BFH: Besteuerung der Umsätze eines Freizeitparks
- Innenumsätze innerhalb eines Organkreises sind keine Reisevorleistungen i.S. des § 25 Abs. 1 und 3 UStG.
- Die Einräumung der Berechtigung zum Eintritt in einen Freizeitpark unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG.
UStG § 2 Abs. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d, § 25 Abs. 1, 3 und 4
UStDV § 30
MwStSystRL Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Kategorie 7, Art. 306 ff.
BFH-Urteil vom 17.3.2022, XI R 23/21 (XI R 4/21) (veröffentlicht am 28.7.2022)
Vorinstanz: FG Münster vom 13.8.2020, 5 K 1228/18 U (EFG 2020, 1548 = SIS 20 12 56)
I. Die Beteiligten streiten im Revisionsverfahren nur noch darüber, ob die Einräumung einer Berechtigung zum Eintritt in einen Freizeitpark mit diversen Fahrgeschäften dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist alleinige Gesellschafterin und seit dem xx.xx.2011 umsatzsteuerrechtliche Organträgerin der N‑GmbH. Die Klägerin betrieb im Jahr 2011 (Streitjahr) einen Freizeitpark mit diversen Fahrgeschäften. Die Eintrittskarten, die zum Eintritt in den Park berechtigten, verkaufte sie vor Ort sowie online.
Daneben verkaufte die N‑GmbH sog. Kombitickets. Dieses Ticket berechtigte in der Regel zum Besuch des Freizeitparks sowie zur Übernachtung in einem Hotel, mit dessen Inhaber die N‑GmbH eine wirtschaftliche Partnerschaft unterhielt. Die N‑GmbH betrieb selbst keine Hotels. Die Kunden konnten den Inhalt des Kombitickets um weitere Komponenten (z.B. Verpflegung oder privilegierte Inanspruchnahme von Fahrgeschäften) erweitern. Um die Leistungen, zu deren Bezug das Kombiticket berechtigte, an die Kunden erbringen zu können, erwarb die N‑GmbH von der Klägerin Eintrittskarten zum Preis von ... € pro Stück. Die Hotelbetreiber stellten der N‑GmbH ihre Beherbergungsleistungen in Rechnung.
Die Umsätze aus dem Verkauf der Eintrittskarten meldete die Klägerin in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr vom 06.12.2013 zum Regelsteuersatz an. Auf die Umsätze der N‑GmbH ab dem xx.xx.2011 wendete die Klägerin (wie zuvor die N‑GmbH) die Margenbesteuerung für Reiseleistungen nach § 25 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) an. Die von der Klägerin bezogenen Eintrittsberechtigungen sowie die Beherbergungsleistungen der Hoteliers seien als Reisevorleistungen i.S. des § 25 Abs. 3 Satz 1 UStG anzusehen, so dass die Aufwendungen für die Reisevorleistungen von den Erlösen aus dem Verkauf der Kombitickets abzuziehen seien. Die verbleibende Differenz sei Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer.
Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Klägerin und bei der N‑GmbH für die Jahre 2010 bis 2013 vertrat der Prüfer die Auffassung, aufgrund der Organschaft seien seit dem xx.xx.2011 die Eintrittsberechtigungen der Klägerin keine Reisevorleistungen mehr, sondern nicht steuerbare Innenumsätze, so dass sie nicht mehr margenmindernd zu berücksichtigen seien. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) folgte dieser Auffassung und erließ am 02.05.2016 Änderungsbescheide wegen Umsatzsteuer 2010 bis 2013. Die Umsatzsteuer 2011 setzte er auf ... € fest. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
Mit ihrem Einspruch begehrte die Klägerin neben der Einstufung der Eintrittsberechtigungen als Reisevorleistungen über den xx.xx.2011 hinaus erstmals die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG auf ihre Umsätze aus dem Verkauf der Eintrittskarten.
Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 19.03.2018 als unbegründet zurück. Es verteidigte in Bezug auf die geltend gemachten Reisevorleistungen die Auffassung des Prüfers. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Umsätze aus dem Verkauf der Eintrittskarten sei zu versagen, da die Klägerin als ortsgebundenes Unternehmen keine Schaustellerin i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG sei.
Das Finanzgericht (FG) Münster wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2020, 1548 veröffentlichten Urteil vom 13.08.2020 ‑ 5 K 1228/18 U ab. Es entschied, der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung sei rechtmäßig. Die Aufwendungen der N‑GmbH für den Erwerb der Eintrittskarten von der Klägerin seien seit dem xx.xx.2011 nicht mehr margenmindernd zu berücksichtigen. Die Einräumung von Eintrittsberechtigungen in den Freizeitpark der Klägerin unterliege dem Regelsteuersatz. Die Klägerin erbringe mit dem Betrieb des Freizeitparks keine Leistungen als Schaustellerin i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG i.V.m. § 30 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV). Das FG verwies dazu u.a. auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 02.08.2018 ‑ V R 6/16 (BFHE 262, 272, BStBl II 2019, 293).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie bringt vor, die restriktive Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG durch den BFH sei nicht mehr zeitgemäß und verstoße gegen Unionsrecht. Der Begriff des Schaustellers umfasse bei zutreffender Auslegung auch einen ortsgebundenen Vergnügungspark, der vergleichbare Leistungen wie ein reisender Schausteller erbringe. Deshalb erfordere auch das Unionsrecht eine Gleichstellung, was das FG Köln mit seinem Vorlagebeschluss vom 25.08.2020 ‑ 8 K 1092/17 (EFG 2020, 1638) zutreffend den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gefragt habe.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom 19.03.2018 aufzuheben sowie die Umsatzsteuer für das Jahr 2011 unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheids für das Jahr 2011 vom 02.05.2016 um ... € herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 06.04.2021 ‑ XI R 4/21 das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH in dem Verfahren C‑406/20 angeordnet und nach Ergehen des EuGH-Urteils Phantasialand vom 09.09.2021 ‑ C‑406/20 (EU:C:2021:720) das Verfahren unter dem Aktenzeichen XI R 23/21 (XI R 4/21) fortgesetzt.
Die Klägerin rügt ergänzend, das FG habe nicht geprüft, ob die von ihm festgestellten Unterschiede die Wahl des Durchschnittsverbrauchers, welche Leistung er in Anspruch nehme, beeinflussen könne.
II. Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass der angefochtene Umsatzsteuerbescheid rechtmäßig ist; diese Beurteilung ist außerdem mit Unionsrecht vereinbar.
1. Die Beteiligten und das FG sind zu Recht übereinstimmend davon ausgegangen, dass seit dem xx.xx.2011 der Klägerin als Organträgerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG die Umsätze der N‑GmbH als Organgesellschaft zuzurechnen sind. Dies entspricht der Beurteilung nach nationalem Recht (vgl. allgemein BFH-Beschluss vom 11.12.2019 ‑ XI R 16/18, BFHE 268, 240, Rz 47, m.w.N.). Auf eine mögliche Unionsrechtswidrigkeit dieser Rechtsgrundsätze hat sich die Klägerin nicht berufen.
2. Das FG hat zutreffend angenommen, dass die Eintrittsberechtigungen, die die Klägerin zivilrechtlich an die N‑GmbH verkauft hat, ab dem xx.xx.2011 keine Reisevorleistungen mehr sind.
a) Umsatzsteuerrechtlich gehen die Eintrittsberechtigungen in die (nach den Ausführungen unter II.1. der Klägerin zuzurechnenden) Reiseleistungen an die Erwerber der Kombitickets ein. Insoweit ist der Verkauf der Kombitickets seit dem xx.xx.2011 als Innenumsatz der Klägerin an die N‑GmbH nicht steuerbar (vgl. zur Nichtsteuerbarkeit allgemein BFH-Urteile vom 18.09.2019 ‑ XI R 39/17, BFH/NV 2020, 246, Rz 26; XI R 33/18, BFHE 266, 448, BStBl II 2021, 243, Rz 16). Da in Fällen der Organschaft nur die von Dritten bezogenen Leistungen Reisevorleistungen i.S. des § 25 Abs. 1 und 3 UStG sein können, sind die hier streitigen Innenumsätze nicht in die sog. Margenbesteuerung einzubeziehen (s. allgemein BFH-Urteil vom 01.03.2018 ‑ V R 23/17, BFHE 261, 369, BStBl II 2018, 503, Rz 18). Als Ausgangsleistungen mit eigenen Mitteln (Eigenleistungen) unterliegen sie auch nicht der Margenbesteuerung des § 25 Abs. 1 UStG (s. allgemein BFH-Urteil vom 23.09.1993 ‑ V R 132/89, BFHE 172, 240, BStBl II 1994, 272, unter 1.; EuGH-Urteil Madgett und Baldwin vom 22.10.1998 ‑ C‑308/96 und C‑94/97, EU:C:1998:496, Rz 35). Da dies mit der Revision nicht mehr angegriffen wird, sieht der Senat von weiteren Ausführungen dazu ab.
b) Auf die verbleibenden Leistungen der Klägerin an die Erwerber der Kombitickets, die unter § 25 Abs. 1 UStG fallen, ist der Regelsteuersatz anzuwenden, weil Reiseleistungen weder in § 12 Abs. 2 UStG noch in Art. 98 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) als ermäßigt zu besteuernde Umsätze aufgeführt sind (vgl. EuGH-Urteil Alpenchalets Resorts vom 19.12.2018 ‑ C‑552/17, EU:C:2018:1032, Rz 36 ff., 39; BFH-Urteil vom 27.03.2019 ‑ V R 10/19 (V R 60/16), BFHE 264, 377, BStBl II 2021, 497).
3. Ebenfalls zu Recht hat das FG entschieden, dass die Einräumung der Eintrittsberechtigung in den von der Klägerin betriebenen Freizeitpark nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG ermäßigt ist.
a) Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich der Steuersatz auf sieben Prozent u.a. für die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller. Gemäß § 30 UStDV gelten als Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten auf Jahrmärkten, Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen.
b) § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG beruhte im Streitjahr auf Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Kategorie 7 MwStSystRL, wonach die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ermächtigt sind, auf Eintrittsberechtigungen für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen den ermäßigten Steuersatz vorzusehen. Die Regelung ist deshalb richtlinienkonform auszulegen (vgl. BFH-Urteil vom 05.11.2014 ‑ XI R 42/12, BFHE 248, 382, BStBl II 2017, 849, Rz 21). Dabei ist u.a. der Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu beachten, wonach es nicht zulässig ist, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (BFH-Urteil in BFHE 248, 382, BStBl II 2017, 849, Rz 22).
c) Der BFH hat "Schausteller" als Personen definiert, die mit ihren der Unterhaltung dienenden Unternehmen gewerbsmäßig Jahrmärkte, Volksfeste usw. beschicken, damit von Ort zu Ort ziehen (z.B. BFH-Urteile vom 22.10.1970 ‑ V R 67/70, BFHE 100, 420, BStBl II 1971, 37; vom 22.06.1972 ‑ V R 36/71, BFHE 106, 148, BStBl II 1972, 684; vom 20.04.1988 ‑ X R 20/82, BFHE 153, 454, BStBl II 1988, 796; vom 25.11.1993 ‑ V R 59/91, BFHE 173, 249, BStBl II 1994, 336; in BFHE 248, 382, BStBl II 2017, 849, Rz 23).
aa) Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Schausteller seine Darbietungen in eigener Regie selbst veranstaltet oder ob er seine Leistungen im Rahmen eines fremdveranstalteten Volksfestes erbringt; Erfüllungsgehilfen der an die Besucher der Veranstaltungen erbrachten Leistungen können auch zu diesem Zweck engagierte Schaustellergruppen sein (BFH-Urteile vom 18.07.2002 ‑ V R 89/01, BFHE 199, 93, BStBl II 2004, 88, unter II.1.; in BFHE 248, 382, BStBl II 2017, 849, Rz 25; s.a. BFH-Urteil in BFHE 262, 272, BStBl II 2019, 293, Rz 22).
bb) Begünstigt ist jedoch nur eine tätigkeits- und nicht eine personenbezogene Leistung, die voraussetzt, dass der jeweilige Umsatz auf einer ambulanten, d.h. nicht ortsfest ausgeführten schaustellerischen Leistung beruht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 248, 382, BStBl II 2017, 849, Rz 24; in BFHE 262, 272, BStBl II 2019, 293, Rz 23).
cc) Diese tätigkeitsbezogene Differenzierung ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität vereinbar (BFH-Urteile in BFHE 248, 382, BStBl II 2017, 849, Rz 27 ff.; in BFHE 262, 272, BStBl II 2019, 293, Rz 23).
d) Auf dieser Grundlage hat das FG zu Recht entschieden, dass Eintrittsberechtigungen in einen ortsgebundenen Freizeitpark nicht dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG unterliegen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG sind die von der Klägerin erbrachten Leistungen zwar Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten, aber sie werden nicht auf Jahrmärkten, Volksfesten oder ähnlichen Veranstaltungen erbracht; denn der Freizeitpark der Klägerin als Schaustellungsunternehmen ist ortsgebunden.
4. Dem steht ‑‑entgegen der Auffassung der Revision und derjenigen des FG Köln in EFG 2020, 1638‑‑ das Unionsrecht nicht entgegen.
a) Der EuGH hat in seinem Urteil Phantasialand (EU:C:2021:720, Leitsatz) entschieden, dass Art. 98 i.V.m. Anhang III Nr. 7 MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der die Leistungen von ortsungebundenen Schaustellern einerseits und ortsgebundenen Schaustellerunternehmen in Gestalt von Freizeitparks andererseits unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen unterliegen, nämlich einem ermäßigten Satz und dem Regelsteuersatz, sofern der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird.
b) Dies ist nach den Ausführungen unter II.3.b und II.3.c cc der Fall. Der BFH wendet die nationale Steuersatzermäßigung in richtlinienkonformer Auslegung an. Er hat die Vereinbarkeit seiner ständigen Rechtsprechung mit dem Unionsrecht erst unlängst erneut geprüft und bejaht. Die Ausführungen des EuGH geben keinen Anlass, von dieser Sichtweise abzurücken; denn die Beurteilung der Gleichartigkeit oder Ungleichartigkeit der in einem Freizeitpark einerseits und auf einem Jahrmarkt andererseits dargebotenen Schaustellerleistungen ist Sache des nationalen Gerichts (EuGH-Urteil Phantasialand, EU:C:2021:720, Rz 43).
c) Soweit die Klägerin meint, das FG habe nicht festgestellt, ob die von ihm festgestellten Unterschiede die Wahl des Durchschnittsverbrauchers, welche Leistung er in Anspruch nehme, beeinflussen könne, ist ihr nicht zu folgen.
aa) Das FG hat ausgeführt, die Leistungen des Betreibers eines Vergnügungsparks und die im Zusammenhang mit einem zeitlich beschränkten Volksfest oder Jahrmarkt ausgeführten Leistungen seien aus Sicht eines Leistungsempfängers nicht gleichartig. Dies gelte entgegen der Auffassung der Klägerin auch für den Vergleich ihrer Leistungen mit den Leistungen, die von ortsungebundenen Schaustellern auf Jahrmärkten, Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen erbracht werden. Denn insoweit bestünden ebenfalls im Hinblick auf die jeweiligen Leistungen und ihren Kontext aus Sicht des Leistungsempfängers Unterschiede, die einer Vergleichbarkeit der Leistungen entgegenstehen. So zeichne sich die Leistungserbringung der ortsungebundenen Schausteller dadurch aus, dass sie im Regelfall an zeitlich und grundsätzlich auf ein übliches Einzugsgebiet beschränkten Veranstaltungen teilnehmen. Die temporäre Erbringung ihrer Leistungen "vor Ort" sei ein wesentlicher Bestandteil der Leistungen der ortsungebundenen Schausteller, der sich in dem mit dem Betrieb eines Reisegewerbes verbundenen Aufwand widerspiegele. Die Leistungen richteten sich im Regelfall an die im Einzugsgebiet der Veranstaltung ansässigen Leistungsempfänger. Für diese sei es ein Unterschied, ob ein Schausteller seine Attraktion auf einer Veranstaltung temporär "vor Ort" anbiete oder hierfür einen festen und dauerhaften Ort auswähle. Die Leistung von Schaustellern werde den Leistungsempfängern "wohnortnah" angeboten. Dadurch unterscheide sich die Leistung der ortsgebundenen von den ortsungebundenen Unternehmern.
bb) Das FG hat im Rahmen seines Urteils weiter erörtert, dass dieser Unterschied im Hinblick auf das von der Klägerin angeführte Münchner Oktoberfest sowie vergleichbar große Veranstaltungen (z.B. das Cannstatter Volksfest in Stuttgart) wegen deren Größe, Bekanntheit und überregionalen Einzugsgebiets gemindert sein möge, diese mit ihrer Größe jedoch eine Ausnahme darstellten. Außerdem unterscheide sich der Betrieb des Freizeitparks der Klägerin von den Leistungen einzelner ortsungebundener Schausteller auch dahingehend, dass es dem Besucher des Freizeitparks auf die Kombination der vielfältigen Leistungsangebote des Freizeitparks ankomme.
cc) Diese auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abstellende Beurteilung ist als tatsächliche Würdigung des FG möglich, verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und bindet daher den Senat (§ 118 Abs. 2 FGO).
Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung gerügt hat, das FG-Urteil sei am Ende seiner tatsächlichen Würdigung (in EFG 2020, 1548, Rz 42) von den Grundsätzen der Rechtsprechung des EuGH und des BFH abgewichen, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Vielmehr bleibt seine tatsächliche Würdigung aufgrund des von ihm bejahten Ausnahme-Charakters der dort genannten Veranstaltungen möglich. Darauf, dass auch auf den genannten Veranstaltungen der jeweilige Schausteller mit seiner einzelnen schaustellerischen Leistung (z.B. Fahrt auf seinem Fahrgeschäft) eine andere Leistung erbringt als die Klägerin mit ihrem Leistungsbündel (Einräumung einer Eintrittsberechtigung in einen Freizeitpark), kommt es deshalb nicht mehr an.
dd) Im Übrigen ist ein nationales FG im Allgemeinen in der Lage, die Sicht des Durchschnittsverbrauchers aufgrund eigener Sachkunde festzustellen (vgl. EuGH-Urteil Phantasialand, EU:C:2021:720, Rz 47). Denn es handelt sich bei dem Begriff des Durchschnittsverbrauchers lediglich um eine gedankliche Perspektive (vgl. BFH-Urteile vom 17.04.2008 ‑ V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712, Rz 40; vom 23.11.2011 ‑ XI R 6/08, BFHE 235, 563, BStBl II 2013, 253, Rz 47), bei der normativ auf einen gedachten, objektivierten Durchschnittsverbraucher abgestellt wird (vgl. Lange, Umsatzsteuer-Rundschau 2009, 289, 291 f.). Der Begriff des Durchschnittsverbrauchers beruht nicht auf einer statistischen Grundlage (vgl. in anderem Zusammenhang den 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.05.2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern, Amtsblatt der Europäischen Union 2005, Nr. L 149 vom 11.06.2005, S. 22 ff.), so dass sich Gerichte und Behörden insoweit auf ihre eigene Urteilsfähigkeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH und des BFH verlassen müssen. Sowohl der EuGH als auch die nationalen Gerichte können selbst entscheiden, ohne ein Sachverständigengutachten einzuholen oder eine Verbraucherbefragung in Auftrag zu geben (vgl. EuGH-Urteil Gut Springenheide vom 16.07.1998 ‑ C‑210/96, EU:C:1998:369, Rz 30 bis 32). Gehören die entscheidenden Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen, bedarf es im Allgemeinen keines (durch eine Meinungsumfrage o.Ä. untermauerten) Sachverständigengutachtens (vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2019 ‑ I ZR 200/17, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report 2019, 813, Rz 34).
5. Da sowohl auf die Reiseleistungen der Klägerin (II.2.) als auch auf deren Eigenleistungen im Rahmen der Kombitickets gemäß den Ausführungen unter II.3. der Regelsteuersatz anwendbar ist, bedarf es keiner Aufteilung des Entgelts der Kombitickets (vgl. dazu allgemein EuGH-Urteil Mytravel vom 06.10.2005 ‑ C‑291/03, EU:C:2005:591).
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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