BVerfG: Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Solidaritätszuschlag
Solidaritätszuschlag 2020/2021
Bundesverfassungsgericht, Pressemitteilung Nr. 30/2025 vom 26.3.2025
Urteil vom 26.3.2025, 2 BvR 1505/20
Mit heute verkündetem Urteil hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde gegen das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolZG 1995) in der Fassung des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10. Dezember 2019 zurückgewiesen.
Der zum 1. Januar 1995 eingeführte Solidaritätszuschlag stellt eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 Grundgesetz (GG) dar. Der Senat führt in seinem Urteil aus, dass eine solche Ergänzungsabgabe einen aufgabenbezogenen finanziellen Mehrbedarf des Bundes voraussetzt, der durch den Gesetzgeber allerdings nur in seinen Grundzügen zu umreißen ist. Im Fall des Solidaritätszuschlags ist dies der wiedervereinigungsbedingte finanzielle Mehrbedarf des Bundes. Weiter führt der Senat aus, dass ein evidenter Wegfall des Mehrbedarfs eine Verpflichtung des Gesetzgebers begründet, die Abgabe aufzuheben oder ihre Voraussetzungen anzupassen. Insoweit trifft den Bundesgesetzgeber – bei einer länger andauernden Erhebung einer Ergänzungsabgabe – eine Beobachtungsobliegenheit. Ein offensichtlicher Wegfall des auf den Beitritt der damals neuen Länder zurückzuführenden Mehrbedarfs des Bundes kann auch heute (noch) nicht festgestellt werden. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Aufhebung des Solidaritätszuschlags ab dem Veranlagungszeitraum 2020 bestand und besteht folglich nicht.
Die Verfassungsbeschwerde, mit der sich die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer gegen die unveränderte Fortführung der Solidaritätszuschlagspflicht und gegen den nur teilweisen Abbau des Solidaritätszuschlags wenden, blieb daher erfolglos.
Richterin Wallrabenstein hat sich der Senatsmehrheit im Ergebnis angeschlossen, jedoch hinsichtlich der Begründung ein Sondervotum verfasst.
Sachverhalt:
Der – auch heute noch erhobene – Solidaritätszuschlag wurde mit Wirkung zum 1. Januar 1995 eingeführt. Er wird als Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG erhoben. Seit dem Jahr 2021 werden nur noch bestimmte Gruppen der Einkommensteuerpflichtigen und nach wie vor alle Körperschaftsteuersubjekte mit dem Solidaritätszuschlag belastet. Bemessungsgrundlage für den Zuschlag sind im Falle der Veranlagung zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer grundsätzlich die berechnete Einkommensteuer oder die festgesetzte Körperschaftsteuer beziehungsweise die zu entrichtenden Vorauszahlungen. Wird die Einkommensteuer in Form der Lohnsteuer erhoben, ist für die Bemessung des Solidaritätszuschlags grundsätzlich diese maßgebend. Im Falle des Kapitalertragsteuerabzugs bemisst sich der Solidaritätszuschlag nach der anfallenden Kapitalertragsteuer. Im Übrigen lehnen sich Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags an die entsprechenden Vorschriften des Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuergesetzes an.
Seit dem Jahr 1998 beträgt der Zuschlagsatz zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer 5,5 %.
Abgabepflichtig sind nach § 2 SolZG 1995 unter anderem natürliche Personen, die nach § 1 Einkommensteuergesetz einkommensteuerpflichtig sind. Weiter wird der Solidaritätszuschlag von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen erhoben, die nach § 1 oder § 2 Körperschaftsteuergesetz körperschaftsteuerpflichtig sind. Im Bereich der Einkommensteuer sind Freigrenzen vorgesehen. Überschreitet die Bemessungsgrundlage diese Freigrenzen nicht, fällt ein Solidaritätszuschlag nicht an. Bei einer Überschreitung kommt nicht sofort der volle Zuschlagsatz zur Anwendung (sog. Gleitzone). Durch das Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10. Dezember 2019 wurden die Freigrenzen mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2021 deutlich angehoben. Diese Freigrenzen finden jedoch nicht für alle in § 3 Abs. 1 SolZG 1995 geregelten Bemessungsgrundlagen Anwendung.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wenden sich die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer einerseits im Hinblick auf den Veranlagungszeitraum 2020 gegen die unveränderte Fortführung der Solidaritätszuschlagspflicht und andererseits ab dem Veranlagungszeitraum 2021 gegen den nur teilweisen Abbau des Solidaritätszuschlags. Sie rügen unter anderem eine Verletzung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG sowie einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Wesentliche Erwägungen des Senats:
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
Das SolZG 1995 ist als Inhalts- und Schrankenbestimmung der Eigentumsgarantie gerechtfertigt.
1. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 im Dezember 2019 kam dem Bundesgesetzgeber nach den finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen die Gesetzgebungskompetenz für die (modifizierte) Fortführung des Solidaritätszuschlags ab dem Jahr 2020 zu. Die finanzverfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung einer Ergänzungsabgabe sind auch seither (noch) nicht evident entfallen.
a) Welche verfassungsrechtlichen Auswirkungen es hat, wenn eine vom Bundesgesetzgeber ursprünglich in kompetenzrechtlich zulässiger Weise eingeführte Steuer aufgrund nachträglicher Veränderungen aus dem Rahmen der herkömmlichen Merkmale dieser Steuer herausfällt, hat das Bundesverfassungsgericht bislang noch nicht entschieden.
Hinsichtlich des vorliegend relevanten Steuertypus der Ergänzungsabgabe ist davon auszugehen, dass ein evidenter Wegfall der für ihre Erhebung erforderlichen Voraussetzungen eine Verpflichtung des Gesetzgebers begründet, die Abgabe aufzuheben oder ihre Voraussetzungen anzupassen. Dies ist im Hinblick darauf anzunehmen, dass die Ergänzungsabgabe gegenüber anderen Steuern Besonderheiten aufweist. So knüpft sie nicht an einen steuerbegründenden Vorgang oder einen bestimmten Steuergegenstand an. Ihre Erhebung wird vielmehr im Wesentlichen durch das Erfordernis eines finanziellen Mehrbedarfs des Bundes, der zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben benötigt wird, bestimmt. Damit ist die Erhebung einer Ergänzungsabgabe weitgehend von den vom Gesetzgeber angetroffenen und bewerteten tatsächlichen Verhältnissen abhängig. Ändern sich diese später in solch signifikanter Weise, dass der ursprünglich angenommene finanzielle Mehrbedarf des Bundes evident entfallen ist, wird der Typusbegriff des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG nicht mehr gewahrt.
Bei der Frage des Fortbestands des finanziellen Mehrbedarfs des Bundes besteht zwar ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Sieht er aber keinen Anpassungsmechanismus für den Fall einer (wesentlichen) Änderung der seiner Entscheidung zugrunde gelegten tatsächlichen Verhältnisse vor, überprüft das Bundesverfassungsgericht, ob die auf dieser Grundlage getroffene Regelung auch unter veränderten Rahmenbedingungen noch von der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers getragen wird und daher im Ergebnis weiter zu rechtfertigen ist. Dies ist dann nicht mehr der Fall, wenn sich eine Regelung unter veränderten tatsächlichen Bedingungen als evident nicht mehr realitätsgerecht erweist.
Insoweit trifft den Bundesgesetzgeber − bei einer länger andauernden Erhebung einer Ergänzungsabgabe − eine Beobachtungsobliegenheit. Er ist gehalten, in solchen Fällen seine ursprüngliche Entscheidung zur Einführung einer Ergänzungsabgabe in gewissen Abständen daraufhin zu überprüfen, ob die seinerzeit angenommene Entwicklung des finanziellen Bedarfs noch der Realität entspricht.
b) Es kommt damit maßgeblich darauf an, welche Merkmale eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG prägen und ob diese zum Zeitpunkt des Erlasses des Steuergesetzes vorlagen und auch heute noch nicht evident entfallen sind.
Der Wortlaut des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG sieht – über eine gewisse Akzessorietät zur Einkommen- und Körperschaftsteuer hinaus – keine weiteren Einschränkungen für die Erhebung einer Ergänzungsabgabe vor. Der Ergänzungsabgabe sind allerdings angesichts des ihr vom verfassungsändernden Gesetzgeber verliehenen Charakters, ihrer in den Gesetzesmaterialien ausführlich beschriebenen Funktion innerhalb der bundesstaatlichen Finanzverfassungsordnung sowie der finanzverfassungsrechtlichen Systematik weitere Grenzen gezogen.
aa) Die Ergänzungsabgabe setzt als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal einen finanziellen Mehrbedarf des Bundes voraus, der nach Einschätzung des Gesetzgebers durch die Erfüllung einer vom Bund angeführten bestimmten Aufgabe voraussichtlich entstehen wird und zu dessen Deckung die Erhebung der Ergänzungsabgabe notwendig erscheint. Dies ist im Gesetzgebungsverfahren offenzulegen.
Ausweislich der Gesetzesbegründung ist die heute in Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG verankerte Ergänzungsabgabe geschaffen worden, um „in begrenztem Rahmen“ eine möglichst reibungslose und flexible Deckung eines finanziellen Mehrbedarfs des Bundes zu gewährleisten, ohne die sachgerechte und stabile Verteilung des Steueraufkommens zwischen Bund und Ländern infrage zu stellen.
Hieraus folgt, dass die Erhebung einer Ergänzungsabgabe nicht voraussetzungslos möglich sein soll, sondern ihre inhaltliche Ausgestaltung durch die mit ihr verbundene Zielsetzung, die notwendige finanzielle Flexibilität des Bundes bedarfsorientiert sicherzustellen, geprägt und begrenzt wird. Dem verfassungsändernden Gesetzgeber ging es somit darum, die Ergänzungsabgabe ohne Zustimmung des Bundesrats aktivieren zu können, nicht aber darum, sie ohne Benennung eines Mehrbedarfs erheben zu dürfen.
Damit die Ergänzungsabgabe den ihr unverändert zugewiesenen Zweck erfüllen kann, ist es notwendig, aber auch hinreichend, dass sich der finanzielle Mehrbedarf auf eine bestimmte Aufgabe zurückführen lässt. Die Identifizierung eines solchen aufgabenbezogenen finanziellen Mehrbedarfs des Bundes als Voraussetzung der Erhebung einer Ergänzungsabgabe sichert die Interessen der Länder, die mangels Zustimmungserfordernis des Bundesrats keinen entscheidenden Einfluss auf die einfachgesetzliche Erhebung einer Ergänzungsabgabe nehmen können und die selbst über kein vergleichbares Einnahmeinstrument verfügen. Angesichts der grundsätzlich strikten Trennung zwischen steuerlicher Staatsfinanzierung und haushaltsrechtlicher Verwendungsentscheidung muss der Gesetzgeber den aufgabenbezogenen Mehrbedarf allerdings nur in seinen Grundzügen umreißen.
Die Aufgabenbezogenheit der Ergänzungsabgabe hat zugleich eine zeitliche Komponente. Für die Berechtigung ihrer Weitererhebung kommt es nicht auf den Ablauf ausschließlich zeitlich definierter Fristen wie etwa diejenige eines „Generationenabstands“ an, sondern allein darauf, ob der aufgabenbezogene Mehrbedarf evident weggefallen ist.
bb) Weiter darf die Ergänzungsabgabe das finanzielle Ausgleichssystem des Grundgesetzes nicht zu Lasten der Länder in einer Art und Weise antasten, die Steuerarten oder Steuern aushöhlen würden, deren Aufkommen allein den Ländern zufließt oder die Bund und Ländern gemeinsam zustehen (sogenanntes „Aushöhlungsverbot“).
cc) Dagegen ist die Ergänzungsabgabe nicht als subsidiäres Finanzierungsinstrument ausgestaltet worden. Der Bundesgesetzgeber ist daher aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gezwungen, von der Erhebung einer Ergänzungsabgabe abzusehen, wenn auch eine Erhöhung der Einkommen- oder Körperschaftsteuer beziehungsweise eine Anhebung der dem Bund zustehenden Verbrauchsteuern in Betracht käme, dies aber aus politischen Gründen nicht opportun oder durchsetzbar erscheint.
dd) Eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG ist von Verfassungs wegen auch nicht von vornherein zu befristen. Gegen eine Befristung spricht insbesondere die Funktion, die die Ergänzungsabgabe als flexible Alternative zur Anpassung der Einkommen- oder Körperschaftsteuer als gemeinschaftliche Steuern oder zur Erhöhung der allein dem Bund zufließenden Verbrauchsteuern erfüllen soll.
ee) Schließlich beschränkt Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG den Bundesgesetzgeber auch nicht darauf, eine Ergänzungsabgabe nur während einer „Notlage“ oder „Ausnahmelage“, nicht aber auch in einer „finanzverfassungsrechtlichen Normallage“ zu erheben.
Dafür, dass die Ergänzungsabgabe nur in „Notfällen“ erhoben werden soll, gibt es in den Gesetzesmaterialien keinen tragfähigen Anhaltspunkt. Weder in den Gesetzesmaterialien zum Finanzverfassungsgesetz 1955 beziehungsweise zur Finanzreform 1969 noch im Verfassungstext des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG werden den Erhebungszeitraum eingrenzende Formulierungen verwendet. Soweit in der Gesetzesbegründung zum Finanzverfassungsgesetz 1955 unter anderem von „anderweitig nicht auszugleichenden Bedarfsspitzen im Bundeshaushalt“ die Rede ist, ist deren Deckung nicht als isolierte Zielstellung formuliert, sondern in eine untrennbare Aufzählung mit weiteren, miteinander eng verknüpften Zwecken gestellt worden.
c) In Anbetracht der beschriebenen Maßstäbe besaß der Bund im Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 am 10. Dezember 2019 die dafür erforderliche Gesetzgebungskompetenz. Er ist von Verfassungs wegen auch nicht verpflichtet, den Solidaritätszuschlag wegen eines späteren evidenten Wegfalls des angeführten aufgabenbezogenen Mehrbedarfs aufzuheben.
aa) Zunächst wird durch die mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 ab dem Jahr 2021 erheblich ausgeweitete Staffelung des Solidaritätszuschlags die eine Ergänzungsabgabe prägende Akzessorietät zur Einkommen- und Körperschaftsteuer nicht infrage gestellt und damit der Typus dieser Steuer nicht schon deshalb verfehlt.
Zwar mag der Gesetzgeber bei einer Ergänzungsabgabe wie dem Solidaritätszuschlag nicht zu einer sozialen Abstufung verpflichtet sein; dies ändert aber nichts daran, dass er in Anbetracht des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG) und der unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Einkommensteuerpflichtigen zu einer solchen Abstufung berechtigt ist. Das gilt auch dann, wenn die sozialen Erwägungen – wie beim Solidaritätszuschlag 1995 – nicht bereits bei dessen Einführung, sondern erst bei dessen teilweiser Rückführung berücksichtigt werden.
bb) Der wiedervereinigungsbedingte finanzielle Mehrbedarf des Bundes war bei Erlass des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 mit Wirkung zum 1. Januar 2020 noch nicht in evidenter Weise entfallen. Auch heute kann ein offensichtlicher Wegfall des auf den Beitritt der damals neuen Länder zum Bundesgebiet zurückzuführenden – wenn auch verringerten – Mehrbedarfs des Bundes (noch) nicht festgestellt werden. Der Bund verzeichnet weiterhin einen wiedervereinigungsbedingten zusätzlichen Finanzierungsbedarf. Diese Einschätzung hält sich im Rahmen des dem Bundesgesetzgeber bei der Bestimmung einer Aufgabe und des durch sie bedingten finanziellen Mehrbedarfs zukommenden Spielraums. Dieser besteht zwar angesichts der langen Erhebungszeit des Solidaritätszuschlags 1995 nicht mehr in dem ursprünglichen Umfang. Er bleibt dem Gesetzgeber aber insoweit erhalten, als das Bundesverfassungsgericht lediglich nachprüfen kann, ob die Aufgabe, auf die die Einführung des Solidaritätszuschlags 1995 gestützt worden war, im Jahr 2020 oder danach offensichtlich in keiner Weise mehr einen finanziellen Mehrbedarf des Bundes begründet. Dies ist jedenfalls derzeit noch nicht der Fall.
Ein im Verfahren vorgelegtes Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass selbst 30 Jahre nach der Wiedervereinigung trotz positiver Entwicklungen noch strukturelle Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland verbleiben und es auch noch bis 2030 in bestimmten Bereichen wiedervereinigungsbedingte Belastungen des Bundeshaushalts gibt. Die erhobenen, in dem Gutachten ausgewerteten Daten und die daraus von den beteiligten sachkundigen Dritten gezogenen Schlussfolgerungen zeigen, dass von einem evidenten Entfallen des wiedervereinigungsbedingten Mehrbedarfs des Bundes noch nicht ausgegangen werden kann. Auch der Umstand, dass unter den in der mündlichen Verhandlung angehörten Ökonomen gerade keine einheitliche Bewertung zu erzielen war, verdeutlicht die fehlende Evidenz eines Wegfalls des wiedervereinigungsbedingten Mehrbedarfs. Die Frage, ob Ausgaben des Bundes jedenfalls auch auf ein bestimmtes Ereignis (hier: Wiedervereinigung) (mit) zurückgeführt werden können oder möglicherweise vollständig durch andere Einflussfaktoren bestimmt sind, kann je nach ökonomischer Grundannahme unterschiedlich beantwortet werden. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, eine Auswahl zwischen diesen Annahmen zu treffen, solange die Annahme, auf die sich der Gesetzgeber gestützt hat, nicht evident neben der Sache liegt.
Das Auslaufen des sogenannten Solidarpakts II mit Ablauf des Jahres 2019 ist hingegen unerheblich. Dadurch ist lediglich die bis dahin erfolgte konkrete Ausgestaltung der Unterstützung der neuen Länder durch den Bund zu ihrem Ende gekommen. Dies bedeutet aber nicht, dass der Bund − wie er im vorliegenden Verfahren hinreichend dargetan hat − nicht auch nach diesem Zeitpunkt wiedervereinigungsbedingte Bedarfe der neuen Länder im gesamtstaatlichen Interesse, namentlich zur Herstellung möglichst gleichwertiger Lebensbedingungen, finanziell auszugleichen hat.
2. Das SolZG 1995 in der hier maßgeblichen Fassung genügt auch den materiellen Anforderungen an eine Inhalts- und Schrankenbestimmung.
a) Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass vorliegend mit dem Ansatz des Solidaritätszuschlags in Höhe von 5,5 % der Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuer eine übermäßige, mit einer verfassungsrechtlichen Obergrenze zumutbarer Besteuerung nicht mehr vereinbare Steuerbelastung verbunden wäre und damit ein Verstoß gegen den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorläge. Dies gilt sowohl für das Jahr 2020, in dem − mit wenigen Ausnahmen − grundsätzlich von allen Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuerpflichtigen die Abgabe erhoben wurde, als auch für die Jahre ab 2021, in denen in Bezug auf die Einkommensteuerpflichtigen grundsätzlich nur noch höhere Einkommensgruppen der Ergänzungsabgabe unterworfen sind.
Auch steht der Zuschlagsatz in Höhe von 5,5 % derzeit noch nicht evident außer Verhältnis zu der Höhe des aufgabenbezogenen Mehrbedarfs, der mit dem Solidaritätszuschlag gedeckt werden soll. Zwar betrug das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag im Jahr 2020 18,7 Milliarden Euro, wohingegen die Summe der zumindest auch vereinigungsbedingten überproportionalen Belastungen des Bundeshaushalts in den Jahren ab 2020 lediglich rund 13 Milliarden Euro beträgt. Der Bundesgesetzgeber reagierte jedoch hierauf entsprechend seiner verfassungsrechtlichen Beobachtungsobliegenheit mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995, indem er den Solidaritätszuschlag nicht mehr von allen einkommensteuerpflichtigen Personen erhob und damit das Aufkommen für die Jahre ab 2021 deutlich verringerte. Im Jahr 2021 betrug das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag nur noch 11 Milliarden Euro.
b) Das SolZG 1995 verletzt auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht.
Im Hinblick auf die soziale Staffelung der Ergänzungsabgabe kann offenbleiben, ob eine grundrechtsrelevante Ungleichbehandlung darin liegen könnte, dass sich der Gesetzgeber (durch eine Gleitzone abgemilderter) Freigrenzen und keiner alle Steuerpflichtigen entlastender Freibeträge bedient beziehungsweise sich nicht dafür entschieden hat, alle Steuerpflichtigen gleichmäßig zu belasten. Eine solche wäre jedenfalls gerechtfertigt.
Soweit die Freigrenzen nach § 3 Abs. 3 Satz 1 SolZG 1995 grundsätzlich nicht auf die im Wege des Kapitalertragsteuerabzugs erhobene, sondern nur auf die veranlagte Einkommensteuer und Lohnsteuer Anwendung finden, handelt es sich nicht um im Wesentlichen vergleichbare Sachverhalte. Dies gilt ebenso, soweit die ab dem Jahr 2021 geltenden Freigrenzen nur auf Einkommensteuer- und nicht auch auf Körperschaftsteuersubjekte Anwendung finden. Insoweit liegen ebenfalls keine im Wesentlichen vergleichbare Sachverhalte vor.
Abweichende Meinung der Richterin Wallrabenstein:
Die Maßstabsbildung und den damit konstruierten Kontrollanspruch des Senats darüber, ob vom Gesetzgeber angeführte Finanzbedarfe (fort)bestehen, halte ich für verfehlt. Auch wenn der Senat diese Kontrolle zurückgenommen ausübt, erschweren die neue Benennungspflicht und Beobachtungsobliegenheit die Erhebung einer Ergänzungsabgabe. Dies schafft verfassungsrechtliche Unsicherheit.
Erfasst man den grundgesetzlichen Gestaltungsrahmen für den Steuergesetzgeber anhand von Art. 14 GG, bilden Privatnützigkeit und Sozialbindung seine beiden Pole. Der Schutz vor einer Steuerlast durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist wesentlich auch durch Art. 14 Abs. 2 GG geprägt. Gerade wegen der Entscheidung des Grundgesetzes für den Schutz des Privateigentums sind Steuern das wesentliche Instrument für eine regelmäßige und damit nachhaltig freiheitssichernde Korrektur der Eigentumsentwicklung, die der Umverteilung bedarf.
Indem der Senat die Ergänzungsabgabe an materielle Voraussetzungen bindet, verkürzt er diesen Gestaltungsspielraum einseitig. Der Bundestag muss dadurch seine Budgetentscheidungen nicht nur allen Bürgerinnen und Bürgern gegenüber demokratisch verantworten. Zusätzlich ist er nun speziell denjenigen, deren Eigentum er durch eine Ergänzungsabgabe belastet, nochmals rechenschaftspflichtig. Diese Erweiterung der Eigentümerstellung zu einem Kontrollrecht über Staatsausgaben ist mit Art. 14 Abs. 1 und 2 GG nicht in Einklang zu bringen.
Zudem belegt der Senat die Ergänzungsabgabe mit einem für das Steuerrecht grundlegend neuartigen Kassationsrisiko. Ob der aufgabenbezogene Mehraufwand, den der Bundestag zur Rechtfertigung einer Ergänzungsabgabe angeben muss, tatsächlich und in der Höhe des durch die Ergänzungsabgabe erzielten Steuervolumens besteht und nicht in evidenter Weise entfallen ist, will der Senat entscheiden. Dies zeigt seine Bereitschaft, in die Finanzpolitik einzugreifen. Das widerspricht meinem Grundverständnis der aus dem Demokratieprinzip und der Gewaltenteilung folgenden Kompetenzgrenzen des Bundesverfassungsgerichts.
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