BFH: Arbeitslohn bei Übernahme der Beiträge zu einer Berufshaftpflichtversicherung einer angestellten Rechtsanwältin durch den Arbeitgeber
- Übernimmt eine Rechtsanwaltssozietät den Versicherungsbeitrag einer angestellten Rechtsanwältin, die im Außenverhältnis nicht für eine anwaltliche Pflichtverletzung haftet, liegt Arbeitslohn regelmäßig nur in Höhe des übernommenen Prämienanteils vor, der auf die in § 51 Abs. 4 BRAO vorgeschriebene Mindestversicherungssumme entfällt und den die Rechtsanwältin zur Erfüllung ihrer Versicherungspflicht nach § 51 Abs. 1 Satz 1 BRAO benötigt.
- Die Übernahme der Umlage für die Einrichtung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs einer angestellten Rechtsanwältin durch den Arbeitgeber führt zu Arbeitslohn.
EStG § 42d Abs. 1 Nr. 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2
BRAO § 12 Abs. 2, § 14 Abs. 2 Nr. 9, § 31a Abs. 1 Satz 1, § 51
BFH-Urteil vom 1.10.2020, VI R 11/18 = SIS 21 02 01 (veröffentlicht am 11.2.2021)
Vorinstanz: FG Münster vom 1.2.2018, 1 K 2943/16 L = SIS 18 09 32
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer GbR.
Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum 01.01.2013 bis 29.02.2016 stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin für die angestellte Rechtsanwältin R die Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung in Höhe von 2.115,23 € jährlich, zur örtlichen Rechtsanwaltskammer in Höhe von 95 € pro Halbjahr und zum Deutschen Anwaltverein (DAV) in Höhe von 50 € pro Quartal sowie die Umlage der Rechtsanwaltskammer für das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) in Höhe von 63 € (2015) bzw. 67 € (2016) übernommen hatte. Nach Auffassung des Prüfers stellte die Übernahme der genannten Beträge durch die Klägerin steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Für die Jahre 2013 und 2014 erging insoweit eine Mitteilung an das Wohnsitzfinanzamt der R.
Für das Jahr 2015 sowie für die Monate Januar und Februar 2016 (Streitzeitraum) ermittelte der Prüfer durch Bruttoeinzelberechnung folgende Nachversteuerungsbeträge:
Jahr | Brutto | LohnSt | SolZ | Ev KiSt |
2015 | 2.568,23 € | 1.018,00 € | 55,99 € | 91,61 € |
01-02/2016 | 2.327,23 € | 806,17 € | 44,34 € | 72,55 € |
Summe | 1.824,17 € | 100,33 € | 164,16 € |
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) schloss sich der Auffassung des Prüfers an und erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer gegen die Klägerin.
Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Die im Anschluss erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 831 veröffentlichten Gründen ab.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt,
das FG-Urteil sowie den Haftungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 25.04.2016 und die Einspruchsentscheidung vom 17.08.2016 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Rechtssache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. a) Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat.
b) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG --neben Gehältern und Löhnen-- auch andere Bezüge und Vorteile, die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 07.05.2014 - VI R 73/12, BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904, Rz 15; vom 19.11.2015 - VI R 74/14, BFHE 252, 129, BStBl II 2016, 303, Rz 10; vom 10.03.2016 - VI R 58/14, BFHE 253, 243, BStBl II 2016, 621, Rz 16, und vom 04.07.2018 - VI R 16/17, BFHE 261, 543, BStBl II 2019, 373, Rz 11).
Danach liegt steuerbarer Arbeitslohn in der Regel auch dann vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer --wie im Streitfall-- Aufwendungen erstattet, die der Arbeitnehmer --wie vorliegend-- zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) tätigt. Dahingehender Barlohn (Werbungskostenersatz) ist nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen wie z.B. § 3 Nr. 30 EStG steuerfrei (Senatsurteile vom 28.03.2006 - VI R 24/03, BFHE 212, 556, BStBl II 2006, 473, Rz 13, und vom 12.04.2007 - VI R 53/04, BFHE 217, 551, BStBl II 2007, 536, Rz 14).
aa) Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen, sind dagegen nicht als Arbeitslohn anzusehen. Vorteile besitzen danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 14.11.2013 - VI R 36/12, BFHE 243, 520, BStBl II 2014, 278, Rz 10, und in BFHE 253, 243, BStBl II 2016, 621, Rz 17).
bb) Durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasste, zu Lohn führende Zuwendungen erbringt der Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern hiernach erst recht nicht, wenn er ausschließlich gegenüber Dritten eigene Verpflichtungen eingeht und eigene Ansprüche erwirbt, die keinen unmittelbaren Zusammenhang zu seinen Arbeitnehmern und den mit ihnen begründeten Dienstverhältnissen aufweisen. Daraus für die Arbeitnehmer folgende etwaige Annehmlichkeiten sind bloße Reflexwirkungen einer ausschließlich eigenbetrieblichen Betätigung des Arbeitgebers, mit der er andere betriebsfunktionale Zielsetzungen als die Entlohnung seiner Arbeitnehmer verfolgt (Senatsurteile in BFHE 252, 129, BStBl II 2016, 303, und vom 19.11.2015 - VI R 47/14, BFHE 252, 124, BStBl II 2016, 301).
2. Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze hat der erkennende Senat die Übernahme der Beiträge zu der Berufshaftpflichtversicherung einer angestellten und auf dem Briefkopf der Sozietät ohne weitere Kennzeichnung aufgeführten Rechtsanwältin durch den Arbeitgeber als Arbeitslohn beurteilt (Urteil vom 26.07.2007 - VI R 64/06, BFHE 218, 370, BStBl II 2007, 892). Denn ein Rechtsanwalt ist gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) gesetzlich verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht wird mit der Nichtzulassung zum Beruf (§ 12 Abs. 2 BRAO) oder der Entfernung aus diesem sanktioniert (§ 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO). Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist damit unabdingbar für die Ausübung des Berufs eines (angestellten) Rechtsanwalts. Kommt er der gesetzlichen Verpflichtung nach, handelt er typischerweise im eigenen Interesse. Nach der Rechtsprechung des Senats liegt die Übernahme der Versicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber folglich nicht in dessen ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse, sondern auch im wesentlichen Interesse des angestellten Rechtsanwalts (zustimmend z.B. Diller, Anwaltsblatt --AnwBl-- 2010, 269). Wegen der möglichen Haftung als "Scheinsozius" (dazu Diller, AnwBl 2010, 269, 270) gilt dies auch insoweit, als die Versicherungssumme die Mindestversicherungssumme nach § 51 Abs. 4 BRAO übersteigt (Senatsurteil in BFHE 218, 370, BStBl II 2007, 892, unter II.2.).
Andererseits hat der erkennende Senat entschieden, dass der Erwerb eigenen Haftpflichtversicherungsschutzes durch den Arbeitgeber --sowohl im Fall einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH als auch einer Rechtsanwalt-GbR-- zu keinem lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil bei den Arbeitnehmern führt (Urteile in BFHE 252, 129, BStBl II 2016, 303, und in BFHE 253, 243, BStBl II 2016, 621).
a) Im Fall der Rechtsanwaltsgesellschaft mbH lag dem zugrunde, dass der von der Gesellschaft erworbene Versicherungsschutz der Deckung der sich aus ihrer Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden i.S. der §§ 59j, 51 Abs. 1 Satz 1 BRAO diente. Deshalb versicherte die Rechtsanwaltsgesellschaft mbH durch den Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung ihre eigene Berufstätigkeit und wandte ihren Arbeitnehmern dadurch weder Geld noch einen geldwerten Vorteil in Form des Versicherungsschutzes zu.
b) Im Fall der Rechtsanwalts-GbR war maßgebend, dass diese die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossen hatte und die Versicherung hiernach der Deckung des mit dem Betrieb der Klägerin verbundenen Haftungsrisikos, also dem eigenen Versicherungsschutz der GbR und ihrer Gesellschafter, diente. Für eine etwaige weitere Anwaltstätigkeit (z.B. eine freiberufliche Tätigkeit) außerhalb der Tätigkeit für die GbR hatten die angestellten Rechtsanwalte darüber hinaus im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen in Höhe der Mindestversicherungssumme abgeschlossen. Durch den Erwerb ihres eigenen Versicherungsschutzes wandte die GbR den bei ihr angestellten Rechtsanwälten daher keinen geldwerten Vorteil zu.
Bloße Reflexwirkungen der originär eigenbetrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers führen --wie oben dargelegt-- nicht zu Arbeitslohn. Dies gilt auch, soweit sich der Versicherungsschutz des Arbeitgebers auf die zu ihm in einem Dienstverhältnis stehenden Personen erstreckt (hierzu auch Senatsurteile in BFHE 253, 243, BStBl II 2016, 621, Rz 22, und in BFHE 252, 124, BStBl II 2016, 301, Rz 16).
3. Die Zahlung von Beiträgen eines Arbeitnehmers für eine Berufskammer mit gesetzlicher Pflichtmitgliedschaft durch den Arbeitgeber hat der erkennende Senat als Arbeitslohn beurteilt. Sie liegt in besonderer Weise im eigenen Interesse des Arbeitnehmers, da die Mitgliedschaft in der Berufskammer unabdingbar für die Ausübung des Berufs z.B. eines Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters ist (Senatsurteil vom 17.01.2008 - VI R 26/06, BFHE 220, 266, BStBl II 2008, 378; ebenso Sächsisches FG, Urteil vom 21.02.2008 - 1 K 1262/07, EFG 2008, 1551).
4. Ebenso hat der Senat für den Fall der Übernahme der Mitgliedsbeiträge einer angestellten Rechtsanwältin im DAV das eigenbetriebliche Interesse der Arbeitgeberin als vergleichsweise gering angesehen und damit auch insoweit Arbeitslohn bejaht (Senatsurteil vom 12.02.2009 - VI R 32/08, BFHE 224, 314, BStBl II 2009, 462).
5. Nach diesen Maßstäben hat das FG zu Recht angenommen, dass die Übernahme der Beiträge für die Rechtsanwaltskammer, für die Mitgliedschaft im örtlichen Anwaltverein (und über diesen zugleich im DAV) sowie der Umlage zum beA durch die Klägerin jeweils auch im eigenen Interesse der bei ihr angestellten R erfolgte und deshalb Arbeitslohn vorlag (unter a bis c). Es hat eine Gesamtwürdigung vorgenommen, die revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar ist (hierzu z.B. Senatsurteile in BFHE 220, 266, BStBl II 2008, 378, und in BFHE 224, 314, BStBl II 2009, 462). Sie ist unter den im Streitfall vorliegenden Umständen nicht nur möglich, sondern naheliegend und lässt keine Rechtsfehler erkennen.
Dem FG ist allerdings nicht darin zu folgen, dass auch die Übernahme der Beiträge für die eigene Berufshaftpflichtversicherung der R in voller Höhe Arbeitslohn darstellte. Die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz tragen diese Würdigung nicht (unter d).
a) Rechtsanwaltskammer
Wie das FG zu Recht ausgeführt hat, sind Personen, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen wurden, Mitglied in der jeweiligen Rechtsanwaltskammer (§ 60 Abs. 2 Nr. 1 BRAO). Die Pflichtmitgliedschaft besteht unabhängig davon, ob die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt nach der Zulassung selbständig oder als Angestellte(r) tätig wird. Als Kammermitglied ist der Rechtsanwalt verpflichtet, den Kammerbeitrag zu tragen (vgl. § 89 Abs. 2 Nr. 2 BRAO).
Vor diesem Hintergrund ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass die Übernahme des von R geschuldeten Kammerbeitrags nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin, sondern in besonderer Weise im eigenen Interesse der R lag.
b) Anwaltverein
Das FG hat auch die Übernahme der Beiträge zum örtlichen Anwaltverein zu Recht als Arbeitslohn beurteilt. Die personenbezogene Mitgliedschaft in diesem Interessenverbund lag nicht im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin, sondern in beträchtlichem Umfang auch im Interesse der R. Ob bzw. inwieweit R als Vereinsmitglied die entsprechenden Vorteile der Mitgliedschaft tatsächlich in Anspruch nahm, ist dabei unerheblich.
c) beA
aa) Das beA dient der elektronischen Kommunikation der in das Gesamtverzeichnis eingetragenen Mitglieder der Rechtsanwaltskammern, der Rechtsanwaltskammern und der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) mit den Gerichten auf einem sicheren Übermittlungsweg; ebenso dient es der elektronischen Kommunikation der Mitglieder der Rechtsanwaltskammern, der Rechtsanwaltskammern und der BRAK untereinander (§ 19 Abs. 1 der Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung vom 23.09.2016). Ein beA ist daher gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 BRAO von der BRAK für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer einzurichten. Hierfür erhebt die BRAK jährliche Beiträge von den regionalen Rechtsanwaltskammern, die zur Deckung ihrer sachlichen und personellen Belange erforderlich sind. Die Rechtsanwaltskammern wiederum finanzieren die Kosten des beA entweder durch eine Beitragserhöhung oder --wie im Streitfall-- durch einen Umlagebetrag.
bb) Die Einrichtung des beA und der damit einhergehende Finanzierungsbeitrag folgen mithin unmittelbar aus der Anwaltszulassung. Das beA selbst dient dabei der Berufsausübung (s. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20.12.2017 - 1 BvR 2233/17, Bayerische Verwaltungsblätter 2018, 378, Rz 10). Vor diesem Hintergrund ist die Würdigung des FG, die Einrichtung des beA sei für R unabhängig von ihrem Anstellungsverhältnis bei der Klägerin in ihrem eigenen beruflichen Interesse erfolgt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin ist dagegen nicht erkennbar.
d) Berufshaftpflichtversicherung
Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) handelte es sich vorliegend um eine im eigenen Namen und auf eigene Rechnung der R abgeschlossene Versicherung, die nicht nur den von § 51 Abs. 4 BRAO vorgeschriebenen Mindestversicherungsschutz umfasste, sondern der Höhe nach auf die von den Sozien der Klägerin abgeschlossenen Versicherungen abgestimmt war.
aa) Anders als in den Entscheidungen in BFHE 252, 129, BStBl II 2016, 303 und in BFHE 253, 243, BStBl II 2016, 621 geht es vorliegend nicht um die Teilhabe (Einbeziehung) des Arbeitnehmers am (in den) betrieblichen Versicherungsschutz des Arbeitgebers, sondern um eine im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossene Berufshaftpflichtversicherung der angestellten Rechtsanwältin und damit um die Eigenversicherung der versicherungsnehmenden Arbeitnehmerin. Das FG hat deshalb zunächst zutreffend darauf abgestellt, dass (auch) der angestellte Rechtsanwalt nach § 51 BRAO zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet ist und ohne den Versicherungsabschluss die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht vorgenommen werden darf (§ 12 Abs. 2 BRAO) oder eine bereits erfolgte Zulassung zu widerrufen ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO). Der Abschluss der von R unterhaltenen Berufshaftpflichtversicherung war mithin unabdingbar für die Ausübung ihres Berufs als (angestellte) Rechtsanwältin und sie handelte mit der Befolgung dieser gesetzlichen Verpflichtung typischerweise auch im eigenen Interesse (ebenso z.B. Hilbert, Betriebs-Berater 2016, 1508).
Die Versicherungspflicht des § 51 BRAO ist personenbezogen, nicht tätigkeitsbezogen. Eine Versicherung, die nur bestimmte anwaltliche Tätigkeiten abdeckt, reicht deshalb nicht aus. Daher trifft die Versicherungspflicht nach § 51 BRAO auch den angestellten Rechtsanwalt, obwohl für diesen gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) der Arbeitgeber haftet und der angestellte Anwalt bei einer Inanspruchnahme durch Dritte --auf welcher Rechtsgrundlage auch immer-- einen Freistellungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber hat, sofern nicht grobe Fahrlässigkeit vorlag (Diller, Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte: AVB-RSW, 2. Aufl. 2017, Einl. Rz 18).
Dass der Gesetzgeber die Pflicht zum Abschluss und zur Aufrechterhaltung der Berufshaftpflichtversicherung (erst) mit dem Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte mit Wirkung zum 09.09.1994 vorrangig zum Schutz der Rechtsuchenden gesetzlich vorgeschrieben hat (BTDrucks 12/4993, 31), ändert nichts daran, dass der Abschluss einer solchen Versicherung seit jeher auch im eigenen Interesse des Rechtsanwalts lag und immer noch liegt (s. Dahns in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl. 2020, § 51 BRAO Rz 2; Diller in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl. 2019, § 51 Rz 10 f.). Denn die haftungsträchtige anwaltliche Tätigkeit birgt die Gefahr in sich, durch Regressforderungen in der beruflichen und damit persönlichen Existenz bedroht zu werden. Auch dies hat das FG zutreffend berücksichtigt.
bb) Das FG ist aber zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung der R durch die Klägerin ohne weiteres in vollem Umfang zu Arbeitslohn führt. Vielmehr gilt dies uneingeschränkt nur für die auf die gesetzliche Mindestdeckung entfallenden Prämienanteile (ebenso Diller, AnwBl 2010, 269, 270; a.A. FG Nürnberg, Urteil vom 27.02.2019 - 5 K 1199/17, EFG 2019, 979).
(1) Versicherungsrechtlich wird ein angestellter Rechtsanwalt, auch wenn er auf dem Briefkopf als solcher aufgeführt ist, wie ein Sozius i.S. des § 1 Abs. 2 Nr. 1 der Allgemeinen und Besonderen Versicherungsbedingungen sowie Risikobeschreibungen zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Rechtsanwälte und Patentanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer (AVB-RSW) behandelt und fällt damit unter die sogenannte "Sozienklausel" --hier in § 12 AVB-RSW-- (Chab, AnwBl 2012, 190; ders., AnwBl 2012, 274; Diller, Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte: AVB-RSW, 2. Aufl. 2017, § 12 Rz 16).
Zivilrechtlich haftet der angestellte Rechtsanwalt, der als solcher auf dem Briefkopf aufgeführt ist, im Außenverhältnis für anwaltliche Fehler hingegen nicht. Hierfür hat vielmehr die mandatierte Anwaltssozietät einzustehen. Denn der angestellte Rechtsanwalt handelt im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit für die Anwaltssozietät als deren Erfüllungsgehilfe, so dass diese für anwaltliche Pflichtverletzungen des angestellten Rechtsanwalts gemäß § 278 BGB haftet. Die persönliche Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Sozietät (§ 128 des Handelsgesetzbuchs analog) trifft den angestellten Rechtsanwalt, da er dieser nicht angehört, nicht. Deshalb ist die Versicherungsdeckung der Sozietät für den angestellten Anwalt insoweit nicht von eigenem Interesse, es sei denn, es handelt sich um einen sogenannten "Scheinsozius", der den Mandanten gegenüber bei jedem Haftungsfall der Sozietät nach Rechtsscheingrundsätzen persönlich haftet (Diller, AnwBl 2010, 269, 270).
Die Einbeziehung des angestellten und zivilrechtlich nicht haftenden "Briefkopfanwalts" in den über die Mindestversicherungssumme hinausgehenden Versicherungsschutz einer Sozietät ist bei einer von dieser selbst im eigenen Namen abgeschlossenen Versicherung daher allein dem Umstand geschuldet, dass für die Sozien im haftungsrechtlichen Sinn durch Anwendung der Durchschnittsleistung (hier in § 12 Abs. 2 AVB-RSW) im Versicherungsfall keine Unterdeckung entsteht. Insoweit besteht in Bezug auf die Einbeziehung eines zivilrechtlich nicht haftenden "Briefkopfanwalts" in den Versicherungsschutz einer Sozietät ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Sozietät an der versicherungsrechtlich benötigten Höherversicherung und der hierdurch abgedeckten Versicherungssumme. Soweit der angestellte Rechtsanwalt im Falle einer Anwaltstätigkeit außerhalb der Sozietät von der Höherversicherung profitieren könnte, handelt es sich um einen bloßen Reflex der originär eigenbetrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers (hierzu s. Senatsurteil vom 01.10.2020 - VI R 12/18, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).
(2) Nichts anderes gilt für einen angestellten und zivilrechtlich nicht haftenden "Briefkopfanwalt", der sich selbst im Hinblick auf den von den Sozien benötigten Versicherungsumfang entsprechend versichert. Denn auch in diesem Fall ist die Höherversicherung allein dem Umstand geschuldet, dass für die Sozien im haftungsrechtlichen Sinn durch Anwendung der Durchschnittsleistung (§ 12 Abs. 2 AVB-RSW) im Versicherungsfall keine Unterdeckung entsteht. Insoweit besteht auch in diesem Fall ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Sozietät an der versicherungsrechtlich benötigten Höherversicherung und der hierdurch abgedeckten Versicherungssumme. Soweit der angestellte Rechtsanwalt im Falle einer Anwaltstätigkeit außerhalb der Sozietät von der Höherversicherung profitieren könnte, handelt es sich ebenfalls um einen bloßen Reflex der originär eigenbetrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers.
(3) Das FG hat --aus seiner Sicht zu Recht-- keine Feststellungen dazu getroffen, ob nach den vorstehenden Ausführungen durch die Übernahme der Beiträge zur eigenen Berufshaftpflichtversicherung der R ausnahmsweise in vollem Umfang Arbeitslohn vorliegt, weil diese als Scheinsozia zu beurteilen ist. Die Rechtssache ist deshalb an das FG zurückzuverweisen.
Sollte dieser Ausnahmefall nicht vorliegen, wird das FG die für den Versicherungsvertrag der R geschuldete Prämie aufzuteilen haben. Denn nach den vorstehenden Ausführungen führt nur die Übernahme des auf die gesetzliche Mindestdeckung entfallenden Prämienanteils durch die Klägerin zu Arbeitslohn. Hinsichtlich der freiwilligen Höherversicherung wären die von R geschuldeten Prämienbeiträge fremdnützig zugunsten der Klägerin. Insoweit würde die Übernahme nicht zu einem lohnsteuerpflichtigen Vorteil bei R führen.
6. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids im Übrigen steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Der Senat sieht deshalb diesbezüglich von weiteren Ausführungen ab.
7. Die Übertragung der Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.
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