BFH: Gewinnerzielungsabsicht bei den Einkünften aus § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und Gestaltungsmissbrauch bei gezielter Herbeiführung von Veräußerungsverlusten
- Die auch bei den Einkünften aus § 17 EStG erforderliche Gewinnerzielungsabsicht muss sich auf die gesamte Beteiligung des Steuerpflichtigen an der Kapitalgesellschaft beziehen. Eine auf den einzelnen veräußerten Geschäftsanteil bezogene Betrachtung ist ausgeschlossen.
- Das für einen bestimmten Geschäftsanteil gezahlte Aufgeld (Agio) erhöht die Anschaffungskosten dieses Anteils, auch wenn die Summe aus dem Nennbetrag und dem Agio den Verkehrswert des Anteils übersteigt (sog. Überpari-Emission; Anschluss an das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 27.05.2009 ‑ I R 53/08, BFHE 226, 500 = SIS 09 37 61). Das gilt jedenfalls für Veräußerungen bis zum 31.07.2019.
- Die gezielte Herbeiführung eines Verlusts durch die Veräußerung eines GmbH-Geschäftsanteils, dessen Anschaffungskosten aufgrund eines Aufgelds seinen Verkehrswert übersteigen, ist nicht ohne Weiteres rechtsmissbräuchlich i.S. von § 42 der Abgabenordnung.
EStG § 3 Nr. 40 Buchst. c, § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 2 Satz 6
EStG n.F. § 17 Abs. 2a Satz 5, § 52 Abs. 25a Satz 1
AO § 42
GmbHG § 15 Abs. 2
HGB § 255 Abs. 1 Satz 1, § 272 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4
BFH-Urteil vom 3.5.2023, IX R 12/22 (veröffentlicht am 10.8.2023)
Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 21.6.2022, 13 K 1149/20 E = SIS 22 14 71
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Ehegatten, die für das Streitjahr 2015 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden.
Die Klägerin gründete im November 2015 als Alleingesellschafterin die A‑GmbH (GmbH). Deren Geschäftsgegenstand ist der Erwerb und die Verwaltung von Immobilien. Das Stammkapital betrug zunächst 25.000 €. Es war eingeteilt in 25 000 Geschäftsanteile im Nennbetrag von jeweils 1 € (Nr. 1 bis 25 000).
Mitte Dezember 2015 beschloss die Gesellschafterversammlung der GmbH eine Kapitalerhöhung um 1.000 €. Hierzu schuf sie einen weiteren Geschäftsanteil im Nennbetrag von 1.000 € (Nr. 25 001). Auch diesen Geschäftsanteil übernahm die Klägerin. Beschlussgemäß zahlte sie hierfür neben dem Nennbetrag ein Aufgeld von 500.000 € in die freie Kapitalrücklage der GmbH.
Am 28.12.2015 veräußerte die Klägerin 300 Geschäftsanteile im Nennwert von je 1 € (Nr. 24 701 bis 25 000) sowie den neuen Geschäftsanteil Nr. 25 001 zum Kaufpreis von 26.300 € an den Kläger, der fortan zu 5 % am Kapital der GmbH beteiligt war.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin aus der Veräußerung der GmbH-Geschäftsanteile einen gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigenden Verlust.
Veräußerungspreis | 26.300 € | ||
Anschaffungskosten | |||
Geschäftsanteile Nr. 24 701 bis 25 000 | 300 € | |
|
Geschäftsanteil Nr. 25 001 | 1.000 € | ||
Aufgeld für Geschäftsanteil Nr. 25 001 | 500.000 € | ./. 501.300 € | |
Veräußerungsverlust | = 475.000 € | ||
Teileinkünfteverfahren (60 %) | = 285.000 € |
Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) folgte dieser Berechnung nicht, sondern nahm eine separierende Betrachtung vor. Den aus der Veräußerung des neu geschaffenen Geschäftsanteils Nr. 25 001 herrührenden Verlust erkannte das FA nicht an. In Anbetracht der hohen Anschaffungskosten (1.000 € Nennwert zuzüglich 500.000 € Aufgeld) habe es der Klägerin insoweit an einer Gewinnerzielungsabsicht gefehlt. Aus der Veräußerung der Anteile der Nr. 24 701 bis 25 000 ermittelte das FA dagegen einen nach § 17 EStG zu besteuernden Gewinn von 5.770 € (6.070 € anteiliger Veräußerungspreis ./. 300 € Anschaffungskosten). Die festgesetzte Einkommensteuer betrug null €.
Der Einspruch, mit dem die Kläger geltend gemacht hatten, für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht sei nicht auf den einzelnen Geschäftsanteil, sondern auf die gesamte Beteiligung der Klägerin an der GmbH abzustellen, hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2022, 1363 veröffentlichtem Urteil statt. Die Klägerin habe die Geschäftsanteile mit Gewinnerzielungsabsicht veräußert. Insofern dürfe nicht auf den einzelnen, sondern müsse auf alle veräußerten Anteile abgestellt werden. Dies ergebe sich aus einer periodenübergreifenden Betrachtung bei der Ermittlung der Erfolgsprognose, aus der gesetzlichen Zuordnung der Einkünfte nach § 17 EStG zu den gewerblichen Einkünften und aus den Erwägungen, die den Gesetzgeber zur Einführung des für Veräußerungen nach dem 31.07.2019 geltenden § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG veranlasst hätten. Der erklärte Veräußerungsverlust sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden; die Anschaffungskosten seien dem jeweils veräußerten Geschäftsanteil zuzuordnen. Die Klägerin habe schließlich keine rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 der Abgabenordnung (AO) missbraucht.
Mit seiner Revision hält das FA an seiner Rechtsansicht fest, dass für die Klägerin kein Veräußerungsverlust zu berücksichtigen sei. Es habe in Bezug auf den veräußerten Anteil Nr. 25 001 an einer Gewinnerzielungsabsicht gefehlt. Einkunftsquelle im Sinne von § 17 EStG sei der jeweilige zivilrechtlich selbständige und auch separat veräußerbare Anteil an der Kapitalgesellschaft. Die Klägerin habe den neuen Anteil Nr. 25 001 nur sieben Tage gehalten. Die äußeren Umstände ‑‑insbesondere die nur sehr kurze Haltedauer jenes Anteils sowie dessen Erwerb gegen ein unverhältnismäßig hohes Aufgeld‑‑ ließen nicht den Schluss zu, dass hieraus positive Einkünfte hätten erzielt werden sollen, sondern offenbarten den Willen zu einer gezielten Verlustgestaltung. In jedem Fall müsse das Aufgeld gleichmäßig auf sämtliche von der Klägerin gehaltenen Anteile an der GmbH verteilt werden; § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG habe lediglich deklaratorischen Charakter. Auch liege ein rechtlicher Gestaltungsmissbrauch vor. Die durch die Aufgeldzahlung bewirkte Kapitalerhöhung habe in keinem wirtschaftlich beachtlichen Zusammenhang zur Anteilsveräußerung gestanden. Wirtschaftliche Gründe für die Veräußerung seien nicht erkennbar.
Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten die vorinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
II. Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
Das FG hat der zulässigen Klage (dazu unten 1.) zu Recht stattgegeben. Es hat frei von Rechtsfehlern entschieden, dass die am 28.12.2015 erfolgte Veräußerung von Geschäftsanteilen an der GmbH zu Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG führte (unten 2.). Der hieraus resultierende Verlust betrug 475.000 € und war nach Maßgabe des Teileinkünfteverfahrens mit 285.000 € anzusetzen (unten 3.). Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts lag nicht vor (unten 4.).
1. Die Vorinstanz hat zu Recht nicht in Frage gestellt, dass die Klage zulässig ist. Zwar richtet sie sich gegen eine auf null € lautende Steuerfestsetzung. Allerdings erstreben die Kläger in Anbetracht der Höhe des streitigen Veräußerungsverlusts die gesonderte Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags gemäß § 10d EStG. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss der Steuerpflichtige in einem solchen Fall wegen der in § 10d Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 1 EStG geregelten Bindungswirkung den Einkommensteuerbescheid des Verlustentstehungsjahres anfechten, wenn ‑‑wie im Streitfall‑‑ in jenem Bescheid Besteuerungsgrundlagen, aus denen sich der geltend gemachte Verlust ergibt, nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt worden sein sollten (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2020 ‑ IX R 3/19, BFHE 269, 314, BStBl II 2021, 859, Rz 15 ff.).
2. Die Klägerin erzielte mit der Veräußerung der Geschäftsanteile Nr. 24 701 bis 25 000 sowie des Geschäftsanteils Nr. 25 001 Einkünfte gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG. Die tatbestandlichen Voraussetzungen jener Norm sind erfüllt (dazu unten a). Zudem ist die Vorinstanz bei der Beurteilung, ob die Klägerin Gewinnerzielungsabsicht hatte, von im Ergebnis zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen (unten b).
a) Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war, wobei nach § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG zu den Anteilen an einer Kapitalgesellschaft unter anderem die Anteile an einer GmbH zählen.
Die Klägerin war alleinige Gründungsgesellschafterin der GmbH und damit zu 100 % ‑‑das heißt tatbestandlich relevant‑‑ am Kapital beteiligt. Sie hat mit Wirkung zum 28.12.2015 5 % der Anteile an den Kläger entgeltlich übertragen und somit veräußert.
b) Die Entscheidung des FG, hinsichtlich sämtlicher veräußerten Geschäftsanteile von einer Gewinnerzielungsabsicht auszugehen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Bei der Ermittlung des Einkommens sind nach allgemeinen Grundsätzen nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG fallen. Fehlt es an der Absicht der Einkünfteerzielung, liegen keine steuerbaren Einkünfte vor (statt vieler Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 25.06.1984 ‑ GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751).
bb) § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ordnet die Veräußerung von Anteilen an einer im Privatvermögen gehalten Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft unter den dort genannten Voraussetzungen den gewerblichen Einkünften im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu. Deswegen sind die Grundaussagen des § 2 Abs. 1 EStG über die Steuerbarkeit des Einkommens bei Anwendung des § 17 EStG vorgegeben. Der Steuerpflichtige muss die Anteile an der Gesellschaft mit der Absicht, Gewinne zu erzielen, erwerben und halten (allgemeine Ansicht, vgl. BFH-Urteil vom 29.06.1995 ‑ VIII R 68/93, BFHE 178, 160, BStBl II 1995, 722, unter II.1.b aa, m.w.N.; Schmidt in Herrmann/Heuer/Raupach ‑‑HHR‑‑, § 17 EStG Rz 60, 100; Brandis/Heuermann/Vogt, § 17 EStG Rz 125, 257; Schmidt/Levedag, EStG, 42. Aufl., § 17 Rz 10).
cc) Von einer solchen Gewinnerzielungsabsicht geht die höchstrichterliche Rechtsprechung bei den Einkünften aus § 17 EStG im Regelfall aus, selbst wenn die Beteiligung nur kurze Zeit gehalten wurde (BFH-Urteil vom 29.06.1995 – VIII R 68/93, BFHE 178, 160, BStBl II 1995, 722, unter II.1.b bb, m.w.N.; s.a. BeckOK EStG/Trossen, 15. Ed. [01.03.2023], EStG § 17 Rz 199). Denn § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gibt keine Mindestdauer für das Halten der Beteiligung vor, sondern lässt es genügen, dass der Steuerpflichtige zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung tatbestandsmäßig an der Kapitalgesellschaft beteiligt war (HHR/Schmidt, § 17 EStG Rz 100, m.w.N.). Bereits aus diesem Grund verfängt der Einwand des FA, die Klägerin habe den veräußerten Geschäftsanteil Nr. 25 001 nur sieben Tage gehalten, nicht.
dd) An einer Gewinnerzielungsabsicht fehlt es (nur), wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass aufgrund der individuellen Verhältnisse der Kapitalgesellschaft und/oder ihrer Gesellschafter auch langfristig mit positiven Einkünften nicht zu rechnen ist oder dass rein persönliche Gesichtspunkte ‑‑wie freundschaftliche oder verwandtschaftliche Beziehungen‑‑ für die Beteiligung des Steuerpflichtigen bestimmend waren (BFH-Urteil vom 02.05.2001 ‑ VIII R 32/00, BFHE 195, 302, BStBl II 2001, 668, unter 1., m.w.N.). Veräußerungsverluste, die generiert werden, um steuerliche Vorteile zu erzielen, stellen im Regelfall nicht die Gewinnerzielungsabsicht in Frage, sondern sind dahin zu würdigen, ob rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO missbraucht wurden (dazu unten 4.).
ee) Die Gewinnerzielungsabsicht muss sich auf die gesamte Beteiligung an der Kapitalgesellschaft beziehen. Eine Einzelbetrachtung jedes veräußerten Geschäftsanteils ist ‑‑wie das FG zutreffend entschieden hat‑‑ ausgeschlossen.
aaa) Die einzelnen Geschäftsanteile an einer GmbH sind zwar zivilrechtlich selbständig und daher unterscheidbar (vgl. für den Fall einer GmbH § 15 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung). Diese Selbständigkeit spiegelt sich in der steuerrechtlichen Beurteilung insoweit wider, als auch die Veräußerung eines einzelnen Geschäftsanteils und nicht nur die Gesamtbeteiligung unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG tatbestandsmäßig ist. Zudem sind bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG die Anschaffungskosten für den jeweiligen Anteil jedenfalls dann isoliert zu bestimmen, wenn sie jeweils unterschiedlich hoch ausgefallen sind (so bereits BFH-Urteil vom 10.10.1978 ‑ VIII R 126/75, BFHE 126, 206, BStBl II 1979, 77, unter 2.b aa; vgl. auch unter 2.). Darüber hinaus ist auch das in § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG geregelte Verlustberücksichtigungsverbot anteilsbezogen ausgestaltet ("… soweit […] auf Anteile entfällt …"; vgl. auch Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 17 Rz 113).
bbb) Verfehlt ist allerdings die Auffassung des FA, diese Betrachtung auf die Gewinnerzielungsabsicht auszudehnen. Dem Wortlaut des § 17 EStG sind hierfür keine durchgreifenden Anhaltspunkte zu entnehmen. Steuersystematische Erwägungen gebieten es vielmehr, die Gewinnerzielungsabsicht an der gesamten Beteiligung des Steuerpflichtigen zu messen.
(1) Hierfür spricht zunächst, dass im Fall des Erreichens der Relevanzschwelle des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft als Ganzes und eben nicht der einzelne Geschäftsanteil steuerlich verstrickt ist. Bereits hieraus lässt sich ableiten, dass auch die Gewinnerzielungsabsicht geschäftsanteilsübergreifend zu beurteilen ist.
(2) Zudem ist bei der Prüfung, ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, nicht abschnittsbezogen ein Periodengewinn (oder ‑verlust) in Bezug zu nehmen, sondern der Totalgewinn als Ergebnis der steuerrelevanten Tätigkeit oder Nutzung von Kapitalvermögen (vgl. BFH-Urteil vom 29.06.1995 ‑ VIII R 68/93, BFHE 178, 160, BStBl II 1995, 722, unter II.1.b cc, m.w.N.). Gewinne oder Verluste aus einzelnen Geschäftsanteilsveräußerungen haben für sich betrachtet somit keine Aussagekraft darüber, ob der Steuerpflichtige die (gesamte) Beteiligung an der Kapitalgesellschaft in der Absicht erworben und gehalten hat, hieraus einen Totalgewinn zu erzielen.
(3) Ohnehin wird für das Streben nach einem Totalgewinn bei den Einkünften aus § 17 EStG nicht nur die Wertsteigerung der Beteiligung berücksichtigt. Einzubeziehen sind auch die laufenden ‑‑den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnenden‑‑ Erträge aus Ausschüttungen. Denn die Höhe des Veräußerungsgewinns und das Ausschüttungsverhalten der Kapitalgesellschaft stehen in einer Wechselwirkung in der Weise, dass thesaurierte Gewinne regelmäßig den Veräußerungsgewinn erhöhen und Ausschüttungen ihn ermäßigen (vgl. BFH-Urteile vom 29.06.1995 ‑ VIII R 68/93, BFHE 178, 160, BStBl II 1995, 722, unter II.1.b cc sowie vom 02.05.2001 ‑ VIII R 32/00, BFHE 195, 302, BStBl II 2001, 668, unter 1.). Die lediglich rechtstechnische Trennung des Veräußerungsgewinns von den laufenden Erträgen kann nicht zu einer isolierten ‑‑auf die Veräußerung begrenzten‑‑ Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht führen (zutreffend Weber-Grellet, Finanz-Rundschau 2001, 705). Eine solche Gesamtbetrachtung gebietet es, bei dieser Beurteilung auf die Kapitalbeteiligung als Ganzes abzustellen.
(4) Die gegenteilige Ansicht des FA führte darüber hinaus zu nicht begründbaren Differenzen zur Beurteilung der Überschusserzielungsabsicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG. Dort ist anerkannt, dass die Überschusserzielungsabsicht nicht einheitlich für die gesamte Einkunftsart, sondern für jede einzelne Kapitalanlage zu bestimmen ist (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 14.05.2014 ‑ VIII R 37/12, BFH/NV 2014, 1883, Rz 16 sowie vom 14.03.2017 ‑ VIII R 38/15, BFHE 258, 240, BStBl II 2017, 1040, Rz 18). Unter "Kapitalanlage" ist bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht der einzelne Geschäftsanteil, sondern die Gesamtheit der Anteile des Steuerpflichtigen an der jeweiligen Gesellschaft zu verstehen.
(5) Es ist zudem systematisch inkonsequent, Verluste aus der Veräußerung einzelner Geschäftsanteile steuerrechtlich nicht anzuerkennen, während Gewinne aus der Veräußerung anderer Geschäftsanteile an derselben Kapitalgesellschaft besteuert werden sollen, obwohl jene Gewinne ‑‑wie der Streitfall belegt‑‑ (auch) daraus resultieren, dass die Kapitalrücklage anteilig an den Erwerber mitveräußert wird. Eine auf den einzelnen Geschäftsanteil reduzierte Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht hätte zur Konsequenz, dass bei einer Gesamtbetrachtung Teile der Anschaffungskosten des veräußernden Steuerpflichtigen außen vor blieben. Dies ist mit dem Zweck des § 17 Abs. 1 EStG, den vom Steuerpflichtigen erzielten Substanzgewinn zu besteuern (vgl. Senatsurteil vom 14.02.2023 ‑ IX R 23/21, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BStBl II 2023, 557, Rz 25), unvereinbar.
(6) Schließlich geht auch der Gesetzgeber offensichtlich davon aus, dass sich die Gewinnerzielungsabsicht auf die gesamte Beteiligung des Steuerpflichtigen an der jeweiligen Kapitalgesellschaft beziehen muss. Der mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) eingeführten Regelung des § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG hätte es nicht bedurft, wenn die steuerliche Anerkennung eines ‑‑gezielt herbeigeführten‑‑ Verlusts aus der Veräußerung eines Geschäftsanteils, der wegen Einzahlungen in das Kapital der Gesellschaft mit hohen Anschaffungskosten belastet ist, bereits an der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht scheitert.
ff) Nach diesen Rechtsgrundsätzen hat die Vorinstanz zutreffend entschieden, dass die Anerkennung des Verlusts aus der Veräußerung des Geschäftsanteils Nr. 25 001 nicht wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin zu versagen ist. Soweit das FG ausgeführt hat, für die Beurteilung jener Absicht sei auf die Gesamtheit der veräußerten Geschäftsanteile abzustellen (vgl. I.1.b der dortigen Entscheidungsgründe), ist dies zwar dahingehend zu korrigieren, dass die Gesamtheit der gehaltenen Anteile an der jeweiligen Kapitalgesellschaft maßgebend ist. Dies ändert aber am Ergebnis nichts. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, die es erlaubten, der Klägerin in Bezug auf deren gesamte Beteiligung an der GmbH die erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht abzusprechen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass der streitige Verlust aus der Veräußerung des Geschäftsanteils Nr. 25 001 im Fall der Veräußerung weiterer Geschäftsanteile ausgeglichen würde, da sich die Klägerin die von ihr erbrachte Einzahlung in die Kapitalrücklage der GmbH vergüten lassen würde.
3. Das FG hat zutreffend ‑‑im Einklang mit der Berechnung der Kläger‑‑ einen Verlust aus der Veräußerung der Anteile an der GmbH von 475.000 € ermittelt. Dem Veräußerungspreis von 26.300 € waren Anschaffungskosten der Klägerin von insgesamt 501.300 € gegenzurechnen (dazu unten a). Eine verhältnismäßige Verteilung des im Zuge der Kapitalerhöhung für den neu geschaffenen Anteil Nr. 25 001 gezahlten Aufgelds von 500.000 € auf sämtliche Geschäftsanteile der Klägerin ist für das Streitjahr ausgeschlossen (unten b). Verlustberücksichtigungsverbote gemäß § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG sind nicht einschlägig (unten c). Der Veräußerungsverlust von 475.000 € ist nach den Grundsätzen des Teileinkünfteverfahrens in Höhe von 285.000 € anzusetzen (unten d).
a) Vom erzielten Veräußerungspreis (26.300 €) sind nach der Gewinnermittlungsformel des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG die Anschaffungskosten der Klägerin für die veräußerten Geschäftsanteile abzuziehen. Übersteigen die Anschaffungskosten und gegebenenfalls vom Veräußerer getragene Veräußerungskosten den Veräußerungspreis, ist entsprechend § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ein Verlust zu ermitteln (BFH-Urteil vom 29.07.1997 ‑ VIII R 80/94, BFHE 184, 74, BStBl II 1997, 727, unter II.1.a).
aa) Anschaffungskosten sind gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Dieser handelsrechtliche Begriff der Anschaffungskosten galt für das Streitjahr in Ermangelung einer abweichenden Definition im Einkommensteuergesetz auch für Zwecke des § 17 EStG (Senatsurteil vom 11.07.2017 ‑ IX R 36/15, BFHE 258, 427, BStBl II 2019, 208, Rz 35 f.; HHR/Schmidt, § 17 EStG Rz 190). Normspezifisch formuliert sind Anschaffungskosten somit diejenigen Aufwendungen, die geleistet werden, um die Anteile im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG zu erwerben (vgl. Schmidt/Levedag, EStG, 42. Aufl., § 17 Rz 168; Oellerich in Bordewin/Brandt, § 17 EStG Rz 247, jeweils unter Hinweis auf die inzwischen in § 17 Abs. 2a Satz 1 EStG geregelte Definition).
bb) Hat der Steuerpflichtige Anteile an einer Kapitalgesellschaft zu verschiedenen Zeiten und zu unterschiedlichen Anschaffungskosten erworben, ist eine Zusammenrechnung der einzelnen Anteile und die Bildung eines durchschnittlichen Anschaffungspreises nicht zulässig. Dies widerspräche dem Grundsatz der zivilrechtlichen Selbständigkeit und Unterscheidbarkeit der Geschäftsanteile (vgl. BFH-Urteil vom 29.07.1997 ‑ VIII R 80/94, BFHE 184, 74, BStBl II 1997, 727, unter II.1.b bb; BeckOK EStG/Trossen, 15. Ed. [01.03.2023], EStG § 17 Rz 526a). Dementsprechend ist der Gewinn beziehungsweise Verlust aus der Veräußerung von Geschäftsanteilen an einer Kapitalgesellschaft sowohl hinsichtlich des Veräußerungspreises als auch der Anschaffungskosten anteilsbezogen zu bestimmen (in diesem Sinne Senatsurteil vom 11.12.2013 ‑ IX R 45/12, BFHE 244, 296, BStBl II 2014, 578, Rz 21, m.w.N.; Schneider in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 17 Rz C 182; Brandis/Heuermann/Vogt, § 17 EStG Rz 715).
cc) Zu den Anschaffungskosten zählt alles, was tatsächlich aufgewendet werden musste, um die Beteiligung beziehungsweise den einzelnen Geschäftsanteil zu erwerben (vgl. hierzu Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 17 Rz 86).
Der BFH hat in diesem Zusammenhang bereits mehrfach entschieden, dass ein Aufgeld, das ein Erwerber neuer Geschäftsanteile aufgrund der getroffenen Einlagevereinbarung über dem Nennbetrag der Einlage hinaus an eine Kapitalgesellschaft zu leisten hat und welches gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB in der Bilanz der Gesellschaft als Kapitalrücklage auszuweisen ist, Bestandteil der Gegenleistung ist, die der Erwerber aufbringen muss, um die Beteiligungsrechte zu erwerben (BFH-Urteile vom 24.04.2007 ‑ I R 35/05, BFHE 218, 97, BStBl II 2008, 253, unter II.2.a und b sowie vom 27.05.2009 ‑ I R 53/08, BFHE 226, 500, unter II.2.a). Gerade wegen der zivilrechtlichen Selbständigkeit jedes Geschäftsanteils ist das Aufgeld nur demjenigen Anteil als Anschaffungskosten zuzurechnen, für deren Erwerb es aufzubringen war. Dies gilt selbst dann, wenn die Summe aus dem Nennbetrag des neuen Anteils und des Aufgelds den Verkehrswert des neuen Anteils übersteigt, sogenannte Überpari-Emission (BFH-Urteil vom 27.05.2009 ‑ I R 53/08, BFHE 226, 500, unter II.2.b; MüKoHGB/Reiner, 4. Aufl., § 272 Rz 68; a.A. wohl Wingler, juris PraxisReport Steuerrecht 38/2022 Anm. 2, unter C.I.). Der BFH hat klargestellt, dass es sich bei dem den Verkehrswert übersteigenden Teilbetrag (im Streitfall 500.000 €) nicht um eine verdeckte Einlage des Gesellschafters, die als ‑‑nachträgliche‑‑ Anschaffungskosten für sämtliche Geschäftsanteile zu berücksichtigen wäre, handelt. Es fehlt an der hierfür erforderlichen Unentgeltlichkeit (BFH-Urteil vom 27.05.2009 ‑ I R 53/08, BFHE 226, 500, unter II.2.b aa, m.w.N.).
dd) Nach diesen ‑‑von der Vorinstanz berücksichtigten‑‑ Grundsätzen, denen der erkennende Senat beitritt, sind vom Veräußerungspreis von 26.300 €, der im Kauf- und Abtretungsvertrag vom 28.12.2015 hinsichtlich der veräußerten 301 Geschäftsanteile nicht aufgeteilt wurde, Anschaffungskosten für die Anteile Nr. 24 701 bis 25 000 von jeweils 1 € und für den Anteil Nr. 25 001 von 501 000 € (1.000 € Nennbetrag zuzüglich 500.000 € Aufgeld) abzuziehen.
b) Das von der Klägerin für den Erwerb des Geschäftsanteils Nr. 25 001 gezahlte Aufgeld von 500.000 € war jedenfalls für das Streitjahr nicht auf sämtliche von ihr gehaltenen Anteile zu verteilen. § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG, der diese Rechtsfolge anordnet, gilt erstmals für Veräußerungen nach dem 31.07.2019 (§ 52 Abs. 25a Satz 1 EStG). Zwar heißt es in der Begründung der Bundesregierung vom 23.09.2019 zum Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, die Neuregelung habe lediglich deklaratorischen Charakter, da sie inhaltlich der bisherigen Verwaltungsauffassung entspreche (BTDrucks 19/13436, S. 111). Unerwähnt bleibt in der Begründung allerdings, dass die Neuregelung die Rechtsprechung des BFH, wonach Aufgelder im Zuge einer Kapitalerhöhung ausschließlich dem neu erworbenen Anteil zuzuordnen sind (Urteil vom 27.05.2009 ‑ I R 53/08, BFHE 226, 500, unter II.2.), überschreibt und daher insoweit konstitutiv wirkt (Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 17 Rz 99d). Seine gegenteilige, nicht mit der zeitlichen Anwendungsregelung in § 52 Abs. 25a Satz 1 EStG in Einklang zu bringende Auffassung begründet das FA in seiner Revision nicht.
c) Gesetzliche Verlustberücksichtigungsverbote bestehen nicht. § 17 Abs. 2 Satz 6 Buchst. b Satz 1 EStG bestimmt zwar, dass ein Veräußerungsverlust nicht zu berücksichtigen ist, soweit er auf Anteile entfällt, die entgeltlich erworben worden sind und ‑‑wie im Streitfall‑‑ nicht innerhalb der gesamten letzten fünf Jahre zu einer Beteiligung des Steuerpflichtigen im Sinne von Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift gehört haben. Dies gilt nach § 17 Abs. 2 Satz 6 Buchst. b Satz 2 Alternative 2 EStG aber nicht für innerhalb der letzten fünf Jahre erworbene Anteile, die nach der Begründung einer tatbestandlich relevanten Beteiligung erworben worden sind. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Klägerin hat den mit Verlust veräußerten Geschäftsanteil Nr. 25 001 zu einem Zeitpunkt erworben, zu dem sie bereits relevant im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG beteiligt war.
d) Der nach den vorgenannten Rechtsgrundsätzen zu bestimmende Veräußerungsverlust von insgesamt 475.000 € ist nach § 3 Nr. 40 Buchst. c Satz 1, § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG in Höhe von 285.000 € in Ansatz zu bringen (Teileinkünfteverfahren). Hierüber besteht zwischen den Beteiligten zu Recht kein Streit.
4. Das FG hat schließlich ‑‑im Ergebnis‑‑ rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Zahlung eines Aufgelds für den Erwerb des neu geschaffenen Geschäftsanteils Nr. 25 001 sowie dessen kurzfristig spätere verlustauslösende Veräußerung an den Kläger nicht als Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zu werten ist.
a) Gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch den Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Ist der Tatbestand der Regelung in einem Einzelsteuergesetz erfüllt, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach jener Vorschrift (§ 42 Abs. 1 Satz 2 AO). Anderenfalls entsteht nach § 42 Abs. 1 Satz 3 AO der Steueranspruch beim Vorliegen eines Missbrauchs im Sinne des § 42 Abs. 2 AO so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.
Ein Missbrauch liegt nach § 42 Abs. 2 Satz 1 AO vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind (§ 42 Abs. 2 Satz 2 AO).
aa) Im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 EStG steht es einem Steuerpflichtigen grundsätzlich frei, ob, wann und an wen er seine Anteile veräußert. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Veräußerung zu einem Verlust führt. Denn die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts steht nicht nur im Einklang mit § 17 EStG, sondern entspricht auch dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit; sie ist damit nicht von vornherein rechtsmissbräuchlich (zuletzt Senatsurteil vom 20.09.2022 ‑ IX R 18/21, BFHE 278, 184, BStBl II 2023, 315, Rz 31, m.w.N.).
bb) Abweichendes kann gelten, wenn ein "Verlust" nur dadurch entsteht, dass die Beteiligten einen unzutreffenden, die Wertverhältnisse des zur Veräußerung bestimmten Kapitalgesellschaftsanteils in krasser Weise verfehlenden Kaufpreis vereinbaren; denn in diesem Fall ist der "Verlust" nicht durch eine den Kapitalgesellschaftsanteilen innewohnende Wertminderung, sondern durch einen Verkauf von Anteilen weit unter Wert zustande gekommen (Senatsurteil vom 20.09.2022 ‑ IX R 18/21, BFHE 278, 184, BStBl II 2023, 315, Rz 32, m.w.N.).
b) Nach diesen rechtlichen Maßstäben hat die Vorinstanz jedenfalls im Ergebnis zutreffend entschieden, dass keine missbräuchliche Gestaltung durch die Klägerin vorliegt.
aa) Das FG hat angeführt, der unter Aufgeldzahlung erfolgte Erwerb des Geschäftsanteils Nr. 25 001 sei in Anbetracht des hiermit verfolgten wirtschaftlichen Zwecks, der GmbH Finanzmittel zukommen zu lassen, nicht unangemessen. Aufgrund der Stellung der Klägerin als Alleingesellschafterin sei es unerheblich, auf welche Weise sie der Gesellschaft Kapital zuführe.
Diese Ausführungen sind für sich betrachtet zutreffend. Allerdings ist auslösender Grund für den von der Klägerin steuerlich beanspruchten Verlust nicht der Erwerb eines Geschäftsanteils gegen Aufgeldzahlung, sondern erst dessen Veräußerung.
bb) Nach Maßgabe der vom FG festgestellten und den erkennenden Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Tatsachen ergibt sich ein rechtlicher Gestaltungsmissbrauch auch nicht aus der Zusammenschau des Erwerbs jenes Geschäftsanteils und dessen zeitnaher ‑‑verlustbehafteter‑‑ Veräußerung an den Kläger.
Bei der gebotenen anteilsbezogenen Betrachtung von Veräußerungstatbeständen im Sinne von § 17 EStG hat die Klägerin in Bezug auf den Geschäftsanteil Nr. 25 001 einen realen Verlust erlitten, der im Streitjahr ihre Leistungsfähigkeit gemindert hat. Einem dem Verkehrswert des Anteils entsprechenden ‑‑fremdüblichen‑‑ Veräußerungspreis von anteilig 20.230 € (1.000 € Nennbetrag zuzüglich 1.000/26.000‑Anteil an der Kapitalrücklage [= 19.230 €]) standen nach der im Streitjahr noch zu beachtenden Rechtslage Anschaffungskosten der Klägerin von 501.000 € gegenüber. Diese verlustgenerierende Gestaltung ist noch nicht unangemessen im Sinne von § 42 Abs. 2 Satz 1 AO.
(1) Zum einen unterliegt es der Disposition des Steuerpflichtigen, Veräußerungsgeschäfte so zu gestalten, dass er sich steuerlich möglichst günstig steht. Dies schließt die Freiheit ein, der Gesellschaft Kapital in einer steuerlich vorteilhaften Weise zuzuführen. So war die Klägerin weder verpflichtet, die GmbH von vornherein mit einem höheren Stammkapital auszustatten noch eine Zuzahlung in die Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB zu leisten, die sich auf sämtliche Geschäftsanteile verteilt hätte.
(2) Zum anderen ist geklärt, dass der Steuerpflichtige selbst entscheiden kann, welchen Geschäftsanteil seiner Beteiligung er veräußert (BFH-Urteil vom 10.10.1978 ‑ VIII R 126/75, BFHE 126, 206, BStBl II 1979, 77, unter 2.a). Dies gilt unabhängig davon, ob die Veräußerung an einen fremden Dritten oder an einen nahen Angehörigen erfolgt.
(3) Hinzu kommt, dass ein ‑‑selbst zielgerichtet geschaffener‑‑ Verlust durch die Veräußerung von zu "überhöhten" Anschaffungskosten erworbenen Geschäftsanteilen durch spätere Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen mit niedrigen Anschaffungskosten ausgeglichen wird. Denn die durch eine Aufgeldzahlung geschaffene Kapitalrücklage erhöht ebenso wie ein hiermit durch die Gesellschaft erworbenes Wirtschaftsgut den Verkehrswert sämtlicher Geschäftsanteile.
cc) Auch das Motiv des Gesetzgebers zur Einfügung des § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG zwingt nicht zu dem Schluss, dass die Zahlung eines Aufgelds im Rahmen einer Kapitalerhöhungsmaßnahme mit Blick auf anstehende Veräußerungen als Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO anzusehen ist.
In der Begründung des Entwurfs für ein Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften führt die Bundesregierung zwar an, die neue Vorschrift diene der "Missbrauchsbekämpfung" (BTDrucks 19/13436, S. 111). Die damit bekämpften Gestaltungen werden aber nicht im Einzelnen dargestellt. Insbesondere ist der Begründung nicht zu entnehmen, ob aus der Sicht des Gesetzgebers in jedem Fall der gezielten Herbeiführung eines Veräußerungsverlusts durch Aufgeldzahlung die Schwelle des § 42 AO überschritten sein soll. Dem Senat sind auch keine dahingehenden veröffentlichten Verlautbarungen aus der Finanzverwaltung bekannt.
dd) Der weitere Einwand des FA, die Veräußerung von insgesamt 5 % der Geschäftsanteile der GmbH an den Kläger habe keinen wirtschaftlich beachtlichen Grund, ist unerheblich. Die Veräußerung von Anteilen zu fremdüblichen Bedingungen bedarf keines wirtschaftlichen Grunds. Unerheblich ist zudem, ob von vornherein beabsichtigt war, den Kläger an der GmbH zu beteiligen. Eine rechtliche Verpflichtung der Klägerin, Geschäftsanteile an den Kläger zu veräußern, wurde vom FA weder behauptet noch sind Anhaltspunkte hierfür ersichtlich.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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