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BFH: Steuerliche Entlastung alleinerziehender Eltern im paritätischen Wechselmodell

  1. Kinderbetreuungskosten können nur bei demjenigen steuermindernd als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑) berücksichtigt werden, der sie getragen hat.
  2. Die alleinige Zuordnung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende zu le­diglich einem Elternteil verstößt auch im Falle des paritätischen Wechselmo­dells nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes.
  3. Bei nicht zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Eltern wird im Rah­men der nach § 31 Satz 4 EStG durchzuführenden Günstigerrechnung bei je­dem Elternteil der Kindergeldanspruch im Umfang des bei ihm zu berücksichti­genden Kinderfreibetrags angesetzt, unabhängig davon, ob der jeweilige El­ternteil die tatsächliche Verfügungsmacht über das Kindergeld erlangt hat.

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 5, § 24b, § 31 Satz 1 und 4, § 32 Abs. 6 Satz 1, § 64

BFH-Urteil vom 10.7.2024, III R 1/22 (veröffentlicht am 10.10.2024)

Vorinstanz: Thüringer FG vom 23.11.2021, 3 K 799/18 = SIS 22 08 84

I. In der Sache sind die steuermindernde Berücksichtigung eines Entlastungsbe­trags für Alleinerziehende gemäß § 24b des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2015 geltenden Fassung (EStG), des Sonderausgabenabzugs von Kinderbetreuungskosten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG und des einfachen Kinderfreibetrags gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG bei der Einkommensteuer­veranlagung des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) streitig.

Der ledige Kläger erzielte im Jahr 2015 Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie aus nichtselbstständiger Arbeit. Bis zum 05.09.2015 unterhielt er mit seinem im Jahr X geborenen Kind und dessen Mutter einen gemeinsamen Haus­stand. Danach zog die Mutter aus der gemeinsamen Wohnung aus. Das Kind blieb beim Kläger gemeldet und wurde zusätzlich mit Wohnsitz bei der Kinds­mutter gemeldet. Es lebte in der Zeit von September bis Dezember 2015 wechselseitig eine Woche bei seiner Mutter und eine Woche beim Kläger. Die Beteiligten praktizierten das sogenannte paritätische Wechselmodell.

Mit seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger für 2015 die Gewährung eines hälftigen Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (§ 24b EStG) für vier Monate (September bis Dezember 2015) in Höhe von 636 € (= 1.908 €/12 x 4). Außerdem machte er Aufwendungen für Kinderbetreuung (Kindergarten- und Hortgebühren) in Höhe von 690 € (½ von 1.380 €) als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG geltend.

Am 29.11.2016 erging der Einkommensteuerbescheid 2015 ohne Berücksichti­gung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende und der Kinderbetreuungs­kosten.

Der Kläger legte Einspruch ein und beantragte zusätzlich die Anerkennung der einfachen Freibeträge für Kinder in Höhe von 3.576 € (§ 32 Abs. 6 Satz 1 EStG: 3.576 € = Kinderfreibetrag von 2.256 € + Freibetrag von 1.320 € für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ‑‑BEA-Freibetrag‑‑). Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 02.11.2018) und Klage hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) entschied, der Einkommensteuerbescheid 2015 in Ge­stalt der Einspruchsentscheidung sei rechtmäßig.

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2022, 155 veröffentlicht.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision.

Er beantragt sinngemäß,
das Urteil des Thüringer FG vom 23.11.2021 ‑ 3 K 799/18 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 29.11.2016 in Gestalt der Einspruchs­entscheidung vom 02.11.2018 dahingehend abzuändern, dass
1. die hälftigen Kinderbetreuungskosten,
2. der hälftige Entlastungsbetrag für Alleinerziehende,
3. der einfache Kinderfreibetrag
für September 2015 bis Dezember 2015 berücksichtigt werden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Das FA hält die Vorentscheidung für richtig.

II. Die Revision ist unbegründet, die Vorentscheidung entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).

1. Das FG hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger kein Sonderausgaben­abzug für Kinderbetreuungskosten in Höhe von 690 € gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG zusteht. Die Voraussetzungen für den Abzug liegen nicht vor, da der Klä­ger nach den Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), die Kinderbetreuungskosten nicht getragen hat.

a) Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG sind zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4.000 € je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, Son­derausgaben, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden.

aa) Nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 EStG ist Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen nach Satz 1, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.

bb) Nach den allgemeinen Grundsätzen können Sonderausgaben nur bei dem­jenigen steuermindernd berücksichtigt werden, der sie getragen hat. Denn das Einkommensteuergesetz ist durch die Grundsätze des objektiven und subjekti­ven Nettoprinzips sowie der Individualbesteuerung geprägt. Eine Zurechnung von Einnahmen und Ausgaben setzt danach grundsätzlich voraus, dass der Steuerpflichtige den Tatbestand des Einkommensteuergesetzes selbst verwirk­licht hat. Ausgaben Dritter (sogenannter Drittaufwand) können grundsätzlich nicht bei dem insoweit nicht belasteten Steuerpflichtigen berücksichtigt wer­den (BFH-Urteil vom 25.11.2010 ‑ III R 79/09, BFHE 232, 331, BStBl II 2011, 450, Rz 9, zu § 4f EStG a.F.); dies gilt auch für Kinderbetreuungskosten ge­mäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG.

cc) Als Beleg für eine hälftige Kostentragung ist der Vortrag, der andere El­ternteil habe das volle Kindergeld erhalten, für sich genommen nicht ausrei­chend. Es obliegt demjenigen, der den Sonderausgabenabzug geltend macht, substantiiert vorzutragen und gegebenenfalls nachzuweisen, in welchem Um­fang er tatsächlich Aufwendungen für die Betreuung des Kindes getragen hat. Wenn er sich auf eine Aufrechnung beruft, muss er darlegen und gegebenen­falls beweisen, dass er zur Aufrechnung berechtigt war und diese erklärt hat.

b) Nach den Feststellungen des FG hat im Streitfall die Kindsmutter die Auf­wendungen für die Dienstleistungen zur Betreuung des Kindes allein getragen; dem Kläger steht hiernach kein Sonderausgabenabzug in Höhe der hälftigen Aufwendungen für die Betreuungsdienstleistungen zu.

aa) Die Betreuungskosten wurden unstreitig vollständig von der Kindsmutter auf das Konto des Trägers der Betreuungseinrichtung überwiesen. Der Kläger hat im finanzgerichtlichen Verfahren weder vorgetragen noch nachgewiesen, dass er die entsprechenden Aufwendungen der Kindsmutter (zum Teil) erstat­tet hat, noch dass er ihr gegenüber zur Aufrechnung berechtigt war und eine Aufrechnung erklärt hat.

bb) Auch soweit der Kläger vorträgt, der Ausgleich der Kosten an die Kinds­mutter sei durch die Überlassung des Kindergelds in Anlehnung an den fami­lienrechtlichen Ausgleichsanspruch erfolgt, weil eine anderweitige Handhabung (die hälftige Zahlung an den Träger) nicht möglich oder nicht praktikabel ge­wesen sei, führt dies nicht zur Abzugsfähigkeit der geltend gemachten Kinder­betreuungskosten. Denn nach den Feststellungen des FG trifft der Vortrag des Klägers nicht zu.

(1) Das FG hat zum einen festgestellt, dass es möglich und praktikabel gewe­sen wäre, die Kinderbetreuungskosten unmittelbar an den Träger zu entrichten oder der Kindsmutter zu erstatten; beides ist nicht erfolgt.

(2) Das FG konnte zum anderen auch keine Anhaltspunkte dafür feststellen, dass der Kläger mit der Kindsmutter eine Vereinbarung dahingehend getroffen hat, dass diese nicht nur ihre eigenen gegenüber den Betreuungseinrichtungen (gesamtschuldnerisch) bestehenden Verbindlichkeiten, sondern auch seine (gesamtschuldnerischen) Verbindlichkeiten getilgt hat. Die Kindsmutter hat mit Schreiben vom 14.02.2021 mitgeteilt, dass ihr keine derartige Vereinba­rung mit dem Kläger erinnerlich sei.

cc) Da der Kläger keine revisionsrechtlich beachtlichen Rügen gegen die Fest­stellungen des FG erhoben und keinen Tatbestandsberichtigungsantrag (§ 108 Abs. 1 FGO) gestellt hat, ist der Senat an die Feststellungen gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).

2. Die Vorentscheidung ist auch insoweit richtig, als das FG entschieden hat, dass dem Kläger kein (hälftiger) Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG zusteht.

a) Nach § 24b Abs. 1 Satz 1 EStG können alleinstehende Steuerpflichtige ei­nen Entlastungsbetrag von der Summe der Einkünfte abziehen (§ 2 Abs. 3 EStG), wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht. Die Zugehörigkeit zum Haushalt ist nach § 24b Abs. 1 Satz 2 EStG anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des alleinstehenden Steuerpflichtigen gemeldet ist.

aa) Erfüllen bei annähernd gleichwertiger Haushaltsaufnahme des Kindes bei­de Elternteile die Voraussetzungen für den Abzug des Entlastungsbetrags nach § 24b EStG, ist für die Entscheidung, wem dieser zusteht, analog § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG grundsätzlich vorrangig den Berechtigten die Bestimmung zu überlassen, wer von ihnen den Entlastungsbetrag erhalten soll, unabhängig davon, an welchen Berechtigten das Kindergeld ausgezahlt wird (Senatsurteil vom 28.04.2010 ‑ III R 79/08, BFHE 229, 292, BStBl II 2011, 30, Rz 18 ff.; Rz 21 zu Ausnahmen). Treffen die Berechtigten hinsichtlich des Entlastungsbe­trags nach § 24b EStG keine Bestimmung untereinander, steht der Entlas­tungsbetrag demjenigen zu, an den das Kindergeld gezahlt wird (Senatsurteil vom 28.04.2010 ‑ III R 79/08, BFHE 229, 292, BStBl II 2011, 30, Rz 22).

bb) Aus der Konkurrenzregelung des § 24b Abs. 1 Satz 3 EStG ergibt sich, dass der Entlastungsbetrag wegen desselben Kindes für denselben Monat nur einem Berechtigten gewährt wird, auch wenn mehrere Berechtigte die Voraus­setzungen für seine Gewährung erfüllen; eine Aufteilung ist nicht vorgesehen (Senatsurteil vom 28.04.2010 ‑ III R 79/08, BFHE 229, 292, BStBl II 2011, 30, Rz 16).

b) Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt die alleinige Zuordnung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende zu lediglich einem Elternteil auch im Falle des paritätischen Wechselmodells (bei annähernd gleichwertiger Haus­haltsaufnahme des Kindes in beide Haushalte) nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Dass der Sachverhalt der annähernd gleichwertigen Haushaltsaufnahme in die Haushalte beider Elternteile nicht zu einer Auftei­lung des Entlastungsbetrags führt, ist durch Typisierungs- und Vereinfa­chungserfordernisse gerechtfertigt (vgl. dazu Beschluss des Bundesverfas­sungsgerichts ‑‑BVerfG‑‑ vom 19.11.2019 ‑ 2 BvL 22/14 u.a., BVerfGE 152, 274, BGBl I 2022, 413, Rz 101 ff.; vgl. auch Senatsurteile vom 11.05.2023 ‑ III R 9/22, BFHE 280, 465, BStBl II 2023, 861, Rz 17 und 30 und vom 25.04.2018 ‑ III R 24/17, BFHE 261, 307, BStBl II 2018, 721, Rz 25 f.). Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil vom 28.04.2010 ‑ III R 79/08, BFHE 229, 292, BStBl II 2011, 30, Rz 18 ff.) haben es die Eltern jedoch in der Hand, gemäß beziehungsweise analog § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG zu bestimmen, welcher Elternteil das Kindergeld und welcher Elternteil den Entlastungsbetrag erhalten soll.

c) Gemäß § 24b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG steht im Streit­fall der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende der vorrangig kindergeldberech­tigten Kindsmutter zu, die die Tatbestandsvoraussetzungen unstreitig erfüllte. Der Kläger und die Kindsmutter haben nicht analog § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG bestimmt, dass der Kläger den Entlastungsbetrag erhalten soll.

3. Die Revision ist gleichfalls unbegründet, soweit das FG dem Kläger den ein­fachen Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG nicht zugesprochen hat.

a) Gemäß § 31 Satz 1 EStG wird die steuerliche Freistellung eines Einkom­mensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung im gesamten Veranla­gungszeitraum entweder durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch Kindergeld nach § 62 ff. EStG bewirkt, je nachdem, was für den Steuer­pflichtigen günstiger ist (§ 31 Satz 4 Halbsatz 1 EStG). Werden hiernach bei der Einkommensteuerveranlagung die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG vom Einkommen abgezogen, erhöht sich die unter Abzug dieser Freibeträge ermit­telte tarifliche Einkommensteuer um den Anspruch auf Kindergeld für den ge­samten Veranlagungszeitrum (§ 31 Satz 4 Halbsatz 1 EStG); bei nicht zusam­menveranlagten Eltern wird der Kindergeldanspruch (nur) im Umfang des (ein­fachen) Kinderfreibetrags angesetzt (§ 31 Satz 4 Halbsatz 2 EStG).

Bei dieser sogenannten Günstigerprüfung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der Einkommensteuer (Jahressteuer) auf das Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG (Jahresbetrag) ohne Berücksichtigung der (einfachen) Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG einerseits und der Einkommensteuer auf das Einkom­men im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG abzüglich dieser (einfachen) Freibeträge andererseits dem (hälftigen) Anspruch auf Kindergeld für jedes einzelne Kind, beginnend mit dem ältesten Kind (Senatsurteil vom 28.04.2010 ‑ III R 86/07, BFHE 230, 294, BStBl II 2011, 259), im Rahmen einer Vergleichsrechnung ge­genüberzustellen (vgl. Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach ‑‑HHR‑‑, § 31 EStG Rz 32).

aa) Bei den Freibeträgen gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG, die bei der Veranla­gung zur Einkommensteuer für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuer­pflichtigen ‑‑das sind insbesondere im ersten Grad mit ihm verwandte Kinder (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG)‑‑ vom Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG ab­gezogen werden, handelte es sich im Streitjahr 2015 um einen Freibetrag von 2.256 € für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) und den Freibetrag von 1.320 € für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes. Insgesamt beliefen sich die einfachen Freibe­träge auf 3.576 €.

Das Kindergeld betrug im Streitjahr 2015 für erste und zweite Kinder jeweils 188 € pro Monat oder 2.256 € für 12 Monate (§ 66 Abs. 1 EStG; zur Anwen­dung vgl. § 52 Abs. 49a Satz 3 EStG: § 66 Abs. 1 in der am 23.07.2015 gel­tenden Fassung ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31.12.2014 beginnen).

bb) Bei nicht zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Eltern wird bei der gemäß § 31 Satz 4 EStG vorzunehmenden Günstigerrechnung im Hinblick auf § 1612b des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007 (BGBl I 2007, 3189) grundsätzlich die Hälfte des Kindergeldanspruchs dem steuerlichen Ergebnis des Abzugs des einfachen Kinderfreibetrags gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG vom Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG gegenüber­gestellt, und zwar unabhängig davon, ob der jeweilige Elternteil die tatsächli­che Verfügungsmacht über das Kindergeld erlangt hat (vgl. Senatsurteil vom 25.04.2018 ‑ III R 24/17, BFHE 261, 307, BStBl II 2018, 721, Rz 20 f.; Se­natsbeschluss vom 23.12.2013 ‑ III B 98/13, BFH/NV 2014, 519; vgl. auch Senatsbeschluss vom 17.12.2010 ‑ III B 145/09, BFH/NV 2011, 597 und BFH-Urteil vom 16.03.2004 ‑ VIII R 89/03, BFH/NV 2004, 1243, zu § 31 Satz 5 EStG a.F.). Denn gemäß § 1612b Abs. 1 Satz 2 BGB kommt auch demjenigen Elternteil, der das Kindergeld nicht erhält, die Minderung des Barbedarfs des Kindes zugute (eine vollständige Befreiung vom Barunterhalt tritt im paritäti­schen Wechselmodell nicht ein; nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB tritt eine voll­ständige Befreiung vom Barunterhalt nur für den Elternteil ein, der das Kind voll betreut, vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs ‑‑BGH‑‑ vom 11.01.2017 ‑ XII ZB 565/15, BGHZ 213, 254, Rz 21 ff., 24).

Ist hiernach das hälftige Kindergeld höher als der Unterschiedsbetrag der Ein­kommensteuer auf das Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG ohne Be­rücksichtigung der einfachen Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG und der Ein­kommensteuer auf das Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG abzüglich dieser Freibeträge, führt die Günstigerprüfung zu dem Ergebnis, dass die ge­botene steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes bereits durch das ausgezahlte Kindergeld bewirkt worden ist. Dann erhält der Steuer­pflichtige die Freibeträge nicht. Dies gilt auch dann, wenn er keine tatsächliche Verfügungsmacht über das (hälftige) Kindergeld erlangt hat oder wenn der andere Elternteil seiner zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung nicht nachge­kommen ist (so bereits Senatsbeschluss vom 16.08.2005 ‑ III B 32/05, BFH/NV 2005, 2188; Senatsbeschluss vom 23.12.2013 ‑ III B 98/13, BFH/NV 2014, 519; HHR/Wendl, § 31 EStG Rz 34).

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt dies nicht gegen das Grund­gesetz und insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (Senatsbeschluss vom 23.12.2013 ‑ III B 98/13, BFH/NV 2014, 519).

Das BVerfG (Beschluss vom 13.10.2009 ‑ 2 BvL 3/05, BVerfGE 124, 282, BGBl I 2009, 3785) hat zu den entsprechenden Vorgängervorschriften festgestellt, dass diese, gemessen an dem sich aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG abzuleitenden Gebot der steuerlichen Ver­schonung des Existenzminimums des Steuerpflichtigen und seiner unterhalts­berechtigten Familie, verfassungsrechtlich unbedenklich sind (vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 13.07.2016 ‑ 2 BvR 2498/14, StEd 2016, 532 (Nichtannahmebeschluss)).

Zwar hat der Staat das Einkommen des Bürgers insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwür­digen Daseins für sich und seine Familie benötigt. Geklärt ist insoweit auch, dass der Gesetzgeber in verfassungskonformer Weise die gebotene Verscho­nung des kindbedingten Existenzminimums dadurch bewirken kann, dass das Einkommen des Steuerpflichtigen um die Freibeträge gemäß § 32 Abs. 6 EStG vermindert wird und das Kindergeld ‑‑zur Vermeidung einer doppelten Berück­sichtigung des Kindesexistenzminimums‑‑ nach Durchführung der sogenann­ten Günstigerprüfung zu verrechnen ist. Insoweit hat das BVerfG (Beschluss vom 13.10.2009 ‑ 2 BvL 3/05, BVerfGE 124, 282, BGBl I 2009, 3785 ‑‑Ent­scheidungsformel‑‑) den nach der früheren Gesetzesfassung erforderlichen "Zufluss" des Kindergelds bei dem barunterhaltspflichtigen Elternteil jedoch auch für den Fall bejaht, dass dieser Elternteil weder Kindergeldberechtigter war noch ihm ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch auf das hälftige Kinder­geld zustand (im Urteilsfall nach § 1612b Abs. 5 BGB a.F. wegen Vorliegens eines Mangelfalles).

Der vom Gesetzgeber verfolgte Vereinfachungszweck ist insbesondere im Hin­blick auf Fälle, in denen die Eltern des Kindes getrennt leben, legitim, weil dadurch das Besteuerungsverfahren von der häufig umstrittenen Frage, wel­chem Elternteil das Kindergeld zustehen soll, und von weiteren Unterhalts­streitigkeiten entlastet wird. Es obliegt in erster Linie den Eltern, für eine an­gemessene Verteilung der kindbedingten Lasten und Entlastungen zu sorgen.

Im Hinblick auf die gemäß § 1612b Abs. 1 Satz 2 BGB vorgesehene (hälftige) Anrechnung des Kindergelds auf den auch im paritätischen Wechselmodell meist notwendigen Barunterhalt (vgl. BGH-Beschluss vom 11.01.2017 ‑ XII ZB 565/15, BGHZ 213, 254, Rz 21 ff., 24) und die weiteren, den gleich­rangig alleinerziehenden Eltern zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, die kindbedingten Lasten und Entlastungen angemessen zu verteilen, hält der Se­nat die in § 31 Satz 4 EStG vorgesehene Ausgestaltung der Günstigerprüfung auch im Falle des paritätischen Wechselmodells für verfassungskonform.

So könnte der nachrangig Kindergeldberechtigte beispielsweise im Falle der gleichwertigen Aufnahme in zwei Haushalte seine Zustimmung zur Kindergeld­berechtigung der Kindsmutter nur dann erteilen, wenn diese sich verpflichtet, das Kindergeld zur Hälfte an ihn auszukehren (vgl. Senatsbeschluss vom 23.12.2013 ‑ III B 98/13, BFH/NV 2014, 519, Rz 17), oder analog § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG zustimmt, dass er den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende er­hält (vgl. Senatsurteil vom 28.04.2010 ‑ III R 79/08, BFHE 229, 292, BStBl II 2011, 30, Rz 18 ff.). Nach der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 20.04.2016 ‑ XII ZB 45/15, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2016, 1053, Rz 13) ist es auch nicht von vornherein ausgeschlossen, zivilrechtlich einen Anspruch auf (teilweise) Auskehrung des Kindergelds selbstständig gel­tend zu machen, wenn und solange es an einem unterhaltsrechtlichen Ge­samtausgleich zwischen den unterhaltspflichtigen Eltern fehlt.

b) Im Streitfall hat das FG den Einkommensteuerbescheid vom 29.11.2016 hiernach zu Recht nicht beanstandet. Das FA hat die Günstigerprüfung richtig durchgeführt und kam zutreffend zu dem Ergebnis, dass der hälftige Kinder­geldanspruch im Streitfall höher ist als der Unterschiedsbetrag der Einkom­mensteuer (Jahressteuer) auf das Einkommen des Klägers im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG (Jahresbetrag) ohne Berücksichtigung der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG und der Einkommensteuer auf das Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG abzüglich dieser Freibeträge.

Im Bescheid 2015 vom 29.11.2016 führte ein zu versteuerndes Einkommen von ... € zu einer tariflichen Steuer 2015 nach dem Grundtarif von ... €. Abzüglich der einfachen Freibeträge gemäß § 32 Abs. 6 EStG in Höhe von 3.576 € ‑‑darunter der Kinderfreibetrag von 2.256 € und der BEA-Freibetrag von 1.320 €‑‑ hätte sich ein zu versteu­erndes Einkommen von ... € ergeben, das ... zu einer tariflichen Einkommensteuer 2015 von ... € geführt hätte. Die tarifliche Einkommensteuer hätte sich also (nur) um (... € ./. ... € =)... € reduziert. Das halbe Kindergeld betrug im Streitjahr 2015 hingegen 1.128 € für ein erstes Kind (188 € monatliches Kindergeld 2015 x 12 Monate x 50 %). Der halbe Kindergeldanspruch übersteigt damit die einkommensteuerliche Auswirkung der einfachen Freibeträge gemäß § 32 Abs. 6 EStG in Höhe von 3.576 € (Kinderfreibetrag von 2.256 € + BEA-Freibetrag von 1.320 €). Das FA hat folglich zutreffend bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers für 2015 den Kinderfreibetrag nicht steuermindernd berücksichtigt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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