KPMG: Neuer Rechnungslegungsstandard für Versicherungsverträge
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Pressemitteilung vom 18.5.2017
Heute hat das International Accountings Standard Board (IASB) den neuen Rechnungslegungsstandard für Versicherungsverträge (IFRS 17) veröffentlicht.
Als Auswirkungen des neuen Standards nennt KPMG:
- höhere Transparenz bezüglich der Profitabilität;
- Volatilitäten in Ergebnissen und Eigenkapital der Versicherer wegen der Verwendung aktueller Annahmen;
- Notwendigkeit großer Anstrengungen zur Implementierung.
Die derzeitige Bilanzierung der Versicherungsgeschäfte nach dem bisherigen IFRS 4 erlaubt keine Vergleichbarkeit der Vermögens- und Ertragslage der Versicherer weltweit untereinander und mit Unternehmen anderer Branchen. Die Komplexität der Versicherungsbilanzierung und unterschiedliche Produkte stellten das IASB vor erhebliche Probleme bei der Entwicklung des internationalen Rechnungslegungsstandards.
„Natürlich kann man die Veröffentlichung des neuen Standards nur begrüßen nach jahrelangen Diskussionen“, sagt Frank Ellenbürger, Bereichsvorstand Versicherungen bei der KPMG in Deutschland. „Der neue Standard soll die Vergleichbarkeit und Transparenz der Versicherungsbilanzen erhöhen. Ich hoffe, der Standard kann diese Erwartungen erfüllen. Zunächst stehen die Versicherer aber vor der Herausforderung, die Anforderungen des neuen Standards umzusetzen. Das wird harte Arbeit für alle Beteiligten.“
IFRS 17 eröffnet den Abschlussadressaten eine neue Perspektive. In vielen Bereichen müssen Analysten die von ihnen verwendeten Bilanzkennzahlen anpassen und neu definieren:
- Die größere Transparenz über die Profitabilität des Neugeschäftes und des Bestandsgeschäftes wird den Abschlussadressaten tiefe Einblicke in die Finanzstärke der Versicherer geben.
- Die klare Trennung von Versicherungstechnik und Finanzergebnis gibt einen besseren Einblick in die Quellen und die Qualität der Ergebnisse.
- Prämien sind nicht mehr die „Topline“ in der Gewinn- und Verlustrechnung, da Sparanteile und Finanzierungskomponenten in dem neu definierten „Versicherungsumsatz“ nicht enthalten sind.
- Von den Versicherern gewährte Garantien und Optionen werden marktgerecht bewertet und unmittelbar berücksichtigt.
Die Transparenz soll die Kapitalkosten der Versicherer senken. Die höhere Vergleichbarkeit erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der Versicherer an den Kapitalmärkten.
Joachim Kölschbach, IFRS-Experte bei KPMG, sagt: „Die Auswirkungen hängen davon ab, wie die Unternehmen bislang bilanziert haben – das ist unterschiedlich von Land zu Land und manchmal sogar innerhalb eines Landes.“
Der Standard verlangt die Verwendung aktueller Annahmen. „Da, ähnlich wie unter Solvency II, die Rückstellungen mit aktuellem Zins abgezinst werden, ist zu erwarten, dass die Volatilität in den Ergebnissen und Eigenkapitalien steigt. Dadurch steigt der ohnehin schon durch Solvency II entstandene Druck, Produkte und Kapitalanlageentscheidungen zu hinterfragen.“ Analysten dürften vergleichbare Bilanzen sehnsüchtig erwarten. „Auch für sie heißt es, sich vorzubereiten und mit den neuen Regeln vertraut zu machen“, so Kölschbach.
Herausforderungen für die Umsetzung
Die Erstanwendung ab 1. Januar 2021 erscheint noch weit entfernt, stellt aber hohe Anforderungen an die Umsetzung. Die Auswirkungen auf Daten, Systeme und Prozesse sind zu analysieren und Anpassungsbedarf ist abzuleiten. „Die komplexen Bewertungen nach IFRS 17 sowie die detaillierten Anhangangaben setzen zusätzlich eine hohe Datenverfügbarkeit und ausreichende Datengranularität voraus“, sagt Martin Hoser, IT-Experte bei KPMG Deutschland für IFRS Umsetzungen bei Versicherungen.
„Die Implementierung betrifft nicht nur das Rechnungswesen und das Aktuariat, sondern auch viele andere Funktionen und Bereiche wie Compliance, Governance und die Betriebsorganisation/IT. Die Verantwortungen im Unternehmen sind transparent zuzuordnen, zielgerichtete umfassende Steuerungsprozesse zu implementieren und funktionsfähige Abstimmungsmechanismen zu installieren. Dafür empfiehlt es sich, die Organisation nach ‚Prozessen‘ und weniger nach ‚Funktionen‘ auszurichten“, erklärt Hoser.
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