Mit Bescheid vom 15.12.2014 änderte das FA die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens verpflichtete sich die Q‑KG gegenüber dem Kläger durch Vereinbarung vom 23.04.2015, die Abtretung seines Anspruchs gegen die Q‑KG auf Zahlung der Umsatzsteuer gegenüber dem FA anzuerkennen, falls sie ein gegen sie geführtes zivilrechtliches Verfahren eines anderen Bauleistenden verlöre. Den Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 20.11.2015 als unbegründet zurück und verböserte darüber hinaus die Steuerfestsetzung unter Bezugnahme auf einen ‑‑nach Auffassung des FA mit Schreiben vom 16.07.2015 erteilten‑‑ Hinweis, indem es die streitige Steuer für die Leistungen an die Q‑KG mit Bescheid vom selben Tage erhöhte.
Die Klage zum Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg. Nachdem der BFH das im ersten Rechtsgang ergangene Urteil des FG mit Beschluss vom 27.07.2020 ‑ V B 78/18 (BFH/NV 2020, 1091) aufgehoben und die Sache gemäß § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an das FG zurückverwiesen hatte, erteilte der Kläger am 28.12.2020 Rechnungen an die Q‑KG mit gesondertem Steuerausweis. Am 30.12.2020 übermittelte der Kläger dem FA ein Abtretungsangebot über den sich hieraus ergebenden Umsatzsteuernachforderungsbetrag, welches das FA mit Bescheid vom 07.04.2021 ablehnte. Auch im zweiten Rechtsgang wies das FG die Klage ab. Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2022, 1151 veröffentlichten Urteil des FG liegen die Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 UStG vor. Auch die zusätzliche Bedingung der Abtretbarkeit des Anspruchs sei erfüllt. Die Abtretbarkeit scheitere nicht an dem vertraglichen Abtretungsverbot, denn § 354a des Handelsgesetzbuchs (HGB) sei einschlägig, da der Kläger Kaufmann sei. Dem Kläger stehe aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung ein Anspruch auf Vertragsanpassung und auf Zahlung der Umsatzsteuer zu. Der Änderung der Steuerfestsetzung stehe nicht entgegen, dass das FA das Abtretungsangebot des Klägers vom 30.12.2020 nicht angenommen habe, denn das Ermessen des FA sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf Null reduziert gewesen, weil es infolge der Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Kläger nicht mehr verpflichtet gewesen sei, das verspätete Abtretungsangebot noch anzunehmen. Zu den Mitwirkungspflichten gehöre insbesondere der zeitgerechte Abschluss der Abtretungsvereinbarung. Dem Kläger sei eine frühere Mitwirkung durch Änderung der Rechnungen und Abschluss eines Abtretungsvertrags auch zumutbar gewesen, denn es habe dem Kläger kein signifikantes Risiko gedroht, weil auch ein bedingter und zukünftiger Anspruch abtretbar sei. Mittlerweile sei die Forderung verjährt.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Das FA hätte die Abtretung annehmen müssen und den Umsatzsteuerbescheid nicht ändern dürfen, weil es die Abtretung abgelehnt habe. § 27 Abs. 19 UStG enthalte keine zeitlichen Vorgaben für die Erfüllung der Mitwirkungspflichten, so dass das FG zu Unrecht angenommen habe, dass er, der Kläger, seine Mitwirkungspflichten verletzt habe, denn der Steuerpflichtige müsse die Möglichkeit haben, von seinen Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Die Dauer des Verfahrens insgesamt könne ihm nicht angelastet werden. Selbst wenn bereits die Verjährung eingetreten gewesen wäre, hätte das FA die Abtretung nicht ablehnen dürfen, denn die Q‑KG sei wegen der Vereinbarung vom 23.04.2015 daran gehindert, die Einrede der Verjährung geltend zu machen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG und den Umsatzsteuerbescheid vom 15.12.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.11.2015 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision des Klägers ist im Ergebnis unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 und 4 FGO). Das FG hat zwar zu Unrecht angenommen, dass der Änderung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG die Ablehnung eines Abtretungsangebots des bauleistenden Unternehmers durch das FA entgegenstehen kann. Das FG-Urteil stellt sich aber gleichwohl als zutreffend dar, da es hierauf für die Anwendung von § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG nicht ankommt.
1. Nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG ist die gegen den leistenden Unternehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ändern, wenn Unternehmer und Leistungsempfänger davon ausgegangen sind, dass der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG auf eine vor dem 15.02.2014 erbrachte steuerpflichtige Leistung schuldet und sich diese Annahme als unrichtig herausstellt, soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer fordert, die er in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner zu sein. § 176 der Abgabenordnung (AO) steht der Änderung nach Satz 1 nicht entgegen (§ 27 Abs. 19 Satz 2 UStG). Nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG kann das für den leistenden Unternehmer zuständige Finanzamt auf Antrag zulassen, dass der leistende Unternehmer dem Finanzamt den ihm gegen den Leistungsempfänger zustehenden Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer abtritt, wenn die Annahme der Steuerschuld des Leistungsempfängers im Vertrauen auf eine Verwaltungsanweisung beruhte und der leistende Unternehmer bei der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs mitwirkt. Aus § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG ergibt sich, unter welchen Voraussetzungen die Abtretung an Zahlungs statt wirkt.
2. Eine Umsatzsteuerfestsetzung kann nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann geändert werden, wenn ihm ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht (BFH-Urteil vom 23.02.2017 ‑ V R 16, 24/16, BFHE 257, 177, BStBl II 2017, 760, Leitsatz 1 und Rz 24).
a) Im Gegensatz zum Erfordernis eines abtretbaren Nachforderungsanspruchs kommt es für die Änderungsbefugnis nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG nicht darauf an, dass auch die Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG vorliegen.
aa) § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG stellt nach seinem Wortlaut nicht auf die in § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG genannten Voraussetzungen ab (vgl. zu diesen BFH-Urteil vom 22.08.2019 ‑ V R 21/18, BFHE 266, 10, BStBl II 2020, 35).
bb) Der Gesetzesbegründung (BTDrucks 18/1995, S. 111) lässt sich zu einer Einschränkung der Änderungsbefugnis nach Maßgabe des § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG nichts entnehmen.
cc) Derartiges ergibt sich auch nicht aus der vom Senat in seinem Urteil vom 23.02.2017 ‑ V R 16, 24/16 (BFHE 257, 177, BStBl II 2017, 760, Rz 24) als maßgeblich angesehenen Auslegung nach Normzweck und Sinnzusammenhang. Die vom Senat dabei betonte Auslegung nach dem Gesamtkontext des § 27 Abs. 19 Satz 1 bis 4 (BFH-Urteil vom 23.02.2017 ‑ V R 16, 24/16, BFHE 257, 177, BStBl II 2017, 760, Rz 41) rechtfertigt zwar das Abstellen auf einen abtretbaren Nachforderungsanspruch als Voraussetzung für die Ausübung der Änderungsbefugnis nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG, nicht aber, dass hierfür zusätzlich die Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG vorliegen müssen. Hiergegen spricht bereits die Eigenständigkeit der in § 27 Abs. 19 Satz 1 und 3 UStG getroffenen Regelungen, die es mangels Bezugnahme in Satz 1 auf Satz 3 nicht zulässt, die Änderungsbefugnis von einer vorherigen Zulassung der Abtretung abhängig zu machen. Im Übrigen genügt es, das Vorliegen eines abtretbaren Nachforderungsanspruchs als Änderungsvoraussetzung ‑‑ohne weitergehende Zulassung der Abtretung‑‑ zu prüfen, um den Leistenden so zu stellen, wie er stünde, wenn der Sachverhalt von vornherein richtig beurteilt worden wäre (BFH-Urteil vom 23.02.2017 ‑ V R 16, 24/16, BFHE 257, 177, BStBl II 2017, 760, Rz 39). Denn ist ‑‑wie im Streitfall‑‑ zu dem Zeitpunkt, zu dem der auf § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gestützte Änderungsbescheid ergeht, das Bestehen eines abtretbaren Nachforderungsanspruchs zu bejahen, hat das FA für den Fall eines ordnungsgemäßen Abtretungsangebots des bauleistenden Unternehmers dieses auch anzunehmen (BFH-Urteil vom 23.02.2017 ‑ V R 16, 24/16, BFHE 257, 177, BStBl II 2017, 760, Rz 63).
b) Danach erweisen sich die abtretungsbezogenen Einwendungen des Klägers, mit denen er geltend macht, das FA habe ermessenswidrig sein Abtretungsangebot abgelehnt, da § 27 Abs. 19 UStG keine zeitlichen Vorgaben für die Erfüllung der Mitwirkungspflichten enthalte und deshalb die Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2009 aus Gründen von Treu und Glauben rechtswidrig gewesen sei, als unbegründet. Denn wie vorstehend ausgeführt, ist es für die Rechtmäßigkeit des Umsatzsteueränderungsbescheides vom 15.12.2014 unerheblich, dass der Kläger zuvor kein Abtretungsangebot abgegeben hatte, welches das FA hätte annehmen können oder das Gegenstand einer "Zulassung" im Sinne von § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG hätte sein können. Ebenso ist es unerheblich, dass der Kläger erstmalig am 30.12.2020 dem FA ein Abtretungsangebot unterbreitete, welches das FA dann abgelehnt hat. Über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines Abtretungsangebots, zum Beispiel aufgrund einer vom FA angenommenen Verletzung von Mitwirkungs- oder Rechnungserteilungspflichten, ist nicht im Festsetzungsverfahren, sondern in einem gesonderten, auf die Ablehnung des Abtretungsangebots bezogenen Verfahren (vgl. zur Zulassung der Abtretung nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG BFH-Urteil vom 22.08.2019 ‑ V R 21/18, BFHE 266, 10, BStBl II 2020, 35 und zu einer auf die Annahme des Abtretungsangebots bezogenen allgemeinen Leistungsklage FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.05.2022 ‑ 2 K 2157/21, EFG 2022, 1157) zu entscheiden. Daher ist es für die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheides nicht von Bedeutung, wie weit die auf die Abtretung bezogenen Mitwirkungspflichten des leistenden Bauunternehmers reichen und welche Bedeutung dabei § 215 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zukommt, wonach die Aufrechnung auch mit verjährten Ansprüchen nicht ausgeschlossen ist, wenn diese Ansprüche in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren, in dem sie der Hauptforderung erstmals aufrechenbar gegenübergestanden haben (Urteil des Bundesgerichtshofs ‑‑BGH‑‑ vom 08.11.2011 ‑ XI ZR 341/10, Monatsschrift für Deutsches Recht 2012, 110, Rz 11). Es ist auch nicht anderweitig ersichtlich, weshalb das FA im Hinblick auf den Grundsatz von Treu und Glauben am Erlass des Änderungsbescheides gehindert gewesen sein könnte.
Dementsprechend kommt es nicht auf die Frage einer möglichen Verjährung eines vom Kläger an das FA abzutretenden Anspruchs gegen die Q‑KG an, die im Übrigen frühestens zum Jahresende 2016 eintreten konnte (BGH-Urteil vom 10.01.2019 ‑ VII ZR 6/18, Neue Juristische Wochenschrift 2019, 1145, Rz 29; vgl. aber auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.07.2017, BStBl I 2017, 1001, Rz 17). Im Hinblick auf den Umfang der im Festsetzungsverfahren vorzunehmenden Prüfung ist es unerheblich, ob nach der Rechtsauffassung des Klägers sein Anspruch gegen die Q‑KG im Zeitpunkt seines Abtretungsangebots an das FA im Dezember 2020 noch nicht verjährt war, oder ob eine Einrede der Verjährung seiner Meinung nach ausgeschlossen war, weil sich die Q‑KG gegebenenfalls schuldrechtlich dazu verpflichtet hatte, im Hinblick auf den in der Vereinbarung vom 23.04.2015 genannten zivilrechtlichen Rechtsstreit Abtretungen gegenüber dem FA anzuerkennen.
3. Im Streitfall hat das FG die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Änderung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG zutreffend bejaht.
a) Der Kläger hat seine Leistungen an die Q‑KG im Streitjahr 2009 und damit vor dem 15.02.2014 erbracht. Beide sind bei Vertragsabschluss davon ausgegangen, dass die Q‑KG als Leistungsempfängerin die Steuer nach § 13b UStG schuldete. Diese Annahme hat sich aufgrund des BFH-Urteils vom 22.08.2013 ‑ V R 37/10 (BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128) als unrichtig herausgestellt. Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO), welche von den Beteiligten nicht mit einer Rüge angegriffen wurden, hat die Q‑KG die Leistungen des Klägers ihrerseits nicht zur Erbringung einer Bauleistung verwandt. Die Q‑KG hat schließlich die Erstattung der Steuer gefordert, die sie vorher in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldnerin zu sein.
b) Das FG hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der festgesetzten Umsatzsteuer gegen die Leistungsempfängerin zustand.
aa) Das FG hat in Übereinstimmung mit der von ihm zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Recht entschieden, dass dem Kläger aufgrund ergänzender Vertragsauslegung ein Nachforderungsanspruch in Höhe der für die Leistungen gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer zustand (vgl. auch BFH-Urteil vom 24.05.2023 ‑ XI R 45/20, BFHE 281, 185, BStBl II 2023, 1082, Rz 31).
bb) Weiter ist das FG in Bezug auf § 354a HGB zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger ein Kaufmann im Sinne von § 1 Abs. 2 HGB war, denn das Unternehmen des Klägers erforderte einen nach Art oder Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Außerdem handelte es sich bei den Werkverträgen um beiderseitige Handelsgeschäfte (§ 343, § 344 HGB).
c) Im Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheides am 15.12.2014 war auch noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Denn die Umsatzsteuererklärung 2009 wurde am 27.10.2010 abgegeben, so dass die Festsetzungsverjährung frühestens mit Ablauf des 31.12.2014 eintreten konnte.
4. Dass das FA nicht nachgewiesen hat, den Kläger gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 AO auf die Verböserung hingewiesen zu haben, führt nicht zur Aufhebung des FG-Urteils. Wenn nach dem Prozessbegehren des Steuerpflichtigen eine Zurücknahme des Rechtsmittels nicht in Betracht kommt, er vielmehr ‑‑wie der Kläger im Streitfall‑‑ vor dem FG materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Steuerfestsetzung erhebt und die Herabsetzung der Steuer beantragt, hat das FG diesen Verfahrensfehler des FA nicht zu beachten, sondern über den weitergehenden Klageantrag zu entscheiden (BFH-Beschluss vom 14.07.2004 ‑ IX B 102/03, BFH/NV 2004, 1514, unter II.2.a; Seer in Tipke/Kruse, § 367 AO Rz 32; Klein/Rätke, AO, 17. Aufl., § 367 Rz 22; Koenig/Cöster, Abgabenordnung, 4. Aufl., § 367 Rz 36; BeckOK AO/Birnbaum, 26. Ed. [01.10.2023], AO § 367 Rz 59). Vorliegend hat der Kläger im zweiten Rechtsgang, anders als noch im ersten Rechtsgang, nicht mehr ausdrücklich wegen des fehlenden Verböserungshinweises hilfsweise die isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung beantragt, sondern sich nur noch gegen die Anwendung des § 27 Abs. 19 UStG insgesamt gewandt und die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides in Gestalt der Einspruchsentscheidung insgesamt beantragt. Sein Vorbringen im Revisionsverfahren zeigt, dass es ihm jedenfalls nunmehr um eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides insgesamt (und nicht nur teilweise) geht und er eine Entscheidung in der Sache begehrt.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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