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BFH: AdV betreffend Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrags für eine Photovoltaikanlage

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob ein im Jahr 2021 in Abzug gebrachter Investi­tionsabzugsbetrag für eine im Jahr 2022 tatsächlich erworbene und nach § 3 Nr. 72 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerbefreite Photovoltaikanla­ge allein wegen des Inkrafttretens dieser Steuerbefreiung gemäß § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG im Jahr 2021 rückgängig zu machen ist.

FGO § 69
EStG § 7g, § 3 Nr. 72

BFH-Beschluss vom 15.10.2024, III B 24/24 (AdV) (veröffentlicht am 31.10.2024)

Vorinstanz: FG Köln vom 14.3.2024, 7 V 10/24 = SIS 24 08 32

I. Der einzeln veranlagte Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) be­gehrt die Aussetzung der Vollziehung (AdV) eines Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2021 (Streitjahr). Die Beteiligten streiten über die Bedeutung der am 01.01.2022 in Kraft getretenen Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 72 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für einen bereits im Jahr 2021 in Abzug gebrachten Investitionsabzugsbetrag (IAB) für eine Photovoltaikanlage.

Im Einspruchsverfahren gegen den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 20.04.2022 machte der Antragsteller einen IAB für die geplante Anschaffung einer Photovoltaikanlage geltend (50 % von … €) und erklärte dafür erstmals Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Verlust … €). Der Antrags- und Beschwerdegegner (Finanzamt ‑‑FA‑‑) erkannte dies zu­nächst an (Bescheid vom 27.05.2022 ohne Vorbehalt der Nachprüfung und ohne Vorläufigkeit der Einkünfte aus Gewerbebetrieb). Im November 2022 schaffte der Antragsteller die Anlage mit einer Leistung von 11,2 kWp zum Preis von … € tatsächlich an.

Mit Bescheid vom 21.11.2023 änderte das FA nach § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr. Es verwies auf die Rz 19 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 17.07.2023, BStBl I 2023, 1494. Nach der Auffassung des BMF sind danach Investitionsab­zugsbeträge, die in vor dem 01.01.2022 endenden Wirtschaftsjahren in An­spruch genommen und bis einschließlich zum 31.12.2021 noch nicht gewinn­wirksam hinzugerechnet wurden, nach § 7g Abs. 3 EStG rückgängig zu ma­chen, wenn in nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigte Photovoltaikanlagen investiert wurde.

Über den fristgemäß eingelegten Einspruch des Antragstellers hat das FA noch nicht entschieden. Den AdV-Antrag lehnte es mit Verfügung vom 28.12.2023 ab.

Mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2024, 936 veröffentlich­ten Beschluss vom 14.03.2024 ‑ 7 V 10/24 lehnte auch das Finanzgericht (FG) Köln den AdV-Antrag des Antragstellers ab. Nach summarischer Prüfung be­stünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids vom 21.11.2023. Das FA habe den IAB in Höhe von … € im Streitjahr gemäß § 7g Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 7g Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG zu Recht rückgängig gemacht (s. im Einzelnen FG-Beschluss S. 10 ff. unter II.2.). Wegen der nach § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG bestehenden Steuerfreiheit sei im Jahr 2022 beim Antragsteller kein Gewinn zu ermitteln (§ 3 Nr. 72 Satz 2 EStG), sodass von ihm auch keine Gewinnermittlung zu erstellen sei (auch nicht frei­willig). Es fehle damit an einer Gewinnermittlung, bei der eine gewinnerhöhen­de Hinzurechnung des IAB erfolgen könne. Eine isolierte Hinzurechnung als gewerbliche Einnahme ohne eine entsprechende Gewinnermittlung hält das FG nicht für denkbar. Die Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids vom 27.05.2022 stehe nicht entgegen, da § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG auch für diesen Fall eine Änderung ermögliche. Bei summarischer Prüfung bestünden ferner keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Im Übrigen wäre dem Antragsteller die AdV nach Ansicht des FG auch bei Bejahung verfassungsrechtlicher Zweifel mangels eines besonderen Aussetzungsinteresses nicht zu gewähren.

Mit der hiergegen fristgemäß erhobenen Beschwerde macht der Antragsteller primär einfachrechtliche und hilfsweise verfassungsrechtliche Zweifel geltend. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf die Schriftsätze des Be­vollmächtigten Bezug genommen (Akte des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ S. 34 ff., 111 ff., 120 ff.).

Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des FG vom 14.03.2024 ‑ 7 V 10/24 dahingehend abzuändern, dass die AdV des verfahrensgegenständlichen Einkommensteuerbescheids für 2021 gewährt wird.

Das FA beantragt,
die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Es verweist auf den FG-Beschluss. Die Voraussetzungen für die Rückgängig­machung des IAB nach dem (unverändert gebliebenen) § 7g EStG seien er­füllt. Ein Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit liege nicht vor. Rückwirkend neu eingeführt worden sei ledig­lich der auf eine Begünstigung abzielende Steuerbefreiungstatbestand des § 3 Nr. 72 EStG. Die Frage der verfassungsrechtlich zulässigen oder unzulässigen "unechten" oder "echten" Rückwirkung könne dahingestellt bleiben, da der Antragsteller jedenfalls nicht das erforderliche besondere Aussetzungsinteres­se dargelegt habe.

II. Die vom FG zugelassene Beschwerde ist zulässig und begründet. Sie ist nach § 128 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthaft und wurde vom Antragsteller form- und fristgerecht gemäß § 129 FGO erhoben. Sie führt zur Aufhebung des ablehnenden FG-Beschlusses und zur Anordnung der AdV des Einkommensteuerbescheids vom 21.11.2023 ohne Sicherheitsleistung. Denn es bestehen in einfachrechtlicher Hinsicht ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dessen, dass das FA von einer Rückgängigmachung des IAB im Streitjahr ausgegangen ist.

1. Nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aus­gesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu beja­hen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts ne­ben den für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tat­fragen bewirken (vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen der AdV z.B. Se­natsbeschluss vom 19.03.2014 ‑ III S 22/13, BFH/NV 2014, 856, Rz 17 und BFH-Beschlüsse vom 12.04.2023 ‑ I B 74/22 (AdV), BFHE 280, 181, Rz 13 und vom 07.06.2024 ‑ VIII B 113/23 (AdV), BStBl II 2024, 637, Rz 13 f.). Dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen, ist nicht Voraussetzung für die AdV-Gewährung (BFH-Beschlüsse vom 27.05.2024 ‑ II B 78/23 (AdV), BStBl II 2024, 543, Rz 25; vom 07.06.2024 ‑ VIII B 113/23 (AdV), BStBl II 2024, 637, Rz 14). Ernstliche Zweifel können auch verfassungsrechtliche Zweifel bezüglich einer dem angefochtenen Ver­waltungsakt zugrundeliegenden Norm sein (BFH-Beschlüsse vom 12.04.2023 ‑ I B 74/22 (AdV), BFHE 280, 181, Rz 13; vom 07.06.2024 ‑ VIII B 113/23 (AdV), BStBl II 2024, 637, Rz 14).

2. Hiervon ausgehend bestehen nach summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheids 2021 vom 21.11.2023. Es ist zweifelhaft, ob das FA den IAB im Streitjahr rückgängig machen durfte. In Ermangelung einer klaren gesetzlichen Regelung erscheint die Beurteilung unsicher, ob der IAB unter den Umständen des Streitfalls wegen § 3 Nr. 72 EStG bereits im Jahr seines ursprünglichen Abzugs rückgängig zu machen ist oder ob eine entsprechende Hinzurechnung erst später vorgenommen werden kann. Zweifelhaft ist der Veranlagungszeitraum, in dem der "actus contrarius" zum IAB zu erfassen ist. Da sich die Entscheidungserheblichkeit dieser unge­klärten einfachrechtlichen Frage auch nicht aus einem anderen Grund in zwei­felsfreier Weise verneinen lässt, ist die AdV ‑‑unabhängig von verfassungs­rechtlichen Fragen‑‑ antragsgemäß zu gewähren.

a) Ein in Anspruch genommener IAB ist gemäß § 7g Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG rückgängig zu machen, soweit er nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzugs folgenden Wirtschaftsjahrs nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG hinzugerechnet wurde. Die Rückgängigmachung erfolgt im Abzugsjahr, § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG sieht hierfür eine Änderungsvorschrift vor (spezielle Korrekturvorschrift, vgl. BFH-Urteil vom 29.09.2022 ‑ IV R 18/19, BFHE 278, 273, BStBl II 2023, 326, Rz 25 f.). In § 7g Abs. 3 Satz 3 EStG ist zudem eine Ablaufhemmung hinsichtlich der Festsetzungsverjährung normiert.

Voraussetzung für die Rückgängigmachung eines IAB im Abzugsjahr ist nach § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG, dass der in Anspruch genommene IAB nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzugs folgenden Wirtschaftsjahrs nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG hinzugerechnet wurde. Die in § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG in Bezug genommene Vorschrift des § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG lautet: "Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung ei­nes begünstigten Wirtschaftsguts im Sinne von Absatz 1 Satz 1 können bis zu 50 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend hinzu­gerechnet werden; die Hinzurechnung darf die Summe der nach Absatz 1 ab­gezogenen und noch nicht nach den Absätzen 2 bis 4 hinzugerechneten oder rückgängig gemachten Abzugsbeträge nicht übersteigen."

Zunächst ist festzustellen, dass das dritte auf das Abzugsjahr 2021 folgende Wirtschaftsjahr bislang noch nicht abgelaufen ist, sodass die in § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG geforderte Voraussetzung, dass eine Hinzurechnung in keinem der drei folgenden Wirtschaftsjahre erfolgte, noch nicht abschließend beurteilt werden kann. Der Antragsteller hat den von ihm im Streitjahr in Abzug gebrachten IAB in Höhe von … € auch nicht von sich aus in diesem Jahr rückgängig gemacht (vgl. § 7g Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG zu der Möglich­keit, dies freiwillig vorzeitig zu tun). Vielmehr nahm der Antragsteller mit dem Erwerb der Anlage im November 2022 zunächst die tatsächliche Anschaffung des Wirtschaftsguts vor, für das er den IAB in Höhe von … € im Jahr 2021 abgezogen hatte. Im Normalfall würde der planmäßige Erwerb zu einer gewinnerhöhenden Hinzurechnung gemäß § 7g Abs. 2 EStG im Jahr der An­schaffung (hier: 2022) führen. Insoweit hat der Antragsteller in seiner Ein­spruchsbegründung angegeben, dass er diese Hinzurechnung im Jahr 2022 auch tatsächlich vorgenommen habe, das FA deren Anerkennung aber verwei­gert habe. Ob und wie über diese Hinzurechnung im Jahr 2022 entschieden wurde, hat das FG nicht festgestellt, sodass auch aus diesem Grunde Unsi­cherheit über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG besteht.

b) Welche Folgen die Einführung des § 3 Nr. 72 EStG für die Behandlung eines im Jahr 2021 für den Erwerb einer Photovoltaikanlage in Abzug gebrachten IAB hat, wird im Einkommensteuergesetz nicht ausdrücklich geregelt. Bereits die einfachrechtliche Würdigung begegnet ernstlichen Zweifeln.

aa) Nach § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG sind die Einnahmen und Entnahmen im Zu­sammenhang mit dem Betrieb näher bestimmter Photovoltaikanlagen, zu de­nen die vom Antragsteller im Jahr 2022 erworbene Anlage unstreitig zählt, steuerfrei. Werden Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) erzielt und sind die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei nach Satz 1, ist gemäß § 3 Nr. 72 Satz 2 EStG kein Gewinn zu er­mitteln.

Die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 72 EStG wurde zusammen mit dem Nullsteuersatz gemäß § 12 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes durch das Jah­ressteuergesetz 2022 vom 16.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) in § 3 EStG ange­fügt. Nach der Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 4 Satz 28 EStG (ursprüng­lich Satz 27) ist § 3 Nr. 72 EStG für Einnahmen und Entnahmen anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 erzielt oder getätigt werden. Aufgrund seiner (un­echt) rückwirkenden Inkraftsetzung galt § 3 Nr. 72 EStG schon im Zeitpunkt des Anlagenerwerbs des Antragstellers im November 2022.

bb) Zu einem IAB für eine anzuschaffende Photovoltaikanlage, der bereits im Jahr 2021 in Abzug gebracht wurde, ist dem Gesetz weder in § 7g EStG noch in § 3 Nr. 72 EStG eine ausdrückliche Aussage zu entnehmen. Die Auslegung des Gesetzes ist zweifelhaft und durch die Rechtsprechung des BFH noch nicht geklärt.

Die Regelung des § 3 Nr. 72 Satz 2 EStG, wonach bei nach Satz 1 insgesamt steuerfreien Einnahmen aus einer Photovoltaikanlage kein Gewinn zu ermitteln ist, schließt die gewinnerhöhende Hinzurechnung des IAB im Anschaffungsjahr nicht notwendigerweise aus. Denn es erscheint durchaus denkbar, § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG dahin auszulegen, dass auch bei der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG unterfallenden Photovoltaikanlagen eine steuerpflichtige Hinzurechnung im Jahr der Anschaffung als abschließender Gegenakt zum IAB‑Abzug vorgenommen werden kann. Wenn § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG in die­sem Sinne auszulegen wäre, entfiele zugleich die Rechtfertigung dafür, die tatbestandlichen Voraussetzungen der speziellen Korrekturvorschrift des § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG schon aufgrund der ab dem Jahr 2022 zu versagenden Möglichkeit der IAB‑Hinzurechnung als erfüllt anzusehen.

Das Argument des "actus contrarius" dürfte nahelegen, die Hinzurechnung trotz zeitlicher Anwendbarkeit des § 3 Nr. 72 EStG ab dem Jahr 2022 noch als steuerpflichtig anzusehen (systematisch-teleologische Auslegung). In diesem Sinne wird auch im BMF-Schreiben vom 17.07.2023, BStBl I 2023, 1494 in der Rz 25 davon ausgegangen, dass die Hinzurechnung des IAB nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG selbst nicht unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG fällt (vgl. BeckOK EStG/Niklaus, 19. Ed. [01.07.2024], EStG § 3 Nr. 72 Rz 26; Perschon, Die Steuerberatung ‑‑Stbg‑‑ 2023, 47, 51; a.A. Schiffers, Deutsche Steuer-Zeitung ‑‑DStZ‑‑ 2023, 11, 16; Schiffers/Seifert, DStZ 2023, 122, 135; Seifert, Neue Wirtschafts-Briefe ‑‑NWB‑‑ 2024, 1374, 1382 f.).

cc) Der Meinungsstand im Schrifttum ist uneinheitlich und bestätigt die derzeit noch bestehende Unsicherheit der Gesetzesauslegung. Die Frage, wie mit ei­nem IAB zu verfahren ist, der vor dem 01.01.2022 in Anspruch genommen und noch nicht wieder gewinnerhöhend hinzugerechnet wurde, wird für den Fall, dass nach dem 31.12.2021 in eine nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigte Pho­tovoltaikanlage investiert wird, als "äußerst umstritten" beschrieben (Zapf, juris PraxisReport Steuerrecht ‑‑jurisPR-SteuerR‑‑ 36/2024 Anm. 4 unter D.). Zum Teil wird die Auffassung der Finanzverwaltung geteilt (Dorn/Isinger, Der Betrieb 2023, 1830; Hennigfeld, EFG 2024, 939, 940; Obermeir, Deutsches Steuerrecht kurzgefasst 2024, 144; Ruiner, Betriebs-Berater 2023, 2269, 2271; Schmidt/Kulosa, EStG, 43. Aufl., § 21 Rz 60; vgl. Nacke, Gestaltende Steuerberatung ‑‑GStB‑‑ 2024, 246 und Rothe, Finanz-Rundschau 2023, 878, 886, beide mit Hoffnung auf eine Billigkeitsregelung des BMF). Die Gegenmeinung hält eine Gewinnkorrek­tur im Jahr der Anschaffung der Photovoltaikanlage trotz der Einführung des § 3 Nr. 72 EStG für möglich (Fietz/Mayer, NBW 2023, 706, 710 f.; BeckOK EStG/Niklaus, 19. Ed. [01.07.2024], EStG § 3 Nr. 72 Rz 26; Perschon, Stbg 2023, 47, 51; Schiffers, DStZ 2023, 11, 16; Schiffers/Seifert, DStZ 2023, 122, 135; Seifert, NWB 2024, 1374, 1382 f.; kritisch auch Gragert, NWB 2023, 2479, 2486 f., Herold, GStB 2024, 155 und Mücke, NWB 2024, 1060 f. sowie Meyerle, EFG 2024, 962 f., in einer Anmerkung zum Beschluss des FG Nürnberg vom 01.03.2024 ‑ 5 V 1163/23, EFG 2024, 955).

c) Im Ergebnis ist die den ablehnenden AdV-Beschluss des FG Köln tragende Auffassung, dass der im Jahr 2021 gebildete IAB unter den Umständen des Streitfalls zwingend im Jahr seines Abzugs rückgängig zu machen ist, nach der gebotenen summarischen Würdigung ernstlich zweifelhaft. Die Verneinung ernstlicher Zweifel lässt sich insbesondere auch nicht mit dem BFH-Urteil vom 03.12.2019 ‑ X R 11/19 (BFHE 266, 571, BStBl II 2020, 276 mit Anm. Reddig, jurisPR-SteuerR 22/2020 Anm. 1) begründen, da im Streitfall ‑‑anders als in dem vom X. Senat entschiedenen Fall‑‑ weder der Hinzurechnungszeitraum abgelaufen ist noch beurteilt werden kann, ob eine Hinzurechnung in den drei auf das Abzugsjahr folgenden Wirtschaftsjahren erfolgt ist.

d) Auf verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber der Rückgängigmachung des IAB im Abzugsjahr und auf die Frage, ob insofern ein qualifiziertes Ausset­zungsinteresse zu fordern ist (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.10.2011 ‑ 1 BvR 1848/11, 1 BvR 2162/11, Neue Juristische Wochen­schrift 2012, 373, Rz 4 und vom 06.05.2013 ‑ 1 BvR 821/13, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2013, 935, Rz 7; BFH-Beschlüsse vom 27.05.2024 ‑ II B 78/23 (AdV), BStBl II 2024, 543, Rz 40 und vom 07.06.2024 ‑ VIII B 113/23 (AdV), BStBl II 2024, 637, Rz 59), kommt es hiernach nicht mehr an.

3. Die AdV des Einkommensteuerbescheids vom 21.11.2023 wird bis zum Ab­schluss des Einspruchsverfahrens ohne Sicherheitsleistung gewährt. Der An­ordnung einer Sicherheitsleistung bedarf es nicht.

Ist die Rechtmäßigkeit ernstlich zweifelhaft und bestehen keine konkreten An­haltspunkte dafür, dass bei einem Unterliegen des Antragstellers im Haupt­sacheverfahren die Durchsetzung des Steueranspruchs gefährdet wäre, ist die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts regelmäßig ohne Sicherheits­leistung (§ 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2, Abs. 2 Satz 3 FGO) auszusetzen; das gilt selbst dann, wenn die für die Rechtswidrigkeit des Bescheids sprechenden Gründe nicht überwiegen (BFH-Beschluss vom 12.04.2023 ‑ I B 74/22 (AdV), BFHE 280, 181, Rz 27).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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