FG Berlin-Brandenburg: Keine erste Tätigkeitsstätte eines Müllwerkers auf dem Betriebshof des Entsorgers
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung 08/2022 vom 10.11.2022
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat mit Gerichtsbescheid vom 16. Juni 2022 (Az. 16 K 4259/17) entschieden, dass ein Müllwerker auf dem Betriebshof des Entsorgers keine erste Tätigkeitsstätte hat und daher bei einer Abwesenheit von der Wohnung von mehr als acht Stunden pro Arbeitstag die gesetzlichen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen beanspruchen kann.
Ein Arbeitnehmer kann bei Tätigkeiten außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte pro Arbeitstag einen Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten abziehen, an dem er mehr als acht Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.
Der Kläger ist als Müllwerker für einen kommunalen Entsorgungsbetrieb tätig. Er fährt arbeitstäglich als einer von zwei sog. Läufern neben dem Kraftfahrer auf dem LKW mit, der die Mülltonnen der Kunden im Abfuhrgebiet entleert. Zwischen Abfahrt von der Wohnung am Morgen und Rückkehr dorthin am Nachmittag liegen regelmäßig mehr als acht Stunden. Hingegen beträgt die arbeitstägliche Fahrzeit auf dem Müllfahrzeug im Abfuhrgebiet (Abwesenheit vom Betriebshof) in der Regel weniger als acht Stunden. Für die Frage, ob Verpflegungsmehraufwendungen zu berücksichtigen sind, kam es daher darauf an, ob der Betriebshof erste Tätigkeitsstätte des Müllwerkers ist.
Das Gericht hat entschieden, dass der Betriebshof des Entsorgers keine erste Tätigkeitsstätte eines Müllwerkers ist, wenn er dort lediglich die Ansage der Tourenleitung abhört, das Tourenbuch, Fahrzeugpapiere und -schlüssel abholt sowie die Fahrzeugbeleuchtung kontrolliert. Auch längere regelmäßige Wartezeiten durch den Stau ausrückender Müllfahrzeuge sowie nur gelegentliche Verrichtungen wie Veranlassung von Reparaturen bei Beschädigungen oder Defekten an Müllfahrzeugen, gelegentliche Reinigung von Fahrzeugen und Betankung von gasbetriebenen Fahrzeugen an der Gastankstelle auf dem Betriebshof begründen keine erste Tätigkeitsstätte.
Maßgeblich für die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen ist im vom Finanzgericht entschiedenen Fall daher die Dauer der Abwesenheit des Müllwerkers von der Wohnung und nicht vom Betriebshof des Entsorgers. Da diese arbeitstäglich mehr als acht Stunden beträgt, kann der Kläger die gesetzlichen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen beanspruchen.
Der Gerichtsbescheid ist rechtskräftig.
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