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BFH: Unionsrechtswidrigkeit der Besteuerung ausländischer Fonds nach dem InvStG 2004 – Verzinsung von unter Verstoß gegen Unionsrecht nicht erstatteter Kapitalertragsteuer

  1. Der Ausschluss ausländischer Fonds von den für inländische Fonds gelten­den Regelungen des § 11 Abs. 1 und 2 des Investmentsteuergesetzes 2004 verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Deshalb hat ein ausländischer In­vestmentfonds, der unter der Geltung des Investmentsteuergesetzes 2004 mit Kapitalertragsteuer belastete Dividenden inländischer Aktiengesellschaften be­zogen hat, einen Anspruch auf Erstattung der unionsrechtswidrig erhobenen Kapitalertragsteuer.
  2. Zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs muss der ausländische In­vestmentfonds innerhalb der Festsetzungsfrist einen Freistellungsbescheid be­antragen. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre und beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die Kapitalerträge zugeflossen sind.
  3. Der Erstattungsanspruch ist aus unionsrechtlichen Gründen zu verzinsen.
  4. Zur Höhe des unionsrechtlichen Verzinsungsanspruchs.

AEUV Art. 63
InvStG 2004 § 4 Abs. 2 Satz 7, § 7 Abs. 1, § 11 Abs. 1 und Abs. 2, § 15 Abs. 2
KStG § 2 Nr. 1, § 5 Abs. 2 Nr. 1
EStG § 50d Abs. 1 Satz 2
AO § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 233a Abs. 1 Satz 2, § 236, § 238 Abs. 1

BFH-Urteil vom 13.3.2024, I R 1/20 (veröffentlicht am 22.8.2024)

Vorinstanz: Hessisches FG vom 21.8.2019, 4 K 999/17 = SIS 19 21 10

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob § 11 Abs. 1 Satz 2 des Investmentsteuer­gesetzes in der für die Jahre 2008 bis 2013 (Streitjahre) jeweils geltenden Fassung (InvStG 2004) mit der Kapitalverkehrsfreiheit unvereinbar ist und einem aus­ländischen Investmentfonds ein auf das Unionsrecht gestützter und verzinsli­cher (Kapitalertragsteuer‑)Erstattungsanspruch zusteht.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein in Frankreich ansässiger Fonds Commun de Placement (FCP), der als Zweckvermögen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes in der jeweils für die Streitjahre geltenden Fas­sung (KStG) zu qualifizieren wäre, wenn er im Inland ansässig wäre. Er bezog in den Streitjahren Ausschüttungen inländischer Kapitalgesellschaften, auf die zunächst Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag (zusammen: 26,375 %) einbehalten wurde. Der auf Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 25b Abs. 4 des Abkom­mens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21.07.1959 (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343) i.d.F. des Zusatzabkommens vom 20.12.2001 (BGBl II 2002, 2372, BStBl I 2002, 892) gestützte Ermäßigungs­anspruch wurde von der Depotbank des Klägers, der …, nach Maßgabe des § 50d Abs. 1 Satz 6 und 7 des Einkommensteuergesetzes in der jeweils für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) gegenüber dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Bundeszentralamt für Steuern ‑‑BZSt‑‑) geltend ge­macht (Erstattung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von zusammen 11,375 %).

Mit Schreiben vom 11.12.2014 beantragte der Kläger, ihm die verbliebene 15%ige Kapitalertragsteuer für die Streitjahre zuzüglich Zinsen zu erstatten. Zur Begründung stützte er sich im Wesentlichen darauf, dass er mit einer nach § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 von der Körperschaftsteuer befreiten inländi­schen Investmentaktiengesellschaft typengleich und damit nach Maßgabe der Kapitalverkehrsfreiheit gleich zu behandeln sei, die deutsche Kapitalertrag­steuerbelastung aber wegen fehlender Besteuerung des Klägers in Frankreich nicht durch eine abkommensbasierte Anrechnungsanordnung neutralisiert wer­de und es für die Nichterstattung der Kapitalertragsteuer auch keine unions­rechtlich anerkannte Rechtfertigung gebe.

Der Antrag wurde wegen der Unsicherheiten bei der Beurteilung der Verwal­tungszuständigkeiten sowohl jeweils bei den Finanzämtern der ausschüttenden Körperschaften, die die Kapitalertragsteuer vereinnahmt hatten, in Höhe der jeweils vereinnahmten Kapitalertragsteuer, als auch beim BZSt im Hinblick auf den Gesamtbetrag (... €) angebracht. Außerdem wurden bei dem Finanzamt A als dem für den Zentralverwahrer zuständigen Finanz­amt sowie den (Vermögensschwerpunkt‑)Finanzämtern, in deren Bezirk sich im jeweiligen Jahr die wertvollsten Beteiligungen des Klägers befanden, für die Streitjahre Anträge auf Erstattung von Dividenden-Kapitalertragsteuer auf Ba­sis der Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Euro­päischen Gemeinschaft ‑‑AEUV‑‑ (Amtsblatt der Europäischen Union 2008, Nr. C 115, 47) gestellt. Mit den betroffenen Finanzämtern schloss das Finanz­amt F (FA F) Zuständigkeitsvereinbarungen ab, denen der Kläger gegenüber der Oberfinanzdirektion … mit E‑Mail vom 18.07.2016 zustimmte.

Das FA F lehnte die Anträge des Klägers mit Bescheid vom 14.12.2016 ab, weil eine etwaige unionsrechtliche Diskriminierung jedenfalls durch den Recht­fertigungsgrund der Kohärenz gerechtfertigt sei. Gegen die Ablehnung erhob der Kläger Einspruch, der mit Entscheidung vom 19.04.2017 vom FA F als un­begründet zurückgewiesen wurde.

Der Klage blieb der Erfolg versagt (Hessisches Finanzgericht ‑‑FG‑‑, Urteil vom 21.08.2019 ‑ 4 K 999/17, Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2020, 462).

Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das FG habe die Unionsrechtslage verkannt.

Er beantragt, das Urteil der Vorinstanz und den Bescheid über die Ablehnung der Erstattung einbehaltener Kapitalertragsteuer für die Jahre 2008 bis 2013 vom 14.12.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.04.2017 auf­zuheben und das BZSt zu verpflichten, ihm unter Erteilung eines Freistellungs­bescheids einbehaltene Kapitalertragsteuer in Höhe von … € zu erstatten und den Erstattungsbetrag mit 0,5 % pro Monat taggenau von der Entrichtung der Kapitalertragsteuer bis zu deren Erstattung zu verzinsen.

Das BZSt beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das dem Revisionsverfahren gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichts­ordnung (FGO) beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat kei­nen Antrag gestellt.

II. Das BZSt ist infolge eines gesetzlichen Organisationsakts im Wege eines ge­setzlichen Beteiligtenwechsels zum Beteiligten des Revisionsverfahrens gewor­den.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kommt es zu ei­nem gesetzlichen Beteiligtenwechsel, wenn der Wechsel der Zuständigkeit ei­ner Finanzbehörde auf einem Organisationsakt der Verwaltung beruht; in die­sem Fall tritt eine neu zuständig gewordene Finanzbehörde in die Beteiligten­stellung der bislang zuständigen Behörde im anhängigen Rechtsstreit ein (§ 155 Satz 1 FGO i.V.m. §§ 239 ff. der Zivilprozessordnung). Organisations­akte in diesem Sinne sind gesetzliche oder durch die Verwaltung getroffene Maßnahmen, durch die der bisherige Zuständigkeitsbereich der ursprünglich beklagten Behörde geändert wird (z.B. Senatsurteile vom 16.10.2002 ‑ I R 17/01, BFHE 200, 521, BStBl II 2003, 631; vom 20.08.2014 ‑ I R 43/12, BFH/NV 2015, 306; vom 27.11.2019 ‑ I R 40/19 (I R 14/16), BFHE 268, 1); soweit der Senat im Urteil vom 13.09.1972 ‑ I R 130/70 (BFHE 107, 158, BStBl II 1973, 57) zur Aufgabenübertragung gemäß § 5 des Finanzverwal­tungsgesetzes (FVG) die Auffassung vertreten hatte, dass es ungeachtet einer Aufgabenübertragung an eine Bundesfinanzbehörde jedenfalls im Revisions­verfahren nicht zu einem Beteiligtenwechsel komme, beruhte dies auf einer Auslegung des § 122 Abs. 1 FGO, die der BFH später aufgegeben hat (BFH-Urteil vom 01.08.1979 ‑ VII R 115/76, BFHE 128, 251, BStBl II 1979, 714).

Die sachliche Zuständigkeit für die Erstattung von Kapitalertragsteuer und von im Wege des Steuerabzugs nach § 50a EStG erhobener Steuer an beschränkt Steuerpflichtige, soweit die Einkommensteuer oder die Körperschaftsteuer mit dem Steuerabzug abgegolten ist und die beschränkte Steuerpflicht nicht auf § 2 Nr. 2 KStG beruht, ist kraft Gesetzes auf das BZSt übergegangen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FVG i.d.F. des Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsge­setzes vom 02.06.2021, BGBl I 2021, 1259, BStBl I 2021, 787). Diese Zu­ständigkeit umfasst auch einen unionsrechtlich begründeten Antrag eines be­schränkt Steuerpflichtigen auf Erstattung von Kapitalertragsteuer (vgl. BRDrucks 50/21, S. 98). Bei dem beschränkt steuerpflichtigen Kläger (s. nach­folgend unter III.1.) war die Körperschaftsteuer gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG durch den Kapitalertragsteuerabzug sei­tens der ausschüttenden inländischen Kapitalgesellschaften abgegolten.

III.Die Revision ist hinsichtlich der Streitgegenstände "Freistellung und Erstattung von Kapitalertragsteuer sowie Verzinsung der Erstattungsbeträge für die in den Streitjahren 2008 und 2009 zugeflossenen Kapitalerträge" unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Im Übrigen ist die Revision be­gründet, das Urteil der Vorinstanz in diesem Umfang aufzuheben und die Sa­che mangels Spruchreife an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Ent­scheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

Dem Kläger steht aus unionsrechtlichen Gründen eine Befreiung von der Kör­perschaftsteuer zu (nachfolgend unter 1.). Der damit verbundene Anspruch auf Erlass eines Freistellungsbescheids aus unionsrechtlichen Gründen ist ver­fahrensrechtlich durch eine analoge Anwendung des § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG umzusetzen (nachfolgend unter 2.). Dem begehrten Erlass von Freistellungs­bescheiden für die in den Streitjahren 2008 und 2009 bezogenen Dividenden steht die Festsetzungsverjährung entgegen (nachfolgend unter 3.). Dem Klä­ger steht dem Grunde nach auch ein Anspruch auf Verzinsung des Anspruchs auf Erstattung der unionsrechtswidrig erhobenen Kapitalertragsteuer zu (nach­folgend unter 4.). Der Zinslauf beginnt allerdings nicht generell bereits mit dem Einbehalt der Kapitalertragsteuer (nachfolgend unter 5.). Die Sache ist nicht spruchreif (nachfolgend unter 6.).

1. Dem Kläger steht aus unionsrechtlichen Gründen eine Befreiung von der Körperschaftsteuer zu.

a) Nach den Maßstäben des innerstaatlichen Rechts ist der Kläger als Zweck­vermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG Subjekt der Körperschaftsteuer. Die von der Vorinstanz hierzu gemachten Ausführungen rechtlicher und tat­sächlicher Art werden von den Beteiligten nicht angezweifelt, weshalb der Se­nat von weiteren Darlegungen absieht. Auf dieser Grundlage unterlag der Klä­ger mit seinen inländischen Kapitaleinkünften in den Streitjahren gemäß § 2 Nr. 1 KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG der beschränkten Körper­schaftsteuerpflicht.

§ 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 InvStG 2004 enthält eine persönliche Steuerbefrei­ung (Senatsurteil vom 11.10.2023 ‑ I R 23/23 (I R 33/17), BFHE 282, 355, m.w.N.). Diese ist aber nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift inländischen Fonds beziehungsweise inländischen Investmentaktiengesellschaften vorbe­halten und somit auf den Kläger als ausländisches Investmentvermögen nicht anzuwenden. Ebenfalls nur zugunsten inländischer Fonds anwendbar ist damit § 11 Abs. 2 InvStG 2004, der die Entlastung von der Kapitalertragsteuer des­halb anordnet, weil die in Absatz 1 der Regelung enthaltene Steuerbefreiung nicht direkt auf den Steuerabzug durchschlägt (vgl. Englisch in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, § 11 InvStG Rz 33; Brandis/Heuermann/Mann, § 11 InvStG 2004 Rz 11).

b) Allerdings steht dem Kläger aus unionsrechtlichen Gründen die Steuerbe­freiung des § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 unter geltungserhaltender Reduk­tion der Regelung (soweit es um die Begrenzung des subjektiven Anwendungsbereichs auf "inländische Fonds" geht) zu. Dies folgt für den Senat zweifelsfrei (s. Senatsurteil vom 11.10.2023 ‑ I R 23/23 (I R 33/17), BFHE 282, 355) aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) L Fund vom 27.04.2023 ‑ C‑537/20, EU:C:2023:339 (Internationales Steuerrecht ‑‑IStR‑‑ 2023, 355).

aa) Das EuGH-Urteil C‑537/20 betrifft einen beschränkt körperschaftsteuer­pflichtigen Spezialimmobilienfonds luxemburgischen Rechts, der zwei auslän­dische Anleger hatte und im Wesentlichen inländische Vermietungseinkünfte erzielte. Der EuGH hat Art. 63 AEUV dahin ausgelegt, dass er den Rechtsvor­schriften eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach denen gebietsfremde Spezi­alimmobilienfonds für Immobilieneinkünfte, die sie auf dem Staatsgebiet die­ses Mitgliedstaats beziehen, teilweise körperschaftsteuerpflichtig sind, gebiets­ansässige Spezialimmobilienfonds hingegen von dieser Steuer befreit sind.

bb) Der Senat hatte in seinem dem EuGH-Urteil C‑537/20 zugrunde liegenden Vorlagebeschluss (Senatsbeschluss vom 18.12.2019 ‑ I R 33/17, BFHE 269, 225) im Wesentlichen aufgrund rechtlicher und tatsächlicher Besonderheiten des Streitfalls (Spezialimmobilienfonds, ausländische Anleger, Geltung des § 15 Abs. 2 Satz 2 InvStG 2004 als sogenannte Volltransparenzregelung) zwar Zweifel an der Unionsrechtskonformität des § 11 Abs. 1 InvStG 2004 geäu­ßert; er hatte es gerade wegen dieser Besonderheiten ‑‑ungeachtet der bereits vorhandenen "Fonds-Rechtsprechung" des EuGH (Nachweise im Senatsbe­schluss vom 18.12.2019 ‑ I R 33/17, BFHE 269, 225)‑‑ aber auch für möglich gehalten, dass die deutsche Regelung unionsrechtlichen Anforderungen noch genügen könnte. Da der EuGH in seinem Urteil C‑537/20 die geschilderten Be­sonderheiten für eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung nicht hat ausrei­chen lassen, bleibt nur die Folgerung, dass in der im Streitfall gegebenen Kon­stellation eines Publikumsfonds mit inländischen Kapitaleinkünften ‑‑in der vergleichbare Besonderheiten nicht zum Tragen kommen‑‑ die Versagung der Steuerbefreiung gegenüber dem Kläger erst recht gegen die Kapitalverkehrs­freiheit verstößt.

aaa) Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 2 Satz 1 InvStG 2004 sind nur gebietsansässige Publikumsfonds von der Körperschaftsteuer befreit und von inländischer Kapitalertragsteuer entlastet, nicht aber ausländische Publikums­fonds. Diese steuerliche Ungleichbehandlung ist sowohl dazu geeignet, ge­bietsfremde Publikumsfonds von Investitionen in deutsche Kapitalgesellschaf­ten abzuhalten, als auch in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Anleger davon abzuhalten, für solche Investitionen gebietsfremde Publikumsfonds in Anspruch zu nehmen.

Der EuGH hat in seinem Urteil C‑537/20 (Rz 50) ausgeführt, dass sich an die­ser Schlussfolgerung auch nichts durch die Besteuerung der Ausschüttungen auf der Ebene der Anleger ändert. Denn die deutschen Rechtsvorschriften machten die Befreiung der inländischen Fonds nicht von der Voraussetzung abhängig, dass sämtliche Einkünfte auf der Ebene ihrer Anleger besteuert werden.

Diese Aussage des EuGH trifft auch den vorliegenden Fall. Der Hinweis des BMF, dass die vom EuGH unter Rz 52 seines Urteils C‑537/20 beschriebene Doppelbesteuerung durch die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 7 InvStG 2004 ausnahmslos vermieden werde, ändert daran nichts. Der EuGH hat darüber hinaus ausgeführt, dass gebietsansässige Anleger von gebietsfremden Fonds im Vergleich zu gebietsansässigen Anlegern der gebietsansässigen Fonds je nach ihrer steuerlichen Situation benachteiligt werden könnten. Diese Aussage ist zutreffend, was auch von Seiten des BMF nicht bestritten wird. Denn in nicht wenigen Fällen (z.B. Fondsanleger mit Verlustvorträgen, Fondsanleger mit Nichtveranlagungs-Bescheinigungen oder mit Kapitaleinkünften unterhalb des Sparer-Pauschbetrages, gemäß § 5 KStG steuerbefreite institutionelle Fondsanleger ‑ s.a. Patzner/Nagler, IStR 2023, 360, 361) haben die inländi­schen Anleger eines gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 steuerbefreiten Inlandsfonds keine Steuer zu tragen (fehlende Steuerbelastung sowohl auf Fonds- als auch auf Anlegerebene; Keinmal-Belastung), während bei einer An­lage in einen ausländischen Fonds bei wortlautbezogener Unanwendbarkeit der steuerentlastenden Regelungen des § 11 Abs. 1 und 2 InvStG 2004 stets eine Steuerbelastung auf Fondsebene eintritt (Einmal-Belastung). Damit ist nach Auffassung des EuGH eine Benachteiligung verbunden und es liegt eine grund­sätzlich verbotene Beschränkung des freien Kapitalverkehrs vor.

bbb) Auch im Streitfall ist der gegenständliche grenzüberschreitende Sachver­halt mit einem innerstaatlichen Sachverhalt vergleichbar.

Der EuGH hat in seinem Urteil C‑537/20 die Vergleichbarkeit der dortigen Fall­konstellation bejaht. Dabei hat er darauf abgestellt, dass § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 als einziges Unterscheidungskriterium auf den Ort des Sitzes der Fonds abstelle. Der EuGH führt sodann aus, dass erstens ein gebietsfremder Spezialimmobilienfonds auch inländische Anleger haben könne und er sich deswegen in einer Situation befinde, die mit der eines gebietsansässigen Spe­zialimmobilienfonds objektiv vergleichbar sei (Rz 58). Zweitens befänden sich gebietsansässige und gebietsfremde Fonds im Hinblick auf das vom sogenann­ten eingeschränkten Transparenzprinzip verfolgte Ziel, eine Gleichbehandlung zwischen Direktinvestition und einer über einen Fonds getätigten Investition sicherzustellen, in einer vergleichbaren Situation (Rz 59). Drittens könne das Ziel, die Besteuerung vom Fonds auf den Anleger zu verlagern, auch bei ge­bietsfremden Fonds erreicht werden, in dem die in § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 vorgesehene Befreiung von der Besteuerung der Anleger dieser Fonds abhängig gemacht werde (Rz 60).

Diese Ausführungen sind sämtlich auf einen gebietsfremden Publikumsfonds wie den Kläger übertragbar. Der Senat hatte in seinem Vorlagebeschluss vom 18.12.2019 ‑ I R 33/17 (BFHE 269, 225) Zweifel an der Vergleichbarkeit nur im Hinblick auf das von § 15 Abs. 2 Satz 2 InvStG 2004 verwirklichte soge­nannte Prinzip der Volltransparenz geäußert. Da dieses Prinzip bei einem aus­ländischen Publikumsfonds nicht zum Tragen kommt, spricht nichts gegen die Vergleichbarkeit im Streitfall.

ccc) Die Notwendigkeit, die Kohärenz des Steuersystems zu gewährleisten, ist auch bei einem ausländischen Publikumsfonds nicht als Rechtfertigungsgrund anzuerkennen.

Der Senat hat für den Sachverhalt seines Vorlagebeschlusses eine Rechtferti­gung durch den Gesichtspunkt der Kohärenz im Wesentlichen wiederum nur aufgrund der für den Streitfall nicht geltenden Volltransparenzregelung des § 15 Abs. 2 Satz 2 InvStG 2004 als möglich angesehen (Senatsbeschluss vom 18.12.2019 ‑ I R 33/17, BFHE 269, 225).

Der EuGH hat im Urteil C‑537/20 dem Senat für den dortigen Fall die Prüfung aufgegeben, ob die direkte Zurechnung der Immobilieneinkünfte an die ge­bietsfremden Anleger und die Besteuerung der gebietsansässigen Anleger der gebietsansässigen Fonds die diesen Fonds gewährte Befreiung ausgleiche. Je­doch hat die dem Senat obliegende Kohärenzprüfung nicht zur Folge, dass die vom EuGH festgestellte Ungleichbehandlung zwischen gebietsansässigen und nicht gebietsansässigen Fonds ohne Weiteres gerechtfertigt wäre. Denn der EuGH hat zugleich klargestellt, dass selbst bei Feststellung eines direkten Zu­sammenhangs zwischen Steuerbefreiung auf Fondsebene und Besteuerung auf Anlegerebene noch zu prüfen wäre, ob die Tatsache, dass die Möglichkeit einer Befreiung der Immobilieneinkünfte von der Körperschaftsteuer ausschließlich gebietsansässigen Spezialimmobilienfonds vorbehalten sei, nicht über das hin­ausgehe, was erforderlich ist, um die Kohärenz dieses Steuersystems zu ge­währleisten. Diese Verhältnismäßigkeitsprüfung hat der EuGH indes selbst vor­genommen und mit dem Ergebnis abgeschlossen, dass "die Beschränkung des freien Kapitalverkehrs, die durch die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden deutschen Rechtsvorschriften hervorgerufen wird, … mithin nicht durch die Notwendigkeit, die Kohärenz des nationalen Steuersystems zu wahren, ge­rechtfertigt werden" kann (EuGH-Urteil C‑537/20, Rz 75).

Im Falle des Klägers kann im Ergebnis nichts anderes gelten. Eine Volltranspa­renzregelung wie § 15 Abs. 2 Satz 2 InvStG 2004 existiert für Publikumsfonds nicht. Eine systematische Besteuerung der inländischen Anleger des Inlands­fonds ohne Befreiungsmöglichkeit ‑‑wie sie der EuGH als Grundlage für eine Rechtfertigung durch Kohärenz fordert‑‑, war in den Streitjahren nicht gege­ben. Denn es kam, wie oben bereits ausgeführt, in nicht wenigen Fallkonstella­tionen zur Nichtbesteuerung auf Anlegerebene. Schließlich führt die nach den Maßgaben des EuGH durchgeführte Verhältnismäßigkeitsprüfung zum gleichen Ergebnis. Denn auch bei Publikumsfonds könnte die interne Kohärenz des deutschen Fondsbesteuerungssystems aufrechterhalten werden, wenn die ge­bietsfremden Publikumsfonds von der Körperschaftsteuer befreit werden könn­ten, sofern sich die deutschen Steuerbehörden unter voller Zusammenarbeit dieser Fonds vergewissern, dass die Anleger dieser Fonds eine Steuer entrich­ten, die derjenigen entspricht, der die Anleger eines gebietsansässigen Publi­kumsfonds unterliegen. Solchen gebietsfremden Publikumsfonds zu erlauben, diese Befreiung unter diesen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, wäre eine weniger einschränkende Maßnahme.

ddd) Wie der EuGH im Urteil C‑537/20 ausgeführt hat, kann sich ein Mitglied­staat, wenn er sich dafür entscheidet, die inländischen Einkünfte gebietsansäs­siger Fonds nicht zu besteuern (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004), nicht auf die Notwendigkeit einer ausgewogenen Aufteilung der Steuerhoheit zwi­schen den Mitgliedstaaten berufen, um die Besteuerung gebietsfremder Fonds, die inländische Einkünfte haben, zu rechtfertigen (Rz 77). Dies ist einschrän­kungslos auf den Streitfall zu übertragen.

cc) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist der Anwendungsvorrang des Primärrechts der Union im Wege einer sogenannten geltungserhaltenden Reduktion zugunsten des unionsrechtswidrig Belasteten sicherzustellen.

aaa) Um den Anwendungsvorrang des Primärrechts der Union sicherzustellen, muss das Tatbestandsmerkmal "inländisch" in § 11 Abs. 1 Satz 1 InvStG 2004, auf das Satz 2 der Regelung unmittelbar Bezug nimmt, zugunsten des Klägers unbeachtet bleiben, während die Norm im Übrigen uneingeschränkt zur Anwendung zu bringen ist (vgl. zu dieser Form der Rechtsfortbildung die ständige BFH-Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 21.10.2009 ‑ I R 114/08, BFHE 227, 64, BStBl II 2010, 774; vom 03.02.2010 ‑ I R 21/06, BFHE 228, 259, BStBl II 2010, 692; vom 15.01.2015 ‑ I R 69/12, BFHE 249, 99, m.w.N.; vom 11.10.2023 ‑ I R 23/23 (I R 33/17), BFHE 282, 355).

bbb) Entgegen der schriftlich niedergelegten und in der mündlichen Verhand­lung vertieft dargestellten Auffassung des BMF kommt es dabei nicht in Be­tracht, dem Kläger die Steuerbefreiung unter unionsrechtskonformer Ausle­gung des § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 nur unter der Voraussetzung einer (bestimmten) Besteuerung seiner Anleger zu gewähren.

(1) Das BMF ist der Auffassung, die Vorschriften des Investmentsteuergeset­zes 2004 zur Besteuerung gebietsfremder Fonds seien zur Gänze einer gel­tungserhaltenden Reduktion zugänglich und geltungserhaltend anzuwenden; dies führe zu einer entsprechenden Anwendung der für die gebietsansässigen Fonds geltenden Vorschriften, namentlich § 7 Abs. 1 InvStG 2004 über die Quellensteuerabzugspflicht auf der Fondsausgangsseite sowie zu einer erwei­terten Anwendung der Anrechnungsmodalitäten des § 4 Abs. 2 Satz 7 InvStG 2004. Der Kläger habe folglich den Nachweis einer Besteuerung auf Anleger­ebene zu erbringen oder er müsse die an seine Anleger ausgeschütteten Er­träge der deutschen Quellenbesteuerung unterwerfen.

(2) Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Auch nach erneuter Über­prüfung hält der Senat insoweit an seiner bereits im Senatsurteil vom 11.10.2023 ‑ I R 23/23 (I R 33/17) (BFHE 282, 355) vertretenen Auffassung fest.

Die Meinung des BMF läuft darauf hinaus, dass die unionsrechtlich grundsätz­lich gebotene Steuerbefreiung eines selbständigen Steuerrechtssubjekts ‑‑des Fonds‑‑ davon abhängig gemacht wird, dass ein anderes Steuersubjekt ‑‑der Anleger‑‑ einer steuerlichen Belastung unterworfen wird, für die es im nationa­len Steuerrecht keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gibt. Mit der von § 7 Abs. 1 InvStG 2004 angeordneten Quellensteuerabzugspflicht des Fonds wird die Besteuerung des Anlegers ‑‑und nicht die des (steuerbefreiten) Steu­ersubjekts‑‑ sichergestellt (vgl. Senatsbeschluss vom 18.12.2019 ‑ I R 33/17, BFHE 269, 225; Englisch in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, § 11 InvStG Rz 33). Diese belastende Regelung kann nicht auf den Anleger eines nicht gebietsansässigen Publikumsfonds übertragen werden. Der Anwen­dungsvorrang des Unionsrechts, der zur geltungserhaltenden Reduktion einer nationalen Steuernorm führt, rechtfertigt nicht eine (eingriffsverschärfende) Extension einer an diese Norm anknüpfenden anderen Vorschrift, die ihrerseits unionsrechtlich unbedenklich ist (Senatsurteil vom 05.05.2010 ‑ I R 104/08, BFH/NV 2010, 1814).

Die unionsrechtsveranlasste Steuerbefreiung kann entgegen der Auffassung des BMF auch nicht von der Bedingung abhängig gemacht werden, dass auf freiwilliger Basis ein Kapitalertragsteuereinbehalt auf der Ebene des (ausländi­schen) Fonds durchgeführt wird. Denn für eine solche mittelbare Zwangsbelas­tung des Fondsanlegers gibt es keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage.

Es kann entgegen der Ansicht des BMF auch nicht die Aufgabe der Rechtspre­chung sein, eine fehlende Kohärenz der gesetzlichen Regelungen des Invest­mentsteuergesetzes 2004 im Rahmen der streitfallbezogenen Rechtsfortbil­dung herzustellen. Der Rechtsprechung stehen schon unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung keine Rechtsetzungsbefugnisse zu. Im Rahmen ihrer Ver­pflichtung, die unionsrechtlich verbürgten Grundfreiheiten der Steuerpflichti­gen mit dem durch die Rechtsprechung des EuGH konkretisierten Inhalt unter größtmöglicher Wahrung des national-rechtlichen Gesetzesbefehls zu gewähr­leisten (vgl. Senatsurteil vom 06.09.2023 ‑ I R 35/20, BFHE 282, 252), muss sie hingegen berücksichtigen, dass der nationalrechtliche Gesetzesbefehl bei einem ausländischen Fonds keine Quellensteuerabzugsverpflichtung zu Lasten des Fonds als Steuerentrichtungspflichtigem oder zu Lasten der Fondsanleger als materiellen Steuerschuldnern vorsieht. Sie ist ‑‑auch im Rahmen der soge­nannten geltungserhaltenden Reduktion‑‑ nicht befugt, in abstrakt-genereller Weise ein Investmentsteuerrecht zu konzipieren, das unionsrechtlichen An­sprüchen genügt und zugleich legitimen fiskalischen Interessen, die von den zur Gesetzgebung berufenen Gewalten zu definieren sind, Rechnung trägt. Der Gesetzgeber ist unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Vorgaben dieser ihm obliegenden Aufgabe (erst) mit dem Investmentsteuerreformgesetz vom 19.07.2016 (BGBl I 2016, 1730, BStBl I 2016, 731) nachgekommen, das das Investmentsteuerrecht mit Wirkung ab 2018 grundlegend neu geordnet hat.

Im Übrigen rechtfertigt auch der in der mündlichen Verhandlung erteilte Hinweis des BMF auf ein Urteil des dänischen obersten Gerichtshofs vom 24.06.2021 (Sag 59/2019) zur dänischen Steuerrechtslage, mit dem ein Er­stattungsanspruch eines nicht gebietsansässigen Fonds als unbegründet ab­gewiesen wurde, keine abweichende rechtliche Beurteilung. Nach Auffassung des Senats bestehen auf der Grundlage des die deutsche Rechtslage betref­fenden EuGH-Urteils C‑537/20 keine Zweifel an der Unionsrechtswidrigkeit der in den Streitjahren vom deutschen Investmentsteuerrecht vorgegebenen Steuerbelastung des Klägers auf der Fondseingangsseite und an dem hieraus resultierenden Anspruch des Klägers auf Erstattung der unionsrechtswidrig erhobenen Steuer.

c) Was für die Anwendung der persönlichen Steuerbefreiung aus § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 gilt, muss der Sache nach auch für die Steuerentlastung des Klägers von inländischer Kapitalertragsteuer gelten. Eine persönliche Kör­perschaftsteuerbefreiung schlägt nicht unmittelbar auf den Steuerabzug durch (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG). Inländischen steuerbefreiten Fonds steht deshalb ge­mäß § 11 Abs. 2 InvStG 2004 ein Anspruch auf vollständige Entlastung von der Kapitalertragsteuer zu. Damit bleibt die Fondseingangsseite beim inländi­schen Fonds steuerlich unbelastet. Zur Vermeidung einer Verletzung der Kapi­talverkehrsfreiheit ist dem Kläger ebenfalls eine Entlastung von der einbehal­tenen und abgeführten Kapitalertragsteuer zu gewähren.

2. Die unter Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit erhobene Kapitalertrag­steuer ist dem Kläger unter Erteilung eines Freistellungsbescheids auf der Grundlage einer analogen Anwendung des § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG zu erstat­ten.

a) Bereits nach gefestigter Rechtsprechung des Senats besteht ein Anspruch auf nachträgliche Erstattung einbehaltener und abgeführter Kapitalertragsteu­er, wenn die Einbehaltung und Abführung gegen unionsrechtliche Grundfrei­heiten verstößt (Senatsurteile vom 11.01.2012 ‑ I R 25/10, BFHE 236, 318; vom 13.04.2021 ‑ I R 31/18, BFH/NV 2021, 1349). Verfahrensrechtlich ist dies in der Weise umzusetzen, dass auf der Grundlage einer analogen Anwendung des § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG ein Freistellungsbescheid erlassen wird (Senats­urteil vom 22.04.2009 ‑ I R 53/07, BFHE 224, 556).

b) Dem Kläger steht ein unionsrechtlich begründeter Erstattungsanspruch zu.

aa) Der Anspruch des Klägers gründet sich auf den in ständiger Rechtspre­chung des EuGH judizierten Grundsatz, wonach unionsrechtswidrig erhobene Steuern zu erstatten sind (z.B. EuGH-Urteile Accor vom 15.09.2011 ‑ C‑310/09, EU:C:2011:581, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ‑‑HFR‑‑ 2011, 1257, Rz 71 ff.; Gräfendorfer Geflügel und Tiefkühlfeinkost vom 28.04.2022 ‑ C‑415/20, C‑419/20 und C‑427/20, EU:C:2022:306, BFH/NV 2022, 796, Rz 51 ff.).

bb) Der EuGH hat eine Ausnahme von der Erstattung dann anerkannt, wenn der betroffene Steuerpflichtige die Steuer auf einen Dritten abgewälzt hat. In diesem Fall würde die Erstattung zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Steuerpflichtigen führen.

Das BMF meint, diese Einschränkung gelte auch im Streitfall, da ein (steuerbe­freiter) inländischer Fonds auf der Fondsausgangsseite hätte Quellensteuer gemäß § 7 InvStG 2004 einbehalten und abführen müssen. Darin ist indes keine Steuerabwälzung auf einen Dritten im Sinne der EuGH-Rechtsprechung zu erblicken. Zudem betrifft die Quellenbesteuerung gemäß § 7 InvStG 2004 die Besteuerung des Anlegers und nicht die des Fonds. Der Auslandsfonds ist nicht ungerechtfertigt bereichert, wenn ihm auf der Fondseingangsseite die von den inländischen Kapitalgesellschaften einbehaltene Kapitalertragsteuer erstattet wird. Hiermit wird er lediglich einem inländischen Fonds gleichge­stellt.

cc) Der Gesetzgeber hat in den Streitjahren für die Umsetzung des unions­rechtlichen Erstattungsanspruchs keine Regelungen formuliert. Deshalb kom­men neben § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG ‑‑in analoger Anwendung‑‑ auch andere Vorschriften des nationalen Rechts ‑‑jeweils mit unionsrechtlich gebotenen Modifikationen‑‑ als "Umsetzungsgrundlage" in Betracht (vgl. z.B. § 11 Abs. 2 InvStG 2004, § 32 Abs. 5 KStG).

Dass § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG analog anzuwenden ist, beruht auf Senats­rechtsprechung (Urteile vom 11.01.2012 ‑ I R 25/10, BFHE 236, 318; vom 13.04.2021 ‑ I R 31/18, BFH/NV 2021, 1349), der weiterhin zu folgen ist. Zu­grunde liegt die Überzeugung, dass § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG eine rechtsähnli­che Konstellation regelt, wonach der Steuerabzug vom Kapitalertrag im Grundsatz unabhängig davon durchzuführen ist, ob sich aus Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteue­rung ein niedrigerer Steuersatz oder gar eine Steuerfreistellung ergibt (vgl. z.B. Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 50c Rz 6). Damit ist die Situation vergleichbar, in der ein Träger unionsrechtlicher Grundfreiheiten (erfolgreich) geltend macht, dass das Unionsrecht die völlige Entlastung von einbehaltener und abgeführter Kapitalertragsteuer gebietet.

Es kommt auch ‑‑entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Schnitger, Der Betrieb ‑‑DB‑‑ 2012, 305)‑‑ nicht in Betracht, § 11 Abs. 2 InvStG 2004 rechtsanalog anzuwenden. Der Gesetzgeber des Investmentsteu­ergesetzes 2004 hat die Besteuerung des ausländischen Fonds ‑‑im Unter­schied zur Besteuerung des Anlegers eines ausländischen Fonds‑‑ nicht spezi­algesetzlich im Investmentsteuergesetz 2004 geregelt, sondern den allgemei­nen ertragsteuerrechtlichen Vorschriften unterworfen (Fock, Finanz-Rundschau 2006, 369; Lübbehüsen/Schmitt, DB 2004, 268; Lübbehüsen in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, Vor §§ 1 ff. InvStG Rz 14). Dieser Grundentscheidung des Gesetzgebers ist zu folgen. Hingegen ist § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG Teil des allgemeinen Ertragsteuerrechts und damit auf beschränkt steuerpflichtige Körperschaftsteuersubjekte ohne Weiteres anwendbar.

3. Dem Erlass eines Freistellungsbescheids für die in den Jahren 2008 und 2009 zugeflossenen Kapitalerträge steht die Festsetzungsverjährung entge­gen.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats gelten für den auf der Grundlage ei­ner analogen Anwendung des § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG zu erwirkenden Frei­stellungsbescheid die Vorschriften der Abgabenordnung (AO) über die Festset­zungsverjährung. Damit muss der Antrag auf Erlass eines Freistellungsbe­scheids vor Ablauf der vierjährigen Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO gestellt werden (Senatsurteil vom 13.04.2021 ‑ I R 31/18, BFH/NV 2021, 1349; vgl. auch Senatsurteil vom 29.01.2003 ‑ I R 10/02, BFHE 202, 1, BStBl II 2003, 687 zu Einzelheiten der Fristberechnung). Diese Frist beginnt regelmäßig mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist (§ 170 Abs. 1 AO). Da die Kapitalertragsteuer mit dem Zufluss des Kapitalertrags entsteht (§ 44 Abs. 1 Satz 2 EStG), beginnt die Frist für die im Jahr 2008 zugeflossenen Er­träge mit Ablauf dieses Jahres und endet mit Ablauf des Jahres 2012 (Senats­urteile vom 29.01.2003 ‑ I R 10/02, BFHE 202, 1, BStBl II 2003, 687; vom 13.04.2021 ‑ I R 31/18, BFH/NV 2021, 1349). Das Fristende für die im Jahr 2009 bezogenen Dividenden ist mit Ablauf des Jahres 2013 erreicht.

Im Streitfall wurde der Erstattungsantrag für die in den Jahren 2008 und 2009 zugeflossenen Gewinnausschüttungen erst mit Schreiben vom 11.12.2014 und damit nach Ablauf der vierjährigen Frist gestellt; eine Ablaufhemmung (§ 171 Abs. 3 AO) ist durch diesen (verspäteten) Antrag nicht eingetreten.

b) Bei der Fristberechnung war keine Anlaufhemmung (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) zu berücksichtigen.

aa) Nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist abwei­chend von Absatz 1, wenn eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist. Diese Voraussetzung ist beim Kläger als beschränkt steuerpflichtigem Körperschaftsteuersubjekt nicht er­füllt, da die Besteuerung in seinem Fall durch den Steuerabzug gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG abgegolten ist.

bb) Unionsrechtliche Gründe gebieten keine davon abweichende Würdigung.

Allerdings wird in der Literatur erwogen, für einen auf § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG analog gestützten Antrag eines beschränkt Steuerpflichtigen zur Vermei­dung einer unionsrechtlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung gegen­über einem Steuerinländer, der Erklärungspflichten unterliegt und dem des­halb die Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO zugutekommt, die dreijährige Anlaufhemmung aus unionsrechtlichen Gründen anzuwenden (Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 50c Rz 28; Schnitger, DB 2012, 305; wohl auch Geurts/Faller, Deutsches Steuerrecht 2012, 2357).

Der Senat hat die Streitfrage in seinem Urteil vom 13.04.2021 ‑ I R 31/18 (BFH/NV 2021, 1349) wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit offen ge­lassen. Er muss die Frage auch im vorliegenden Fall nicht beantworten.

Aufgrund der unionsrechtlich zu gewährenden Steuerbefreiung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 ist der Kläger als ausländisches steuerbefreites Körperschaftsteuersubjekt zu behandeln. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist er deshalb für die grundfreiheitsrechtliche Beurteilung mit einem inländischen steuerbefreiten Körperschaftsteuersubjekt zu vergleichen. Dieser Sichtweise entspricht die vom Kläger durchgehend geltend gemachte Diskriminierung ge­genüber einem inländischen Fonds, dem die Steuerbefreiung aus § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 zustand.

Eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Geltung der Anlaufhemmung ge­mäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ist dabei nicht ersichtlich. Denn auch bei einem inländischen steuerbefreiten Körperschaftsteuersubjekt kommt die An­laufhemmung nicht zum Tragen. Diese Steuerrechtssubjekte sind gesetzlich nicht zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet (vgl. § 31 Abs. 1 KStG i.V.m. § 25 Abs. 3 EStG ["Die steuerpflichtige Person …"]); sie müssen allen­falls nach entsprechender Aufforderung der Finanzbehörden (§ 149 Abs. 1 Satz 2 AO) eine Steuererklärung abgeben (Brandis/Heuermann/Oellerich, § 31 KStG Rz 9; Lebelt in Herrmann/Heuer/Raupach, § 31 KStG Rz 8; vgl. auch Drüen in Tipke/Kruse, § 170 AO Rz 10, zum Eingreifen der Anlaufhemmung nach tatsächlich erfolgter finanzbehördlicher Aufforderung), wobei diese Auf­forderung nicht ergehen darf, wenn klar und einwandfrei feststeht, dass eine Steuerpflicht nicht gegeben ist (Senatsurteil vom 02.07.1997 ‑ I R 45/96, BFH/NV 1998, 14, m.w.N.). So liegt der Fall hier.

Mit der Nichtanwendung der Anlaufhemmungsregelung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO wird der Kläger im Übrigen auch nicht schlechter gestellt als ein inländischer Fonds. Dieser ist zwar gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 steuerbefreit, er musste aber die erforderlichen Anträge auf Erstattung von Kapitalertragsteuer auf seine inländischen Dividendeneinkünfte innerhalb der von § 11 Abs. 2 InvStG 2004 vorgesehenen Jahresfrist, bei der es sich um ei­ne Ausschlussfrist handelte, stellen (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 3 InvStG 2004 in der bis 31.12.2009 geltenden Fassung i.V.m. § 44b Abs. 3 Satz 1 EStG in der für die Streitjahre 2008 und 2009 geltenden Fassung; Englisch in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, § 11 InvStG Rz 60; Schnitger, DB 2012, 305). Mit der Anwendung der Verjährungsregelungen der Abgabenord­nung, die aus systematischen Gründen im Anwendungsbereich eines auf § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG analog gestützten Erstattungsbegehrens gelten, wird der Kläger für die in den Streitjahren 2008 und 2009 zugeflossenen Kapitalerträge im Ergebnis also nicht schlechter gestellt als ein inländischer Fonds.

c) Die Anwendung der national-rechtlichen Verjährungsbestimmungen begeg­net im Streitfall keinen unionsrechtlichen Bedenken. Die verfahrensrechtlichen Fristen der Abgabenordnung, seien es Rechtsbehelfs- oder Verjährungsfristen, die zur Durchsetzung ‑‑auch‑‑ des Unionsrechts einzuhalten sind, genügen den unionsrechtlichen Anforderungen der Effektivität und der Äquivalenz (vgl. Senatsurteile vom 14.11.2018 ‑ I R 47/16, BFHE 263, 393, BStBl II 2019, 419, m.w.N.; vom 13.04.2021 ‑ I R 31/18, BFH/NV 2021, 1349). Die Fristen sind für dem Unionsrecht unterliegende Sachverhalte nicht ungünstiger ausge­staltet als für gleichartige, dem innerstaatlichen Recht unterliegende Sachver­halte, und sie machen weder die Ausübung der durch das Unionsrecht verlie­henen Rechte praktisch unmöglich noch erschweren sie diese Ausübung über­mäßig.

4. Der Kläger hat einen Anspruch auf Verzinsung des Erstattungsbetrages.

a) Entgegen der Auffassung des BZSt steht dem grundsätzlichen Klageerfolg zum Zinsanspruch nicht die Regelung des § 44 Abs. 1 FGO entgegen, der zu­folge die Klage grundsätzlich nur zulässig ist, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. Der geltend gemachte Zinsanspruch war sowohl Gegenstand des Erstattungsan­trags, des Ablehnungsbescheids vom 14.12.2016, mit dem die Anträge voll­umfänglich abgelehnt wurden, des Einspruchs sowie schließlich auch der ab­weisenden Einspruchsentscheidung vom 19.04.2017 (dort unter II.2 der Gründe). Das Vorverfahren ist damit ‑‑sachlich erfolglos‑‑ durchgeführt wor­den.

b) Nach der Rechtsprechung des EuGH hat der Einzelne, wenn ein Mitglied­staat unter Verstoß gegen die Vorschriften des Unionsrechts Steuern erhoben hat, einen Anspruch auf Erstattung nicht nur der zu Unrecht erhobenen Steu­er, sondern auch der Beträge, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Steuer an diesen Staat gezahlt oder von diesem einbehalten worden sind. Da­runter fallen auch die Einbußen aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit von Geldbeträgen infolge der vorzeitigen Fälligkeit der Steuer.

Daraus folgt der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten aus dem Unionsrecht verpflichtet sind, die unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Steuer­beträge zuzüglich Zinsen zu erstatten. In Ermangelung einer unionsrechtlichen Regelung kommt es der innerstaatlichen Rechtsordnung der Mitgliedstaaten zu, die Bedingungen für die Zahlung solcher Zinsen ‑‑insbesondere den Zins­satz und die Berechnungsmethode für die Zinsen‑‑ festzulegen. Diese Bedin­gungen müssen den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität entspre­chen, das heißt, sie dürfen nicht ungünstiger sein als bei ähnlichen Klagen, die auf Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts gestützt sind, und sie dürfen nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Ausübung der Rechte, die die Unions­rechtsordnung einräumt, praktisch unmöglich machen (z.B. EuGH-Urteile Littlewoods Retail u.a. vom 19.07.2012 ‑ C‑591/10, EU:C:2012:478, HFR 2012, 1018, Rz 25, m.w.N.; Irimie vom 18.04.2013 ‑ C‑565/11, EU:C:2013:250, HFR 2013, 659, Rz 21; vgl. auch BFH-Urteile vom 22.09.2015 ‑ VII R 32/14, BFHE 251, 291, BStBl II 2016, 323; vom 15.11.2022 ‑ VII R 29/21 (VII R 17/18), BFHE 279, 1, BStBl II 2023, 803, m.w.N.; s. aus der Literatur nur Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, 2018, § 6 Rz 21 ff., m.w.N.).

In jüngerer Zeit hat der EuGH erneut über den unionsrechtlichen Zinsanspruch entschieden und wiederum bestätigt, dass ein Anspruch auf Erstattung zu Un­recht erhobener Geldbeträge sowie auf die Zahlung von Zinsen besteht, um die Nichtverfügbarkeit des Geldbetrages auszugleichen. Der EuGH hat weiter­hin entschieden, dass sich ein Verstoß, der einen Erstattungs- und einen Zins­anspruch begründen kann, auf jede Regel des Unionsrechts beziehen kann und der Unionsrechtsverstoß sowohl von den Unionsgerichten als auch von einem nationalen Gericht festgestellt worden sein kann. Auch eine gerichtliche Gel­tendmachung des Anspruchs ist nicht zwingend erforderlich. Zur konkreten Umsetzung der Verzinsung hat der EuGH außerdem darauf hingewiesen, dass die Zinszahlungsmodalitäten nicht dazu führen dürfen, dass dem Betreffenden eine angemessene Entschädigung für die erlittenen Einbußen vorenthalten wird; dies setzt unter anderem voraus, dass die ihm gezahlten Zinsen den Gesamtzeitraum abdecken, der je nach Lage des Falls zwischen dem Tag, an dem der Betreffende den fraglichen Geldbetrag entrichtet hat oder hätte erhal­ten sollen, und dem Tag liegt, an dem dieser ihm erstattet oder an ihn entrich­tet wurde (zum Vorstehenden s. EuGH-Urteil Gräfendorfer Geflügel und Tief­kühlfeinkost vom 28.04.2022 ‑ C‑415/20, C‑419/20 und C‑427/20, EU:C:2022:306, BFH/NV 2022, 796; s.a. BFH-Urteil vom 15.11.2022 ‑ VII R 29/21 (VII R 17/18), BFHE 279, 1, BStBl II 2023, 803).

c) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger einen unionsrechtlichen Anspruch auf Verzinsung der zu Unrecht einbehaltenen Kapitalertragsteuer.

aa) Für die Frage der Verzinsung spielt es keine Rolle, aus welchem Grund die Steuererhebung als unionsrechtswidrig zu qualifizieren ist. Neben der Nichtig­keit einer abgabenbegründenden unionsrechtlichen Verordnung der Europäischen Union (zu dieser Situation vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22.09.2015 ‑ VII R 32/14, BFHE 251, 291, BStBl II 2016, 323) führt daher auch der hier gegebene Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit zu einem unionsrechtlich begründeten Zinsanspruch.

bb) Die nationalen Zinsregelungen sehen im Zusammenhang mit Erstattungs­ansprüchen lediglich einen Anspruch auf Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit gemäß § 236 AO vor und ordnen überdies in § 233a Abs. 1 Satz 2 AO aus­nahmslos an, dass Steuerabzugsbeträge ‑‑auch bei Erstattung (Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 233a AO Rz 61)‑‑ nicht zu verzinsen sind (z.B. Loose in Tipke/Kruse, § 233a AO Rz 8). Das steht dem Zinsanspruch des Klä­gers jedoch nicht entgegen.

Mit § 233a Abs. 1 Satz 2 AO wird zwar dem Äquivalenzprinzip entsprochen (vgl. Senatsbeschluss vom 18.09.2007 ‑ I R 15/05, BFHE 219, 1, BStBl II 2008, 332). Jedoch verletzt eine solche Zinsregelung den unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz. Denn nach der zitierten Rechtsprechung des EuGH (s. oben zu b) darf einem Kläger eine angemessene Entschädigung bei einer uni­onsrechtswidrig erhobenen Steuer nicht gänzlich verwehrt werden.

Aus diesem Grund steht das Unionsrecht auch einer Begrenzung des Zinsan­spruchs aufgrund der Regelung des § 236 AO entgegen; damit sind auch so­genannte "Vor-Rechtshängigkeits-Zinsen" zu zahlen (FG Köln, Urteile vom 30.06.2020 ‑ 2 K 140/18, EFG 2021, 117; vom 17.11.2021 ‑ 2 K 1544/20, EFG 2022, 349; Tromp/Nagler, IStR 2020, 784; Paar/Pignot, IStR 2022, 500; Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 50a Rz 37; Krumm in Tipke/Kruse, AO Einf. Rz 28; Anzinger in Drüen/Hey/Mellinghoff [Hrsg.], 100 Jahre Steuer­rechtsprechung in Deutschland 1918‑2018, Festschrift für den Bundesfinanz­hof, 2018, S. 1801, 1812; vgl. auch Rüsken, Zeitschrift für Zölle und Ver­brauchsteuern 2016, 39). Darüber hinaus sind bei der Berechnung des Zins­zahlungszeitraums nicht nur volle Monate zu berücksichtigen, wie das aller­dings von § 238 Abs. 1 AO vorgesehen ist (BFH-Urteil vom 15.11.2022 ‑ VII R 29/21 (VII R 17/18), BFHE 279, 1, BStBl II 2023, 803).

cc) Der Senat folgt mit dieser rechtlichen Beurteilung der oben angeführten Rechtsprechung des VII. Senats des BFH. Dieser geht davon aus, dass der EuGH in seiner ebenfalls oben dargestellten Rechtsprechung entschieden hat, dass, je nach Lage des Falls, der Gesamtzeitraum zwischen dem Tag der Ent­richtung der Steuer und dem Tag ihrer Erstattung zu verzinsen ist, weil der zu Unrecht gezahlte Betrag während dieses Zeitraums dem Steuerpflichtigen nicht zur Verfügung stand und somit ein Liquiditätsnachteil entstanden ist, der durch die Verzinsung ausgeglichen werden soll. Obwohl die Modalitäten für die Zahlung von Zinsen durch die jeweilige innerstaatliche Rechtsordnung des be­troffenen Mitgliedstaats zu regeln sind, hat der EuGH weiterhin einschränkend klargestellt, dass das Unionsrecht einer rechtlichen Regelung entgegensteht, die dieser Anforderung nicht entspricht und die deshalb eine wirksame Gel­tendmachung des unionsrechtlichen Erstattungs- und Zinsanspruchs nicht er­möglicht (BFH-Urteil vom 15.11.2022 ‑ VII R 29/21 (VII R 17/18), BFHE 279, 1, BStBl II 2023, 803).

dd) Der Zinssatz bestimmt sich grundsätzlich nach dem nationalen Recht und damit nach § 238 AO. Der gesetzliche Zinssatz steht im Einklang mit den uni­onsrechtlichen Vorgaben, weil er auch im Falle der Verzinsung eines Körper­schaftsteuererstattungsanspruchs nach nationalem Recht anzuwenden wäre (§ 233a Abs. 1, § 238 Abs. 1 AO; vgl. auch BFH-Urteil vom 15.11.2022 ‑ VII R 29/21 (VII R 17/18), BFHE 279, 1, BStBl II 2023, 803, Rz 37).

Ob gemäß § 238 Abs. 1a AO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 12.07.2022 (BGBl I 2022, 1142, BStBl I 2022, 1215) in den Fällen des § 233a AO infolge des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 08.07.2021 ‑ 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17 (BVerfGE 158, 282) ab dem 01.01.2019 ein abgesenkter Zinssatz von 0,15 % pro Monat anzusetzen ist (vgl. Wagenblast/Sommer, IStR 2022, 197; Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 50a Rz 37), muss im Streitfall nicht entschieden werden. Denn der Kläger hat bereits im Jahr 2017 Klage zum FG erhoben, so dass ihm ab Rechtshän­gigkeit ein Anspruch auf Prozesszinsen gemäß § 236 AO zusteht. Auf diesen Anspruch wären etwaige Zinsen gemäß § 233a AO anzurechnen (§ 236 Abs. 4 AO).

5. Zur Dauer des Zinslaufs ist zwischen den Streitjahren 2010 bis 2011 und 2012 bis 2013 zu differenzieren.

a) Was die in den Streitjahren 2010 bis 2011 bezogenen Kapitaleinkünfte an­geht, bei denen es sich um inländische Dividenden handelt, kann der Kläger Zinsen erst ab Ablauf einer angemessenen Bearbeitungszeit von sechs Mona­ten nach Eingang des Erstattungsantrags bei der Behörde beanspruchen.

aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH müssen die dem Steuerpflichtigen gezahlten Zinsen den Gesamtzeitraum abdecken, der je nach Lage des Falls zwischen dem Tag, an dem der Betreffende den fraglichen Geldbetrag ent­richtet hat oder hätte erhalten sollen, und dem Tag liegt, an dem dieser ihm erstattet oder an ihn entrichtet wurde (EuGH-Urteil Gräfendorfer Geflügel und Tiefkühlfeinkost vom 28.04.2022 ‑ C‑415/20, C‑419/20 und C‑427/20, EU:C:2022:306, BFH/NV 2022, 796; s.a. BFH-Urteil vom 15.11.2022 ‑ VII R 29/21 (VII R 17/18), BFHE 279, 1, BStBl II 2023, 803).

bb) Auf diesen Grundsatz stützt sich der klägerseitige Antrag, der auf den Zeitraum zwischen der Entrichtung der Kapitalertragsteuer und der Erstattung dieser Steuer abstellt. Dem ist nach Lage des Streitfalls jedoch nicht zu folgen.

aaa) Zunächst ist zu berücksichtigen, dass der Kläger die nachträgliche Erstat­tung der einbehaltenen Kapitalertragsteuerbeträge beantragt hat. An diese ‑‑allein dem Kläger zustehende‑‑ Festlegung seines Rechtsschutzbegehrens ist der Senat gebunden. Deshalb ist im Streitfall sein Erstattungsbegehren und nicht ein etwaiges Steuerabstandnahmebegehren im Hinblick auf die bei der Verzinsungsfrage zu beachtenden Prinzipien der Äquivalenz und der Effektivi­tät zu beurteilen.

Im Übrigen konnte in den Streitjahren 2010 bis 2011 auch ein inländischer Fonds bei den vorliegend allein zur Beurteilung anstehenden inländischen Divi­dendeneinkünften keine Abstandnahme vom Steuerabzug erreichen. Denn § 11 Abs. 2 InvStG 2004 in der für die Streitjahre 2009 bis 2011 geltenden Fassung ‑‑InvStG 2004 a.F.‑‑ sah die Abstandnahme vom Steuerabzug nur bei bestimmten Kapitaleinkünften, insbesondere Zinsen, vor, grundsätzlich aber nicht bei inländischen Dividenden (§ 11 Abs. 2 Satz 1 InvStG 2004 a.F. i.V.m. § 44a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in der für die Streitjahre 2009 bis 2011 gelten­den Fassung; Englisch in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, § 11 InvStG Rz 36, 37 und 51; Brandis/Heuermann/Mann, § 11 InvStG 2004 Rz 12; vgl. auch BTDrucks 16/13429, S. 52). Bei inländischen Dividenden wurde auf An­trag die einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer erstattet (vgl. auch BMF-Schreiben vom 18.08.2009, BStBl I 2009, 931, Rz 219 f.; Ronig in Bödecker/Ernst/Hartmann, InvStG, 1. Aufl., § 11 Rz 35.3 und 39; Brandis/Heuermann/Mann, § 11 InvStG 2004 Rz 13). Nur ausnahmsweise kam die Abstandnahme in Betracht, wenn, wofür vorliegend aber keine Anhalts­punkte bestehen, der Schuldner der Dividende seinerseits von der Körper­schaftsteuer befreit war (§ 11 Abs. 2 Satz 1 InvStG 2004 a.F. i.V.m. § 44a Abs. 4 Satz 2 EStG; Englisch in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, § 11 InvStG Rz 35).

bbb) Der zunächst vorgenommene Einbehalt und die Abführung der Kapitaler­tragsteuer waren rechtmäßig. Der Fiskus hat diese Steuerbeträge zunächst nicht zu Unrecht vereinnahmt. Insoweit liegt kein Verstoß gegen Unionsrecht vor. Im Übrigen mussten auch inländische Fonds beim Bezug inländischer Dividen­den den Quellensteuerabzug nach den Maßgaben des Investmentsteuergeset­zes 2004 zunächst hinnehmen und waren gehalten, nachträglich die Erstat­tung zu beantragen.

Nach der Rechtsprechung des EuGH und des Senats ist das "geteilte Verfah­ren", also die Hinnahme des Kapitalertragsteuerabzugs ‑‑ungeachtet objektiv gegebener Steuerfreiheit‑‑ im ersten Schritt und die spätere Erstattung der Quellensteuer in einem zweiten Schritt, grundsätzlich nicht zu beanstanden, insbesondere werden beschränkt körperschaftsteuerpflichtige Steuersubjekte hierdurch nicht in ungerechtfertigter Weise benachteiligt (vgl. zum Steuerab­zug nach § 50a EStG das EuGH-Urteil FKP Scorpio Konzertproduktionen vom 03.10.2006 ‑ C‑290/04, EU:C:2006:630, BStBl II 2007, 352; Senatsurteile vom 24.04.2007 ‑ I R 39/04, BFHE 218, 89, BStBl II 2008, 95; vom 11.01.2012 ‑ I R 25/10, BFHE 236, 318; vom 25.10.2023 ‑ I R 35/21, BStBl II 2024, 343).

Im ersten Schritt bilden folglich die Kapitalertragsteueranmeldungen ‑‑auch unionsrechtlich‑‑ den Rechtsgrund für das Vereinnahmen und das "Behalten­dürfen" der Steuerbeträge (vgl. Senatsurteil vom 25.04.2018 ‑ I R 59/15, BFHE 261, 406, BStBl II 2018, 624, Rz 39). Es ist im zweiten Schritt dann Sa­che des Steuerpflichtigen, den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Steu­erbeträge durch die (zeitnahe) Beantragung eines auf Erstattung gerichteten Freistellungsbescheids zu beseitigen (vgl. Senatsurteil vom 25.04.2018 ‑ I R 59/15, BFHE 261, 406, BStBl II 2018, 624). Bis dahin kann der Steuerbe­trag nicht im Sinne der Rechtsprechung des EuGH als unionsrechtswidrig er­hoben qualifiziert werden beziehungsweise können bis dahin entstandene Li­quiditätsnachteile nicht kausal auf einen Unionsrechtsverstoß zurückgeführt werden (vgl. Erdem in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuer­recht, Vor § 50d Abs. 3 EStG Rz 21).

ccc) Nach Eingang des Erstattungsantrags ist der Finanzverwaltung eine an­gemessene Bearbeitungszeit einzuräumen. Ist es unionsrechtlich nicht zu be­anstanden, einen beschränkt Steuerpflichtigen auf das nachträgliche Erstat­tungsverfahren zu verweisen und bildet die Kapitalertragsteueranmeldung bis zum Erlass eines Freistellungsbescheids den auch unionsrechtlich legitimen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zahlung, dann sind auch für den Zeit­raum zwischen dem Eingang des Erstattungsantrags und dem Erlass des Frei­stellungsbescheids keine Zinsen zu entrichten. Auch insoweit fehlt es ‑‑noch‑‑ an einer unionsrechtswidrig erhobenen Steuer beziehungsweise an einem kau­sal auf den Unionsrechtsverstoß zurückzuführenden Liquiditätsnachteil. Dabei kommt es zur Frage der Dauer der Bearbeitungszeit nach der Rechtsprechung des EuGH zum Mehrwertsteuerüberschuss und zur Durchsetzung des Neutrali­tätsprinzips maßgeblich darauf an, in welchem angemessenen Zeitraum eine Bearbeitung des Erstattungsantrags erwartet werden kann (EuGH-Urteile Enel Maritsa Iztok vom 12.05.2011 ‑ C‑107/10, EU:C:2011:298, Slg. 2011, I‑3873; Rafinăria Steaua Română vom 24.10.2013 ‑ C‑431/12, EU:C:2013:686, HFR 2013, 1163; s.a. BFH-Urteil vom 22.10.2019 ‑ VII R 24/18, BFHE 267, 90).

Diese Rechtsprechung kann auf den Streitfall übertragen werden, da es auch hier um einen Erstattungsantrag geht und die Erhebung der Steuer zunächst nicht als unionsrechtswidrig erhoben qualifiziert werden kann. Auch insoweit begrenzen die Erfordernisse eines ordnungsgemäßen Vollzugs steuerrechtli­cher Entlastungsregelungen ‑‑hier der Entlastung von der Kapitalertragsteu­er‑‑ den auf Unionsrecht beruhenden Zinsanspruch (vgl. BFH-Urteil vom 22.10.2019 ‑ VII R 24/18, BFHE 267, 90). Schließlich sei in diesem Zusam­menhang erneut darauf hingewiesen, dass der Kläger hinsichtlich seines An­spruchs auf Verzinsung nicht fiktiv so gestellt werden kann, als habe er eine Abstandnahme vom Steuerabzug beantragt, wenn sein tatsächlich verfolgtes Rechtsschutzbegehren darauf gerichtet war, die Entlastung von der Abzug­steuer auf dem Weg der nachträglichen Erstattung herbeizuführen.

Die Dauer der angemessenen behördlichen Bearbeitungsfrist ist gesetzlich nicht geregelt. Sachgerecht ist es, sich an der allgemeinen Frist zu orientieren, binnen derer ein Steuerpflichtiger eine Entscheidung über seinen Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts (hier: Freistellungsbescheid gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 AO) erwarten kann. Diese Frist beträgt sechs Monate (vgl. § 347 Abs. 1 Satz 2 AO, § 46 Abs. 1 FGO; s.a. Klein/Rätke, AO, 17. Aufl., § 347 Rz 14).

b) Was die in den Streitjahren 2012 und 2013 bezogenen Kapitaleinkünfte an­geht, ist allerdings der Zeitraum von der Entrichtung der Kapitalertragsteuer bis zur Erstattung zu verzinsen.

Diese Differenzierung beruht im Wesentlichen darauf, dass infolge einer ver­änderten Gesetzeslage eine Ausnahme von den allgemeinen Entlastungsrege­lungen bei inländischen Dividenden galt. So sah § 11 Abs. 2 Satz 2 InvStG 2004 in der für die Streitjahre 2012 und 2013 geltenden Fassung (Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren ‑‑OGAW‑IV-Umsetzungsgesetz‑‑ vom 22.06.2011, BGBl I 2011, 1126) vor, dass das Erstattungsverfahren bei im Inland sammelverwahrten inländischen Aktien im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG ausdrücklich mit der Folge ausgeschlossen war, dass der inländische Fonds Dividenden aus im Inland ‑‑wie in der Praxis regelmäßig der Fall‑‑ sammelverwahrten Aktien brutto ohne Abzug von Kapitalertragsteuer unmittelbar beziehen konnte (Brandis/Heuermann/Mann, § 11 InvStG 2004 Rz 13 und 14; Schäfer in Moritz/Jesch, Frankfurter Kommentar, 2015, § 11 InvStG, Rz 71; BTDrucks 17/4510, S. 95). Eine solche Möglichkeit des unmittelbaren steuerunbelasteten Dividendenbezugs stand den ausländischen Fonds von vornherein nicht zur Verfügung, was der Senat nach den Gründen dieser Entscheidung nicht als unionsrechtsgemäß erachtet.

6. Die Sache ist nicht spruchreif.

a) Ausgehend von ihren bisher vertretenen Rechtsstandpunkten bestand kein Anlass für das BZSt und das FG, der Frage nachzugehen, ob die geltend ge­machten Erstattungsbeträge, die zugleich die Grundlage für die Zinsfestset­zung bilden, in rein tatsächlicher Hinsicht zutreffend sind. Der Kläger hat von ihm selbst erstellte Listen über bezogene Dividenden unterschiedlichen Ur­sprungs und darauf abgeführte Quellensteuern vorgelegt, die nach Aktenlage einer näheren Überprüfung bisher nicht zugeführt wurden. Diese Überprüfung, die nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sein kann, wird im zweiten Rechtsgang ebenso nachzuholen sein wie die konkrete Berechnung der zu­gunsten des Klägers festzusetzenden Zinsbeträge.

b) Ungeachtet des eingetretenen gesetzlichen Beteiligtenwechsels ist die Sa­che nicht an das für das BZSt "an sich" örtlich zuständige FG …, sondern an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Nach der BFH-Rechtsprechung besteht die Wirkung der Zurückverweisung da­rin, dass das Klageverfahren erneut beim FG anhängig wird. Es wird dabei aber kein neues Verfahren eröffnet. Vielmehr wird das ursprüngliche Verfahren vor dem FG fortgesetzt. Die frühere Verhandlung bildet mit dem "neuen" Ver­fahren im zweiten Rechtsgang eine Einheit (BFH-Urteile vom 14.08.1980 ‑ V R 142/75, BFHE 131, 440, BStBl II 1981, 71; vom 17.12.1996 ‑ IX R 47/95, BFHE 182, 178, BStBl II 1997, 348; vom 18.02.1997 ‑ IX R 63/95, BFHE 182, 287, BStBl II 1997, 409).

Bereits aus dieser Einheitlichkeit des Klageverfahrens folgt, dass die Sache an dasjenige FG zurückzuverweisen ist, das das aufgehobene Urteil erlassen hat (BFH-Urteil vom 14.08.1980 ‑ V R 142/75, BFHE 131, 440, BStBl II 1981, 71). Aus der Einheitlichkeit folgt weiterhin, dass die Wirkungen eines Zuständig­keitswechsels auf Seiten des Beklagten so zu beurteilen sind, als habe es die zwischenzeitliche Aufhebung des im ersten Rechtsgang ergangenen FG-Urteils und die Zurückverweisung nicht gegeben. Danach bleibt die örtliche Zustän­digkeit des zunächst angerufenen FG erhalten (sogenannte perpetuatio fori), wenn aufgrund eines Organisationsakts ein Zuständigkeitswechsel auf Beklag­tenseite herbeigeführt wird und der Streitgegenstand im Übrigen ‑‑wie im Streitfall‑‑ unverändert geblieben ist (FG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2022 ‑ 7 K 1424/18 KE, EFG 2022, 598). Dies gilt auch dann, wenn durch den Orga­nisationsakt der Behördensitz aus dem Bezirk des FG herausverlegt wird oder sich die zuständig gewordene Behörde in einem anderen Bundesland befindet (Senatsurteil vom 25.01.2005 ‑ I R 87/04, BFHE 209, 9, BStBl II 2005, 575).

7. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. Auch bei nur teilweiser Zurückverweisung der Sache muss dem FG nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung die Entscheidung über die gesamten Kosten des Verfahrens übertragen werden (z.B. Senatsurteil vom 13.09.2018 ‑ I R 19/16, BFHE 262, 526, BStBl II 2019, 385; m.w.N. bei Brandis in Tipke/Kruse, § 143 FGO Rz 15).

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