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NVL-Verbandstag: Modernisierung kommt voran

 

Neuer Verband der Lohnsteuerhilfevereine, Pressemitteilung 7. Juni 2016

Drei Wochen nach Verabschiedung des Gesetzes zur „Modernisierung des Besteuerungsverfahrens" durch den Deutschen Bundestag beschäftigt sich der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine (NVL) auf seinem Verbandstag am 2. Juni 2016 in Berlin mit den Inhalten und Auswirkungen des umfangreichen Gesetzespaketes. Der Bundesrat wird voraussichtlich am 17. Juni darüber entscheiden.

NVL-Geschäftsführer Uwe Rauhöft bewertet die jetzt vorliegende Gesetzesfassung insgesamt betrachtet „als gutes Ergebnis eines anderthalbjährigen Diskussionsprozesses, in dem viele Anliegen und Einwände des NVL sowie anderer Fachverbände berücksichtigt worden sind." Dazu gehören vor allem folgende Punkte:

    • Sondervorschriften für automatisch erlassene Steuerbescheide wurden nicht eingeführt. Ursprünglich war vorgesehen, Abweichungen von der Steuererklärung nicht mehr zu erläutern und der Verwaltung zusätzliche Änderungsbefugnisse einzuräumen. Das beschlossene Gesetz enthält jedoch keine „Steuerbescheide zweiter Klasse", betont NVL-Geschäftsführer Rauhöft.
       

    • Steuerpflichtige haben zukünftig zwei Monate länger Zeit, ihre Steuererklärung einzureichen. Der gesetzliche Abgabetermin wird von Ende Mai auf Ende Juli des Folgejahres verlängert. Fertigen Lohnsteuerhilfevereine oder Steuerberater die Erklärung an, verlängert sich die Frist vom 31. Dezember auf Ende Februar des zweiten Folgejahres. Diese Fristen gelten erstmals für die Steuererklärungen des Jahres 2018.
      Der NVL hatte die zweimonatige Fristverlängerung gefordert. Hintergrund ist, dass Steuererklärungen in vielen Fällen erst ab März erstellt werden können, weil in den ersten beiden Monaten viele Datenmeldungen und Bescheinigungen, beispielsweise von Arbeitgebern, Versicherungen, Rentenstellen und Sozialleistungsträgern, noch nicht vorliegen. Damit verlieren Steuerpflichtige zwei Monate Bearbeitungszeit, die ihnen zukünftig wieder gewährt werden.
       

    • Der automatische Verspätungszuschlag wurde abgemildert. Wer seine Steuererklärung später als 14 Monate nach Ende des Steuerjahres abgibt, zahlt für jeden Monat Fristüberschreitung 0,25 Prozent der verbleibenden Steuerschuld, mindestens jedoch 25 Euro pro Monat. Der obligatorische Zuschlag entfällt bei Steuererstattungen oder bei einer Steuer von 0 Euro. Das nützt vor allem den Rentnern, die gar keine Steuern zahlen müssen, und Arbeitnehmern, die trotz Abgabepflicht vielfach eine Steuererstattung erhalten.
      Bei Nachzahlungen verbleibt jedoch der Mindestbetrag. Da er bereits bei 1 Euro Steuernachzahlung zum Tragen kommt, kann der Verspätungszuschlag die tatsächliche Steuerbelastung um ein Vielfaches übersteigen. Andererseits können die Finanzämter ihrerseits auf eine Steuernachzahlung bis 25 Euro verzichten. Diese Ungleichheit wird vom NVL weiterhin kritisiert.
      Außerdem können die Finanzämter wie bisher je nach Einzelfall auch in Erstattungsfällen und bei einer Steuerfestsetzung von 0 Euro einen Verspätungszuschlag im Ermessen festsetzen. 

  • Steuerbescheide müssen auch nach Ablauf der Einspruchsfrist korrigiert werden, wenn das Finanzamt fehlerhafte Daten aus den elektronischen Meldungen von Dritten übernommen hat. Diese neue Korrekturvorschrift gilt, wenn der Bürger in seiner Steuererklärung keine abweichenden Angaben zu diesen Datenmeldungen gemacht hat. Bei Fehlern zu seinen Lasten kann er eine nachträgliche Korrektur des Steuerbescheides erreichen, ohne auf eine neue Datenmeldung warten zu müssen 

  • Bürger können die persönliche Bearbeitung ihrer Steuererklärung beantragen. Die Regelung dient dem Rechtsschutz, weil das Finanzamt beispielsweise auch Angaben prüfen muss, bei denen sich der Steuerpflichtige unsicher ist. Erkennt das Finanzamt diese Aufwendungen an, scheidet eine spätere Änderung aufgrund „euer Tatsachen" grundsätzlich aus.
     

  • Steuerbescheide können nachträglich berichtigt werden, wenn die Steuererklärung Schreib- und Rechenfehler enthält. Diese Forderung war Gegenstand einer gemeinsamen Eingabe des NVL mit anderen Verbänden.
     

Trotz seiner positiven Gesamtbewertung sieht der NVL einzelne Neuregelungen als problematisch an. Dies betrifft vor allem den vorgesehenen
 

  • Verzicht auf den Eintrag der bereits von Dritten gemeldeten Daten in die Steuererklärung. Das verringert zwar den bürokratischen Aufwand für den Steuerpflichtigen, der beispielsweise Lohn, Renten oder Sozialleistungen nicht mehr in die Steuererklärung übernehmen muss. Daraus ergibt sich jedoch ein rechtliches Problem:

    Die gemeldeten Daten gelten als Angaben des Steuerpflichtigen. Dieser ist weiterhin verpflichtet, zu prüfen, ob die Daten vollständig und richtig sind. Welche Daten tatsächlich gemeldet wurden, wird er jedoch erst mit dem Steuerbescheid erkennen können. Stellt er im Steuerbescheid Fehler fest, muss das Finanzamt nachträglich informiert werden. Bisher besteht keine Korrekturpflicht, wenn in der Steuererklärung alle Daten korrekt eingetragen wurden.

    Wegen der rechtlichen Unsicherheit bei fehlenden Eintragungen in die Steuererklärung sollte anstelle dieser Regelung nach Auffassung des NVL zweckmäßigerweise der Datenabruf bei der Finanzverwaltung, die sogenannte „vorausgefüllte Steuererklärung", genutzt werden. Bei diesem Verfahren hat der Bürger Rechtssicherheit darüber, welche Daten tatsächlich beim Finanzamt vorliegen.

    Nach Einschätzung des NVL wird es künftig entscheidend darauf ankommen, wie die neuen gesetzlichen Regelungen in der Besteuerungspraxis umgesetzt werden. Der Verband wird mit seinen Mitgliedsvereinen die Modernisierung des Besteuerungsverfahrens weiter unterstützen. Sein Hauptaugenmerk wird sich dabei vor allem darauf richten, dass der Grundsatz der Steuergerechtigkeit gewahrt bleibt. Die Steuergerechtigkeit darf nicht den sehr allgemein formulierten „Wirtschaftlichkeit- und Zweckmäßigkeitsgründen" zum Opfer fallen, die das Finanzamt bei der Besteuerung berücksichtigen darf. Diese Gesetzesformulierung wurde in der Sachverständigenanhörung vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages stark kritisiert. Allerdings sehen die gesetzlichen Regelungen zum „Risikomanagementsystem" auch eine Zufallsauswahl vor, bei der die einzelne Steuererklärung umfassend zu prüfen ist, betont NVL-Geschäftsführer Rauhöft. Diese Einzelprüfung dient dazu, das Risikomanagementsystem weiter zu verbessern. Außerdem kann sich hierdurch niemand darauf einstellen, dass seine Steuererklärung stets „automatisch durchrutscht".

 

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