BMF: Anwendungsfragen zur Neuregelung in § 21 KStG
Bundesministerium der Finanzen 12. Dezember 2019, IV C 2 - S 2775/19/10001 :002 (DOK 2019/1092178); SIS 19 18 87
5 Anlagen
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich nachfolgend zu Anwendungsfragen zur Neuregelung des § 21 KStG Stellung:
1. Anwendungsbereich
§ 21 KStG regelt die Abziehbarkeit von Beitragsrückerstattungen, die für das selbst abgeschlossene Geschäft
- in dem nach Art der Lebensversicherung betriebenen Geschäft (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG) und
- in den übrigen Versicherungsgeschäften in Abhängigkeit von dem versicherungstechnischen Überschuss des einzelnen Versicherungszweiges aus dem selbst abgeschlossenen Geschäft für eigene Rechnung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG)
gewährt werden.
2. Berechnungsbögen
Als Anlagen zu diesem Schreiben sind für die Ermittlung der nach § 21 KStG abziehbaren Beitragsrückerstattung folgende Berechnungsbögen beigefügt:
- Lebensversicherung (Anlage 1);
- Krankenversicherung (Anlage 2);
- Pensionskasse (Anlage 3);
- Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr (Anlage 4);
- Schaden- und Unfallversicherung (Anlage 5).
In diesen Berechnungsbögen sind jeweils anhand eines Beispiels die einzelnen Berechnungsschritte detailliert erläutert und die erforderlichen Fundstellen sowie wichtige Hinweise zur Berechnung und Eintragung aufgeführt.
3. Nach Art der Lebensversicherung betriebenes Geschäft
3.1 Jahresergebnis
Ausgangsgrundlage für die Ermittlung der abziehbaren Beitragsrückerstattung im Wirtschaftsjahr ist das nach handelsrechtlichen Grundsätzen zu ermittelnde Jahresergebnis für das selbst abgeschlossene Geschäft. Dieses Jahresergebnis entspricht dem Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag laut Handelsbilanz ohne Berücksichtigung eines Gewinnabführungsvertrages, wenn sich die Tätigkeit des Versicherungsunternehmens auf das selbst abgeschlossene Versicherungsgeschäft beschränkt.
Das selbst abgeschlossene Geschäft setzt unmittelbare versicherungsvertragliche Rechtsbeziehungen zwischen Versicherungsgesellschaft und Versicherungsnehmer voraus. Dazu gehören z.B. nicht das Rückversicherungsgeschäft und die Vermittlungstätigkeit.
Ist das Versicherungsunternehmen noch in anderer Weise tätig, so ergibt sich das Jahresergebnis des selbst abgeschlossenen Geschäfts nach § 2 Nr. 2 der Verordnung über die Berichterstattung von Versicherungsunternehmen gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BerVersV) vom 19. Juli 2017 (zuletzt geändert am 17. August 2017, BGBl. I 2017 S. 3214) aus der zu erstellenden GuV-Rechnung (Formblatt 200), nach Abzug der anteiligen Ergebnisse aus dem nicht nach Art der Lebensversicherung betriebenen Geschäft.
3.2 Zurechnungsbetrag
Dem Jahresergebnis aus dem selbst abgeschlossenen Geschäft sind die für Beitragsrückerstattungen und Direktgutschriften aufgewendeten Beträge hinzuzurechnen, die das Jahresergebnis gemindert haben.
3.3 Kürzungsbetrag
Das Jahresergebnis enthält auch den Nettoertrag, der aus der Bewirtschaftung des Eigenkapitals erzielt wird. Dieser Ertrag kann nicht mit überhobenen Beitragseinnahmen und damit nicht mit einer Beitragsrückerstattung in Zusammenhang gebracht werden. Das Jahresergebnis für die Ermittlung der abziehbaren Beitragsrückerstattung ist daher um diesen Ertrag zu vermindern. Bei der hierfür durchzuführenden Berechnung ist wie folgt zu verfahren:
3.3.1 Als anzusetzendes Eigenkapital gilt das im Formblatt 100 der BerVersV ausgewiesene Eigenkapital zuzüglich 10% des ungebundenen Teils der Rückstellung für Beitragsrückerstattung jeweils zu Beginn des Wirtschaftsjahres.
3.3.2 Betreibt das Versicherungsunternehmen außer in dem nach Art der Lebensversicherung selbst abgeschlossenen Geschäft noch andere Geschäfte, so kann das anzusetzende Eigenkapital nach Maßgabe der Einnahmen (z.B. Beitragseinnahmen, Provisionseinnahmen) auf die verschiedenen Tätigkeitsbereiche aufgeteilt werden. Nicht zu dem nach Art der Lebensversicherung selbst abgeschlossenen Geschäft gehören unter anderem das Versicherungsvermittlungsgeschäft, sonstiges Vermittlungsgeschäft (z. B. Bausparverträge, Fondssparverträge), Dienstleistungen für Dritte und das aktive Rückversicherungsgeschäft.
3.3.3 Als Kapitalanlagen im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 5 KStG ist die Summe derjenigen Wirtschaftsgüter anzusetzen, die in der Bilanz von dem nach Art der Lebensversicherung betriebenen Geschäft im Formblatt 100 der BerVersV unter Nr. 2 und Nr. 3 der Posten der Aktivseite ausgewiesen werden. Dies entspricht der Summe der Kapitalanlagen lt. Formblatt 1 Buchst. C. der Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen (RechVersV) vom 8. November 1994 (zuletzt geändert am 19. Dezember 2018, BGBl. I 2018 S. 2672).
3.3.4 Als Bezugsgröße für die Ertragsberechnung ist der Mittelwert der Kapitalanlagen zum Ende und zu Beginn des Wirtschaftsjahres zugrunde zu legen.
3.3.5 Als Erträge und Aufwendungen aus Kapitalanlagen sind die in der jeweiligen Nachweisung ausgewiesenen Beträge anzusetzen. Dabei sind gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 6 KStG die Erträge und Aufwendungen aus den Kapitalanlagen nicht anzusetzen, bei denen das Anlagerisiko nicht vom Versicherungsunternehmen getragen wird.
3.3.6 Der so berechnete Betrag (Tz. 3.3.5) ist in das Verhältnis zu dem Mittelwert der Kapitalanlagen (Tz. 3.3.4) zu setzen. Mit dem so ermittelten Prozentsatz, angewendet auf das zu Beginn des Wirtschaftsjahres anzusetzende Eigenkapital (Tz. 3.3.1 und Tz. 3.3.2), wird ein anteilig auf das Eigenkapital entfallender vorläufiger Nettoertrag ermittelt. Es ist nicht zu beanstanden, wenn anstatt des ermittelten Prozentsatzes der vom Versicherungsunternehmen veröffentlichte Nettoverzinsungssatz verwendet wird.
3.3.7 Der Nettoertrag i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 5 KStG ergibt sich unter Berücksichtigung eines Abschlags in Höhe von 30% auf den vorläufigen Nettoertrag (Tz. 3.3.6). Der Abschlag gilt die KSt, die GewSt und die sonstigen nichtabziehbaren Betriebsausgaben in pauschalierter Form ab.
3.4 Maßgeblicher Betrag nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG
Jahresergebnis (Tz. 3.1) zuzüglich Zurechnungsbetrag (Tz. 3.2) und abzüglich Kürzungsbetrag (Tz. 3.3) ist der maßgebliche Betrag nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG, wenn er höher ist als die Mindestbeitragsrückerstattung, die sich aus gesetzlichen Vorschriften ergibt (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 7 KStG), zuzüglich der im Wirtschaftsjahr gewährten Direktgutschriften.
Gesetzliche Vorschriften in diesem Sinne sind insbesondere die Verordnung über die Mindestbeitragsrückerstattung in der Lebensversicherung (Mindestzuführungsverordnung – MindZV) vom 18. April 2016 (zuletzt geändert am 19. Juli 2017, BGBl. I 2017 S. 3022) und die Verordnung betreffend die Aufsicht über die Geschäftstätigkeit in der privaten Krankenversicherung (Krankenversicherungsaufsichtsverordnung – KVAV) vom 18. April 2016 (zuletzt geändert am 19. Dezember 2018, BGBl. I 2018 S. 2672).
3.5 Steuerfreie Erträge
Der für den Abzug maßgebliche Betrag der Beitragsrückerstattung (s. Tz. 3.4) ist nur in dem Verhältnis abziehbar, wie die für die Beitragsrückerstattung maßgeblichen Überschüsse am Kapitalanlageergebnis im Geltungsbereich dieses Gesetzes dem Grunde nach steuerpflichtig und nicht steuerbefreit sind (§ 21 Absatz 1 Sätze 2 und 3 KStG). Maßgebend ist dabei der positive Saldo der im Wirtschaftsjahr erzielten steuerfreien Erträge und Verluste.
Zu den steuerfreien Beträgen gehören beispielhaft:
- Im Ausland erwirtschaftete Erträge, die aufgrund DBA-Freistellungen nicht in Deutschland besteuert werden.
- Unter Mutter-Tochter-Richtlinie fallende Beteiligungserträge gemäß § 8b Abs. 9 KStG.
- Wertaufholungen gemäß § 8b Abs. 8 Satz 2 KStG.
- Steuerfreie Übernahmegewinne im Sinne des UmwStG.
- Nach §§ 20, 42 und 43 Abs. 3 und § 48 Abs. 6 InvStG (teil-)freigestellte Erträge, soweit nicht bereits eine Kürzung des Rückstellungsbetrags nach § 21 InvStG vorzunehmen ist.
Nicht von der Regelung in § 21 Abs. 1 Sätze 2 und 3 KStG erfasst werden Überschüsse, bei denen die handels- und steuerbilanzielle Erfassung der Beträge lediglich in verschiedenen Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahren anfällt (s. BT-Drucksache 16/11108, S. 28, zur Änderung von § 21 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 KStG a.F.). Dies gilt auch für steuerfreie Beträge i. S. d. § 3 Nr. 41 EStG.
3.6 Krankenversicherung
Es wird nicht beanstandet, wenn ein Krankenversicherungsunternehmen die Ermittlung der abziehbaren Beitragsrückerstattung für alle Geschäfte zusammengefasst nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG wie in dem beigefügten Berechnungsbogen vornimmt.
3.7 Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr (UPR)
3.7.1 Die UPR als ein nach Art der Lebensversicherung betriebenes Geschäft fällt unter die Regelung des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG.
3.7.2 Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG ist als ein Bestandteil der Höchstbetragsberechnung das Eigenkapital des Versicherungsunternehmens anzusetzen. Die UPR stellt in der Regel eine von mehreren Versicherungssparten innerhalb eines Versicherungsunternehmens dar. In diesem Fall führt der Ansatz des gesamten Eigenkapitals des Versicherungsunternehmens im Rahmen der Höchstbetragsberechnung zu einem unzutreffenden Ergebnis.
Zur Ermittlung des auf die UPR entfallenden Anteils am Eigenkapital des Versicherungsunternehmens ist daher ein sachgerechtes Verfahren anzuwenden, welches dem Anteil der UPR am gesamten Versicherungsgeschäft sowie dem hierfür erforderlichen Eigenkapital Rechnung trägt.
Hierzu ist ein angemessener Aufteilungsschlüssel zu ermitteln, der auf das Gesamteigenkapital des Versicherungsunternehmens anzuwenden ist. Aus Vereinfachungsgründen kann hierfür das Verhältnis der auf die UPR entfallenden Nettoprämieneinnahmen zu den gesamten Nettoprämieneinnahmen des Versicherungsunternehmens herangezogen werden.
Dieses Ergebnis kann zur Berücksichtigung der Tatsache, dass das für die UPR-Sparte erforderliche Kapital wegen des ungebundenen Teils der auf die UPR entfallenden Rückstellung für Beitragsrückerstattung in Relation zum Prämienaufkommen regelmäßig deutlich geringer als für die anderen Versicherungssparten eines Versicherungsunternehmens ist, um einen Abschlag vermindert werden.
3.7.3 Der Nettoertrag ist analog zu den Tzn. 3.3.3 bis 3.3.7 zu ermitteln. Dabei ist die Nettorendite des für die UPR gebildeten Sicherungsvermögens anzusetzen.
3.7.4 Zur Ermittlung des "Jahresergebnisses für das selbst abgeschlossene Geschäft" ist die Gewinn- und Verlustrechnung der Sparte UPR zu verwenden, um das auf die UPR anteilig entfallende versicherungstechnische Bruttoergebnis zu ermitteln. Die Ermittlung der auf die UPR entfallenden nichtversicherungstechnischen Aufwendungen kann nach dem Verhältnis der auf die UPR entfallenden Nettoprämieneinnahmen zu den gesamten Nettoprämieneinnahmen des Versicherungsunternehmens erfolgen.
Für die Summe aus KSt, GewSt und sonstigen nichtabziehbaren Betriebsausgaben kann von diesem vorläufigen Jahresergebnis ein pauschalierter Abschlag in Höhe von 30 % (analog zu § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 5 KStG) vorgenommen werden.
4. Übriges Versicherungsgeschäft
4.1 Beitragsrückerstattungen, auf die in den übrigen Versicherungsgeschäften ohne Rücksicht auf einen versicherungstechnischen Überschuss ein Rechtsanspruch besteht, fallen nicht unter § 21 KStG. Sie sind wie Versicherungsleistungen zu behandeln (RFH-Urteil vom 21. Mai 1940, RStBl 1940 S. 747).
4.2 Als Überschuss i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG ist das im Formblatt 200 der BerVersV für den Versicherungszweig ausgewiesene versicherungstechnische Nettoergebnis 2, vermindert um nichtversicherungstechnische Aufwendungen, anzusetzen.
4.3 Die Zuordnung der auf das Wirtschaftsjahr entfallenden nichtversicherungstechnischen Aufwendungen zu den einzelnen Versicherungszweigen ist nach einem sachgerechten Aufteilungsmaßstab vorzunehmen. Als Aufteilungsmaßstab kann der Prämienschlüssel zu Grunde gelegt werden.
5. Anwendung
Dieses Schreiben tritt für Veranlagungszeiträume, für die § 21 in der Fassung des Artikels 7 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018, BGBl. I S. 2338, anzuwenden ist, an die Stelle des BMF-Schreibens vom 7. März 1978, BStBl I S. 160 = SIS 78 03 81.
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