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BFH: Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb im Fall eines abweichenden Wirtschaftsjahrs

Bei der Bestimmung der Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 35 des Einkommensteuergesetzes) ist auf die Mitunternehmer abzustellen, die am Ende des (gegebenenfalls abweichenden) Wirtschaftsjahrs an der Mit­unternehmerschaft beteiligt waren (Bestätigung und Fortführung der Urteile des Bundesfinanzhofs vom 14.01.2016 ‑ IV R 5/14, BFHE 253, 67, BStBl II 2016, 875 = SIS 16 09 17; vom 14.01.2016 ‑ IV R 48/12 = SIS 16 11 40).

EStG § 4a Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 25 Abs. 1, § 35
GewStG § 5 Abs. 1 Satz 3, § 10 Abs. 2, § 14, § 18
FGO § 40 Abs. 1, § 48 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 100 Abs. 2

BFH-Urteil vom 10.4.2025, IV R 21/22 (veröffentlicht am 30.5.2025)

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 20.7.2022, 10 K 686/20 F = SIS 22 19 99

I. Streitig ist bei der Steuerermäßigung für Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 35 des Einkommensteuergesetzes in der im Jahr 2018 (Streitjahr) geltenden Fassung (EStG), ob bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ein nach dem Ende des Wirtschaftsjahrs, aber noch vor Ende des Kalender­jahrs ausgeschiedener Mitunternehmer zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine KG, an der im Jahr ihrer Gründung 2004 neben der Komplementärin (V‑GmbH) als Kommanditist H be­teiligt war. Die Gesellschafter der Klägerin sind an deren Ergebnis nach dem Verhältnis ihrer Anteile an dem Festkapital der Klägerin beteiligt. Das Festkapi­tal der Klägerin beträgt 26.000 €, die V‑GmbH ist daran mit einer Einlage von 1.000 € (entspricht 3,85 %), H war mit 25.000 € (entspricht 96,15 %) betei­ligt. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn für Wirtschaftsjahre vom 01.07. bis zum 30.06. In § 18 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin ist unter anderem geregelt, dass die Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters mit den Erben fortgesetzt wird, wenn es sich hierbei um den Ehegatten oder einen Abkömmling handelt.

Am xx.08.2018 verstarb H. Er wurde je zur Hälfte beerbt von seiner Ehefrau I (Beigeladene zu 1.) und von seiner Tochter S (Beigeladene zu 2.). Am yy.01.2019 wurden I und S mit einer Kommanditeinlage von je 12.500 € im Wege der Sondererbfolge nach H als Kommanditisten der Klägerin in das Handelsregister eingetragen.

Für das Streitjahr gab die Klägerin am 12.08.2019 eine Erklärung zur geson­derten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbe­steuerung ab. Als Feststellungsbeteiligte benannte sie die V‑GmbH sowie H.

Am 10.10.2019 erließ der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) den Bescheid für 2018 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid) und des verrechenba­ren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG. Als Feststellungsbeteiligte wurden ne­ben der V‑GmbH der "Gesamtrechtsnachfolger/in nach" H aufgeführt. In den Erläuterungen des Bescheids wurde darauf hingewiesen, dass H verstorben und von I und S beerbt worden sei.

Ebenfalls am 10.10.2019 erließ das FA einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2018 für die Klägerin (Feststellung nach § 35 Abs. 2 EStG). Darin wurde der Gewerbesteuermessbetrag von 3.465 € aufgeteilt auf die V‑GmbH (133,40 €), I (1.665,80 €) und S (1.665,80 €). Die für den Feststellungszeitraum tat­sächlich zu zahlende Gewerbesteuer der Klägerin von 16.979 € wurde eben­falls aufgeteilt auf die V‑GmbH (653,70 €), I (8.162,65 €) und S (8.162,65 €).

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruch zum Finanzgericht (FG) Düsseldorf erho­benen Klage verfolgte die Klägerin das Ziel der Zurechnung der Gewerbesteu­ermessbeträge an H weiter.

Das FG gab der Klage mit Urteil vom 20.07.2022 ‑ 10 K 686/20 F überwiegend statt. Es änderte den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststel­lung nach § 35 Abs. 2 EStG vom 10.10.2019 insoweit, als I und S nicht selbst als Feststellungsbeteiligte aufzunehmen seien, sondern ihnen als Miterben nach H ein Anteil an dem Gewerbesteuermessbetrag von 3.331,60 € sowie eine anteilig tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer von 16.325,30 € zuzuwei­sen sei. Im Übrigen wies das FG die Klage hinsichtlich des Gewinnfeststel­lungsbescheids und der Feststellung nach § 15a Abs. 4 EStG ab. Die Revision ließ es nur wegen der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 35 Abs. 2 EStG zu.

Das FA rügt mit seiner Revision die Verletzung von Bundesrecht, insbesondere eine fehlerhafte Anwendung des § 35 Abs. 2 EStG durch das FG. Das FA habe in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in den Urteilen vom 14.01.2016 ‑ IV R 5/14 (BFHE 253, 67, BStBl II 2016, 875) und vom 14.01.2016 ‑ IV R 48/12 die Zurechnung des Gewerbesteuermessbe­trags und der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer auf die am Ende des Er­hebungszeitraums an der Klägerin beteiligten Mitunternehmer I und S vor­genommen. An dieser Rechtsprechung sei auch im Fall eines abweichenden Wirtschaftsjahrs festzuhalten und auf die Verhältnisse zum Ende des Erhe­bungszeitraums am 31.12. abzustellen.

Das FA beantragt,
das Urteil des FG Düsseldorf vom 20.07.2022 ‑ 10 K 686/20 F insoweit aufzuheben, als es der Klage gegen die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 35 Abs. 2 EStG für 2018 stattgegeben hat, und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb nach § 126 Abs. 2 der Finanzge­richtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid über die gesonderte und ein­heitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2018 nach § 35 Abs. 2 EStG. Hierin enthalten ist die Feststellung des Gewerbesteu­ermessbetrags, der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer (§ 35 Abs. 4 EStG) und der auf die einzelnen Mitunternehmer entfallenden Anteile. Dieser Feststellungsbescheid ist ein eigenständiger Verwaltungsakt. Er kann ‑‑muss aber nicht‑‑ als Sammelbescheid zusammen mit dem Gewinnfeststellungsbe­scheid (nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Ab­gabenordnung) ergehen (BFH-Urteile vom 14.01.2016 ‑ IV R 5/14, BFHE 253, 67, BStBl II 2016, 875, Rz 26; vom 28.10.2021 ‑ IV R 12/19, Rz 15).

Im Streitfall sind beide Bescheide isoliert voneinander erlassen worden. Das FG hat über beide Bescheide entschieden und die Revision nur bezogen auf seine Entscheidung über den Feststellungsbescheid nach § 35 Abs. 2 EStG zu­gelassen. Nur dieser Bescheid ist Gegenstand des Revisionsverfahrens.

2. Die zulässige Revision des FA ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht die Zulässigkeit der auf Abänderung des Feststellungsbescheids nach § 35 Abs. 2 EStG gerichteten Klage bejaht (dazu unter a) und zutreffend der Klage in der Sache stattgegeben (dazu unter b).

a) Die Klage ist zulässig.

aa) Die Klägerin ist klagebefugt.

Nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a FGO i.d.F. des Kreditzweitmarktförderungs­gesetzes vom 22.12.2023 (BGBl. 2023 I Nr. 411; zur Anwendbarkeit für Ver­fahren, die bei Inkrafttreten der Norm am 01.01.2024 bereits anhängig sind, s. BFH-Urteil vom 08.08.2024 ‑ IV R 1/20, BStBl II 2025, 122, Rz 25) ist die Klägerin als rechtsfähige Personenvereinigung zur Klageerhebung gegen Be­scheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungs­grundlagen befugt.

bb) Die Klage ist als Anfechtungsklage in Gestalt der Abänderungsklage statt­haft.

Nach § 40 Abs. 1 FGO kann mit einer Anfechtungsklage die Aufhebung oder in den Fällen des § 100 Abs. 2 FGO auch die Änderung eines Verwaltungsakts durch das Gericht begehrt werden; für eine Verurteilung zum Erlass eines ab­gelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts ist die Verpflichtungsklage statthaft.

Wie das FG zutreffend entschieden hat, handelt es sich bei dem Begehren, ei­nen Anteil an einem Gewerbesteuermessbetrag sowie an der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer gemäß § 35 Abs. 2, Abs. 4 EStG für eine Steuerer­mäßigung zugeordnet zu erhalten, das die Finanzbehörde zunächst im Rahmen einer Sachentscheidung abgelehnt hat, um ein Anfechtungsbegehren, gerichtet auf Abänderung des erlassenen Verwaltungsakts (vgl. BFH-Urteil vom 22.09.2011 ‑ IV R 8/09, BFHE 235, 287, BStBl II 2012, 183, Rz 18).

b) Das FG hat der Klage auch in der Sache zu Recht stattgegeben.

Für die Aufteilung des Steuerermäßigungsbetrags waren der Steuermessbe­trag sowie die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer auf diejenigen Gesell­schafter zu verteilen, die zum Ende des abweichenden Wirtschaftsjahrs am 30.06.2018 an der Klägerin beteiligt waren. Dazu gehörte neben der Komple­mentärin V‑GmbH auch der erst nach diesem Zeitpunkt durch Tod ausgeschie­dene Kommanditist H; die Beigeladenen I und S sind lediglich als dessen Sonderrechtsnachfolger Adressaten der geänderten Feststellung.

aa) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkom­mensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen mit Ausnahme von §§ 34f, 34g, 35a EStG, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Ein­kommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt (Ermäßigungshöchstbe­trag), bei Einkünften aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG um das 3,8‑Fache des jeweils für den dem Ver­anlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum festgesetzten anteili­gen Gewerbesteuermessbetrags. Der Abzug des Steuerermäßigungsbetrags ist nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt.

Bei Mitunternehmerschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist nach § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag des Gewerbesteuermessbetrags, die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die einzelnen Mitunterneh­mer entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen. Der Anteil eines Mitunternehmers richtet sich nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunterneh­merschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels; Vor­abgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen (§ 35 Abs. 2 Satz 2 EStG).

Für die Ermittlung der Steuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 EStG sind die Fest­setzung des Gewerbesteuermessbetrags, die Feststellung des Anteils an dem festzusetzenden Gewerbesteuermessbetrag nach § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG und die Festsetzung der Gewerbesteuer Grundlagenbescheide (§ 35 Abs. 3 Satz 2 EStG). Für die Ermittlung des anteiligen Gewerbesteuermessbetrags nach § 35 Abs. 2 EStG sind die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und die Festsetzung des anteiligen Gewerbesteuermessbetrags aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft Grundlagenbescheide (§ 35 Abs. 3 Satz 3 EStG). Für die Aufteilung und die Feststellung der tatsächlich zu zahlenden Gewerbe­steuer bei Mitunternehmerschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gelten § 35 Abs. 2 und Abs. 3 EStG entsprechend (§ 35 Abs. 4 EStG).

bb) Wie der BFH bereits entschieden hat, knüpft die § 35 EStG zugrunde lie­gende gesetzgeberische Typisierung, die Verteilung anhand des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels vorzunehmen (§ 35 Abs. 2 Satz 2 EStG), maß­geblich an die Steuerschuldnerschaft der Personengesellschaft an. Schuldner der Gewerbesteuer ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) die (Personen‑)Gesellschaft. Die Gewerbesteuer mindert folglich den Gesamthandsgewinn der Personengesellschaft, der nach dem gesellschaftsver­traglich vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel den Gesellschaftern zugewie­sen wird. Insoweit trifft der Aufwand alle Gesellschafter auf der Grundlage des gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungsschlüssels (BFH-Urteile vom 14.01.2016 ‑ IV R 5/14, BFHE 253, 67, BStBl II 2016, 875, Rz 36; vom 14.01.2016 ‑ IV R 48/12, Rz 31). In seinen Urteilen vom 14.01.2016 ‑ IV R 5/14 (BFHE 253, 67, BStBl II 2016, 875) und vom 14.01.2016 ‑ IV R 48/12 hat der BFH aus der Anknüpfung an die Steuerschuldnerschaft der Personengesellschaft gefolgert, dass der allgemeine Gewinnverteilungsschlüs­sel als Maßstab der Aufteilung für die Ermittlung der Steuerermäßigung für den Zeitpunkt der Entstehung der Gewerbesteuer am Ende des gewerbesteu­errechtlichen Erhebungszeitraums zu bestimmen sei.

cc) Die diesen Urteilen zugrunde liegenden Fallkonstellationen betrafen kalen­derjahrgleiche Wirtschaftsjahre. Nicht zu entscheiden hatte der BFH bislang über den zeitlichen Bezugspunkt des Verteilungsmaßstabs in § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG in einem Fall wie dem Streitfall, der ein vom Kalenderjahr abwei­chendes Wirtschaftsjahr betrifft.

Zu Recht hat das FG entschieden, dass unter Berücksichtigung auch derartiger Fälle letztlich nicht auf das Ende des gewerbesteuerrechtlichen Erhebungszeit­raums abzustellen ist, sondern auf das Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahrs. Mit dem FG geht der BFH daher nunmehr davon aus, dass zeitlicher Bezugs­punkt des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels als maßgeblicher Vertei­lungsmaßstab in § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG stets das Ende des Wirtschaftsjahrs ist, das der Ermittlung des Gewerbeertrags für den jeweiligen Erhebungszeit­raum zugrunde lag. Dieser modifizierte Ansatz führt in den Fällen eines kalen­derjahrgleichen Wirtschaftsjahrs zu keinem anderen Ergebnis als bisher, da hier das Ende des Wirtschaftsjahrs mit dem Ende des Erhebungszeitraums zu­sammenfällt (Ende des Kalenderjahrs); er führt aber zugleich auch für vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahre zu einem sachgerechten Ergebnis.

(1) Grundsätzlich sollen nur solche Gesellschafter die Ermäßigung nach § 35 EStG erhalten, deren Einkünfte wirtschaftlich mit Gewerbesteuer belastet sind. Es entspricht allerdings dem typisierenden und damit auch von Vereinfa­chungsgesichtspunkten getragenen gesetzgeberischen Konzept des § 35 EStG, den Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag, der sich nach § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunterneh­merschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels richtet, nicht entsprechend der tatsächlichen Zugehörigkeit des einzelnen Mitunterneh­mers, sondern typisierend auf einen bestimmten Stichtag bezogen zu ermit­teln (vgl. BFH-Urteil vom 14.01.2016 ‑ IV R 5/14, BFHE 253, 67, BStBl II 2016, 875, Rz 34 ff., 52).

Eine Typisierung muss jedoch den typischen Fall als Leitbild wählen (vgl. z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28.11.2023 ‑ 2 BvL 8/13, BVerfGE 168, 1, Rz 152). Der Stichtag für die Anwendung des allgemeinen Ge­winnverteilungsschlüssels muss danach so gewählt sein, dass sowohl bei ka­lenderjahrgleichem wie auch bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirt­schaftsjahr jedenfalls eine teilweise Identität und damit ein teilweiser Gleich­lauf besteht zwischen denjenigen Mitunternehmern, die den erwirtschafteten Gewinn versteuern müssen, und denjenigen Mitunternehmern, die angesichts der Gewerbesteuerbelastung der Gesellschaft eine Steuerermäßigung erhalten. Das ist bei einem Abstellen auf das Ende des Erhebungszeitraums bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr jedoch nicht der Fall. Dieser Stichtag steht zu dem abweichenden Wirtschaftsjahr (und dessen Bilanzstich­tag) in keinerlei Beziehung. Stellt man hingegen für die Bestimmung des An­teils eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag stets auf den allge­meinen Gewinnverteilungsschlüssel am Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahrs ab, erhalten zwar ‑‑als Folge der stichtagsbezogenen Typisierung‑‑ auch bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr vor dessen Ablauf aus­geschiedene Mitunternehmer keinen Anteil am Gewerbesteuermessbetrag zu­geordnet. Ebenso wie im Fall des kalenderjahrgleichen Wirtschaftsjahrs wer­den jedoch diejenigen Mitunternehmer berücksichtigt, die am Ende des Wirt­schaftsjahrs an der Mitunternehmerschaft noch beteiligt waren und erst da­nach ausgeschieden sind. Insoweit besteht in beiden Fällen jedenfalls Teiliden­tität zwischen denjenigen Mitunternehmern, die den erwirtschafteten Gewinn versteuern müssen, und denjenigen Mitunternehmern, die angesichts der Ge­werbesteuerbelastung der Gesellschaft eine Steuerermäßigung erhalten.

(2) Auch die Systematik des Einkommensteuergesetzes und des Gewerbesteu­ergesetzes in Bezug auf abweichende Wirtschaftsjahre spricht dafür, den zeit­lichen Bezugspunkt des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels als maßgeb­lichen Verteilungsmaßstab in § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG stets auf das Ende des Wirtschaftsjahrs zu bestimmen, das der Ermittlung des Gewerbeertrags für den jeweiligen Erhebungszeitraum zugrunde lag.

§ 35 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 EStG bestimmt den "Gewinn der Mitunterneh­merschaft" zum maßgebenden Ausgangspunkt für die anteilige Zuordnung der Ermäßigung nach der angefallenen Gewerbesteuer auf die Mitunternehmer. Dieser Gewinn einer Mitunternehmerschaft wird stets nach dem Wirtschafts­jahr ermittelt (§ 4a Abs. 1 Satz 1 EStG). Sowohl das Einkommensteuer- als auch das Gewerbesteuerrecht stellen zwar für das Entstehen der Steuer auf das Ende des Kalenderjahrs ab (§ 25 Abs. 1 EStG, §§ 18, 14 Satz 2 GewStG). Das von einem Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr wird jedoch sowohl im Einkommensteuer- als auch im Gewerbesteuerrecht nach Maßgabe seines Endes zugeordnet: Die im abweichenden Wirtschaftsjahr erzielten Gewinne und Gewerbeerträge werden als in dem Kalenderjahr beziehungsweise Erhe­bungszeitraum bezogen fingiert, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG, § 10 Abs. 2 GewStG). Veränderungen bei dem Gewinn oder dem Gewerbeertrag im Zeitraum zwischen dem Ende des abweichenden Wirt­schaftsjahrs und dem Ende des Kalenderjahrs werden hierbei dem nächsten Kalenderjahr beziehungsweise Erhebungszeitraum zugewiesen.

Es fügt sich in diese gesetzliche Systematik der steuerlichen Berücksichtigung der Gewinnermittlung bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr ein, wenn da­nach für Zwecke des § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG auf den Gewinnverteilungs­schlüssel am Ende des (gegebenenfalls abweichenden) Wirtschaftsjahrs abge­stellt wird.

(3) Für ein Abstellen auf das Ende des Wirtschaftsjahrs spricht schließlich auch eine in § 35 Abs. 3 Satz 3 EStG zum Ausdruck kommende verfahrensrechtliche Verknüpfung. Danach ist die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags Grundlagenbescheid für die Aufteilung desselben. Da es wegen der Bezugsfik­tion des § 10 Abs. 2 GewStG für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbe­trags auf die Verhältnisse zum Ende des abweichenden Wirtschaftsjahrs an­kommt, ist es systemkonform, auch für seine Aufteilung auf diesen Zeitpunkt abzustellen.

dd) Die hiergegen erhobenen Einwendungen des FA greifen nicht durch. So steht ein Mehraufwand für die Finanzverwaltung, der mit einer (erneuten) An­passung der Datenverarbeitung für den Fall der Ermäßigung bei einem abwei­chenden Wirtschaftsjahr verbunden ist, der oben ausgeführten Fortentwick­lung der Rechtsprechung nicht entgegen. Im Rahmen der mündlichen Ver­handlung vor dem Senat haben die Vertreter des FA erklärt, dass die erforder­liche Anpassung der Datenverarbeitung technisch machbar sei. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser Aufwand unverhältnismäßig sein könn­te.

Wie die Ermäßigung zu ermitteln ist, wenn in einem Erhebungszeitraum zwei Wirtschaftsjahre enden (abweichendes Wirtschaftsjahr mit anschließendem Rumpfwirtschaftsjahr durch Umstellung auf das kalenderjahrgleiche Wirt­schaftsjahr), hat der Senat im Streitfall nicht zu entscheiden.

ee) Waren danach für die Aufteilung des Steuerermäßigungsbetrags der Steu­ermessbetrag sowie die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer auf diejenigen Gesellschafter zu verteilen, die zum Ende des abweichenden Wirtschaftsjahrs am 30.06.2018 an der Klägerin beteiligt waren, hat das FG den angefochtenen Feststellungsbescheid nach § 35 Abs. 2 EStG insoweit zutreffend dahin geän­dert, dass I und S nicht selbst als Feststellungsbeteiligte, sondern in ihrer Funktion als Rechtsnachfolger des H zu erfassen sind. Da dies zwischen den Beteiligten nicht in Streit steht, sieht der Senat insoweit von weiteren Ausfüh­rungen ab.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2, § 139 Abs. 4 FGO. Die Bei­geladenen haben keine Sachanträge gestellt oder das Verfahren anderweitig wesentlich gefördert, so dass eine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten nicht angezeigt ist.

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