BMF: Weitere Grundsätze zur Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG
Bundesministerium der Finanzen 10. Oktober 2025, IV C 2 - S 2706/00061/003/134 (COO.7005.100.3.13161413)
Nach § 4 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 KStG können Betriebe gewerblicher Art (BgA) zusammengefasst werden, wenn zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht. Für Fälle der Zusammenfassung mittels eines Blockheizkraftwerks (BHKW) enthält das BMF-Schreiben vom 11. Mai 2016, BStBl I S. 479 Grundsätze, die bei der Beurteilung des jeweiligen Einzelfalls zu beachten sind.
Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ist neben einem BHKW auch eine Wärmepumpe, hybride Photovoltaikanlage (PV-Anlage) oder ein Fernwärmenetz grundsätzlich dazu geeignet, im Einzelfall die Zusammenfassung eines Bad-BgA mit einem Versorgungs-BgA (Netzbetriebs- und/oder Energieversorgungs-BgA) zu begründen. Eine hinreichend enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung der beiden jeweiligen Einrichtungen, die nach § 4 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 KStG zusammengefasst werden sollen, ist dabei grundsätzlich in Bezug auf den Gesamtwärmebedarf des Bad-BgA einerseits und die Stromerzeugung bzw. die Möglichkeit eines systemgerechten Lastenmanagements auf Seiten des Versorgungs-BgA andererseits gegeben.
Bei der Zusammenfassung sind stets die Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalls maßgebend. Hierbei sind insbesondere folgende Grundsätze zu beachten:
I. Allgemeines
1 Bei den nachfolgend genannten technischen Anlagen ist stets von einer für eine zulässige Zusammenfassung erforderlichen Wirtschaftlichkeit auszugehen, da diese unter Berücksichtigung der energierechtlichen Rahmenbedingungen und Vorgaben langfristig eine wirtschaftlichere und nachhaltigere Alternative zu einer konventionellen Wärmeversorgung darstellen.
2 Die bilanzielle Behandlung der jeweiligen technischen Anlage ist grundsätzlich kein für die Zusammenfassung nach § 4 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 KStG maßgebliches Kriterium.
3 Die Höhe der Steuerersparnis ist kein Kriterium, welches das Tatbestandsmerkmal der Gewichtigkeit begründen kann.
4 Die nachfolgend dargestellten Zusammenfassungen nach § 4 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 KStG sind jeweils erst ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Inbetriebnahme der jeweiligen technischen Anlage anzuerkennen.
5 Die Grundsätze dieses Schreibens gelten im Hinblick auf § 8 Absatz 9 bzw. § 15 Satz 1 Nummer 5 KStG entsprechend, wenn die „zusammenzufassenden“ Tätigkeitsbereiche in Kapitalgesellschaften i. S. d. § 8 Absatz 7 KStG betrieben werden.
II. Zusammenfassung mittels Wärmepumpe
1. Allgemeines
6 Zunehmende Netzeinspeisungen in Folge der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien lassen die Koordinierung und den Ausgleich von Einspeisungen und Entnahmen vorhandener Stromkontingente entlang von Belastungsgrenzen im Netzbetrieb erforderlich werden. Die auf die Bedürfnisse der Netzlast ausgerichtete Zu- und Abschaltung der Wärmepumpe durch einen Netzbetreiber dient dabei sowohl der Abdeckung des thermischen Grundlastbedarfs des Bades, als auch der Erfüllung der dem Netzbetreiber nach §§ 13, 14 EnWG obliegenden Pflicht zur Aufrechterhaltung der Netzstabilität (Wärmepumpe als Regelelement im Stromnetz).
7 Für die Zusammenfassung mit einem Bad-BgA mittels einer Wärmepumpe kommen hiernach nur Netzbetriebs-BgA in Betracht. Ein solcher Netzbetriebs-BgA liegt auch dann vor, wenn dieser BgA zuvor bereits mit anderen BgA, die andere Tätigkeiten als einen Netzbetrieb ausüben, zusammengefasst worden ist. Die Tätigkeit des Netzbetriebs darf dabei jedoch nicht von lediglich untergeordneter Bedeutung sein. Hiervon ist regelmäßig auszugehen, wenn der Umsatz aus dem Netzbetrieb mindestens 10 % des Gesamtumsatzes des zusammengefassten BgA beträgt.
8 Eine zulässige Zusammenfassung setzt zudem voraus, dass dem Netzbetriebs-BgA aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit dem Bad-BgA oder aufgrund interner Organisationsanweisungen der Betriebsleitung (bzw. der Geschäftsführung oder des Vorstands) regulierende Zugriffsrechte (Zu- und Abschaltung der Wärmepumpe) eingeräumt werden.
2. Gewichtigkeit
9 Das Tatbestandsmerkmal der Gewichtigkeit ist bei beiden Einrichtungen, die nach § 4 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 KStG zusammengefasst werden sollen, zu prüfen und unter den folgenden Bedingungen als erfüllt anzusehen:
- Aus Sicht des Bad-BgA:
Die Gewichtigkeit ist gegeben, wenn die Wärmepumpe die erzeugte Wärme vollständig an das unmittelbar verflochtene Bad abgibt und hierdurch mindestens 1/3 des rechnerischen Gesamtwärmebedarfs dieses Bades abgedeckt wird. Der auf übliche Nebenräume wie z.B. Sauna, Kiosk, Wellnessbereich oder Büroräume des Personals entfallende Wärmebedarf und deren Beheizung ist bei dieser Prüfung nicht einzubeziehen. Der rechnerische Gesamtwärmebedarf des unmittelbar verflochtenen Bades ist anhand geeigneter Unterlagen (bspw. bauliche Planungsunterlagen) nachzuweisen. In Fällen eines saisonal betriebenen Bades (bspw. Freibad) sind die Schwellenwerte und Vorgaben in der Zeitspanne zu prüfen, in der das Bad betrieben wird. - Aus Sicht des Netzbetriebs-BgA:
Die Gewichtigkeit ist gegeben, wenn die Wärmepumpe über eine elektrisch installierte Leistung von mindestens 50 kW verfügt.
III. Zusammenfassung mittels hybrider Photovoltaikanlage
1. Allgemeines
10 Hybride PV-Anlagen stellen eine einheitliche Anlage dar, die aus einem Solarpanel, das mithilfe von Solarzellen Strom aus Sonnenlicht gewinnt und einem zusätzlichen Wärmetauscher besteht. Der Wärmetauscher erwärmt mithilfe der Energie eines Teils der Sonneneinstrahlung, die nicht für die Stromerzeugung genutzt wird, Flüssigkeit. Hybride PV-Anlagen fungieren somit gleichzeitig als Photovoltaik- und Wärmemodule und erzeugen bei laufendem Betrieb zeitgleich Strom für den Versorger und Wärme für das Bad.
11 Für die Zusammenfassung mit einem Bad-BgA mittels einer hybriden PV-Anlage kommen nur Energieversorgungs-BgA in Betracht. Ein solcher Energieversorgungs-BgA liegt auch dann vor, wenn dieser BgA zuvor bereits mit anderen BgA, die andere Tätigkeiten als einen Energieversorgungsbetrieb ausüben, zusammengefasst worden ist. Die Tätigkeit des Energieversorgungsbetriebs darf dabei jedoch nicht von lediglich untergeordneter Bedeutung sein. Hiervon ist regelmäßig auszugehen, wenn der Umsatz aus dem Energieversorgungsbetrieb mindestens 10 % des Gesamtumsatzes des zusammengefassten BgA beträgt.
12 Eine zulässige Zusammenfassung setzt ungeachtet der in Rn. 2 enthaltenen Grundsätze zudem voraus, dass die hybride PV-Anlage dem Betriebsvermögen des Energieversorgungs-BgA und damit dessen Stromerzeugung zuzuordnen ist.
2. Gewichtigkeit
13 Das Tatbestandsmerkmal der Gewichtigkeit ist bei beiden Einrichtungen, die nach § 4 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 KStG zusammengefasst werden sollen, zu prüfen und unter den folgenden Bedingungen als erfüllt anzusehen:
- Aus Sicht des Bad-BgA:
Die Gewichtigkeit ist gegeben, wenn die hybride PV-Anlage die erzeugte Wärme vollständig an das unmittelbar verflochtene Bad abgibt und hierdurch mindestens 10 % des rechnerischen Gesamtwärmebedarfs dieses Bades abgedeckt werden. Der auf übliche Nebenräume wie z.B. Sauna, Kiosk, Wellnessbereich oder Büroräume des Personals entfallende Wärmebedarf und deren Beheizung ist bei dieser Prüfung nicht einzubeziehen. Der rechnerische Gesamtwärmebedarf des unmittelbar verflochtenen Bades ist anhand geeigneter Unterlagen (bspw. bauliche Planungsunterlagen) nachzuweisen. In Fällen eines saisonal betriebenen Bades (bspw. Freibad) sind die Schwellenwerte und Vorgaben in der Zeitspanne zu prüfen, in der das Bad betrieben wird. - Aus Sicht des Energieversorgungs-BgA:
Die Gewichtigkeit ist gegeben, wenn die hybride PV-Anlage über eine elektrisch installierte Leistung von mindestens 50 kW verfügt.
IV. Zusammenfassung mittels Einbindung in ein Fernwärmenetz
1. Allgemeines
14 Im Rahmen eines effizienten Fernwärmelastmanagements werden angeschlossene Bäder aktiv einbezogen. Die Einbindung eines Bades ermöglicht die an den Lastverhältnissen des Fernwärmenetzes orientierte Zu- und Abschaltung einer Wärmelast-aufnahme.
15 Ein für die Zusammenfassung mit einem Bad-BgA geeigneter Fernwärmeversorgungs-BgA liegt auch dann vor, wenn dieser BgA zuvor bereits mit anderen BgA, die andere Tätigkeiten als einen Fernwärmeversorgungsbetrieb ausüben, zusammengefasst worden ist. Die Tätigkeit des Fernwärmeversorgungsbetriebs darf dabei jedoch nicht von lediglich untergeordneter Bedeutung sein. Hiervon ist regelmäßig auszugehen, wenn der Umsatz aus dem Fernwärmeversorgungsbetrieb mindestens 10 % des Gesamtumsatzes des zusammengefassten BgA beträgt.
16 Eine zulässige Zusammenfassung setzt zudem voraus, dass zwischen Fernwärmeversorgungs-BgA und Bad-BgA vertragliche Vereinbarungen oder interne Organisationsanweisungen der Betriebsleitung (bzw. der Geschäftsführung oder des Vorstands) getroffen worden sind, nach denen dem Fernwärmeversorgungs-BgA die im Rahmen seines Wärmelastmanagements erforderlichen Zugriffsrechte (Zu- und Abschaltungen an einer Fernwärmeübergabestation) eingeräumt werden.
2. Gewichtigkeit
17 Das Tatbestandsmerkmal der Gewichtigkeit ist bei beiden Einrichtungen, die nach § 4 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 KStG zusammengefasst werden sollen, zu prüfen und unter den folgenden Bedingungen als erfüllt anzusehen:
- Aus Sicht des Bad-BgA:
Die Gewichtigkeit ist gegeben, wenn mittels der Fernwärmeversorgung mindestens 80 % des rechnerischen Gesamtwärmebedarfs des unmittelbar verflochtenen Bades abgedeckt werden. Der rechnerische Gesamtwärmebedarf des unmittelbar verflochtenen Bades ist anhand geeigneter Unterlagen (bspw. bauliche Planungsunterlagen) nachzuweisen. - Aus Sicht des Fernwärmeversorgungs-BgA:
Die Gewichtigkeit ist gegeben, wenn das Bad über ein Wasservolumen von mindestens 750 Kubikmeter verfügt.
Die vorstehenden Grundsätze sind auf alle offenen Fälle anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht und steht zudem ab sofort für eine Übergangszeit auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen (http://www.bundesfinanzministerium.de) unter der Rubrik Steuern – Veröffentlichungen zu Steuerarten – Körperschaftsteuer – zum Download bereit.