BFH: Beiträge des österreichischen Arbeitgebers an eine österreichische betriebliche Vorsorgekasse als Arbeitslohn
1. Bei den von einem österreichischen Arbeitgeber nach österreichischem Recht für seinen Arbeitnehmer geleisteten Beiträgen an eine betriebliche Vorsorgekasse handelt es sich nach deutschem Recht um zugeflossenen Arbeitslohn.
2. Zukunftssicherungsleistungen i.S. des § 3 Nr. 62 EStG sind über die in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LStDV aufgezählten Leistungen hinaus auch Leistungen zur Absicherung der Arbeitslosigkeit.
3. Beiträge an eine österreichische betriebliche Vorsorgekasse sind nur dann nach § 3 Nr. 62 Satz 1 2. Alternative EStG steuerfrei, wenn sie für eine dem deutschen Sozialversicherungssystem vergleichbare Zukunftssicherung geleistet werden.
BMSVG § 3, § 6 Abs. 1 Satz 1, § 14, § 17
DBA-AUT 2000 Art. 15
EStG § 11 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Nr. 62 Satz 1
LStDV § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1
BFH-Urteil vom 13.02.2020 - VI R 20/17, veröffentlicht am 18.06.2020
Vorinstanz: FG München vom 31.03.2017 - 13 K 2270/15
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 31.03.2017 - 13 K 2270/15 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht München zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die für die Streitjahre (2013 und 2014) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Zum 01.08.2013 hatten die Kläger ihren Wohnsitz aus der Republik Österreich (Österreich) in die Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) verlegt und dabei ihre jeweilige Beschäftigung in Österreich beibehalten.
Der österreichische Arbeitgeber des Klägers hatte gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetzes der Republik Österreich (BMSVG) Beiträge in Höhe von 1,53 % des Bruttolohns an dessen betriebliche Vorsorgekasse (BV-Kasse) geleistet und die Höhe dieser Beiträge gesondert, neben den weiteren Lohnzuwendungen, bescheinigt.
Durch die Leistung der Beiträge erwarb der Kläger als Arbeitnehmer (§ 3 Nr. 2 BMSVG) sogenannte Abfertigungsanwartschaften (§ 3 Nr. 3 BMSVG), die im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 14 Abs. 1 BMSVG) in unterschiedlicher Weise (§ 17 BMSVG) zur Auszahlung gelangen können. Die Auszahlung ist an verschiedene Bedingungen geknüpft (§ 14 Abs. 2 BMSVG). Ein Verfall der geleisteten Beiträge ist nicht vorgesehen. Im Fall des Todes des Arbeitnehmers erhalten die nächsten Familienangehörigen die geleisteten Beiträge ausbezahlt, auch wenn die besonderen Voraussetzungen für die Auszahlung nach § 14 Abs. 2 BMSVG nicht vorliegen (§ 14 Abs. 5 BMSVG).
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) rechnete dem vom Kläger als Grenzgänger bezogenen Bruttoarbeitslohn die von seinem Arbeitgeber gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BMSVG gezahlten Beiträge in den Streitjahren hinzu.
Für die Klägerin, ebenfalls Grenzgängerin, wurde (nur) für das Streitjahr 2013 ein Zurechnungsbetrag errechnet, der sich allerdings auf die Höhe der festzusetzenden Steuer nicht auswirkte.
Die hiergegen gerichteten Einsprüche der Kläger blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der daraufhin erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 1247 veröffentlichten Gründen statt.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, den Gerichtsbescheid des FG vom 31.03.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen,
hilfsweise beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) eine Vorabentscheidung einzuholen, inwieweit die laufende Besteuerung der Abfertigung (neu) bei einem Grenzgänger die Niederlassungsfreiheit des Arbeitnehmers beeinträchtigt und ggf. eine doppelte Einkommensbesteuerung nach sich zieht.
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Gerichtsbescheids und zur Zurückverweisung der Rechtssache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Kläger Grenzgänger i.S. des Art. 15 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 24.08.2000 (BGBl II 2002, 735, BStBl I 2002, 584) --DBA-AUT 2000-- sind und daher die Einkünfte der Kläger als solche aus unselbständiger Arbeit in Deutschland als dem Ansässigkeitsstaat besteuert werden können. Der Senat sieht daher von weiteren Ausführungen ab.
2. Das FG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei den vom Arbeitgeber des Klägers gezahlten Beiträgen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BMSVG um Arbeitslohn handelt.
a) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) --neben Gehältern und Löhnen-- auch andere Bezüge und Vorteile, die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, zuletzt Senatsurteil vom 09.05.2019 - VI R 28/17, BFHE 264, 443, BStBl II 2019, 785, Rz 17, m.w.N.).
b) Zum Arbeitslohn können auch Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers gehören (z.B. Senatsurteil vom 05.07.2012 - VI R 11/11, BFHE 238, 408, BStBl II 2013, 190, Rz 13). Die Arbeitslohnqualität von Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistung des Arbeitgebers an einen Dritten (Versicherer) erfolgt, hängt davon ab, ob sich der Vorgang --wirtschaftlich betrachtet-- so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet hat. Davon ist auszugehen, wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die Beiträge geleistet hat, ein unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Leistung zusteht (Senatsurteil vom 24.08.2017 - VI R 58/15, BFHE 259, 321, BStBl II 2018, 72, Rz 16, m.w.N.).
c) Demgegenüber stellt die Entrichtung des gesetzlich geschuldeten Arbeitgeberanteils zur Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung eines Arbeitnehmers keinen gegenwärtig zufließenden Arbeitslohn dar. Denn der einzelne pflichtversicherte Arbeitnehmer erfährt durch die Zahlung weder einen individuellen Mitgliedschafts- oder beitragsrechtlichen Vorteil noch einen leistungsrechtlichen oder sonstigen Vermögenszuwachs (Senatsurteile vom 18.05.2004 - VI R 11/01, BFHE 206, 158, BStBl II 2004, 1014, und vom 06.06.2002 - VI R 178/97, BFHE 199, 524, BStBl II 2003, 34).
d) Bei Heranziehung dieser Grundsätze sind die von einem österreichischen Arbeitgeber für seinen Arbeitnehmer geleisteten Beiträge an den zuständigen Träger der Krankenversicherung zur Weiterleitung an eine BV-Kasse i.S. des § 6 BMSVG nach deutschem Recht steuerbarer Arbeitslohn (a.A. Bleschick, EFG 2017, 1250), der dem Arbeitnehmer auch i.S. des § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen ist.
aa) Die Feststellung und Auslegung ausländischen Rechts obliegt grundsätzlich dem FG (Senatsurteil vom 30.06.2011 - VI R 37/09, BFHE 234, 187, BStBl II 2011, 923, Rz 17); das Revisionsgericht ist an die Feststellungen über Bestehen und Inhalt des ausländischen Rechts wie an tatsächliche Feststellungen gebunden (§ 155 FGO i.V.m. § 545 Abs. 1, § 560 der Zivilprozessordnung), da ihm gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO die Prüfung des angefochtenen Urteils nur im Hinblick auf die Verletzung von Bundesrecht erlaubt ist (Senatsurteil vom 24.09.2013 - VI R 6/11, BFHE 243, 210, BStBl II 2016, 650, Rz 13, m.w.N.).
bb) Nach den Feststellungen des FG erhielt der Kläger durch die von seinem Arbeitgeber geleisteten Beiträge an die BV-Kasse --ohne eigene Beitragsleistung-- einen leistungsrechtlichen Vermögenszuwachs i.S. eines eigenen Anspruchs gegen einen Dritten, nämlich die BV-Kasse. Damit liegt ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beitragszahlung (gegenwärtig zufließender) Arbeitslohn vor. Für das Vorliegen von Arbeitslohn kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Arbeitgeber aufgrund gesetzlicher oder (tarif-)vertraglicher Verpflichtung leistet (Senatsurteil vom 19.07.1996 - VI R 19/96, BFH/NV 1997, 179, unter 2.b). Entscheidend ist, dass die Bezüge oder Vorteile für eine Beschäftigung gewährt werden, also durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind.
Bei den vom Arbeitgeber geschuldeten Beiträgen an eine BV-Kasse handelte es sich insbesondere nicht um einen allgemeinen, für Dritte bestimmten Finanzierungsbeitrag in dem Sinn, dass der einzelne pflichtversicherte Arbeitnehmer durch die Zahlung weder einen individuellen Mitgliedschafts- oder beitragsrechtlichen Vorteil noch einen leistungsrechtlichen oder sonstigen Vermögenszuwachs erfährt. Vielmehr wird der Beitrag allein zugunsten des Arbeitnehmers bei der BV-Kasse eingezahlt, der dadurch eine sogenannte Abfertigungsanwartschaftsberechtigung (§ 3 Nr. 3 BMSVG) erhält, die sich mit jeder Einzahlung erhöht und die sich unter den Voraussetzungen des § 14 BMSVG in einen Abfertigungsanspruch wandelt. Dabei knüpft die Beitragspflicht des Arbeitgebers an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses an (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BMSVG); der BV-Beitrag wird somit für die Beschäftigung geleistet.
3. Das FG ist weiter im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass vorliegend eine Steuerbefreiung nach § 3 Nrn. 56 und 63 EStG nicht in Betracht kommt.
a) Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 56 EStG ist nicht einschlägig, weil dort eine Zuwendung zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten, d.h. umlagefinanzierten betrieblichen Altersvorsorge vorausgesetzt wird. Eine solche liegt im Streitfall nach dem vom FG festgestellten österreichischen Recht aber nicht vor.
b) § 3 Nr. 63 EStG befreit unter weiteren Voraussetzungen Beiträge des Arbeitgebers an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersvorsorge in Gestalt einer Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistung. Um eine solche Versorgungsleistung geht es nach den bindenden Feststellungen des FG im Streitfall ebenfalls nicht.
4. Ob das FG zu Recht davon ausgegangen ist, dass der BV-Beitrag nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei ist, kann der erkennende Senat infolge fehlender Feststellungen der Vorinstanz nicht abschließend überprüfen.
a) Nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG sind Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers steuerfrei, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist. Das gilt auch, wenn die Verpflichtung auf ausländischen Gesetzen (hier dem BMSVG) beruht (Senatsurteile in BFHE 206, 158, BStBl II 2004, 1014, und in BFHE 243, 210, BStBl II 2016, 650, Rz 13). Dabei sind die in § 3 Nr. 62 Satz 1 2. und 3. Alternative EStG genannten Zukunftssicherungsleistungen, also die Arbeitgeberbeiträge aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften oder aufgrund einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung, den auf sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften beruhenden Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers (§ 3 Nr. 62 Satz 1 1. Alternative EStG) gleichgestellt (Senatsurteil in BFHE 243, 210, BStBl II 2016, 650, Rz 16; Bleschick, EFG 2017, 1250).
b) Nach den bindenden Feststellungen des FG zum österreichischen Recht ist der österreichische Arbeitgeber gemäß § 6 Abs. 1 BMSVG zur Entrichtung des BV-Beitrags gesetzlich verpflichtet. Dies steht zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit.
c) Soweit das FG weiter festgestellt hat, dass es sich bei den streitigen Zahlungen um Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers handelt, hält dies einer revisionsrechtlichen Prüfung indes nicht stand. Das FG ist insoweit davon ausgegangen, es handele sich bei dem BV-Beitrag um eine finanzielle Absicherung für den Fall des Verlusts des Arbeitsplatzes und damit um eine Zukunftssicherungsleistung i.S. der Norm.
aa) Zwar ist dem FG darin zu folgen, dass auch eine Arbeitslosenversicherung eine Zukunftssicherungsleistung i.S. des § 3 Nr. 62 EStG darstellen kann. Entgegen der Ansicht des FA steht dies nicht in Widerspruch zu § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung --LStDV-- (ebenso Blümich/Erhard, § 3 Nr. 62 EStG Rz 5; Bleschick, EFG 2017, 1250; Niklaus in BeckOK-EStG, § 3 Nr. 62 Rz 44; Merker in EStG-eKommentar, § 3 Nr. 62 Rz 10; a.A. FG München, Urteil vom 07.06.2016 - 12 K 734/16, EFG 2016, 1506; Wagner, EFG 2016, 1508, und wohl Schmidt/Levedag, EStG, 38. Aufl., § 3 Rz 201; von Beckerath in Kirchhof, EStG, 18. Aufl., § 3 Rz 162).
§ 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LStDV versteht unter Zukunftssicherungsleistungen Ausgaben, die der Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern. Insoweit handelt es sich um eine untergesetzliche Norm, die den gesetzlichen Begriff der "Zukunftssicherung" nicht selbst rechtsverbindlich definieren kann. Es ist unstreitig, dass zur Zukunftssicherung beispielsweise auch Ausgaben gehören, um den Begünstigten für den Fall der Arbeitslosigkeit abzusichern (z.B. Blümich/Erhard, § 3 Nr. 62 EStG Rz 5; Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, "Zukunftssicherung von Arbeitnehmern" Rz 3), weshalb auch die Beitragsanteile des Arbeitgebers am Gesamtsozialversicherungsbeitrag, soweit sie die Arbeitslosenversicherung betreffen, zu den Zukunftssicherungsleistungen zählen (ebenso R 3.62 Abs. 1 der Lohnsteuer-Richtlinien). Da aber nicht nur eine sozialversicherungsrechtliche, sondern jede vergleichbare gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, Ausgaben für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers zu leisten, zur Steuerfreiheit nach Satz 1 führt, kann insoweit nach Wortlaut und Zweck des Gesetzes für die Bestimmung von Zukunftssicherungsleistungen nichts anderes gelten (im Ergebnis ebenso Bleschick, EFG 2017, 1250). Demzufolge können auch aufgrund gesetzlicher Vorschriften zu erbringende Arbeitgeberleistungen zur Abdeckung oder Überbrückung der Folgen des Verlusts des Arbeitsplatzes unter die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG fallen. Maßgeblich ist allein, ob der Arbeitgeber objektiv zur Beitragsleistung materiell gesetzlich verpflichtet ist (Bergkemper in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 3 Nr. 62 EStG Rz 5 "Verpflichtung des Arbeitgebers nach anderen gesetzlichen Vorschriften").
bb) Das FG hat die Auffassung vertreten, die Beiträge an die BV-Kasse seien Ausgaben für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, da sie eine finanzielle Zukunftssicherung für den Fall des Verlusts des Arbeitsplatzes gewährten. Daran ist der Senat im Streitfall jedoch nicht gebunden. Denn diese Auslegung des FG ist von den Feststellungen zum ausländischen Recht nicht gedeckt. Danach sichert die Abfertigung (neu) nach § 14 BMSVG nicht nur gegen Arbeitslosigkeit. Der Anspruch auf Abfertigung besteht vielmehr allgemein bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, z.B. auch bei Eintritt in den Ruhestand. Die Abfertigung kann nach § 14 Abs. 4 BMSVG unter bestimmten Voraussetzungen ferner verlangt werden, wenn der Arbeitnehmer in keinem Arbeitsverhältnis steht. Im Fall des Todes des Arbeitnehmers erhalten die nächsten Familienangehörigen die geleisteten Beiträge ausbezahlt. Der Anwartschaftsberechtigte kann außerdem zwischen verschiedenen Verfügungsmöglichkeiten über die Abfertigung wählen. Der Abfertigungsanspruch ist nach alledem nicht an die Arbeitslosigkeit geknüpft.
d) Darüber hinaus hat das FG keinen Vergleich der von ihm angenommenen "Arbeitslosenversicherung nach österreichischem Recht" mit dem deutschen Regime vorgenommen.
§ 3 Nr. 62 EStG umfasst zwar nicht nur die auf sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften beruhenden Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers (§ 3 Nr. 62 Satz 1 1. Alternative EStG), sondern auch diesen gleichgestellte Leistungen. Gleichgestellte Leistungen werden indes nur erfasst, sofern sie wirtschaftlich den --steuerfreien-- Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung vergleichbar sind (so bereits BTDrucks 8/2501, 18, zum Gesetz zur Änderung des Entwicklungsländer-Steuergesetzes und des Einkommensteuergesetzes vom 21.05.1979, BGBl I 1979, 558, BStBl I 1979, 288). Hieran hat sich durch die Einfügung der in § 3 Nr. 62 Satz 1 2. und 3. Alternative EStG genannten Zukunftssicherungsleistungen, also der Arbeitgeberbeiträge aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften oder aufgrund einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung durch das Steueränderungsgesetz 1992 (vgl. BTDrucks 12/1108, 51) nichts geändert. Entsprechend hat der Bundesfinanzhof (BFH) in der Vergangenheit auch nur solche Arbeitgeberbeiträge als von § 3 Nr. 62 EStG erfasst angesehen, die aufgrund einer nach ausländischen Gesetzen bestehenden Verpflichtung an ausländische Sozialversicherungsträger geleistet werden, die den inländischen Sozialversicherungsträgern vergleichbar sind (s. BFH-Urteil vom 16.10.2002 - XI R 75/00, BFHE 200, 548, BStBl II 2003, 288, unter II.1.a; Senatsurteil in BFHE 243, 210, BStBl II 2016, 650, Rz 16).
5. Im zweiten Rechtsgang hat das FG deshalb zu prüfen, ob es sich bei den Beiträgen, die ein österreichischer Arbeitgeber nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BMSVG an eine BV-Kasse leistet, um eine dem deutschen Sozialversicherungssystem vergleichbare Zukunftssicherungsleistung handelt. Voraussetzung hierfür ist, dass die österreichische BV-Kasse nach ihrer Struktur und den von ihr im Versorgungsfall zu erbringenden Leistungen auf der Grundlage einer rechtsvergleichenden Qualifizierung mit der Absicherung über die inländische Sozialversicherung vergleichbar ist (zur Vergleichbarkeitsprüfung vgl. z.B. BFH-Urteile vom 17.05.2017 - X R 10/15, BFHE 259, 59, BStBl II 2017, 1251; vom 26.11.2014 - VIII R 38/10, BFHE 249, 22, BStBl II 2016, 657, und vom 14.07.2010 - X R 37/08, BFHE 230, 361, BStBl II 2011, 628). Nur im Falle einer solchen Vergleichbarkeit wären die streitigen Beiträge nach § 3 Nr. 62 Satz 1 2. Alternative EStG steuerfrei.
6. Sollte es nach Ansicht des FG an einer entsprechenden Vergleichbarkeit fehlen und es sich bei den streitigen Beiträgen nach dem BMSVG deshalb um in Deutschland steuerpflichtigen Arbeitslohn handeln, so führt dies gegenwärtig nicht zu einer Doppelbesteuerung, da Deutschland insoweit das alleinige Besteuerungsrecht zusteht und die Beiträge in Österreich bis zur Höhe von 1,53 % zudem nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören.
Eine (erst im Fall eines Rückzugs der Kläger nach Österreich) drohende Doppelbesteuerung vermag ebenfalls keine Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreizügigkeit i.S. von Art. 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu begründen. Soweit die Leistungen aus der BV-Kasse wegen der "nachgelagerten" Besteuerung der Abfertigung (neu) in Österreich sowohl bei der Einzahlung der Beiträge (in Deutschland) als auch bei der Auszahlung (in Österreich) als "Arbeitslohn" versteuert werden müssten, stellt sich die mögliche Mehrbelastung eines nach Österreich zurückkehrenden Arbeitnehmers lediglich als Folge einer fehlenden Harmonisierung der jeweiligen nationalen Steuersysteme dar, die schon deshalb keine Diskriminierung bewirkt, weil die Ungleichbehandlung auf Maßnahmen unterschiedlicher Hoheitsträger beruht (s. Senatsurteil vom 28.05.2009 - VI R 27/06, BFHE 225, 377, BStBl II 2009, 857, Rz 23, m.w.N.). Auch sind die Mitgliedstaaten beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Gemeinschaftsrechts nicht verpflichtet, ihr eigenes Steuersystem den verschiedenen Steuersystemen der anderen Mitgliedstaaten anzupassen, um namentlich die sich aus einer parallelen Ausübung ihrer Besteuerungsbefugnisse ergebende Doppelbesteuerung zu beseitigen (z.B. EuGH-Urteil Kommission/Ungarn vom 01.12.2011 - C-253/09, EU:C:2011:795, Rz 83, Slg. 2011, I-12391). Die von den Klägern hilfsweise beantragte EuGH-Vorlage kommt daher nicht in Betracht.
7. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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