BFH: Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung bei der Einzelveranlagung von Ehegatten
Beantragen Ehegatten die Einzelveranlagung und den hälftigen Abzug von Sonderausgaben nach § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG, so sind die von beiden Ehegatten getragenen Vorsorgeaufwendungen zusammenzurechnen und hälftig zu verteilen. Erst danach ist getrennt für jeden Ehegatten die Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG durchzuführen.
EStG § 26a Abs. 2 Satz 2, § 10 Abs. 4a
BFH-Urteil vom 28.11.2019, III R 11/18 (veröffentlicht am 16.4.2020)
Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 29.11.2017, 2 K 1032/16 = SIS 18 05 93
I. Die Beteiligten streiten über die Frage, ob bei einem Antrag nach § 26a Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Sonderausgaben vor oder nach Durchführung der Höchstbetragsberechnung hälftig aufzuteilen sind.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist verheiratet. Für das Jahr 2013 (Streitjahr) beantragte sie die Einzelveranlagung nach § 26a EStG. Übereinstimmend mit ihrem Ehemann beantragte sie außerdem, die Sonderausgaben gemäß § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG hälftig aufzuteilen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) führte die Veranlagung mit Bescheid vom 13.07.2015 durch. Hierbei wurde der Höchstbetrag der Vorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Abs. 4a EStG nach der für die Klägerin günstigeren Regelung des § 10 Abs. 3 in der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung des EStG zuzüglich des Erhöhungsbetrags nach Satz 3 durchgeführt (Günstigerprüfung mit Erhöhungsbetrag). Hierzu ermittelte das FA Vorwegabzug, Grundhöchstbetrag, hälftigen Höchstbetrag und Erhöhungsbetrag, indem es bei beiden Ehegatten zunächst die Vorsorgeaufwendungen ansetzte, welche die Klägerin und ihr Ehemann jeweils getragen hatten. Anschließend verteilte es die beiden Ergebnisse jeweils hälftig auf die Ehegatten. Abgezogen wurde bei der Klägerin letztlich die Hälfte aus dem Ergebnis ihrer Höchstbetragsberechnung zuzüglich der Hälfte der Höchstbetragsberechnung ihres Ehemannes (2.981 €).
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch. Sie trug vor, dass die Aufwendungen vor der Günstigerprüfung den jeweiligen Ehegatten hälftig zuzurechnen seien und erst im Anschluss die Günstigerprüfung zu erfolgen habe. Mit dergestalt auf beide Ehegatten hälftig aufgeteilten Sonderausgaben legte sie eine Berechnung vor, in der sie auf einen abziehbaren Betrag von 4.557 € kam. Der Rechtsbehelf hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der anschließenden Klage statt. Es war der Ansicht, dass Wortlaut, historische und systematische Auslegung sowie Sinn und Zweck der Regelung, insbesondere die vom Gesetzgeber bezweckte Steuervereinfachung, dafür sprächen, die Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und die Steuerermäßigung nach § 35a EStG hälftig auf die Ehegatten aufzuteilen und die Höchstbetragsberechnungen und Günstigerprüfungen erst in einem zweiten Rechenschritt individuell bei jedem der Ehegatten vorzunehmen.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, das die Verletzung des § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG rügt. Es ist der Ansicht, dass bereits der Begriff der Sonderausgaben in § 26a Abs. 2 Satz 1 EStG das Ergebnis des mit "Sonderausgaben" überschriebenen Teils II Ziffer 5 des EStG meint. Hiermit sei auch die Höchstbetragsberechnung aus § 10 Abs. 3 und 4 EStG umfasst. Dieses Ergebnis sei auf die Ehegatten aufzuteilen. Weiter heiße es in § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG "abziehen", da nur die Abzugsbeträge abgezogen werden könnten, nicht aber die Sonderausgaben selbst. Zudem sei eine Aufteilung der Abzugsbeträge systematisch richtig, da nur so dem Prinzip der Individualbesteuerung Rechnung getragen werde. Entgegen der Ansicht des FG spreche auch der Gedanke der Vereinfachung für eine Aufteilung der Abzugsbeträge. Bei Berücksichtigung nur der Sonderausgaben, die der Steuerpflichtige wirtschaftlich getragen habe, sei eine Einzelveranlagung möglich, ohne zusätzlich die Steuererklärung des Ehegatten auswerten und die Einzelbeträge aufteilen zu müssen.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Vorentscheidung und meint, aus dem Sinn und Zweck der Regelung ergebe sich, dass die Aufwendungen selbst aufzuteilen seien, da nur so das Besteuerungsverfahren einfacher, transparenter und nachvollziehbarer für den Steuerpflichtigen werde. Eine gegenteilige Auslegung sei weder dem Wortlaut noch der Gesetzeshistorie zu entnehmen.
II. Die Revision ist unbegründet und wird daher zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Vorsorgeaufwendungen hälftig auf die Ehegatten aufzuteilen und die Höchstbetragsberechnungen und Günstigerprüfungen erst in einem zweiten Rechenschritt individuell bei jedem der Ehegatten vorzunehmen sind.
1. Gemäß § 26a Abs. 2 Satz 1 EStG werden Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung nach § 35a EStG demjenigen Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Abweichend davon werden sie nach Satz 2 auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten jeweils zur Hälfte abgezogen.
2. Nach Auffassung des Senats sind die Vorsorgeaufwendungen beider Ehegatten vor der Günstigerprüfung den jeweiligen Ehegatten hälftig zuzurechnen, erst im Anschluss ist die Günstigerprüfung bei jedem Ehegatten getrennt durchzuführen.
a) Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, denn das Wort "sie" in Satz 2 bezieht sich auf die in Satz 1 genannten Aufwendungen und nicht auf die "Sonderausgaben…" oder Abzugsbeträge (so auch ausdrücklich Bericht des Finanzausschusses in BTDrucks 17/6146, S. 14). Dem steht nicht entgegen, dass Satz 2 --anders als Satz 1-- vom "Abziehen" statt vom "Zurechnen" spricht, da beide Worte im Kontext des § 26a EStG synonym verwendet werden.
b) Bestätigt wird dies auch durch die ebenfalls in § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG in Bezug genommenen außergewöhnlichen Belastungen und die Steuerermäßigung nach § 35a EStG. Denn auch hier ist eine Aufteilung der Aufwendungen vorzunehmen.
aa) Im Bereich der außergewöhnlichen Belastungen ergibt sich dies aus § 33 Abs. 1 EStG. Denn § 33 Abs. 1 EStG definiert die außergewöhnliche Belastung als Aufwendungen, die noch nicht durch die zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG gemindert sind. Wenn § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG den hälftigen Abzug von außergewöhnlichen Belastungen regelt, so muss das heißen, dass die Aufwendungen, die ein Ehegatte getragen hat, beim anderen zur Hälfte anzusetzen sind. Erst nach der Aufteilung wird unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) der abziehbare Betrag ermittelt.
bb) Entsprechendes gilt für die Steuerermäßigungen nach § 35a EStG. Hier kann nicht die Steuerermäßigung zur Hälfte abgezogen werden, abziehbar sind vielmehr Aufwendungen, die zur Steuerermäßigung führen; sie sind im Antragsfalle hälftig auf die Ehegatten aufzuteilen.
c) Zu Unrecht meint das FG, dass nur die Verteilung der Abzugsbeträge der vom Gesetzgeber gewollten Steuervereinfachung gerecht würde. Vielmehr erübrigt sich durch die hälftige Aufteilung der Aufwendungen die Prüfung, wer von beiden Ehegatten die jeweilige Belastung wirtschaftlich getragen hat.
d) Dem gefundenen Ergebnis steht auch nicht das Prinzip der Individualbesteuerung entgegen, wie das FA meint, denn § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG stellt eine Ausnahme von diesem Grundsatz dar (Tormöhlen in Korn, § 26a EStG Rz 7.2; Pflüger in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 26a EStG Rz 52; Schneider, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 26a Rz A17).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 2 FGO.
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