Überarbeitung der EU-Beihilfevorschriften für Fischerei, Land- und Forstwirtschaft
Staatliche Beihilfen: Kommission bittet um Stellungnahmen zur vorgeschlagenen Überarbeitung der EU-Beihilfevorschriften für die Land- und Forstwirtschaft und die Fischerei
Europäische Kommission, Pressemitteilung IP/22/241 vom 11. Januar 2022
Die Europäische Kommission ruft alle Interessenträger auf, zu den vorgeschlagenen überarbeiteten Vorschriften für staatliche Beihilfen im Agrar-, Forst- und Fischereisektor Stellung zu nehmen. Mit der vorgeschlagenen Überarbeitung sollen die derzeitigen Vorschriften an die aktuellen strategischen Prioritäten der EU angepasst werden, insbesondere an die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) und den europäischen Grünen Deal. Die Mitgliedstaaten und andere Interessenträger können bis zum 13. März 2022 an der Konsultation teilnehmen.
Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission, Margrethe Vestager, erklärte dazu: „Mit den heute vorgelegten Vorschlägen wollen wir sicherstellen, dass die Vorschriften für staatliche Beihilfen im Agrar-, Forst- und Fischereisektor den grünen Wandel voranbringen. Dank der überarbeiteten Vorgaben können die Mitgliedstaaten zudem leichter und rascher Mittel bereitstellen, ohne dass es zu übermäßigen Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt kommt. Wir rufen alle Interessenträger auf, ihre Ansichten vorzubringen.“
Die Konsultation deckt die vorgeschlagene Überarbeitung der verschiedenen Vorschriften des Beihilferechts ab, die im Agrar-, Forst- und Fischereisektor gelten, d. h. der Rahmenregelung für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten von 2014, der Gruppenfreistellungsverordnung für die Landwirtschaft, der Leitlinien für die Prüfung staatlicher Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor, der Gruppenfreistellungsverordnung für die Fischerei und der Verordnung über De-minimis-Beihilfen für die Fischerei.
Die Kommission hat bereits eine Evaluierung der für die Land- und Forstwirtschaft geltenden Vorschriften vorgenommen, eine entsprechende Evaluierung für den Fischereisektor ist derzeit in Arbeit. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sind in die Vorschläge eingeflossen, die Gegenstand der Konsultation sind.
Auf dieser Grundlage ist die Kommission zu dem Schluss gekommen, dass die untersuchten Vorschriften gut funktionieren und ihren Zweck im Großen und Ganzen erfüllen. So entsprechen sie weitgehend den Erfordernissen in den betreffenden Sektoren und tragen gleichzeitig zu übergeordneten politischen Zielen der EU wie Umweltschutz, die Gesundheit von Pflanzen und Tieren sowie die öffentliche Gesundheit bei.
Gleichzeitig zeigt die Evaluierung jedoch, dass bestimmte gezielte Überarbeitungen der bestehenden Vorschriften erforderlich sind, darunter die Klarstellung einiger Konzepte, eine weitere Straffung und Vereinfachung sowie Anpassungen, um marktbezogenen und technologischen Entwicklungen und den derzeitigen strategischen Prioritäten der EU, insbesondere dem europäischen Grünen Deal, der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und der Biodiversitätsstrategie, stärker Rechnung zu tragen. Darüber hinaus müssen die Vorschriften angepasst werden, damit die Mitgliedstaaten die reformierte Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und den neuen Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF) rasch umsetzen können.
Vor diesem Hintergrund schlägt die Kommission eine Reihe von Änderungen an den verschiedenen Vorschriften vor:
- Rahmenregelung für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten. Die Kommission schlägt vor, Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Rahmen der reformierten GAP, die als Teil der GAP-Strategiepläne durchgeführt werden, grundsätzlich als mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehend zu betrachten, damit das erforderliche Genehmigungsverfahren für staatliche Beihilfen zügig durchgeführt werden kann. Mit dem Vorschlag werden außerdem neue Beihilfekategorien eingeführt, die nach der Rahmenregelung zu prüfen und zu genehmigen sind, z. B. Beihilfen zur Verhütung, Bekämpfung und Tilgung des Befalls durch invasive gebietsfremde Arten und neu auftretende Krankheiten, um so die Gesundheit von Pflanzen, Tieren und Menschen zu schützen. Darüber hinaus bietet die vorgeschlagene überarbeitete Rahmenregelung mehr Anreize für umwelt- und klimafreundliche Waldbewirtschaftungsmaßnahmen (sogenannte Waldumwelt- und -klimaleistungen), indem die Beihilfehöchstintensität für Dienstleistungen im Zusammenhang mit Biodiversität, Klima, Wasser oder Boden sowie für Bewirtschaftungssysteme für eine klimaeffiziente Land- und Forstwirtschaft auf 120 % der beihilfefähigen Kosten angehoben wird.
- Gruppenfreistellungsverordnung für die Landwirtschaft. Die Kommission schlägt vor, die Beihilfeintensitäten für Maßnahmen, die unter die Gruppenfreistellungsverordnung für die Landwirtschaft fallen, an die Beihilfeintensitäten anzupassen, die in den GAP-Strategieplänen im Rahmen der reformierten Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vorgesehen sind. Außerdem wird vorgeschlagen, weitere Gruppen von Beihilfemaßnahmen freizustellen, z. B. Beihilfen zum Ausgleich von Schäden, die durch geschützte Tierarten verursacht wurden, und Beihilfen zum Ausgleich von Mehrkosten, die bei landwirtschaftlichen Flächen in Natura-2000-Gebieten entstehen.
- Leitlinien für die Prüfung staatlicher Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor. Die Kommission schlägt vor, neue Beihilfekategorien einzuführen, die von der Kommission anhand der Leitlinien bewertet werden, insbesondere Beihilfen zur Verhütung, Bekämpfung und Tilgung des Befalls durch invasive gebietsfremde Arten und neu auftretende Krankheiten und Beihilfen zum Ausgleich von durch geschützte Tierarten verursachten Schäden (sofern diese nicht als Gruppe freigestellt sind). Außerdem wird in dem vorgelegten Entwurf der Leitlinien eine Reihe von Vorschriften präzisiert und gestrafft, wie z. B. jene über Beihilfen für die Erneuerung der Fischereiflotte in Gebieten in äußerster Randlage. Dadurch soll der Leitlinienentwurf lesefreundlicher werden, wodurch die Anwendung der Leitlinien erleichtert und den Mitgliedstaaten – auch im Lichte der gewonnenen Erfahrungen – mehr Klarheit geboten wird.
- Gruppenfreistellungsverordnung für die Fischerei. Die Kommission schlägt vor, neue Kategorien von Beihilfemaßnahmen von der Anmelde- und Genehmigungspflicht durch die Kommission freizustellen, insbesondere Beihilfen zum Ausgleich von durch geschützte Tierarten verursachten Schäden und Beihilfen zum Ausgleich von Schäden infolge bestimmter widriger Witterungsverhältnisse.
- De-minimis-Verordnung für die Fischerei. Die Kommission schlägt vor, die kumulierten Höchstbeträge der De-minimis-Beihilfen zu aktualisieren, die je Mitgliedstaat auf der Grundlage aktuellerer sektoraler Daten gewährt werden können.
Die Vorschläge, die die Konsultation abdeckt, sowie nähere Angaben zu den öffentlichen Konsultationen finden Sie
Nächste Schritte
Die Entwürfe der überarbeiteten Gruppenfreistellungsverordnungen für die Landwirtschaft und die Fischerei und der überarbeiteten De-minimis-Verordnung für die Fischerei werden nicht nur Gegenstand der heute eingeleiteten Konsultation sein, sondern auch auf zwei Treffen von Vertreterinnen und Vertretern der Kommission und der Mitgliedstaaten erörtert werden. Das erste Treffen wird gegen Ende des Konsultationszeitraums, das zweite nach Überarbeitung der Entwürfe auf der Grundlage der im Rahmen der öffentlichen Konsultation eingegangenen Beiträge stattfinden. Die Entwürfe der Rahmenregelung und der Leitlinien werden auch auf einer multilateralen Sitzung mit den Mitgliedstaaten gegen Ende des Konsultationszeitraums erörtert.
So wird sichergestellt, dass sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Interessenträger ausreichend Gelegenheit haben, zu den Entwürfen der Kommissionsvorschläge Stellung zu nehmen.
Die Annahme der überarbeiteten Vorschriften ist für Ende 2022 geplant.
Hintergrund
Mit der Gruppenfreistellungsverordnung in der Landwirtschaft und der Gruppenfreistellungsverordnung in der Fischerei werden bestimmte Gruppen von staatlichen Beihilfen für mit dem AEUV vereinbar erklärt, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Beihilfen dieser Gruppen müssen vor ihrer Durchführung nicht angemeldet und der Kommission nicht zur Genehmigung vorgelegt werden.
Diese Freistellung macht es für die Mitgliedstaaten sehr viel einfacher, zügig Beihilfen zu gewähren, wenn die Voraussetzungen für die Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt erfüllt sind. Aufgrund dieser Vorschriften wird inzwischen ein großer Anteil der staatlichen Beihilfemaßnahmen von den Mitgliedstaaten durchgeführt, ohne dass eine vorherige Genehmigung durch die Kommission erforderlich ist. Im Agrarsektor betrifft dies etwa 80 % der Maßnahmen. Dies entspricht der Strategie der Kommission, sich auf wichtige Maßnahmen zu konzentrieren, damit sie in kürzerer Zeit bessere Ergebnisse erzielen kann. Gleichzeitig will sie dort Zurückhaltung üben, wo durch ihr Eingreifen kein Mehrwert gegeben ist.
Die Vorschriften der Gruppenfreistellungsverordnung in der Landwirtschaft und der Gruppenfreistellungsverordnung in der Fischerei ergänzen die Vorschriften der Rahmenregelung für den Agrar- und Forstsektor und der Leitlinien für den Fischereisektor, in denen die Bedingungen festgelegt sind, nach denen die Kommission prüft, ob staatliche Beihilfen, die nicht unter eine Gruppenfreistellung fallen, mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. Zusammen bilden sie ein umfassendes Regelwerk für die Gewährung staatlicher Beihilfen im Agrar-, Forst- und Fischereisektor.
Mit den De-minimis-Verordnungen werden geringfügige Beihilfebeträge vom Anwendungsbereich der Beihilfenkontrolle ausgenommen, da davon ausgegangen wird, dass sie keine Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel im Binnenmarkt haben. Folglich können De-minimis-Beihilfen ohne vorherige Anmeldung und Genehmigung durch die Kommission gewährt werden.
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