BFH: Abgrenzung gewerbliche Einkünfte - freiberufliche Einkünfte
Mitunternehmerstellung der Komplementär-GmbH in einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs-KG
- Eine Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs-KG mit einer GmbH als alleiniger Komplementärin erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
- Das gilt auch dann, wenn die GmbH lediglich eine Haftungsvergütung erhält und am Vermögen und Gewinn der KG nicht teilhat.
BFH-Urteil vom 10.10.2012, VIII R 42/10 (veröffentlicht am 12.12.2012)
EStG § 15 Abs. 2, Abs. 3 Nrn. 1 und 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1
GewStG § 2 Abs. 2
Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 12.8.2010, 12 K 2384/08 G = SIS 11 03 71
I. Die Beteiligten streiten um den Gewerbesteuermessbescheid 2008; im Einzelnen geht es um die Frage, ob eine in der Rechtsform der GmbH & Co. KG mit Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung befasste Gesellschaft Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit i.S. des § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bezieht oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG).
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, übte ihre Tätigkeit bis einschließlich 2007 in der Rechtsform einer aus drei Komplementären und neun Kommanditisten bestehenden KG aus. Ihren Gewinn ermittelte sie nach § 4 Abs. 3 EStG. Bis einschließlich 2007 wurden die Einkünfte der Gesellschaft stets als Einkünfte aus freiberuflicher Mitunternehmerschaft i.S. von § 18 EStG festgestellt.
Nachdem durch Änderung des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) und der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) die rechtlichen Voraussetzungen hierfür geschaffen worden waren, firmierte die Klägerin ab 2008 in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Die Gesellschafterstruktur änderte sich insoweit, als die bislang persönlich haftenden Gesellschafter in die Rechtsstellung eines Kommanditisten wechselten, während die X-GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 € als persönlich haftende Gesellschafterin eintrat.
Nach dem Gesellschaftsvertrag sind die Kommanditisten der Klägerin zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet; die X-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin ist von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Die X-GmbH ist weder am Kapital noch am Vermögen noch am erwirtschafteten Ergebnis der KG beteiligt; ihre Anteile werden zu 100 % von der KG gehalten. Die X-GmbH erhält lediglich eine Haftungsprämie, tätigt keine Umsätze, tritt am Markt nicht als werbende Gesellschaft auf und hat in der Gesellschafterversammlung der KG kein Stimmrecht.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) beurteilte die Tätigkeit der Klägerin im Hinblick darauf, dass seit 2008 eine Kapitalgesellschaft persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ist, im ursprünglich angefochtenen Vorauszahlungsbescheid ab 2008 über den Gewerbesteuermessbetrag als gewerblich. Dieser Bescheid ist mittlerweile durch die Jahressteuerfestsetzung über den Gewerbesteuermessbetrag ersetzt worden; darin wird für das Streitjahr 2008 ein Gewerbesteuermessbetrag von 89.089 € ausgewiesen.
Mit der mit Zustimmung des FA erhobenen Sprungklage machte die Klägerin geltend, sie sei nach der Art ihrer Tätigkeit wie in den Jahren zuvor auch im Streitjahr freiberuflich tätig gewesen. Ihre Tätigkeit sei weder gewerblich geprägt (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) noch werde sie durch Abfärbung (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) aufgrund teilweiser gewerblicher Tätigkeit oder aufgrund mitunternehmerischer Beteiligung einer berufsfremden Person in eine gewerbliche Tätigkeit umqualifiziert. Zwar könne die Beteiligung eines Gewerbebetriebs kraft Rechtsform an einer Freiberufler-Mitunternehmerschaft in bestimmten Fallkonstellationen dazu führen, dass die Mitunternehmerschaft insgesamt gewerbliche Einkünfte erziele. Diese Rechtsprechung sei indes auf den Streitfall nicht übertragbar. Zum einen beträfen alle Urteile Sachverhalte, die sich ereignet hätten, bevor der Gesetzgeber durch die Änderung des StBerG und der WPO die Rechtsform der GmbH & Co. KG für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater zugelassen habe; außerdem seien die bisherigen Fälle so gelagert gewesen, dass der Komplementär-GmbH zumindest in gewissem Umfang eine aktive Rolle durch die Beteiligung am Gewinn oder Vermögen oder der Geschäftsführung bzw. durch die Wahrnehmung von nicht unerheblichen Stimmrechten der GmbH zugekommen sei. Da im Streitfall aber die Vertretung der Gesellschaft faktisch nur von den Kommanditisten wahrgenommen werde, fehle es an der Mitunternehmerinitiative und daher an der Mitunternehmerstellung der Komplementär-GmbH.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil vom 12.8.2010, 12 K 2384/08 G ab.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG Düsseldorf vom 12.8.2010, 12 K 2384/08 G sowie den Gewerbesteuermessbescheid 2008 vom 5.2.2010 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Die Auffassung des FG, die von der Klägerin erzielten Einkünfte seien als gewerbliche zu qualifizieren, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
Gemäß § 15 Abs. 2 EStG ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Die für die Annahme eines Gewerbebetriebs erforderlichen positiven Voraussetzungen sind unstreitig erfüllt. Wie vom FG zutreffend erkannt, ist auch der Ausnahmefall der die Annahme eines Gewerbebetriebs ausschließenden Ausübung eines freien Berufs i.S. des § 18 EStG seitens der Klägerin nicht gegeben.
1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entfaltet eine Personengesellschaft nur dann eine Tätigkeit, die die Ausübung eines freien Berufs i.S. von § 18 EStG darstellt, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen (BFH-Urteile vom 4.7.2007 VIII R 77/05, BFH/NV 2008, 53; vom 8.4.2008 VIII R 73/05, BFHE 221, 238, BStBl II 2008, 681; vom 28.10.2008 VIII R 69/06, BFHE 223, 206, BStBl II 2009, 642, jeweils m.w.N.), denn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Freiberuflichkeit können nicht von der Personengesellschaft selbst, sondern nur von natürlichen Personen erfüllt werden. Das Handeln der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit und damit das Handeln der Gesellschaft darf kein Element einer nicht freiberuflichen Tätigkeit enthalten (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 11.6.1985 VIII R 254/80, BFHE 144, 62, BStBl II 1985, 584; in BFHE 221, 238, BStBl II 2008, 681).
Das bedeutet, dass jeder Gesellschafter als Steuerpflichtiger die Hauptmerkmale des freien Berufs in eigener Person positiv erfüllen muss; er muss über die persönliche Berufsqualifikation verfügen und eine freiberufliche Tätigkeit, zu deren Ausübung er persönlich qualifiziert ist, tatsächlich auch entfalten (vgl. Senatsurteil in BFHE 223, 206, BStBl II 2009, 642, unter II.3.b).
Erfüllt auch nur einer der Gesellschafter diese Voraussetzungen nicht, so erzielen alle Gesellschafter Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG (Senatsurteil in BFHE 221, 238, BStBl II 2008, 681, m.w.N.).
b) Der Beteiligung eines Berufsfremden gleichgestellt ist die mitunternehmerische Beteiligung einer Kapitalgesellschaft, und zwar unabhängig von der Qualifikation der anderen Gesellschafter und ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (vgl. BFH-Beschluss vom 3.12.2003 IV B 192/03, BFHE 204, 290, BStBl II 2004, 303; dazu Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.4.2004 1 BvR 549/04).
Eine GmbH erzielt gemäß § 8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes in vollem Umfang Einkünfte aus Gewerbebetrieb (vgl. auch § 2 Abs. 2 des Gewerbesteuergesetzes). Sie kann daher keine freiberuflichen Einkünfte beziehen, selbst wenn sie durch ihre Organe, insbesondere durch ihre Geschäftsführer, der Art nach ausschließlich freiberuflich tätig ist und sowohl diese als auch sämtliche Gesellschafter die persönliche Qualifikation für eine freiberufliche Tätigkeit besitzen (Senatsurteil in BFHE 221, 238, BStBl II 2008, 681, m.w.N.; Brandt in Herrmann/Heuer/Raupach, § 18 EStG Rz 5, m.w.N.). Einkommensteuer- und gewerbesteuerrechtlich ist eine GmbH deshalb bei der Qualifikation der Tätigkeit einer Personengesellschaft als "berufsfremde Person" zu werten. Da eine GmbH als juristische Person des Privatrechts ein eigenständiges Rechtssubjekt ist, kann bei der Besteuerung einer GmbH als solcher durch die GmbH nicht hindurchgegriffen werden; ebenso scheidet ein derartiger Durchgriff bei der Beurteilung der Tätigkeit einer Personengesellschaft aus, an der eine GmbH mitunternehmerisch beteiligt ist (Senatsurteile in BFHE 221, 238, BStBl II 2008, 681; vom 27.3.2007 VIII R 64/05, BFHE 217, 497, BStBl II 2007, 639; vom 1.8.1996 VIII R 12/94, BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272; BFH-Urteile vom 18.3.2004 III R 25/02, BFHE 205, 470, BStBl II 2004, 787; vom 23.4.2009 IV R 73/06, BFHE 225, 343, BStBl II 2010, 40; Senatsbeschluss vom 9.4.1987 VIII B 94/86, BFH/NV 1987, 509).
2. Da die X-GmbH Mitunternehmerin der Klägerin und selbst gewerblich und nicht freiberuflich tätig war, ist auch die Klägerin insgesamt gewerbesteuerpflichtig geworden.
a) Allerdings ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht jeder zivilrechtliche Gesellschafter einer Personengesellschaft auch Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, sondern nur dann, wenn er aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen (oder einer wirtschaftlich vergleichbaren) Stellung Mitunternehmerinitiative ausüben kann und ein Mitunternehmerrisiko trägt.
Die Kriterien für die Annahme einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft unterscheiden sich nicht von denen einer gewerblichen Mitunternehmerschaft (vgl. Senatsurteil in BFHE 221, 238, BStBl II 2008, 681, m.w.N.).
Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche oder wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens. Dieses Risiko wird im Regelfall durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich eines Geschäftswerts vermittelt. Mitunternehmerinitiative bedeutet vor allem Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen. Ausreichend ist bereits die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschafterrechten, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die z.B. den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bzw. denjenigen eines Kommanditisten entsprechen. Da der gesetzlich nicht näher erläuterte Begriff des Mitunternehmers einer abschließenden Definition nicht zugänglich ist, können die Merkmale der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein (sog. Typusbegriff; BFH-Urteil in BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272). Deshalb kann z.B. ein geringeres Initiativrecht durch ein besonders stark ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko ausgeglichen werden. Allerdings müssen beide Merkmale vorliegen. Ob das zutrifft, ist unter Berücksichtigung aller die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen (BFH-Urteile vom 25.4.2006 VIII R 74/03, BFHE 213, 358, BStBl II 2006, 595; vom 17.5.2006 VIII R 21/04, BFH/NV 2006, 1839, jeweils m.w.N.).
b) Nach den vorstehend genannten Kriterien ist das FG zu Recht von einer Mitunternehmerstellung der X-GmbH ausgegangen.
aa) Zum einen besitzt die X-GmbH entgegen der Auffassung der Klägerin Mitunternehmerinitiative, auch wenn diese aufgrund der vertraglichen Gestaltungen - Ausschluss der X-GmbH von der Geschäftsführung der Klägerin und kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung - nur schwach ausgeprägt war. Die X-GmbH war zumindest Vertreterin der Klägerin. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) kann dem einzigen persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft zwar die Geschäftsführungsbefugnis, nicht aber die Vertretungsbefugnis entzogen werden (vgl. BGH-Urteil vom 9.12.1968 II ZR 33/67, BGHZ 51, 198). In einer Kommanditgesellschaft, die nur einen persönlich haftenden Gesellschafter hat, ist die Regelung der gesetzlichen Vertretungsverhältnisse nur in der Weise möglich, dass dieser Gesellschafter die alleinige Vertretungsbefugnis erhält. Die (organschaftliche) Vertretung der Gesellschaft kann weder einem Kommanditisten noch einem Dritten übertragen werden (BGH-Urteil in BGHZ 51, 198). Demgegenüber sind die Kommanditisten nach der zwingenden Grundentscheidung des Gesetzgebers in § 170 des Handelsgesetzbuchs (HGB) nicht zur Vertretung ermächtigt (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 170 Rz 1; Schlegelberger/ Martens, Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., § 170 Rz 8; MünchKommHGB/Grunewald, 3. Aufl., § 170 Rz 12).
Darüber hinaus hatte die X-GmbH auch die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschaftsrechten, die den in § 716 Abs. 1 BGB geregelten Kontrollrechten bzw. den Rechten, die einem Kommanditisten nach dem HGB zustehen, angenähert sind (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 213, 358, BStBl II 2006, 595, m.w.N.). Zu Recht weist das FG in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die X-GmbH gemäß § 161 Abs. 2 i.V.m. § 118 Abs. 1 HGB befugt war, sich in gleicher Weise, wie es § 716 BGB für die GbR vorsieht, über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu unterrichten. Zwar ist dieses Kontrollrecht abdingbar (vgl. § 118 Abs. 2 HGB), der Gesellschaftsvertrag der Klägerin enthält jedoch - worauf das FG zutreffend hinweist - keine dahingehende Bestimmung. Das Kontrollrecht ist auch nicht bereits deshalb abbedungen, weil die Komplementärin von der Geschäftsführung ausgeschlossen war. Denn die aus § 118 Abs. 1 HGB folgenden Befugnisse beschränken sich jedenfalls dann nicht auf die isolierte Wahrnehmung von Kontrollrechten, wenn klärungsbedürftige Auffälligkeiten oder Unregelmäßigkeiten zutage treten, die vielleicht sogar die Existenz der Gesellschaft gefährden können. Ein persönlich haftender Gesellschafter, der allein das unbegrenzte Haftungsrisiko trägt, muss in einem solchen Fall sogar ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung die Möglichkeit haben, vom Geschäftsführungsausschuss (vgl. § 8 des Gesellschaftsvertrags) Aufklärung zu verlangen oder einen Beschluss der Gesellschafterversammlung herbeizuführen.
bb) Zum anderen ist auch ein Mitunternehmerrisiko der X-GmbH zu bejahen. Bereits mit Urteil vom 11.6.1985 VIII R 252/80 (BFHE 144, 357, BStBl II 1987, 33) hat der Senat zum Ausdruck gebracht, dass der persönlich haftende Gesellschafter in einer kapitalistisch organisierten Kommanditgesellschaft schon wegen des Haftungsrisikos als Mitunternehmer anzusehen ist und zwar selbst dann, wenn ihm kein Anteil am Kapital zusteht und er im Innenverhältnis von der Haftung freigestellt wird. Daran hält der Senat fest und zwar vor allem im Hinblick auf die nur im Innen- nicht aber im Außenverhältnis wirksame Haftungsfreistellung der X-GmbH. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Werthaltigkeit der Haftungsfreistellungserklärung im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung keine Rückschlüsse auf die Werthaltigkeit der Freistellungserklärung im Zeitpunkt des Eintritts eines etwaigen Haftungsfalls zulässt. Trotz Freistellungserklärung und unabhängig von etwaigen Streitigkeiten über die Wirksamkeit der Freistellungserklärung bei Eintritt eines Haftungsfalls lässt sich ein Eintritt der Haftung - u.U. nach Ausfall der im Innenverhältnis vorrangig haftenden Kommanditisten - weder ganz noch teilweise ausschließen (in diesem Sinne auch Senatsurteile in BFHE 213, 358, BStBl II 2006, 595; vom 17.11.1987 VIII R 83/84, BFHE 152, 230; kritisch dazu Karl, Betriebs-Berater - BB - 2010, 1311; ders., Deutsches Steuerrecht 2011, 159; Paus, Deutsche Steuer-Zeitung 1989, 162; differenzierend Fischer, BB 1986, 779). Im Ergebnis könnte eine Inanspruchnahme der X-GmbH im Haftungsfall daher zur Überschuldung und letztlich zur Liquidation der Gesellschaft führen.
Soweit die Klägerin dagegen einwendet, aufgrund der Beteiligungsverhältnisse an der X-GmbH seien die Kommanditisten der Klägerin diejenigen, die wirtschaftlich betrachtet mit dem Haftungsrisiko, d.h. mit dem Mitunternehmerrisiko, belastet sind, vermag der Senat diesem Argument kein Gewicht beizumessen. Zum einen ist die X-GmbH als juristische Person des Privatrechts auch steuerlich gesehen ein eigenständiges Rechtssubjekt und ein eigenständiger Rechtsträger; ferner kommt wegen des Trennungsprinzips zwischen der Ebene der Kapitalgesellschaft und der Ebene der Gesellschafter ein Durchgriff auf die Gesellschafter grundsätzlich nicht in Betracht. Das Haftungsrisiko als Ausprägung des Mitunternehmerrisikos ist daher allein aus der Sicht der X-GmbH zu bewerten, nicht aber aus der Sicht der Kommanditisten. Zum anderen kommt der Haftungsfunktion der X-GmbH und der Beschränkung der Haftung aus der Sicht der übrigen Gesellschafter schon deshalb besondere Bedeutung zu, weil diese bewusst die Rechtsform der GmbH & Co. KG gewählt haben, um ihre eigene persönliche Haftung möglichst gering zu halten. Die mangelnde Teilhabe der X-GmbH am Gewinn und Verlust und an den stillen Reserven ist daher nicht geeignet, das Mitunternehmerrisiko der X-GmbH als gänzlich unbedeutend einzustufen.
cc) Von der Mitunternehmerstellung einer Komplementär-GmbH in vergleichbaren Konstellationen geht auch die Finanzverwaltung aus (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 16.11.2007 IV B 2 - S 2246/0, abrufbar unter www.wpk.de/pdf/BMF_Einkuenfte_Berufsgesellschaft_16-11-2007.pdf; kritisch dazu Karl, BB 2010, 1311 ff.), welche die Einkünfte einer Berufsgesellschaft aus Wirtschaftsprüfern oder Steuerberatern, die die Rechtsform einer GmbH & Co. KG wählen, nicht als freiberufliche, sondern insgesamt als gewerbliche Einkünfte qualifiziert.
3. Für die Auffassung, dass die Klägerin gewerbesteuerpflichtig ist, spricht auch die Entwicklungsgeschichte des § 50 StBerG. Mit dem 8. Gesetz zur Änderung des StBerG sollte das Berufsrecht der Steuerberater liberalisiert und die GmbH & Co. KG als Rechtsform für Steuerberatungsgesellschaften zugelassen werden (vgl. BTDrucks 16/7077, S. 1, S. 18). § 50 Abs. 1 StBerG wurde daher ein Satz 2 - heute Satz 3 - angefügt mit dem Wortlaut: "Persönlich haftender Gesellschafter kann auch eine Steuerberatungsgesellschaft sein, die die Voraussetzungen des § 50a erfüllt". Damit sollte aber keine steuerrechtliche Neubewertung von kapitalistisch strukturierten Kommanditgesellschaften einhergehen. In der Begründung zur Neufassung des Gesetzes heißt es ausdrücklich, dass eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG aufgrund der "Abfärbetheorie" gewerbliche Einkünfte erziele; "die Tätigkeit einer Steuerberatungsgesellschaft, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben wird, gilt stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb und überträgt sich auf alle Mitunternehmer" (vgl. BTDrucks 16/7077, S. 30). Auch wenn die Formulierung "in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben" eher verworren ist, lässt sich doch dem vorhergehenden Satz unzweideutig entnehmen, dass die Rechtsform der GmbH & Co. KG in jedem Fall gewerbliche und keine freiberuflichen Einkünfte nach sich ziehen sollte.
Die Neufassung der WPO durch das Gesetz zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufsrechtlicher Regelungen in der WPO (Berufsaufsichtsreformgesetz) widerstreitet dem nicht, denn in der Begründung zur Neufassung von § 28 WPO heißt es: "Nach geltendem Recht kann die GmbH & Co. KG nicht als Wirtschaftsprüfungs- oder Buchprüfungsgesellschaft anerkannt werden. Aufgrund steuerrechtlicher und haftungsrechtlicher Vorteile der GmbH & Co. KG ist jedoch ein Bedarf im Berufsstand durchaus gegeben" (vgl. BTDrucks 16/2858, S. 24). Für die steuerliche Beurteilung von Einkünften aus einer derartigen GmbH & Co. KG lässt sich daraus nichts ableiten.
4. Die Klägerin hat demnach keine Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Daher kann auch ihr Einwand nicht tragen, eine Abfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG sei zu verneinen, weil die der X-GmbH in ihrem Sonderbereich zugeordneten geringen Einkünfte aus der Haftungsprämie steuerrechtlich die Einkünfte der Klägerin nicht tangierten. Soweit die bisherige BFH-Rechtsprechung § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in Fällen einschränkend ausgelegt hat, in denen neben freiberuflichen in quantifizierbarer Weise geringe gewerbliche Tätigkeiten entfaltet wurden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11.8.1999 XI R 12/98, BFHE 189, 419, BStBl II 2000, 229), ist diese schon deshalb nicht einschlägig, weil es im Streitfall allein um die Frage geht, ob die Tätigkeit der Kommanditgesellschaft als solche abweichend vom Grundtatbestand des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG angesichts der Beteiligung eines Berufsfremden (hier: GmbH) und seiner Mitwirkung in der Gesellschaft noch als freiberuflich qualifiziert werden kann (vgl. Senatsurteil in BFHE 223, 206, BStBl II 2009, 642). Das ist wie vorstehend ausgeführt zu verneinen.
Der Senat kann offen lassen, ob bereits der bloße Umstand, dass eine Kapitalgesellschaft als alleinige Komplementärin einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-KG fungiert, stets dazu führt, dass die KG Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Denn auch eine nur tätigkeitsbezogene Betrachtung der X-GmbH kommt angesichts der von ihr verwirklichten Kriterien Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko zu dem Ergebnis, dass keine freiberuflichen Einkünfte, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen.
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