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BFH: Tonnagebesteuerung – Vorlage an das BVerfG zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Besteuerung des für den Rechtsvorgänger festgestellten Unterschiedsbetrags beim unentgeltlichen Rechtsnachfolger

Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 52 Abs. 10 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Ab­zugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetzes (AbzStEntModG) vom 02.06.2021 (BGBl I 2021, 1259) gegen das verfassungsrechtliche Rückwir­kungsverbot (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) verstößt, soweit diese Vor­schrift die rückwirkende Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG i.d.F. des AbzStEntModG für Wirtschaftsjahre anordnet, die nach dem 31.12.1998 beginnen.

EStG i.d.F. des AbzStEntModG § 5a Abs. 4 Satz 3 bis 6, § 52 Abs. 10 Satz 4
EStG § 5a Abs. 4
FGO § 60 Abs. 3
AO § 174 Abs. 5 Satz 2, § 176 Abs. 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a
GG Art. 20 Abs. 3, Art. 100 Abs. 1 Satz 1

BFH-Beschluss vom 19.10.2023, IV R 13/22 (veröffentlicht am 1.2.2024)

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG vom 27.4.2022, 5 K 48/21 = SIS 22 13 77

A. Die Beteiligten streiten um die Höhe der gewerblichen Einkünfte der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Jahr 2013 (Streitjahr) als Mitunternehme­rin der ehemaligen C‑GmbH & Co. KG.

Die C‑GmbH & Co. KG war eine Schifffahrtsgesellschaft in der Rechtsform einer KG (nachfolgend auch Schifffahrtsgesellschaft), die im Handelsregister des Amtsgerichts X unter der Nr. HRA … eingetragen war. Die Klägerin erwarb ihren Kommanditanteil an der Schifffahrtsgesellschaft durch Schenkungen ihrer Eltern in den Jahren 2003 und/oder 2007. Seitdem wurde der festgestell­te Unterschiedsbetrag im Sinne des § 5a Abs. 4 des Ein­kommensteuergesetzes (EStG) bei ihr als Rechtsnachfolgerin in Höhe von 49.635,44 € fortgeführt. Am 25.04.2012 beschloss die Schifffahrtsgesellschaft ihre Liquidation. Ihre Auflö­sung wurde am xx.xx.2013 in das Handelsregister eingetragen. Im Jahr 2013 veräußerte die Schifffahrtsgesellschaft das See­schiff. Mit weiterem Eintrag in das Handelsregister vom xx.xx.2021 wurde vermerkt, dass die Liquidation be­endet und die Firma erloschen sei.

Die Feststellungserklärung der Schifffahrtsgesellschaft für das Jahr 2013 ging beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) am 15.01.2015 ein. In dem für die Schifffahrtsgesellschaft unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid) für 2013 vom 20.03.2015 rechnete das FA den laufenden Einkünften der Klägerin einen nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung aufge­lösten Unterschiedsbetrag im Sinne des § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG in Höhe von 49.635,44 € hinzu. Der Gewinnfeststellungsbescheid 2013 wurde mehrfach ‑‑zuletzt mit Bescheid vom 15.06.2016‑‑ aus nicht streitbefangenen Gründen geändert. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen.

Mit Schreiben vom 20.12.2018 stellte die Klägerin einen Antrag auf Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids 2013 mit dem Ziel, ihr den aufgelösten Un­terschiedsbetrag in Höhe von 49.635,44 € nicht zuzurechnen. Zur Begründung führte sie aus, dass der Unterschiedsbetrag ausweislich des Urteils des Finanz­gerichts (FG) Hamburg vom 19.12.2017 ‑ 2 K 277/16 infolge der unentgeltli­chen Übertragungen bereits bei den Schenkern in früheren Feststellungszeit­räumen hätte aufgelöst werden müssen.

Das FA lehnte die beantragte Änderung mit Bescheid vom 04.01.2019 ab, weil nach Rz 28 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 12.06.2002 (BStBl I 2002, 614) eine Auflösung des Unterschiedsbetrags bei Schenkungen nicht stattfinde. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren ruhte zunächst im Hinblick auf beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Verfahren.

Am 08.04.2021 erhob die Klägerin eine Untätigkeitsklage, mit der sie ihr Be­gehren weiter verfolgte. Sie begründete ihre Klage anfänglich mit den BFH-Ur­teilen vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19 (BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750) und vom 29.04.2020 ‑ IV R 17/19, nach denen auch das unentgeltliche Ausschei­den eines Gesellschafters (Schenkers) aus der Schifffahrtsgesellschaft zur Auf­lösung des Unterschiedsbetrags beim Schenker und nicht zum Übergang des Unterschiedsbetrags auf den Beschenkten führe. Nach Inkrafttreten der Neu­regelung in § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG durch das Abzugsteuerentlastungs­modernisierungsgesetz vom 02.06.2021 (BGBl I 2021, 1259) ‑‑EStG n.F.‑‑ während des Klageverfahrens führte die Klägerin mit Schriftsatz vom 10.08.2021 zur Begründung ergänzend aus, dass die in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. gesetzlich angeordnete rückwirkende Geltung des § 5a Abs. 4 Satz 5 EStG n.F. eine echte Rückwirkung begründe, die verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen sei.

Noch im Klageverfahren wies das FA den Einspruch mit Entscheidung vom 08.09.2021 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es im Wesentli­chen aus, dass der Gesetzgeber durch das Abzugsteuerentlastungsmodernisie­rungsgesetz die Vorschrift des § 5a Abs. 4 EStG um die Sätze 5 und 6 ergänzt habe, die nach § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. rückwirkend und damit auch für das Streitjahr anwendbar seien. Mit dieser Neuregelung sei der seit 2019 ver­tretenen ‑‑der Verwaltungsmeinung widersprechenden‑‑ Rechtsauffassung des BFH, wonach auch das unentgeltliche Ausscheiden des Mitunternehmers nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG in der Fassung vor Änderung durch das Abzug­steuerentlastungsmodernisierungsgesetz (EStG a.F.) zur Auflösung des Unter­schiedsbetrags führe, der Boden entzogen und die bisherige Verwaltungspraxis gesetzlich verankert worden. Aus verfassungsrechtlicher Sicht handele es sich um eine zulässige Rückwirkung, da durch die Neuregelung lediglich eine Ge­setzeslage festgeschrieben worden sei, die einer langjährigen Verwaltungspra­xis entsprochen habe.

Das FG wies die Klage mit Urteil vom 27.04.2022 ‑ 5 K 48/21 ab.

Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass nach § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. der Unterschiedsbetrag auf die Klägerin als Rechtsnachfolge­rin übergegangen sei. Folgerichtig habe das FA den Unterschiedsbetrag bei der Klägerin im Streitjahr wegen der Veräußerung des Seeschiffs berücksichtigt. Die Neuregelungen seien im Streitjahr anzuwenden, weil die in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. angeordnete rückwirkende Geltung vorbezeichneter Vor­schriften nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verstoße. Es liege kein Fall einer echten Rückwirkung vor. Denn der Gesetzgeber stelle mittels § 5a Abs. 4 Satz 5 bis 7, § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. lediglich sicher, dass die bestehende, über Jahrzehnte geübte Verwaltungspraxis, die vom überwiegenden Teil der Literatur gebilligt worden sei, formal in Gesetzesform gegossen werde und für alle Wirtschaftsjahre nach dem 31.12.1998 anwend­bar sei. Es sei dem Gesetzgeber nach Abwägung der Interessen der Allgemein­heit und dem Vertrauen des Einzelnen in den Fortbestand der Rechtslage nach dem Urteil des FG Hamburg vom 19.12.2017 ‑ 2 K 277/16 und der nachfol­genden Rechtsprechung des BFH nicht verwehrt, eine Rechtslage rückwirkend festzuschreiben, die vor dem Aufgreifen durch die Finanzrechtsprechung über nahezu 16 Jahre einer gefestigten und einheitlichen Rechtspraxis entsprochen habe. Ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin darauf, dass die Unter­schiedsbeträge nicht auf sie als Rechtsnachfolgerin übergehen, habe nicht be­standen.

Die Klägerin macht mit ihrer Revision die Verletzung von Bundesrecht geltend. Sie rügt nicht die fehlerhafte Anwendung einfachen Gesetzesrechts, sondern einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Vertrauensschutzgebot. Zur Begründung trägt sie ‑‑wie bereits im Klageverfahren‑‑ vor, dass die in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. angeordnete rückwirkende Geltung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. verfassungswidrig sei.

Die Klägerin beantragt,
das angefochtene FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 08.09.2021 aufzuheben und den Bescheid über die gesonderte und ein­heitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der C‑GmbH & Co. KG für 2013 vom 15.06.2016 in Gestalt des Bescheids vom 04.01.2019 dahin zu ändern, dass der ihr zugerechnete Anteil am Gesamthandsge­winn um 49.635,44 € gemindert wird.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das dem Verfahren beigetretene BMF hat keinen Antrag gestellt, unterstützt jedoch mit seinem Vortrag die vom FG und vom FA vertretene Rechtsauffas­sung, wonach die in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. angeordnete Rückwirkung verfassungsgemäß sei. Die Rückwirkung sei aus zwei Gründen geboten gewe­sen. Zum einen habe das Vertrauen des Steuerpflichtigen darin geschützt wer­den müssen, dass entsprechend der langjährig praktizierten Verwaltungsauf­fassung unentgeltliche Übertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG nicht zur Hinzu­rechnung des Unterschiedsbetrags führen. Zum anderen sei die Rückanknüp­fung zur Verhinderung einer "Keinmalbesteuerung" des Unterschiedsbetrags erforderlich gewesen.

Verfassungsrechtlich bestünden keine Zweifel an der Zulässigkeit der Rückwir­kung. Dies ergebe sich schon daraus, dass es sich bei der Neuregelung um ein begünstigendes Gesetz handele, für welches das Rückwirkungsverbot nicht gelte. Denn die Neuregelung lasse den Übergang des Unterschiedsbetrags bei unentgeltlichen Übertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG zu. Dass der Unter­schiedsbetrag beim Rechtsnachfolger hinzugerechnet werde, sei ein bloßer Re­flex, der sich daraus ergebe, dass keine Hinzurechnung beim Rechtsvorgänger erfolgt sei.

Aber selbst wenn man von einer belastenden Neuregelung ausgehe, sei ‑‑was auch das FG angenommen habe‑‑ eine verfassungsrechtlich zulässige Rückwir­kung gegeben. Soweit bei Verkündung des Abzugsteuerentlastungsmoderni­sierungsgesetzes noch kein Hinzurechnungstatbestand verwirklicht worden sei, liege zweifelsfrei eine unechte Rückwirkung vor. Aber auch soweit ‑‑wie im Streitfall‑‑ der Hinzurechnungstatbestand vor Verkündung des Abzugsteuer­entlastungsmodernisierungsgesetzes verwirklicht worden sei, liege eine unech­te Rückwirkung vor. Die gesetzliche Änderung bewirke ausschließlich, dass der Unterschiedsbetrag nicht beim Rechtsvorgänger hinzugerechnet werde. Die sich daraus ergebende Hinzurechnung beim Rechtsnachfolger sei lediglich eine Reflexwirkung, die keine echte Rückwirkung begründe. Es lägen keine unmit­telbaren Auswirkungen auf eine bereits entstandene Steuerschuld vor. Im Üb­rigen liege eine unechte Rückwirkung vor, weil der Gesetzgeber mit der Neure­gelung sichergestellt habe, dass die bestehende, über Jahrzehnte geübte Ver­waltungspraxis formal in Gesetzesform gegossen werde.

Schließlich wäre selbst dann, wenn man in Einzelfällen eine echte Rückwirkung annehmen wollte, diese verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die einzige Fall­konstellation, in der die Verfassungsmäßigkeit diskutiert werden könne, be­treffe diejenigen Fälle, in denen beim Rechtsvorgänger bereits Feststellungs­verjährung eingetreten sei (demnach eine begünstigende Regelung zu dessen Gunsten verfassungsrechtlich nicht geboten sei) und gleichzeitig der Rechts­nachfolger vor Verkündung des Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgeset­zes einen Hinzurechnungstatbestand verwirklicht habe. Ein besonders schutz­würdiges Vertrauen gebe es aber auch in dieser Konstellation nicht. Dies liege auf der Hand, wenn der Hinzurechnungstatbestand ‑‑wie im Streitfall‑‑ vor dem BFH-Urteil vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19 (BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750) verwirklicht worden sei. Mit Blick auf die jahrzehntelange Verwaltungs­praxis habe es keinerlei Anhaltspunkte für ein berechtigtes Vertrauen darauf gegeben, dass der Unterschiedsbetrag nicht auf den Rechtsnachfolger überge­he. Aber auch in Fällen, in denen der Hinzurechnungstatbestand nach der ge­nannten Entscheidung des BFH verwirklicht worden sei, habe der Steuerpflich­tige mit einer entsprechenden Reaktion des Gesetzgebers rechnen müssen. Bei den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aner­kannten Fallgruppen, in denen eine echte Rückwirkung wegen eines aus­nahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage zulässig sei, handele es sich um keine abschließende Aufzählung. So sei im Streitfall in die Abwägung einzubeziehen, dass das fiskalische Allgemeininteresse eine Ein­malbesteuerung des Unterschiedsbetrags verlange. Zudem verstieße die "Keinmalbesteuerung" einzelner Steuerpflichtiger gegen das Gebot der Gleich­mäßigkeit der Besteuerung und das Leistungsfähigkeitsprinzip. Diese Gesichts­punkte seien jedenfalls gewichtiger als ein ganz schwach ausgeprägtes Ver­trauen des Rechtsnachfolgers in eine "Keinmalbesteuerung".

B. Infolge der vom vorlegenden Senat angenommenen Verfassungswidrigkeit des § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. ist das Revisionsverfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 80 Abs. 1 des Bundesverfassungs­gerichtsgesetzes (BVerfGG) auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG einzuholen. Nach Überzeugung des vorlegenden Senats verstößt § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 GG), soweit diese Vorschrift die rückwirkende Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. für Wirtschaftsjahre anordnet, die nach dem 31.12.1998 beginnen.

I. Rechtsentwicklung der maßgebenden Gesetzesvorschriften

§ 5a EStG wurde mit dem Seeschiffahrtsanpassungsgesetz vom 09.09.1998 (BGBl I 1998, 2860) ‑‑SchAnpG‑‑ in das Einkommensteuergesetz aufgenom­men. Nach § 52 Abs. 6b EStG i.d.F. des SchAnpG ist § 5a Abs. 1 bis 3, 4a bis 6 EStG erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31.12.1998 endet (Satz 1), § 5a Abs. 4 EStG erstmals für das letzte Wirt­schaftsjahr, das vor dem 01.01.1999 endet (Satz 2). § 5a EStG ist eine Sub­ventionsvorschrift. Die erforderliche Genehmigung der Kommission der Euro­päischen Gemeinschaften wurde am 21.12.1998 bekanntgemacht (BGBl I 1998, 4023; vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 17.12.2020 ‑ IV R 14/20 (IV R 42/16), Rz 44 f.).
§ 5a EStG räumt dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht ein, statt der Gewinner­mittlung gemäß § 4 Abs. 1, § 5 EStG (Betriebsvermögensvergleich) eine pau­schale Gewinnermittlung nach der Tonnage durchzuführen. Es handelt sich nicht um eine besondere Steuer, sondern um eine besondere Art der Gewinn­ermittlung, die nur für den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Ver­kehr vorgesehen ist. Die Folgen des Übergangs von der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zur Gewinnermittlung nach der Tonnage und umgekehrt sind insbesondere in § 5a Abs. 4 EStG geregelt. Mit dieser Re­gelung hat sich der Gesetzgeber beim Übergang zur Gewinnermittlung nach der Tonnage gegen eine sofortige Besteuerung der stillen Reserven und für deren aufgeschobene Besteuerung entschieden. Durch die Ermittlung und Feststellung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG wird sichergestellt, dass die bis zum Wechsel der Gewinnermittlungsart entstande­nen stillen Reserven erfasst und später ‑‑bei Vorliegen eines der in Satz 3 ge­nannten Hinzurechnungstatbestände‑‑ der Besteuerung unterworfen werden.

1. § 5a Abs. 4 EStG bis zur Änderung durch das Abzugsteuerentlastungsmo­dernisierungsgesetz

§ 5a Abs. 4 EStG wurde bis zur Änderung durch das Abzugsteuerentlastungs­modernisierungsgesetz nur einmal durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2601) durch Neufassung seines Satzes 3 geändert. Zuvor war das Ausscheiden eines Gesellschafters noch nicht in § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG als Hinzurechnungstatbestand geregelt (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19, BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750, Rz 34). § 5a Abs. 4 EStG hatte unter Berücksichtigung der Änderung durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 folgenden Wortlaut:

"1Zum Schluß des Wirtschaftsjahres, das der erstmaligen Anwendung des Absatzes 1 vorangeht (Übergangsjahr), ist für jedes Wirtschaftsgut, das unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient, der Unterschiedsbetrag zwi­schen Buchwert und Teilwert in ein besonderes Verzeichnis aufzunehmen.2Der Unter­schiedsbetrag ist gesondert und bei Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 einheitlich festzustellen.3Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist dem Gewinn hinzuzurechnen:
1. in den dem letzten Jahr der Anwendung des Absatzes 1 folgenden fünf Wirtschafts­jahren jeweils in Höhe von mindestens einem Fünftel,
2. in dem Jahr, in dem das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet oder in dem es nicht mehr unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im interna­tionalen Verkehr dient,
3. in dem Jahr des Ausscheidens eines Gesellschafters hinsichtlich des auf ihn entfal­lenden Anteils.
4
Die Sätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige Wirt­schaftsgüter des Betriebsvermögens dem Betrieb von Handelsschiffen im internationa­len Verkehr zuführt."

2. Auffassung der Finanzverwaltung zu § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG bis zur Ände­rung durch das Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz

Das BMF hat die Anwendung des § 5a EStG für die Finanzverwaltung erstmals in seinem Schreiben vom 24.06.1999 (BStBl I 1999, 669) geregelt. Dieses BMF-Schreiben betraf noch § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG in der Fassung vor Ände­rung durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999, das heißt das Ausscheiden ei­nes Gesellschafters war noch nicht als Hinzurechnungstatbestand im Gesetz erfasst. Gleichwohl heißt es dort in Rz 24:

"Satz 3 Buchstabe b 1. Halbsatz gilt entsprechend für den Fall, daß ein Gesellschafter im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG seinen Anteil an der Personengesellschaft veräußert. Für die verbleibenden Gesellschafter ändert sich der festgestellte Unter­schiedsbetrag nicht."

Obwohl der Gesetzgeber in dem durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 neu gefassten § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG das Ausscheiden eines Gesellschafters in Nr. 3 als Hinzurechnungstatbestand formuliert hatte, hieß es in dem zu dieser Gesetzeslage ergangenen neuen BMF-Schreiben vom 12.06.2002 (BStBl I 2002, 614) in Rz 28 wie folgt:

"§ 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG gilt für den Fall, dass ein Gesellschafter im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG seinen Anteil an der Personengesellschaft veräußert. Für die verbleibenden Gesellschafter ändert sich der festgestellte Unterschiedsbetrag nicht."

Mit BMF-Schreiben vom 31.10.2008 (BStBl I 2008, 956) wurde die Rz 28, ohne dass sich die Gesetzeslage geändert hatte, wie folgt gefasst:

"§ 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG gilt für den Fall, dass ein Gesellschafter im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG seinen Anteil an der Personengesellschaft veräußert. Für die verbleibenden Gesellschafter ändert sich der festgestellte Unterschiedsbetrag nicht. In den Fällen der Übertragung oder Einbringung zu Buchwerten (z.B. § 6 Abs. 3 EStG und § 24 UmwStG) findet § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG keine Anwendung."

3. Auffassung der Rechtsprechung zu § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG bis zur Änderung durch das Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz

Die erste gerichtliche Entscheidung zu § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG erging durch das FG Hamburg. Es entschied mit Urteil vom 19.12.2017 ‑ 2 K 277/16, dass jedes Ausscheiden eines Gesellschafters zur Hinzurechnung des Unter­schiedsbetrags (§ 5a Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG) nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG führe. Der Unterschiedsbetrag gehe bei steuerneutralen Anteilsübertra­gungen zu Buchwerten (§ 6 Abs. 3 EStG, § 24 des Umwandlungssteuergeset­zes ‑‑UmwStG‑‑) nicht auf den Rechtsnachfolger des Gesellschafters über. Der BFH hat diese Rechtsauffassung in dem hiergegen geführten Revisionsverfah­ren mit Urteil vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19 (BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750) für zutreffend erachtet und in dem Urteil vom 29.04.2020 ‑ IV R 17/19 bestätigt. Der BFH begründete dies damit, dass der Begriff des Ausscheidens in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG jedes Ausscheiden eines Gesellschafters, das heißt jeden Verlust der (unmittelbaren) Mitunternehmerstellung umfasse, unabhängig davon, ob der Gesellschafter unentgeltlich oder entgeltlich, im Wege der Einzel- oder der Gesamtrechtsnachfolge ausscheide. Damit komme es in diesen Fällen zu einer Besteuerung der bereits bei Feststellung des Unterschiedsbetrags aufgedeckten stillen Reserven.

4. Reaktion des Gesetzgebers

a) Der Gesetzgeber hat durch das Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsge­setz § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG geändert und dort die Sätze 4 bis 6 einge­fügt; der bisherige Satz 4 wurde dadurch zu Satz 7. § 5a Abs. 4 EStG n.F. lau­tet:

"1Zum Schluss des Wirtschaftsjahres, das der erstmaligen Anwendung des Absatzes 1 vorangeht (Übergangsjahr), ist für jedes Wirtschaftsgut, das unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient, der Unterschiedsbetrag zwi­schen Buchwert und Teilwert in ein besonderes Verzeichnis aufzunehmen.2Der Unter­schiedsbetrag ist gesondert und bei Gesellschaften im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 einheitlich festzustellen.3Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist dem Ge­winn hinzuzurechnen:
1. in den dem letzten Jahr der Anwendung des Absatzes 1 folgenden fünf Wirtschafts­jahren jeweils in Höhe von mindestens einem Fünftel,
2. in dem Jahr, in dem das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet oder in dem es nicht mehr unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internatio­nalen Verkehr dient,
3. in dem Jahr des Ausscheidens eines Mitunternehmers hinsichtlich des auf ihn entfal­lenden Unterschiedsbetrags; mindert sich die Beteiligung des Mitunternehmers, ohne dass er aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet, erfolgt eine Hinzurechnung ent­sprechend der Minderung der Beteiligung.
4
Satz 3 Nummer 3 gilt auch in den Fällen der §§ 20 und 24 des Umwandlungssteuer­gesetzes.5Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Anteil eines Mitunternehmers an einem Betrieb auf einen Rechtsnachfolger zum Buchwert nach § 6 Absatz 3 übertragen, geht der Unterschiedsbetrag insoweit auf den Rechtsnachfolger über.6§ 182 Absatz 2 der Abgabenordnung gilt sinngemäß.7Die Sätze 1 bis 6 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zuführt."

§ 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. verankert die bisherige Verwaltungsauffas­sung, allerdings nur für den Fall der unentgeltlichen Übertragung. Nach Satz 5 geht bei der Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Anteils eines Mitun­ternehmers an einem Betrieb zum Buchwert nach § 6 Abs. 3 EStG der Unter­schiedsbetrag insoweit auf den Rechtsnachfolger über. Zudem ist für den Fall der unentgeltlichen Übertragung in Satz 6 mit der sinngemäßen Geltung des § 182 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) erstmals gesetzlich geregelt, dass die Feststellung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG auch ge­genüber dem Rechtsnachfolger Wirkung entfaltet. Hingegen wird in § 5a Abs. 4 Satz 4 EStG n.F. jetzt ausdrücklich ‑‑entgegen der bisherigen Verwal­tungsauffassung zu Buchwerteinbringungen‑‑ geregelt, dass die Fälle der Übertragung (Einbringung) gemäß §§ 20, 24 UmwStG ein Ausscheiden im Sin­ne von § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG darstellen.

Die Ergänzung wurde vom Bundesrat auf Vorschlag des Finanz- und des Wirt­schaftsausschusses vorgenommen (vgl. Empfehlungen der Ausschüsse vom 22.02.2021, BRDrucks 50/1/21, S. 5 ff.; Stellungnahme des Bundesrates vom 05.03.2021, BRDrucks 50/21 (Beschluss), S. 5 ff.; Beschlussempfehlung und Be­richt des Finanzausschusses vom 22.04.2021, BTDrucks 19/28925, S. 71 f., 74). Weder im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 22.01.2021 (BRDrucks 50/21) noch in dem der Bundesregierung vom 17.03.2021 (BTDrucks 19/27632) war eine Regelung zur Änderung des § 5a EStG enthal­ten.

b) Nach § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. ist § 5a Abs. 4 Satz 5 bis 7 EStG n.F. erstmals auf Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.1998 begin­nen. Hiermit wird für den Fall unentgeltlicher Übertragungen rückwirkend die Rechtslage hergestellt, die vor den vorstehend genannten BFH-Urteilen der Auffassung der Finanzverwaltung entsprochen hat.

5. Die aktuelle Auffassung der Finanzverwaltung zu § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG n.F.

Mit BMF-Schreiben vom 10.07.2023 (BStBl I 2023, 1486) hat die Finanzver­waltung die Verwaltungsanweisung zu § 5a EStG neu gefasst und hierdurch die unter B.I.2. genannten BMF-Schreiben ersetzt. In Rz 23 heißt es jetzt:

"Der Begriff des Ausscheidens in § 5a Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 EStG umfasst jedes Ausscheiden eines Gesellschafters, d.h. jeden Verlust der (unmittelbaren) Mitunter­nehmerstellung (BFH-Urteil vom 28. November 2019 ‑ IV R 28/19, BStBl II 2023 S. 750). Die (anteilige) Auflösung des Unterschiedsbetrags hat dabei im Rahmen der Gewinnermittlung derjenigen Personengesellschaft zu erfolgen, für die ursprünglich die Feststellung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Absatz 4 Satz 2 EStG durchgeführt wurde. Für die verbleibenden Gesellschafter ändert sich der festgestellte Unterschieds­betrag nicht. Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Anteil eines Mitunternehmers an einem Betrieb auf einen Rechtsnachfolger zum Buchwert nach § 6 Absatz 3 EStG übertragen, geht der Unterschiedsbetrag insoweit auf den Rechtsnachfolger über (zur Anwendung siehe § 52 Absatz 10 Satz 4 EStG). Jede Reduzierung eines Anteils eines Mitunterneh­mers an einem Betrieb, auch ohne vollständiges Ausscheiden von Mitunternehmern aus der Gesellschaft, erfüllt den Tatbestand des § 5a Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 EStG mit der Folge, dass der Unterschiedsbetrag im Zeitpunkt der Änderung der Beteili­gungsverhältnisse entsprechend der Reduzierung der jeweiligen Beteiligung aufzulösen ist."

II. Anwendung des einfachen Gesetzesrechts

Bei Anwendung des einfachen Gesetzesrechts ist die Revision der Klägerin un­begründet. Das FG hat die gegen die Höhe des laufenden Gesamthandsge­winns gerichtete Klage (dazu 1.) zu Recht als zulässig erachtet (dazu 2.) und ohne Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens (dazu 3.) diese Klage zutreffend in der Sache als unbegründet abgewiesen (dazu 4.).

1. Gegenstand des Klageverfahrens ‑‑auch des Revisionsverfahrens‑‑ ist die im Gewinnfeststellungsbescheid 2013 festgestellte Höhe des laufenden Ge­samthandsgewinns, und zwar der von dieser selbständig festzustellenden Be­steuerungsgrundlage mitumfasste und bei der Klägerin mitunternehmerbezo­gen aufgelöste (hinzugerechnete) Unterschiedsbetrag.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann ein Gewinnfeststellungsbe­scheid nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigen­ständig in Bestandskraft erwachsen können. Solche selbständigen Feststellun­gen sind zum Beispiel die Höhe des laufenden Gesamthandsgewinns sowie dessen Verteilung auf die Mitunternehmer und die Höhe eines Sonderbetriebs­gewinns beziehungsweise einer Sondervergütung (z.B. BFH-Urteil vom 17.04.2019 ‑ IV R 12/16, BFHE 264, 306, BStBl II 2019, 745, Rz 19, m.w.N.). Keine selbständige Besteuerungsgrundlage sind hingegen die Beträge aus der Auflösung von Unterschiedsbeträgen nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG (BFH-Urteil vom 01.10.2020 ‑ IV R 4/18, BFHE 271, 154, Rz 26). Diese Beträ­ge sind ‑‑betreffen sie Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens‑‑ Teil des laufenden Gesamthandsgewinns (BFH-Urteil vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19, BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750, Rz 28). Diese verfahrensrechtliche Beur­teilung gilt unabhängig davon, ob die rückwirkende Geltung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. verfassungswidrig ist oder nicht.

b) Danach ist im Streitfall die Höhe des laufenden Gesamthandsgewinns, nicht die Gewinnverteilung als ebenfalls selbständig festzustellende Besteuerungs­grundlage angegriffen.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage und Revision gegen die Auflösung und Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags in Höhe von 49.635,44 € nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG, weil ihrer Auffassung nach der Unterschiedsbetrag bereits in früheren Feststellungszeiträumen bei ihrem/ihren Rechtsvorgänger/n (Schenker) hätte aufgelöst und besteuert werden müssen. Auch wenn dieser Unterschiedsbetrag ‑‑wie hier‑‑ im angegriffenen Gewinnfeststellungsbescheid als eigene Rechengröße ausgewiesen ist, bleibt er Teil des laufenden Gesamt­handsgewinns. Damit ist die Höhe des laufenden Gesamthandsgewinns, nicht die Gewinnverteilung angegriffen. Denn es steht außer Frage, dass der Unter­schiedsbetrag ‑‑sollte jener bei der Klägerin aufzulösen sein‑‑ allein ihr zuzu­rechnen wäre.

2. Die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage ist zulässig.

Zu Recht ist das FG insbesondere davon ausgegangen, dass die Klägerin infol­ge der bereits bei Klageerhebung gegebenen zivilrechtlichen Vollbeendigung der Schifffahrtsgesellschaft selbst klagebefugt war (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 10.09.2020 ‑ IV R 6/18, BFHE 270, 87, BStBl II 2021, 197, Rz 20, m.w.N.). Abgesehen davon ergibt sich die Klagebefugnis der Klä­gerin im Streitfall auch daraus, dass ihr der "Ablehnungsbescheid" (inhaltlich ein Änderungsbescheid) vom 04.01.2019 und die hierzu ergangene Ein­spruchsentscheidung im Wege der Einzelbekanntgabe nach § 122 Abs. 1 AO bekanntgegeben wurden (zur insoweit vergleichbaren Situation im Fall der Ein­zelbekanntgabe nach § 183 Abs. 2 AO z.B. BFH-Urteil vom 05.06.2019 ‑ IV R 17/16, Rz 32).

3. Das FG hat im Ergebnis zu Recht keine Beiladungen nach § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgenommen.

Nach § 60 Abs. 3 FGO sind Dritte notwendig beizuladen, die im Sinne von § 48 FGO klagebefugt sind (z.B. BFH-Urteil vom 17.03.2021 ‑ IV R 20/18, BFHE 272, 440, BStBl II 2021, 904, Rz 18, m.w.N.).

a) Die Schifffahrtsgesellschaft ist wegen ihrer bereits vor Klageerhebung ein­getretenen handelsrechtlichen Vollbeendigung nicht beizuladen (z.B. BFH-Ur­teil vom 17.03.2021 ‑ IV R 20/18, BFHE 272, 440, BStBl II 2021, 904, Rz 19, m.w.N.).

b) Ebenfalls zutreffend hat das FG von einer Beiladung anderer ehemaliger Ge­sellschafter der Schifffahrtsgesellschaft abgesehen.

aa) Die Vollbeendigung der Personengesellschaft ‑‑hier der Schifffahrtsgesell­schaft‑‑ hat zur Folge, dass grundsätzlich alle ehemaligen Gesellschafter, die nicht selbst Klage erhoben haben, beizuladen sind, soweit sie vom Ausgang des Rechtsstreits im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO selbst betroffen sind (z.B. BFH-Urteil vom 30.03.2017 ‑ IV R 3/15, Rz 31, m.w.N.). Danach sind die an­deren ehemaligen Gesellschafter, die im Streitjahr an der Klägerin beteiligt waren, im Streitfall nicht beizuladen, da sie vom Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in ihren Rech­ten betroffen sind. Denn es ist allein der dem Gewinn der Klägerin nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG hinzugerechnete Unterschiedsbetrag streitig. Auch wenn dieser Betrag aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags Teil des lau­fenden Gesamthandsgewinns ist, wird er nicht nach Quote verteilt (BFH-Urteil vom 01.10.2020 ‑ IV R 4/18, BFHE 271, 154, Rz 24, 27). Denn dieser Betrag stammt aus der nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG mitunternehmerbezogen erfolg­ten Feststellung der Unterschiedsbeträge (s. dazu BFH-Urteil vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19, BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750, Rz 26). Von die­sem mitunternehmerbezogenen Gewinnbestandteil können andere Gesell­schafter im Auflösungsjahr nicht betroffen sein.

bb) Ebenso hat das FG im Ergebnis zu Recht davon abgesehen, die Schenker des Mitunternehmeranteils (Eltern der Klägerin) notwendig beizuladen. Diese Personen sind bereits vor dem Streitjahr ausgeschieden. Danach bezieht sich der verfahrensgegenständliche Gewinnfeststellungsbescheid 2013 auf einen nicht ihre Mitgliedschaft betreffenden Feststellungszeitraum. Sie können daher durch die Feststellungen dieses Bescheids von vornherein nicht in ihren Rech­ten verletzt sein.

Eine andere Frage ist es, ob die Schenker des Mitunternehmeranteils (spätes­tens vom FG, vgl. § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO) nach § 174 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 AO auf Antrag oder Veranlassung des FA hätten beigeladen werden können oder müssen, um eine Korrektur der Gewinnfeststellungsbescheide 2003 und 2007 ihnen als Dritten gegenüber zu ermöglichen. Diese Norm ent­hält einen ‑‑von den Voraussetzungen des § 60 FGO unabhängigen‑‑ selbstän­digen Beiladungsgrund (z.B. BFH-Beschluss vom 17.10.1985 ‑ IV B 62/85, BFH/NV 1987, 479). Nach Aktenlage ist eine solche Beiladung jedoch vor dem FG nicht beantragt worden. Abgesehen davon hätte eine solche Beiladung durch das FG auch nicht mehr erfolgen dürfen, weil bereits vor einer mögli­chen Beiladung durch das FG eindeutig Feststellungsverjährung gegenüber den Eltern (Schenkern) eingetreten war (z.B. BFH-Beschlüsse vom 22.09.1993 ‑ II B 67/93, BFH/NV 1994, 216; vom 22.09.2016 ‑ X B 42/16, Rz 16). So lässt sich dem FG-Urteil entnehmen, dass für den Feststellungszeit­raum 2003 mit Ablauf des Jahres 2009 und für den Feststellungszeitraum 2007 mit Ablauf des Jahres 2013 Feststellungsverjährung eingetreten war. Le­diglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass eine Korrektur der Bescheide gegenüber den Schenkern auch nach § 176 Abs. 2 AO ausgeschlossen gewe­sen wäre.

4. Die Verfassungsmäßigkeit der in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. angeordne­ten rückwirkenden Geltung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. unterstellt, hat das FG die auf Abänderung des Gewinnfeststellungsbescheids gerichtete Klage auch zu Recht als unbegründet abgewiesen.

a) Gemäß § 121 Satz 1, § 100 Abs. 2 FGO kann ein Anspruch auf Änderung des angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheids (hier: des Änderungsbe­scheids vom 04.01.2019) nur dann bestehen, wenn dieser Bescheid im Zeit­punkt der Entscheidung des FG beziehungsweise des BFH rechtswidrig ist. Da­bei kommt es auf die Sach- und Rechtslage in dem Feststellungszeitraum an, der dem angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid zugrunde liegt. Das FG und der BFH haben daher ‑‑so wie hier‑‑ während des gerichtlichen Verfahrens eingetretene rückwirkende Gesetzesänderungen zu beachten, soweit sie ver­fassungsrechtlich zulässig sind (z.B. BFH-Urteil vom 30.06.2022 ‑ IV R 42/19, BFHE 278, 42, BStBl II 2023, 118, Rz 28, m.w.N.).

b) Es steht nicht in Streit, dass der Unterschiedsbetrag im Sinne des § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG bei den Rechtsvorgängern der Klägerin nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG in Höhe von 49.635,44 € gesondert und einheitlich festgestellt worden ist. Ebenso ist nicht streitig, dass bei Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. der Unterschiedsbetrag infolge der unentgeltlichen Übertragung(en) auf die Klägerin als Rechtsnachfolgerin übergegangen ist. Danach ist der mitunternehmerbezogen festgestellte Unterschiedsbetrag im Streitjahr infolge der Veräußerung des Seeschiffs nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG aufzulösen und allein dem Anteil der Klägerin am laufenden Ge­samthandsgewinn hinzuzurechnen. Der aufgelöste Unterschiedsbetrag wäre selbst dann Teil des laufenden Gesamthandsgewinns, wenn dies im zeitlichen Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung/‑aufgabe erfolgt sein sollte. Denn der Gewinn aus der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags ist nicht der Gewinnermittlung nach der Tonnage, sondern noch der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zuzurechnen (BFH-Urteile vom 25.10.2018 ‑ IV R 35/16, BFHE 263, 22, BStBl II 2022, 412, Rz 53; vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19, BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750, Rz 28; Barche in Herrmann/Heuer/Raupach ‑‑HHR‑‑, § 5a EStG Rz 70; vgl. auch FG Hamburg, Urteil vom 15.12.2020 ‑ 2 K 143/18).

III. Verfassungsrechtliche Beurteilung

Die in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. angeordnete rückwirkende Geltung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. ist nach Überzeugung des vorlegenden Se­nats verfassungswidrig (gleicher Ansicht FG Hamburg, Vorlagebeschluss vom 24.11.2022 ‑ 6 K 68/21; HHR/Barche, § 5a EStG Rz 74; kritisch zur Rückwir­kung auch Schindler in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 5a Rz 27a; anderer Ansicht z.B. Brandis/Heuermann/Hofmeister, § 5a EStG Rz 88). Diese Rege­lung stellt für das Streitjahr 2013 sowohl in formaler als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht eine echte Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen dar (dazu 1.). Diese ist verfassungsrechtlich nicht gerecht­fertigt (dazu 2.). Die vom FA und dem BMF angeführten Argumente führen zu keiner abweichenden verfassungsrechtlichen Beurteilung (dazu 3.). Ebenso ist eine verfassungskonforme Auslegung dahin, dass § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. im Streitjahr nicht anwendbar ist, nicht möglich (dazu 4.).

1. Die Regelung in § 52 Abs. 10 Satz 4 i.V.m. § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. ist unter Anwendung der verfassungsrechtlich geklärten Maßstäbe (dazu a) sowohl in formaler Hinsicht (dazu b) als auch in materiell-rechtlicher Hin­sicht (dazu c) ‑‑entgegen der Auffassung des FG‑‑ als Anwendungsfall einer echten Rückwirkung beziehungsweise einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen anzusehen (ebenso FG Hamburg, Vorlagebeschluss vom 24.11.2022 ‑ 6 K 68/21, Rz 102 ff.).

a) Im Steuerrecht liegt eine echte Rückwirkung beziehungsweise eine Rückbe­wirkung von Rechtsfolgen nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstan­dene Steuerschuld nachträglich abändert. Umgekehrt bedeutet dies für den Bereich des Einkommensteuerrechts, dass die Änderung von Normen mit Wir­kung für den laufenden Veranlagungszeitraum jedenfalls in formaler Hinsicht der Kategorie der unechten Rückwirkung beziehungsweise der tatbestandli­chen Rückanknüpfung zuzuordnen ist; denn nach § 38 AO i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungs­zeitraums, das heißt des Kalenderjahres (§ 25 Abs. 1 EStG; z.B. BVerfG-Be­schluss vom 12.07.2023 ‑ 2 BvR 482/14, Rz 33, m.w.N.).

Die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Verbots von Gesetzen mit echter Rückwirkung beanspruchen Geltung, wenn eine Regelung aus verfassungs­rechtlicher Sicht gegenüber der alten Rechtslage als konstitutive Änderung zu behandeln ist. Ob eine rückwirkende Gesetzesänderung gegenüber dem alten Recht deklaratorisch oder konstitutiv wirkt, hängt vom Inhalt des alten und des neuen Rechts ab, der ‑‑abgesehen von eindeutigen Gesetzesformulierun­gen‑‑ zumeist erst durch Auslegung ermittelt werden muss. Die in der Begrün­dung eines Gesetzentwurfs vertretene Auffassung, die Vorschrift habe lediglich klarstellenden Charakter, ist für die Gerichte nicht verbindlich. Sie schränkt weder die Kontrollrechte und ‑pflichten der Fachgerichte und des BVerfG ein, noch relativiert sie die für sie maßgeblichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe (z.B. BVerfG-Beschluss vom 12.07.2023 ‑ 2 BvR 482/14, Rz 34, m.w.N.). Eine rückwirkende Klärung der Rechtslage durch den Gesetzgeber ist in jedem Fall als konstitutiv rückwirkende Regelung anzusehen, wenn der Gesetzgeber da­mit nachträglich einer höchstrichterlich geklärten Auslegung des Gesetzes den Boden zu entziehen sucht. Der Gesetzgeber hat es für die Vergangenheit grundsätzlich hinzunehmen, dass die Gerichte das damals geltende Gesetzes­recht in den verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Gesetzesauslegung und Rechtsfortbildung verbindlich auslegen. Entspricht diese Auslegung nicht oder nicht mehr dem politischen Willen des Gesetzgebers, kann er das Gesetz für die Zukunft ändern (BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013 ‑ 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1, Rz 55).

b) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen liegt im Streitfall in formaler Hin­sicht eine echte Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfol­gen vor.

§ 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. ordnet die Geltung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. erstmals für Wirtschaftsjahre an, die nach dem 31.12.1998 begin­nen. Damit hat der Gesetzgeber die Neuregelung für Veranlagungszeiträume für anwendbar erklärt, die im Zeitpunkt der Gesetzesverkündung am 08.06.2021 bereits abgeschlossen waren. In formaler Hinsicht ist daher im Streitfall eine echte Rückwirkung gegeben. Denn die Neuregelung ist bei der Klägerin im Rahmen der noch nicht bestandskräftigen Gewinnfeststellung für das Jahr 2013 zu beachten. Der dann ergehende Gewinnfeststellungsbescheid 2013 entfaltet als Grundlagenbescheid Bindungswirkung für die Festsetzung der Einkommensteuer der Klägerin für den Veranlagungszeitraum 2013 (vgl. § 171 Abs. 10, § 182 Abs. 1 AO).

c) Zudem liegt auch in materiell-rechtlicher Hinsicht eine echte Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen vor, da die alte Rechtslage durch § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. konstitutiv geändert wird.

Der BFH hat ‑‑beginnend Ende 2019‑‑ mit seinen Urteilen vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19 (BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750) und vom 29.04.2020 ‑ IV R 17/19 höchstrichterlich entschieden, dass der Begriff des Ausscheidens in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG a.F. jedes Ausscheiden eines Gesellschafters umfasst, das heißt jeden Verlust der (unmittelbaren) Mitunternehmerstellung, unabhängig davon, ob der Gesellschafter unentgeltlich oder entgeltlich, im Wege der Einzel- oder der Gesamtrechtsnachfolge ausscheidet. Der vorlegen­de Senat hält an dieser Auslegung des § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG a.F. trotz der hierzu im Gesetzgebungsverfahren zu § 5a Abs. 4 EStG n.F. enthaltenen Ausführungen des Gesetzgebers (dazu BTDrucks 19/28925, S. 71 f., 74) fest. Soweit es dort heißt, dass die in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG a.F. verwende­te Formulierung "Ausscheidens eines Gesellschafters" mit Blick auf die im Ein­kommensteuerrecht geltende sogenannte Fußstapfentheorie (vgl. § 6 Abs. 3 EStG) nur als Umschreibung des Tatbestands der "Veräußerung des Mitunter­nehmeranteils" gewertet werden könne, hat der vorlegende Senat in seinem Urteil vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19 (BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750, Rz 47 ff.) auch diesen Gesichtspunkt umfassend gewürdigt. Er kam insoweit zu dem Ergebnis, dass es gerade keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz des Inhalts gebe, wonach eine Aufdeckung und Besteuerung stiller Reserven beim Rechts­vorgänger immer dann zu unterbleiben habe, wenn ihre Besteuerung beim Rechtsnachfolger gesichert sei. Im Übrigen handele es sich bei den festgestell­ten Unterschiedsbeträgen um bereits aufgedeckte stille Reserven, die lediglich noch nicht besteuert worden seien, nicht hingegen um noch nicht aufgedeckte stille Reserven, die nach § 6 Abs. 3 EStG noch übertragbar seien. Ganz abge­sehen davon hat der vorlegende Senat seine Rechtsauffassung in erster Linie mit einer grammatikalischen, historischen und teleologischen Auslegung des § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG a.F. begründet und sich zudem auf das verfah­rensrechtliche Verhältnis zwischen Feststellungsbescheid nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG und Gewinnfeststellungsbescheid gestützt (BFH-Urteil vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19, BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750, Rz 32 ff.). Diese Rechtsauffassung ist im Fachschrifttum überwiegend auf Zustimmung gesto­ßen (HHR/Barche, § 5a EStG Rz 74; Schindler in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 5a Rz 27a; Weiland in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuer­recht, Kommentar, § 5a Rz 148c; anderer Ansicht Kahl-Hinsch in Lademann, EStG, § 5a EStG Rz 116). Es sind keine Gründe erkennbar, die den vorlegen­den Senat jetzt zu einer abweichenden Beurteilung veranlassen könnten.

Wenn der Gesetzgeber nunmehr in § 5a Abs. 4 Satz 5 EStG n.F. ausdrücklich anordnet, dass der Unterschiedsbetrag im Falle der unentgeltlichen Übertra­gung des Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG auf den Rechtsnachfol­ger übergeht, entzieht er hiermit der vorbezeichneten höchstrichterlichen Ge­setzesauslegung den Boden. Wird diese konstitutive Änderung der Rechtslage ‑‑so wie hier‑‑ auf zurückliegende Feststellungs‑/Veranlagungszeiträume er­streckt, liegt auch in materiell-rechtlicher Hinsicht eine echte Rückwirkung be­ziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen vor.

Ebenso stellt § 5a Abs. 4 Satz 6 EStG n.F. ‑‑entgegen der Äußerung im Ge­setzgebungsverfahren (vgl. dazu BTDrucks 19/28925, S. 72)‑‑ keine reine Klarstellung dar. Vielmehr existierte in § 5a Abs. 4 EStG a.F. keine gesetzliche Grundlage, die es ermöglicht hätte, den für den unentgeltlich ausgeschiedenen Gesellschafter nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG mitunternehmerbezogen festge­stellten Unterschiedsbetrag beim Rechtsnachfolger fortzuschreiben bezie­hungsweise auf diesen zu übertragen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19, BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750, Rz 42 ff.). Danach schafft § 5a Abs. 4 Satz 6 EStG n.F. für den neuen Satz 5 erstmals und konstitutiv die Rechtsgrundlage dafür, dass eine gegenüber dem Rechtsvorgänger erfolgte gesonderte und einheitliche Feststellung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG auch gegenüber dem unentgeltlichen Rechtsnachfolger wirkt.

2. Die in den Regelungen gemäß § 52 Abs. 10 Satz 4 und § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. liegende echte Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen ist nach Überzeugung des vorlegenden Senats unter Anwen­dung der verfassungsrechtlich geklärten Maßstäbe (dazu a) nicht gerecht­fertigt und daher verfassungswidrig (dazu b; ebenso FG Hamburg, Vorlage­beschluss vom 24.11.2022 ‑ 6 K 68/21, Rz 107 ff.).

a) aa) Die im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten verankerten Prinzipi­en der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes stehen belastenden Ge­setzen mit echter Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechts­folgen grundsätzlich entgegen. Das grundsätzliche Verbot echt rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Bere­chenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsord­nung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte. Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes. Die Grundrech­te wie auch das Rechtsstaatsprinzip garantieren im Zusammenwirken die Ver­lässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbe­stimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedin­gung freiheitlicher Verfassungen. Es würde die Betroffenen in ihrer Freiheit er­heblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres rechtserheblichen Verhaltens galten (z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 17.12.2013 ‑ 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1, Rz 62 ff.; vom 25.03.2021 ‑ 2 BvL 1/11, BVerfGE 157, 177, Rz 51). Ausgehend hiervon sind Gesetze mit echter Rückwirkung beziehungsweise mit Rückbewirkung von Rechtsfolgen grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig (z.B. BVerfG-Be­schlüsse vom 07.07.2010 ‑ 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, BVerfGE 127, 61, Rz 45, m.w.N.; vom 17.12.2013 ‑ 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1, Rz 63, m.w.N.).

bb) Von diesem grundsätzlichen Verbot echt rückwirkender Gesetze bestehen jedoch Ausnahmen. Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrau­ensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze. Es gilt nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konn­te oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfer­tigt und daher nicht schutzwürdig war. Bei den in der Rechtsprechung des BVerfG anerkannten, nicht abschließend definierten Fallgruppen handelt es sich um Typisierungen ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehen­de Gesetzeslage. Für die Frage, ob mit einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage zu rechnen war, ist von Bedeutung, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personen­gruppe auf ihren Fortbestand zu begründen.

Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit echter Rückwirkungen ist gegeben, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrau­en durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten. Vertrauensschutz kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste, oder wenn das bisherige Recht in einem Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernst­hafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden. Der Vertrauens­schutz muss ferner zurücktreten, wenn überragende Belange des Gemein­wohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Be­seitigung erfordern, wenn der Bürger sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durfte oder wenn durch die sachlich begründete rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird (z.B. BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013 ‑ 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1, Rz 64 f., m.w.N.). Schließlich ist es dem Gesetz­geber unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht von Verfassungs wegen verwehrt, eine Rechtslage rückwirkend festzuschreiben, die vor der Rechtsprechungsänderung einer gefestigten Rechtsprechung und einheitlichen Rechtspraxis entsprochen hat (Wiederherstellung einer einheitlichen Rechts­überzeugung; BVerfG-Beschluss vom 15.10.2008 ‑ 1 BvR 1138/06, Kammer­entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ‑‑BVerfGK‑‑ 14, 338, Rz 19, m.w.N.).

cc) Allein die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm rechtfertigt jedoch nicht de­ren rückwirkende Änderung; erst wenn die Auslegungsoffenheit ein Maß er­reicht, das zur Verworrenheit der Rechtslage führt, darf der Gesetzgeber eine klärende Neuregelung auf die Vergangenheit erstrecken.

Den in der Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Fallgruppen zu den Aus­nahmen vom Verbot echt rückwirkender Gesetze ist sämtlich gemeinsam, dass besondere Umstände ein grundsätzlich berechtigtes Vertrauen in die bestehen­de Rechtslage erst gar nicht entstehen lassen oder entstandenes Vertrauen wieder zerstören. Die schlichte Auslegungsoffenheit und Auslegungsbedürftig­keit einer Norm und die damit bestehende Unsicherheit über deren Inhalt ist keine solche Besonderheit, die dieses grundsätzlich berechtigte Vertrauen zer­stören könnte. Anderenfalls könnte sich insbesondere in den Anfangsjahren ei­ner gesetzlichen Regelung grundsätzlich nie ein schutzwürdiges Vertrauen ge­gen rückwirkende Änderungen entwickeln, solange sich keine gefestigte Recht­sprechung hierzu herausgebildet hat. Sähe man jede erkennbare Auslegungs­problematik als Entstehungshindernis für verfassungsrechtlich schutzwürdiges Vertrauen an, stünde es dem Gesetzgeber weitgehend frei, das geltende Recht immer schon dann rückwirkend zu ändern, wenn es ihm opportun erscheint, etwa weil die Rechtsprechung das geltende Recht in einer Weise auslegt, die nicht seinen Vorstellungen und Erwartungen entspricht. In diesem Fall kann der Gesetzgeber zwar stets die Initiative ergreifen und das geltende Recht für die Zukunft in seinem Sinne ändern, sofern er sich dabei an die Vorgaben des Grundgesetzes hält. Einen "Freibrief" für rückwirkende Gesetzesänderungen verschafft ihm eine schlicht auslegungsbedürftige und insofern unklare Rechts­lage hingegen nicht. Eine so weitreichende Befugnis des Gesetzgebers zur Normsetzung mit echter Rückwirkung würde das durch Art. 20 Abs. 3 GG ge­schützte Vertrauen in die geltende Rechtslage weitgehend entwerten. Außer­dem würde eine über besondere Ausnahmefälle hinausgreifende Befugnis des Gesetzgebers zur rückwirkenden Präzisierung von Normen, die sich als ausle­gungsbedürftig erweisen, die vom Grundgesetz der rechtsprechenden Gewalt vorbehaltene Befugnis zur verbindlichen Auslegung von Gesetzen unterlaufen (vgl. zum Ganzen BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013 ‑ 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1, Rz 67 ff.).

Da sich Auslegungsfragen gerade bei neuen Normen häufig stellen, bestünde die Gefahr, dass auf diese Weise schließlich das Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der echten Rückwirkung in dem Sinne in sein Gegenteil verkehrt würde, dass auch sie nicht mehr grundsätzlich unzulässig bliebe, sondern ‑‑ebenso wie die unechte Rückwirkung‑‑ grundsätzlich zulässig wäre. Ein solches Er­gebnis wäre mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen des Vertrauens­schutzes und der Rechtssicherheit nicht vereinbar (BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013 ‑ 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1, Rz 71).

b) Nach Überzeugung des vorlegenden Senats liegt in Anwendung der vorste­hend aufgezeigten verfassungsrechtlichen Maßstäbe keine der in der (bisheri­gen) Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmen von diesem Verbot vor (ebenso FG Hamburg, Vorlagebeschluss vom 24.11.2022 ‑ 6 K 68/21).

aa) § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. wirkt sich für die Klägerin belastend aus.

Die Neuregelung führt bei der Klägerin zu einer Steuererhöhung. Sollte das FG hingegen meinen, dass per Saldo ohnehin ein nicht belastendes "Nullsummen­spiel" vorliege, weil die Unterschiedsbeträge einmal ‑‑entweder bei dem Rechtsvorgänger oder bei dem Rechtsnachfolger‑‑ besteuert würden (Sei­ten 13 f. des FG-Urteils), könnte sich der vorlegende Senat dem nicht an­schließen. Bei der Prüfung der Frage, ob eine belastende Regelung vorliegt, ist der einzelne Steuerpflichtige in den Blick zu nehmen. Das einzelne Steuersub­jekt ist es, das vor belastenden rückwirkenden Gesetzen zu schützen ist. Das Subjektsteuerprinzip gestattet es nicht, die steuerrechtliche Belastung eines Steuerpflichtigen durch günstige steuerrechtliche Folgen bei einem anderen Steuerpflichtigen zu neutralisieren. Danach wird die Klägerin durch die gesetz­liche Neuregelung belastet. § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. führt zu einer interpersonellen Verschiebung der Steuerlast vom unentgeltlich ausgeschiede­nen Rechtsvorgänger auf den Rechtsnachfolger.

bb) Von den bisher anerkannten Fallgruppen zulässigerweise echt rückwirken­der Gesetze kommen hier diejenigen der Unklarheit und Verworrenheit der ur­sprünglichen Gesetzeslage, ihrer Systemwidrigkeit und Unbilligkeit, des Vorlie­gens von überragenden Belangen des Gemeinwohls und der rückwirkenden Wiederherstellung einer einheitlichen Rechtsüberzeugung in Betracht. Es liegt jedoch keine dieser Fallgruppen vor (dazu (1) bis (4)). Auch ansonsten ist kein Grund für die Rechtfertigung der echten Rückwirkung beziehungsweise Rück­bewirkung von Rechtsfolgen erkennbar (dazu (5)).

(1) Eine unklare und verworrene Rechtslage war nicht gegeben.

(1.1) Nach der Rechtsprechung des BVerfG rechtfertigt allein die Auslegungs­bedürftigkeit einer Norm ‑‑wie vorstehend aufgezeigt‑‑ nicht deren rückwir­kende Änderung; erst wenn die Auslegungsoffenheit ein Maß erreicht, das zur Verworrenheit der Rechtslage führt, darf der Gesetzgeber eine klärende Neu­regelung auf die Vergangenheit erstrecken. Eine solche Verworrenheit liegt insbesondere dann vor, wenn auch unter Berücksichtigung von Wortlaut, Sys­tematik und Normzweck völlig unverständlich ist, welche Bedeutung die frag­liche Norm haben soll (BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013 ‑ 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1, Rz 72).

(1.2) Hieran fehlt es. Die Regelung des § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG a.F. hatte ‑‑wie bereits dargestellt (dazu oben B.I.1.)‑‑ folgenden Wortlaut:

"Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist dem Gewinn hinzuzurechnen: …
3. in dem Jahr des Ausscheidens eines Gesellschafters hinsichtlich des auf ihn ent­fallenden Anteils."

Diese Norm war zwar auslegungsbedürftig, führte aber keineswegs zu einer verworrenen Rechtslage. Der Wortlaut dieser Norm war klar formuliert. Es stand außer Frage, dass die Formulierung "Ausscheidens eines Gesellschaf­ters" nach dem Wortsinn nicht nur entgeltliche, sondern auch unentgeltliche Vorgänge umfasst. Hinzu kam, dass es keine verfahrensrechtliche Grundlage dafür gab, die für den Rechtsvorgänger mitunternehmerbezogen festgestellten Unterschiedsbeträge einem Rechtsnachfolger zuzurechnen. Gleichwohl wurden systematische und teleologische Gesichtspunkte für eine gegenteilige Ausle­gung vorgebracht. Mit diesen Argumenten hat sich der vorlegende Senat in seinem Urteil vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19 (BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750, Rz 32 ff.) umfassend auseinandergesetzt. Die Auslegungsbedürftigkeit der Norm bedingte daher keinesfalls eine verworrene Rechtslage. Sollte eine Verwirrung entstanden sein, dann ist diese nicht durch § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG a.F., sondern durch die Interpretation dieser Norm durch die Fi­nanzverwaltung verursacht worden. Denn es war nur schwer begründbar, wes­halb das unentgeltliche Ausscheiden kein Fall des "Ausscheidens eines Gesellschafters" im Sinne dieser Norm sein sollte.

(2) Das ursprüngliche einfache Recht war auch nicht in einer Weise system­widrig und unbillig, dass dies die angeordnete echte Rückwirkung rechtfertigen könnte.

Die vom BFH zu § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG a.F. vertretene Rechtsauffas­sung führte nicht zu einem derart systemwidrigen und unbilligen Ergebnis, das ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit entstehen ließ. Es ist nicht erkennbar, dass die Auslegung der Norm durch den vorlegenden Senat im In­teresse der Steuergerechtigkeit ersetzt werden musste. Insbesondere bestand ohne die gesetzliche Neuregelung in 2021 keine verfassungswidrige Rege­lungs- oder Besteuerungslücke. Die Entscheidung des BFH, dass die Unter­schiedsbeträge nicht auf den Beschenkten oder Erben übergehen, führt nicht zu geplanten oder ungeplanten sogenannten weißen Einkünften. Denn nach der Rechtsprechung des BFH ist die Besteuerung der bereits aufgedeckten stil­len Reserven beim Übertragenden bei dessen Ausscheiden, das heißt im Zeit­punkt der Übertragung seines Anteils vorzunehmen.

(3) Die rückwirkende Anwendung der Neuregelung ist nach Ansicht des vorle­genden Senats auch nicht durch überragende Belange des Gemeinwohls ge­rechtfertigt.

Es ist zwar vorstellbar, dass sich bei fehlender rückwirkender Geltung der Neu­regelung Steuerausfälle ergeben, weil bei den Übertragenden (Rechtsvorgän­gern) der Unterschiedsbetrag gegebenenfalls nicht nachträglich aufgelöst wer­den kann (zum Beispiel infolge des Eingreifens des § 176 Abs. 2 AO oder ein­getretener Feststellungsverjährung). Dies allein reicht jedoch nicht aus, zumal der Gesetzgeber die Höhe eventueller Steuerausfälle noch nicht einmal bezif­fert hat. Im Übrigen kann die bloße Absicht, Steuerausfälle zu vermeiden, nicht anders bewertet werden als die Absicht, staatliche Mehreinkünfte zu erzielen. Letztere ist für sich genommen grundsätzlich noch kein den Vertrau­ensschutz betroffener Steuerpflichtiger überwindendes Gemeinwohlinteresse. Anderenfalls würde der Vertrauensschutz gegenüber rückwirkenden Verschär­fungen des Steuerrechts praktisch leerlaufen (BVerfG-Beschluss vom 07.07.2010 ‑ 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, BVerfGE 127, 61, Rz 59; anders bei Kosten in einer Größenordnung der durch die Wiederverei­nigung angefallenen Lasten, vgl. BVerfG-Beschluss vom 05.02.2002 ‑ 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17, Rz 82).

(4) Nach Überzeugung des vorlegenden Senats ist auch nicht die Fallgruppe gegeben, wonach der Gesetzgeber mit der hier zu beurteilenden Neuregelung zulässigerweise eine Rechtslage rückwirkend festgeschrieben hat, die vor einer Rechtsprechungsänderung einer gefestigten Rechtsprechung und einheitlichen Rechtspraxis entsprochen hat.

(4.1) Soweit ersichtlich, waren die bisher vom BVerfG zu dieser Ausnahme entschiedenen Fälle entweder dadurch gekennzeichnet, dass ein Oberster Ge­richtshof des Bundes durch eine Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung geändert hat, die vor dieser die Rechtslage ändernden Entscheidung einer ge­festigten höchstrichterlichen Rechtsprechung und einheitlichen Rechtspraxis entsprochen hat (z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 23.01.1990 ‑ 1 BvL 4/87, 1 BvL 5/87, 1 BvL 6/87, 1 BvL 7/87, BVerfGE 81, 228, Rz 8, zum Abzugsver­bot für Geldbußen; vom 15.10.2008 ‑ 1 BvR 1138/06, BVerfGK 14, 338, Rz 3, 19, zur Mehrmütterorganschaft), oder dass ein Oberster Gerichtshof des Bun­des anders entschieden hat, als es bisher der "übereinstimmenden" Auffas­sung der Verwaltung und der Rechtsprechung der Instanzgerichte entsprochen hat (BVerfG-Beschlüsse vom 21.07.2010 ‑ 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369, Rz 12 f., 77, 80, zum Fremd­rentenrecht; vom 02.05.2012 ‑ 2 BvL 5/10, BVerfGE 131, 20, Rz 30 f., 79, zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz). Die bisherigen Fälle waren daher da­durch gekennzeichnet, dass es vor der die Rechtslage ändernden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs des Bundes eine hiervon abweichende Rechtspre­chung und einheitliche Rechtspraxis (einheitliche "Rechtsüberzeugung") gab. Diese einheitliche "Rechtsüberzeugung" ist der Grund dafür, dass sich beim Steuerpflichtigen ‑‑jedenfalls für den Zeitraum bis zum Ergehen der abwei­chenden höchstrichterlichen Entscheidung‑‑ ein Vertrauen in den Fortbestand der geänderten Rechtslage nicht bilden kann. So hat auch jüngst der vorlegen­de Senat gerade unter Rückgriff auf diese Fallgruppe die in § 52 Abs. 23 Satz 1 EStG i.d.F. des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elek­tromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) ‑‑WElektroMobFördG‑‑ angeordnete rückwir­kende Geltung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Alternative 1 EStG i.d.F. des WElektroMobFördG als verfassungsgemäß beurteilt (BFH-Urteil vom 30.06.2022 ‑ IV R 42/19, BFHE 278, 42, BStBl II 2023, 118, Rz 66 ff.; Verfas­sungsbeschwerde eingelegt, Aktenzeichen des BVerfG 2 BvR 2113/22).

(4.2) Im Streitfall ist zwar eine ähnliche, aber in einem wesentlichen Punkt doch abweichende Situation gegeben. Ähnlich ist sie insoweit, als es über ei­nen langen Zeitraum eine einheitliche Verwaltungspraxis gegeben hat, die in­haltlich mit § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. übereinstimmt.

Dementsprechend wird in der Stellungnahme des Bundesrates vom 05.03.2021 (BRDrucks 50/21 (Beschluss), S. 9) und in der Beschlussempfeh­lung und dem Bericht des Finanzausschusses vom 22.04.2021 (BTDrucks 19/28925, S. 74) bezüglich des § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. darauf hinge­wiesen, dass mit § 5a Abs. 4 Satz 5 bis 7 EStG n.F. inhaltlich die bestehende Verwaltungspraxis entsprechend Rz 28 des BMF-Schreibens vom 12.06.2002 (BStBl I 2002, 614) i.d.F. des BMF-Schreibens vom 31.10.2008 (BStBl I 2008, 956) festgeschrieben werde. Diese Rechtsansicht der Verwaltung wurde auch mehrheitlich im Fachschrifttum geteilt (vgl. Schmidt/Seeger, EStG, 36. Aufl., § 5a Rz 24; Weiland in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kom­mentar, 112. Erg.‑Lfg., Stand 10/2015, § 5a Rz 148; Kahl-Hinsch in Lademann, EStG, Nachtrag 224, Stand 11/2016, § 5a EStG Rz 116; Hennrichs/Kuntschik in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 180. Aktualisierung, Stand 10/2007, § 5a Rz E 27; Dißars in Frotscher/Geurts, EStG, 188. Lfg., Stand 8/2015, § 5a Rz 75, 75a; HHR/Voß, Lfg. 248, Stand 10/2011, § 5a EStG Rz 76; Gosch in Kirchhof, EStG, 16. Aufl., § 5a Rz 21; zum Fachschrifttum vgl. auch BFH-Urteil vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19, BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750, Rz 31). Ebenso wird in den vorbezeichneten Gesetzesmaterialien zutref­fend ausgeführt, dass § 5a Abs. 4 Satz 6 EStG n.F. ‑‑in Umsetzung der bishe­rigen Verwaltungspraxis‑‑ sicherstelle, dass der festgestellte Unterschiedsbe­trag auf den Rechtsnachfolger übergehe (BRDrucks 50/21 (Beschluss), S. 9; BTDrucks 19/28925, S. 74).

Ein wesentlicher, aus verfassungsrechtlicher Sicht erheblicher Unterschied be­steht aber darin, dass die Auffassung der Finanzverwaltung zu keinem Zeit­punkt von den Instanzgerichten oder dem BFH geteilt wurde. Soweit ersicht­lich, hat die Finanzgerichtsbarkeit erstmals mit dem Urteil des 2. Senats des FG Hamburg vom 19.12.2017 ‑ 2 K 277/16 über die Streitfrage ‑‑und zwar ab­weichend von der Verwaltungsauffassung‑‑ entschieden. Der 6. Senat des FG Hamburg hat sich in einem zum vorläufigen Rechtsschutz ergangenen Be­schluss vom 10.12.2019 ‑ 6 V 278/19 der Rechtsprechung des 2. Senats des FG Hamburg angeschlossen. Der IV. Senat des BFH hat diese Rechtsfrage erstmals mit Urteil vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19 (BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750) im Sinne der vom FG Hamburg vertretenen Rechtsauffassung höchstrichterlich geklärt und anschließend in seinem Urteil vom 29.04.2020 ‑ IV R 17/19 bestätigt. Auch der I. Senat des BFH hat sich dieser Rechtspre­chung angeschlossen (Urteil vom 21.02.2022 ‑ I R 13/19, Rz 16).

Nach Auffassung des vorlegenden Senats kann eine ‑‑das Vertrauen des Bür­gers in die Geltung eines Gesetzes zerstörende‑‑ einheitliche "Rechtsüberzeu­gung" nicht gegeben sein, solange die in Rede stehende Verwaltungspraxis keine Zustimmung durch die Rechtsprechung erfahren hat. Erst recht liegt keine einheitliche "Rechtsüberzeugung" vor, wenn die zuständige Fachge­richtsbarkeit ‑‑so wie hier‑‑ einheitlich eine von der Verwaltungspraxis abwei­chende Rechtsauffassung vertritt. Dies liegt darin begründet, dass nach dem Grundgesetz zur verbindlichen Auslegung einer Norm letztlich allein die ‑‑ge­mäß Art. 92 GG den Richtern anvertraute‑‑ rechtsprechende Gewalt berufen ist (BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013 ‑ 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1, Rz 70, m.w.N.). Es reicht daher nicht aus, dass die Finanzverwaltung eine auf Bund-Länder-Ebene abgestimmte Verwaltungsauffassung vertritt. Verwaltungsvor­schriften sind von vornherein nicht geeignet, bezüglich des Inhalts einer Norm eine einheitliche "Rechtsüberzeugung" zu begründen. Verwaltungsvorschriften stehen stets unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung, der es allein obliegt, zu entscheiden, ob die Ausle­gung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat (z.B. BFH-Urteil vom 28.11.2019 ‑ IV R 28/19, BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750, Rz 53, m.w.N.).

Verwaltungsvorschriften sind im Gefüge der Gewaltenteilung zwischen Judika­tive und Exekutive grundsätzlich nicht Maßstab richterlicher Kontrolle des Ver­waltungshandelns, sondern deren Gegenstand (BVerfG-Beschlüsse vom 31.05.1988 ‑ 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214, Rz 37; vom 31.05.2011 ‑ 1 BvR 857/07, BVerfGE 129, 1, Rz 71). Es geht deshalb nach Auffassung des vorlegenden Senats zu weit, den Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen ge­genüber rückwirkenden Steuergesetzen schon dann entfallen zu lassen, wenn lediglich eine Verwaltungsvorschrift existierte, die eine dem rückwirkend anzu­wendenden Gesetz entsprechende Rechtsauffassung der Exekutive zum Aus­druck gebracht hat.

(4.3) Es ist auch nicht möglich, die zu § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG a.F. für den Fall des unentgeltlichen Ausscheidens ergangene höchstrichterliche Recht­sprechung als eine in Fachkreisen unerwartete und überraschende Auslegung der Gesetzesvorschrift zu bezeichnen. So ist bereits das erste mit dieser Fra­gestellung befasste FG der Verwaltungsauffassung entgegengetreten. Zudem sind die hierzu ergangenen BFH-Urteile überwiegend auf Zustimmung im Fach­schrifttum gestoßen (dazu bereits B.III.1.c). Abgesehen davon kann eine Aus­legung, die vom Wortlaut der zu interpretierenden Norm gedeckt ist, für den Rechtsanwender nicht überraschend sein. In diesem Zusammenhang bleibt auch zu berücksichtigen, dass ‑‑wie bereits dargelegt (dazu B.III.2.b bb (1))‑‑ bis zur Neuregelung in § 5a Abs. 4 Satz 6 EStG n.F. auch keine gesetzliche Grundlage für die verfahrensrechtliche Fortschreibung beziehungsweise Über­tragung des beim Rechtsvorgänger nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG mitunterneh­merbezogen festgestellten Unterschiedsbetrags bei einem beziehungsweise auf einen Rechtsnachfolger bestanden hat. Danach war die von der Finanzverwal­tung vorgenommene Auslegung des § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG a.F. von Anfang an angreifbar.

Umgekehrt ist es eher überraschend, dass der Gesetzgeber, der in der Be­gründung des Gesetzentwurfs der Neuregelung darauf hinweist, dass die An­sicht der Finanzverwaltung, die nun in das Gesetz übernommen werde, ihren Grund für den Übergang der für den Rechtsvorgänger festgestellten Unter­schiedsbeträge auf den Rechtsnachfolger im Falle von dessen unentgeltlichem Ausscheiden in der im Einkommensteuerrecht geltenden sogenannten Fuß­stapfentheorie (Buchwertfortführung) finde, die Rz 28 des BMF-Schreibens vom 31.10.2008 (BStBl I 2008, 956) gerade nicht in vollem Umfang wieder­hergestellt hat. Denn anders als die Schenkung oder der Erbfall wird die Über­tragung in den Fällen der §§ 20, 24 UmwStG gerade nicht rückwirkend so ge­regelt, wie es die Rz 28 des vorbezeichneten BMF-Schreibens seit 2008 vor­sah. Hier entschied sich der Gesetzgeber dafür, die Rechtsprechung des BFH in das Gesetz zu übernehmen, obwohl auch in diesen Fällen Buchwerteinbringun­gen möglich sind.

(5) Nach Überzeugung des vorlegenden Senats sind auch keine sonstigen Gründe ersichtlich, welche die echte Rückwirkung beziehungsweise Rückbewir­kung von Rechtsfolgen rechtfertigen könnten.

(5.1) Der Umstand, dass § 5a EStG im Grundsatz eine Subventionsvorschrift ist, ist im Streitfall schon deshalb unerheblich, weil vorliegend nicht der Sub­ventionscharakter der Vorschrift in Rede steht. Denn der hier streitige Gewinn aus der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags ist nicht der Gewinnermitt­lung nach der Tonnage, sondern noch der (regulären) Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zuzurechnen.

(5.2) Ebenso lässt sich die Rückwirkung auch nicht damit rechtfertigen, dass sich bei Steuerpflichtigen, welche die Beteiligung an einer den Gewinn nach § 5a EStG ermittelnden Schifffahrtsgesellschaft unentgeltlich erworben haben, jedenfalls nach Änderung der Rz 28 durch das BMF-Schreiben vom 31.10.2008 (BStBl I 2008, 956; dazu oben B.I.2.) und der hiermit im Einklang stehenden herrschenden Meinung im Fachschrifttum kein Vertrauen darauf habe bilden können, dass sie die Unterschiedsbeträge nicht versteuern müssen. In diesem Zusammenhang ist auch unerheblich, ob im Streitfall die Klägerin selbst kon­kret schutzbedürftig ist. Denn aus der Sicht des vorlegenden Senats kommt es verfassungsrechtlich nicht auf ein durch Verwaltungsanweisungen zerstörtes Vertrauen in eine konkrete Handhabung der Gesetze an, sondern auf das Ver­trauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtslage und der auf ihrer Grundlage erworbe­nen Rechte (BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013 ‑ 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1, Rz 63, m.w.N.). Dieses Vertrauen umfasst bei einer ‑‑wie hier‑‑ auslegungsbe­dürftigen Neuregelung auch das Vertrauen der Bürger darauf, die gerichtliche Klärung der Auslegungsfrage abwarten zu dürfen, um dann von Anfang an in den Genuss der für richtig erkannten Rechtslage zu kommen. Danach ist es unerheblich, dass sich die Klägerin erst nach Ergehen des Urteils des FG Hamburg vom 19.12.2017 ‑ 2 K 277/16 gegen die erfolgte Auflösung und Hin­zurechnung des Unterschiedsbetrags zur Wehr gesetzt hat. Der Steuerpflichti­ge darf frei darüber entscheiden, ob und wann er sich gegen eine ihn belasten­de Steuerfestsetzung beziehungsweise Feststellung wenden will. Es kann ihm aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zum Nachteil gereichen, dass er erst Rechtsschutz in Anspruch nimmt, nachdem Fachgerichte die Rechtsfrage ab­weichend von der Verwaltungsauffassung günstig für ihn entschieden haben.

(5.3) Wollte man dies anders sehen, könnte die Finanzverwaltung die Geset­zesauslegung durch Verwaltungsvorschriften, welche die Gerichte gerade nicht binden, stark vorprägen. Denn der Gesetzgeber könnte in einem derartigen Fall das Gesetz mit echter Rückwirkung im Sinne der Rechtsauffassung der Fi­nanzverwaltung ändern. Damit würde die den Gerichten nach Art. 92 GG an­vertraute rechtsprechende Gewalt inhaltlich nachhaltig beschnitten werden.

3. Die vom FA und dem BMF im Revisionsverfahren angeführten Argumente sind ebenfalls nicht geeignet, die in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. angeordne­te rückwirkende Geltung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. verfassungs­rechtlich zu rechtfertigen.

a) Die Ausführungen des FA überzeugen nicht.

aa) Insbesondere führt der vom FA angeführte ‑‑im einstweiligen Rechtsschutz zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der rückwirkenden Einführung von § 7 Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes i.d.F. des WElektroMobFördG (GewStG n.F.) ergangene‑‑ BFH-Beschluss vom 15.04.2020 ‑ IV B 9/20 (AdV) zu keiner abweichenden verfassungsrechtlichen Beurteilung.

Zum einen ist der vorlegende Senat in dem hier zu entscheidenden Revisions­verfahren nicht gehalten, sich eine Überzeugung zur Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Geltung des § 7 Satz 3 GewStG n.F. zu bilden (zu dessen rück­wirkender Geltung s. § 36 Abs. 3 GewStG n.F.). Zum anderen sind die Aus­gangssituationen nicht miteinander vergleichbar. Denn im Fall des § 7 Satz 3 GewStG n.F. gab es, worauf der BFH in Rz 35 seines Beschlusses vom 15.04.2020 ‑ IV B 9/20 (AdV) auch hingewiesen hat, bereits eine höchstrich­terliche Rechtsprechung, von welcher der BFH durch seine Urteile vom 25.10.2018 ‑ IV R 40/16 und IV R 41/16 abgewichen ist. Im Fall des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. existierte hingegen ‑‑wie dargelegt‑‑ gerade keine Rechtsprechung der Instanzgerichte oder des BFH, von welcher der BFH später abgewichen ist.

bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem BFH-Beschluss vom 04.02.2009 ‑ VI B 142/08 (BFH/NV 2009, 716). Dieser Beschluss betrifft ‑‑wie den dort unter Rz 2 zitierten BFH-Entscheidungen zu entnehmen ist‑‑ eine gänzlich andere Fragestellung. Er nimmt dazu Stellung, ob die Finanzbehörde durch ein bestimmtes früheres Verhalten über den einfachgesetzlichen (unge­schriebenen) Grundsatz von Treu und Glauben an jenes Verhalten gebunden sein kann. Dies ist nach der Rechtsprechung zu verneinen, wenn die Steuer­festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt. Im Streitfall ist hin­gegen die verfassungsrechtliche Frage zu beurteilen, ob der Gesetzgeber da­ran gehindert ist, die streitentscheidenden Normen mit echter Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen in Kraft zu setzen.

b) Ebenso vermögen die vom BMF angeführten Argumente nicht zu überzeu­gen.

aa) Entgegen der Auffassung des BMF liegt in der Neuregelung keine rein be­günstigende Regelung. Zutreffend ist zwar, dass sich diese Neuregelung für den Rechtsvorgänger im Grundsatz begünstigend auswirkt. Es wurde aber be­reits dargelegt, dass diese Regelung den Rechtsnachfolger belastet und eine die steuerlichen Auswirkungen bei verschiedenen Steuerpflichtigen saldierende Betrachtung nach dem im Einkommensteuerrecht geltenden Subjektsteuer­prinzip nicht zulässig ist (dazu bereits B.III.2.b aa). Danach sind bei der ver­fassungsrechtlichen Prüfung die Auswirkungen beim einzelnen Steuerpflichti­gen in den Blick zu nehmen. Es kann auch nicht angenommen werden, dass der Rechtsnachfolger nur reflexartig von der Neuregelung berührt wird. Viel­mehr liegt eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers vor, den Unter­schiedsbetrag erst beim Rechtsnachfolger zu besteuern.

Im Übrigen ist die begünstigende Wirkung der Neuregelung bei Rechtsvorgän­gern mit bereits bestandskräftigen Gewinnfeststellungsbescheiden zu relativie­ren. Denn solche Rechtsvorgänger wären auch beim Fortbestand der alten Rechtslage gegen eine Korrektur ihrer bestandskräftigen Bescheide nach § 176 Abs. 2 AO (i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO) geschützt.

bb) Ebenso kann sich der vorlegende Senat nicht der Auffassung anschließen, wonach nur eine unechte Rückwirkung beziehungsweise tatbestandliche Rück­anknüpfung gegeben sei. Die Gesetzesänderung betrifft das Streitjahr 2013, einen Veranlagungszeitraum, der im Zeitpunkt der Gesetzesverkündung am 08.06.2021 längst abgeschlossen war. Danach bestehen in formaler Hinsicht keine Zweifel am Vorliegen einer echten Rückwirkung beziehungsweise einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Ebenso wurde bereits dargelegt, dass diese Rückwirkung auch konstitutive Wirkung besitzt (dazu bereits B.III.1.c).

cc) Das BMF weist zwar zu Recht darauf hin, dass es sich bei den in der Recht­sprechung des BVerfG anerkannten Fallgruppen, in denen eine echte Rückwir­kung beziehungsweise eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen wegen eines aus­nahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage zulässig sei, um keine abschließende Aufzählung handelt. Die vom BMF angeführten In­teressen ‑‑das fiskalische Allgemeininteresse an einer Einmalbesteuerung des Unterschiedsbetrags sowie das Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und das Leistungsfähigkeitsprinzip‑‑ vermögen aber nach Überzeugung des vorlegenden Senats die im Streitfall gegebene echte Rückwirkung nicht zu rechtfertigen.

So ist nach der Rechtsprechung des BVerfG die beabsichtigte Schließung von Besteuerungslücken (schon) nicht ausreichend, um eine (unechte) Rückwir­kung zu rechtfertigen (z.B. BVerfG-Beschluss vom 07.07.2010 ‑ 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, Rz 74). Gleiches gilt für den Ge­sichtspunkt des allgemeinen Finanzbedarfs des Fiskus (z.B. BVerfG-Beschluss vom 07.07.2010 ‑ 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, Rz 75 f.). Im Streitfall kommt hinzu, dass keine Besteuerungslücke gegeben war. Diese ist erst dadurch entstanden, dass es die Finanzverwaltung unterlas­sen hat, den Unterschiedsbetrag beim unentgeltlich ausgeschiedenen Rechts­vorgänger nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG a.F. bei dessen Ausscheiden zu besteuern. Zudem können die dadurch gegebenenfalls ausgelösten Gleich­heitsprobleme und Verstöße gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip keine rück­wirkende Gesetzesänderung rechtfertigen. Denn es war keine rückwirkend re­paraturbedürftige ‑‑verworrene‑‑ Gesetzeslage gegeben.

4. Eine die Verfassungswidrigkeit vermeidende verfassungskonforme Ausle­gung des § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. ist nicht möglich.

Eine verfassungskonforme Auslegung scheidet aus, wenn sie dem Wortlaut der auszulegenden Norm sowie dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers wi­derspricht (z.B. BFH-Urteil vom 08.12.2021 ‑ I R 30/19, BFHE 275, 331, BStBl II 2022, 763, Rz 17, m.w.N.).

Danach ist es im Streitfall nicht möglich, die Regelung in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. verfassungskonform dahin auszulegen, dass § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. im Streitjahr (noch) nicht anzuwenden ist. Eine solche Auslegung würde dem Wortlaut des § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. und dem klar erkenn­baren Willen des Gesetzgebers widersprechen. Denn der Gesetzgeber wollte durch diese Neuregelung gerade erreichen, dass die Rechtsprechung des BFH, wonach der Unterschiedsbetrag bei unentgeltlichen Übertragungen eines An­teils beim Übertragenden und nicht bei dessen Rechtsnachfolger hinzugerech­net werden muss, auch für die Vergangenheit ausgeschlossen wird (vgl. BRDrucks 50/21 (Beschluss), S. 6 ff.).

IV. Abschließend weist der vorlegende Senat ‑‑wie bereits das FG Hamburg in seinem Vorlagebeschluss vom 24.11.2022 ‑ 6 K 68/21 (Rz 139)‑‑ auf Folgendes hin:

Neben der hier in Rede stehenden Neuregelung hat der Gesetzgeber jüngst auch die Vorschrift des § 5a Abs. 6 EStG durch das Gesetz zur weiteren steu­erlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften durch Ergänzung um einen neuen Satz 2 geändert. Auch diese Neuregelung war eine Reaktion des Gesetzgebers auf eine Rechtsprechung des BFH, mit der der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats die Grundlage ent­zogen wurde. Allerdings hat der Gesetzgeber § 5a Abs. 6 Satz 2 EStG i.d.F. des WElektroMobFördG gerade nicht mit Rückwirkung, sondern gemäß § 52 Abs. 10 Satz 5 EStG i.d.F. des WElektroMobFördG mit Wirkung für die Zukunft in Kraft gesetzt (anwendbar für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2018 beginnen). Auch diese Gesetzesänderung diente nach den Gesetzesmaterialien der Festschreibung der bisherigen langjährigen Verwaltungsauffassung (Emp­fehlungen der Ausschüsse vom 10.09.2019, BRDrucks 356/1/19, S. 4). Aus Sicht des vorlegenden Senats ist ein Grund für diese unterschiedlichen Vorge­hensweisen bei Bestimmung der zeitlichen Anwendbarkeit der gesetzlichen Neuregelungen nicht ersichtlich. In beiden Fällen hat es zu den Auslegungsfra­gen vor der jeweiligen Gesetzesänderung keine Rechtsprechung gegeben. Der Grund für die unterschiedlichen Vorgehensweisen kann jedenfalls nicht allein darin liegen, dass vor Änderung des § 5a Abs. 4 EStG eine veröffentlichte, vor Änderung des § 5a Abs. 6 EStG wohl nur eine nicht veröffentlichte Verwal­tungsauffassung existiert hat.

V. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

Für die Entscheidung des vorlegenden Senats kommt es auf die Gültigkeit des § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. an (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG, § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Abhängig von der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift kommt es zu einer unterschiedlichen Entscheidung über die Revision der Klä­gerin. Ist die Vorschrift verfassungsgemäß, ist die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen (s. dazu B.II.). Ist die rückwirkende Geltung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. hingegen verfassungswidrig, ist die Revisi­on der Klägerin begründet. In diesem Fall hätte der Unterschiedsbetrag in frü­heren Feststellungszeiträumen bei den Rechtsvorgängern aufgelöst und hinzu­gerechnet werden müssen.

VI. Entscheidung des vorlegenden Senats

Nach alledem ist der vorlegende Senat davon überzeugt, dass § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 GG) verstößt, soweit diese Vorschrift die rückwirkende Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. für Wirtschaftsjahre anordnet, die nach dem 31.12.1998 beginnen. In Anbetracht dessen ist das Revisionsverfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen.

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