BFH zum Vorliegen eines Steuerstundungsmodells i.S. des § 15b EStG bei einer Einzelinvestition
Erzielt ein Steuerpflichtiger negative Einkünfte aus Kapitalvermögen durch die Beteiligung an einer Gesellschaft im Wege einer sog. Einzelinvestition, erfordert das Ausnutzen einer modellhaften Gestaltung zur Verlusterzielung aufgrund eines vorgefertigten Konzepts, dass er sich bei der Entwicklung der Geschäftsidee, der Vertragsgestaltung und der Vertragsumsetzung wie ein passiver Kapitalanleger verhält (Bestätigung des BFH-Urteils vom 17.1.2017 ‑ VIII R 7/13, BFHE 256, 492, BStBl II 2017, 700 = SIS 17 07 87).
EStG § 15b Abs. 1, Abs. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 4 Sätze 3 bis 5, § 20 Abs. 2b, § 52 Abs. 33a, Abs. 37d
BFH-Urteil vom 16.3.2023, VIII R 10/19 (veröffentlicht am 29.6.2023)
Vorinstanz: Hessisches FG vom 6.3.2019, 7 K 739/15 = SIS 19 17 75
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob sich die Beigeladenen an einem Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr (2006) anzuwendenden Fassung beteiligt haben.
Der Beigeladene zu 2. verfügte im Streitjahr über hohe steuerpflichtige Einkünfte aus Immobilienveräußerungen und beauftragte im November 2006 den Rechtsanwalt und Steuerberater R bzw. dessen Sozietät mit der Entwicklung einer Anlagestruktur zur Schaffung steuerlichen Verlustverrechnungspotenzials. Bereits im Juni des Streitjahres (mit E‑Mail vom 14.06.2006) hatte R gegenüber der im Inland ansässigen B‑Bank ‑‑ohne Beauftragung durch die Beigeladenen‑‑ eine Anlagestruktur unter dem Betreff "Anlage in KG, die fremdfinanzierte Schuldverschreibungen erwirbt ('Asset Linked Note Structure')" vorgestellt. In der Zusammenfassung ("Executive Summary") dieses Schreibens heißt es unter Ziff. 1 zum Ziel der Anlage: "Ziel des nachfolgend dargestellten Investments ist die Schaffung von steuerlichem Verlustverrechnungspotential im Jahr 2006 für in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige private Investoren ('Privatinvestoren'). (...)" Unter Ziff. 2 wird zur Darstellung der Anlagestruktur ausgeführt: "Die Privatinvestoren beteiligen sich (zunächst) über eine Treuhandkommanditistin an einer in Deutschland ansässigen GmbH & Co. KG, (…) die weder gewerblich tätig noch geprägt ist. (...)"
Ausgehend von dem durch R auch den Beigeladenen empfohlenen Erwerb einer fremdfinanzierten Schuldverschreibung gründeten die Beigeladenen zu 1. und 2. am xx.xx.2006 die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) als vermögensverwaltende und nicht gewerblich geprägte KG. Kommanditisten wurden die Beigeladenen zu 1. (Ergebnisanteil von 15,80 %) und 2. (Ergebnisanteil von 83,80 %). Der Beigeladene zu 3. beteiligte sich als atypisch stiller Gesellschafter mit einem Ergebnisanteil von 0,40 %. Der Beigeladene zu 2. wurde neben der Komplementärin zum Geschäftsführer der Klägerin berufen. Das auf die Einlagen eingezahlte Kapital der Beigeladenen zu 1. und 2. belief sich einschließlich der Einlage des Beigeladenen zu 3. als atypisch stiller Gesellschafter auf rd. … €. Komplementärin der Klägerin war eine im Jahr 1974 errichtete GmbH, die nicht am Vermögen der Klägerin beteiligt war.
Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin wurde von den Beigeladenen zu 1. und 2. entworfen und verfasst. Gesellschaftszweck ist u.a. der Erwerb und die Verwaltung von Wertpapieren, Schuldverschreibungen sowie Schuldscheindarlehen.
Die Klägerin erwarb mit Vertrag vom xx.xx.2006 Schuldverschreibungen der in Luxemburg ansässigen A‑Bank im Nennbetrag von … € mit einer zehnjährigen Laufzeit (bis 2016). Gemäß den Anleihebedingungen sollten die Schuldverschreibungen von der Emittentin jährlich mit einem festen Zinssatz in Höhe von 4 % bezogen auf den gesamten Nennbetrag verzinst werden. Die Zinsen an die Klägerin waren jährlich nachschüssig zu zahlen.
Zum Endfälligkeitstermin im Jahr 2016 sollte die Klägerin u.a. die jährliche Zinszahlung in Höhe von … € erhalten. Zusätzlich wurde die Zahlung eines garantierten und eines variablen Bonuszinses am Endfälligkeitstermin vereinbart. Der garantierte Bonuszins sollte … € betragen. Die Höhe des variablen Bonuszinses wurde mit der Entwicklung einer zum Zeichnungstag der Anleihe erworbenen Kaufoption verknüpft, der der EURO STOXX 50 Performance Index als Basiswert zugrunde lag. Sie war abhängig von dem am dritten Geschäftstag vor dem Endfälligkeitstermin festgestellten und veröffentlichten Schlusskurs des Basiswerts abzüglich des Ausübungspreises der Option (5.900 €) und der Anzahl der erworbenen Kaufoptionen. Die Anzahl der am Zeichnungstag im Streitjahr von der Klägerin erwerbbaren Kaufoptionen war wiederum abhängig von dem Verhältnis aus ‑‑einerseits‑‑ der Differenz eines Betrags von .. € abzüglich des Kaufpreises für einen am Zeichnungstag der Anleihe (2006) von der Klägerin zu erwerbenden Zerobonds (Dividend) und ‑‑andererseits‑‑ dem Kaufpreis für die EURO STOXX 50-Kaufoption (Divisor). Der mit Zeichnung der Anleihe im Streitjahr von der Klägerin zur erwerbende Zerobonds sollte so ausgestaltet sein, dass die Klägerin hieraus zum Endfälligkeitstermin im Jahr 2016 einen Betrag von … € beanspruchen konnte.
Zur Finanzierung des Erwerbs der Schuldverschreibungen gewährte die B‑Bank der Klägerin ein Darlehen in Höhe von … Mio. € einschließlich eines Disagios in Höhe von … €. Die B‑Bank zahlte das Darlehen im Streitjahr abzüglich des Disagios an die Klägerin aus. Die Klägerin leistete im Streitjahr an die B‑Bank die vorschüssig zu zahlenden Darlehenszinsen in Höhe von … €. Wegen der an sie nachschüssig zu zahlenden Zinsen erzielte die Klägerin im Streitjahr noch keine Zinseinnahmen.
Über die Zeichnung und Fremdfinanzierung der Anleihe durch die Klägerin verhandelten die Beigeladenen mit verschiedenen Banken (insbesondere der Y-Bank und der Q-Bank). Sie entschieden sich dann aber, die Schuldverschreibung bei der A‑Bank zu zeichnen und den hierfür notwendigen Kredit bei der von R vorgeschlagenen B‑Bank aufzunehmen. Die Beigeladenen konnten hinsichtlich der Schuldverschreibung und der Kreditfinanzierung die Investitionssumme, die Laufzeit und das Referenzaktivum (den Basiswert der Kaufoptionen) unter Berücksichtigung ihrer individuellen wirtschaftlichen und steuerlichen Anforderungen bestimmen. R gab diese Angaben an die A‑Bank und die B‑Bank weiter.
Der Kaufpreis für den von der Klägerin zu erwerbenden Zerobonds und der Kaufpreis der Kaufoptionen bestimmten sich gemäß den Anleihebedingungen nach den marktüblichen Preisen zu einer vertraglich festgelegten Uhrzeit am Zeichnungstag der Schuldverschreibung. Die anlässlich des Erwerbs der Optionen zu zahlende Banken-Vergütung (insbesondere der B‑Bank) war dafür entscheidend, wie viele Kaufoptionen die Klägerin erwerben konnte. Je niedriger die Vergütung der B‑Bank ausfiel, umso mehr Kaufoptionen konnten erworben werden und umso höher konnte der variable Bonuszins zum Endfälligkeitstermin zugunsten der Klägerin ausfallen. Unmittelbar vor der Vertragsunterzeichnung in der Kanzlei des R verhandelten die Beigeladenen zu 2. und 3. mit den anwesenden Mitarbeitern der B‑Bank über die Höhe der Vergütung. Der Beigeladene zu 3. bestand auf einer niedrigeren Vergütung, damit die Klägerin eine höhere Anzahl von Kaufoptionen erwerben könne. Daraufhin kam es noch am Tag der Vertragsunterzeichnung zu einer Einigung und Änderung der vorbereiteten Verträge.
In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für das Streitjahr gemäß §§ 179, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) vom 17.12.2007 erklärte die Klägerin Einnahmen aus inländischen Zinsen in Höhe von … € und Werbungskosten zu ausländischen Zinsen in Höhe von … €, bestehend aus dem Disagio in Höhe von … €, den im Streitjahr vorschüssig gezahlten Darlehenszinsen in Höhe von … €, Rechts- und Beratungskosten in Höhe von … € sowie Sonderwerbungskosten des Beigeladenen zu 3. in Höhe von … €.
Das ursprünglich zuständige Finanzamt (FA A) sah die Beteiligungen der Beigeladenen an der Klägerin jeweils als Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b EStG an. Es stellte mit Bescheid für 2006 vom 24.04.2009 einen nicht ausgleichsfähigen Verlust i.S. des § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG zum 31.12.2006 in Höhe von … € und dessen Verteilung auf die Beigeladenen gesondert und einheitlich fest. Die Verlustfeststellung verband es mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Kapitalvermögen für das Streitjahr vom 24.04.2009. In der gesonderten und einheitlichen Einkünftefeststellung stellte das FA A Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der Gesamthand "vor" und "nach" Anwendung des § 15b EStG fest. "Nach Anwendung des § 15b" ergaben sich Einnahmen und Werbungskosten zu den Einkünften aus Kapitalvermögen aus der Gesamthand jeweils in Höhe von … €, mithin im Ergebnis in Höhe von 0 €. "Vor Anwendung des § 15b" stellte das FA A ebenfalls Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der Gesamthand in Höhe von … € und Werbungskosten in derselben Höhe fest, die es auf die Feststellungsbeteiligten quotal verteilte. Zudem nahm es in den Erläuterungen des Bescheids insoweit auf die Höhe des gemäß § 15b EStG nicht ausgleichsfähigen Verlusts auf der Gesamthandsebene in Höhe von … € Bezug. In der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für das Streitjahr und in der Verlustfeststellung nach § 15b Abs. 4 EStG wurden ferner alle Beigeladenen und damit auch der an der Klägerin atypisch still beteiligte Beigeladene zu 3. als Feststellungsbeteiligte behandelt. Die erklärten Sonderwerbungskosten des Beigeladenen zu 3. wurden nicht festgestellt.
Der anschließend erhobene Einspruch der Klägerin richtete sich gegen die Annahme eines Steuerstundungsmodells i.S. des § 15b EStG, die Höhe der festgestellten gemeinschaftlich erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen aus Gesamthandsvermögen und die fehlende Feststellung der Sonderwerbungskosten des Beigeladenen zu 3. Der Einspruch wurde an den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) abgegeben, der diesen als unbegründet zurückwies. Die danach erhobene Klage hatte ebenfalls keinen Erfolg. Die Begründung des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2019, 1761 wiedergegeben.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung materiellen Bundesrechts rügt. Das FG habe rechtsfehlerhaft ein Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b EStG angenommen und die ausgleichsfähigen Verluste der Beigeladenen aus Kapitalvermögen aus der Gesamthand sowie die Sonderwerbungskosten des Beigeladenen zu 3. für das Streitjahr daher unzutreffend oder zu Unrecht gar nicht festgestellt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen FG vom 06.03.2019 ‑ 7 K 739/15, die Einspruchsentscheidung vom 19.03.2015 und den Bescheid für 2006 vom 24.04.2009 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlusts nach § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG aufzuheben und den Bescheid für 2006 vom 24.04.2009 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen dergestalt abzuändern, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen negative laufende Einkünfte aus der Gesamthand in Höhe von … € und Sonderwerbungskosten des Beigeladenen zu 3. in Höhe von … € festgestellt werden.
Das FA beantragt,
die Revision gegen das Urteil des FG zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet.
Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die Beteiligungen der Beigeladenen an der Klägerin als Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b EStG einzuordnen sind, der Verlust aus der Gesamthand als nicht ausgleichsfähiger Verlust zu behandeln ist und die Sonderwerbungskosten des Beigeladenen zu 3. nicht festzustellen sind. Die Entscheidung des FG ist daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Senat gibt der Klage statt (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Der angefochtene Verlustfeststellungsbescheid nach § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG ist aufzuheben. Die negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen der Beigeladenen aus der Gesamthand sind in der beantragten Höhe als ausgleichsfähige Verluste und die Sonderwerbungskosten des Beigeladenen zu 3. erstmals festzustellen.
1. Die gesonderte und einheitliche Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlusts gemäß § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG und die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte bleiben auch bei einer gemäß § 15b Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG zulässigen Verbindung verfahrensrechtlich eigenständige Feststellungsbescheide, die nebeneinander und gleichzeitig angefochten werden können (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 06.06.2019 ‑ IV R 7/16, BFHE 265, 147, BStBl II 2019, 513, Rz 15). Gegenstand des Verfahrens sind danach der gesonderte und einheitliche Verlustfeststellungsbescheid zum 31.12.2006 nach § 15b Abs. 4 Sätze 1 und 5 EStG und die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Kapitalvermögen für das Streitjahr, Letztere jedoch nur hinsichtlich der Feststellung zu den Einkünften aus der Gesamthand und der unterbliebenen Feststellung von Sonderwerbungskosten des Beigeladenen zu 3. (zur verfahrensrechtlichen Eigenständigkeit dieser Feststellungen eines gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheids von Überschusseinkünften s. BFH-Urteil vom 20.11.2018 ‑ VIII R 39/15, BFHE 263, 112, BStBl II 2019, 239, Rz 17, m.w.N.). Die weiteren Feststellungen des Bescheids ‑‑auch zum Kreis der Feststellungsbeteiligten‑‑ sind bestandskräftig geworden (vgl. BFH-Urteile vom 30.11.2017 ‑ IV R 33/14, BFH/NV 2018, 428, Rz 22, und vom 15.04.2010 ‑ IV R 9/08, BFHE 229, 42, BStBl II 2010, 929, Rz 23). Daher bedarf es aus verfahrensrechtlichen Gründen keiner Erörterung der Frage, ob der Beigeladene zu 3., der sich an der Klägerin atypisch still beteiligt hat, neben den als Kommanditisten an der Klägerin beteiligten Beigeladenen zu 1. und 2. zutreffend als weiterer Feststellungsbeteiligter behandelt worden ist. Hinsichtlich sämtlicher Streitgegenstände ist die Klägerin ferner gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt (vgl. BFH-Urteil vom 16.10.2008 ‑ IV R 74/06, BFH/NV 2009, 725; Gräber/Levedag, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 48 Rz 54).
2. Die Entscheidung, ob ein Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b EStG vorliegt, ist Bestandteil der gesonderten und einheitlichen Verlustfeststellung im Rahmen des § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG und nicht der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte; dies gilt auch dann, wenn beide Bescheide nach § 15b Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG verbunden sind (vgl. BFH-Urteile vom 11.11.2015 ‑ VIII R 74/13, BFHE 252, 364, BStBl II 2016, 388, und vom 17.01.2017 ‑ VIII R 7/13, BFHE 256, 492, BStBl II 2017, 700; Kaeser in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15b Rz D 2; Schmidt/Wacker, EStG, 42. Aufl., § 15b Rz 51). Im Streitfall steht der Anfechtung des Verlustfeststellungsbescheids zur Klärung der Frage, ob ein Steuerstundungsmodell vorliegt, auch § 15b Abs. 4 Satz 3 EStG nicht entgegen.
a) Die gesonderte Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlusts gemäß § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG umfasst verschiedene Einzelelemente, nämlich die Einordnung der Einkunftsquelle als Steuerstundungsmodell, das als solches hinreichend genau bezeichnet werden muss, die Höhe des nicht ausgleichsfähigen Verlusts des Verlustentstehungsjahres und den sich hieraus unter Berücksichtigung eines etwaigen verrechenbaren Verlusts des Vorjahres (§ 15b Abs. 4 Satz 2 EStG) zum Ende eines Veranlagungszeitraums ergebenden (fortgeschriebenen) nicht ausgleichsfähigen Verlust. Bei diesen Einzelelementen handelt es sich nicht um jeweils verfahrensrechtlich abgrenzbare eigenständige Feststellungen wie bei gesonderten und einheitlichen Feststellungen gemäß §§ 179 ff. AO, die selbständig in Bestandskraft erwachsen könnten, sondern um eine einheitliche Feststellung (BFH-Urteile in BFHE 252, 364, BStBl II 2016, 388, Rz 20; in BFHE 265, 147, BStBl II 2019, 513, Rz 25).
b) Zwar kann gemäß § 15b Abs. 4 Satz 3 EStG die Verlustfeststellung nur insoweit angegriffen werden, als sich der verrechenbare Verlust des jeweiligen Feststellungszeitraums gegenüber dem verrechenbaren Verlust des Vorjahres verändert hat. Es kann mithin nicht jedes Jahr erneut überprüft werden, ob ein Steuerstundungsmodell vorliegt, zumal die gesetzliche Definition des Steuerstundungsmodells (§ 15b Abs. 2 EStG) es ausschließt, ohne nachträgliche Änderung des Modellkonzepts für die Dauer der Beteiligung für einzelne Jahre zu unterschiedlichen Ergebnissen zu gelangen (vgl. zur Beteiligung an einem Fonds BFH-Urteil in BFHE 265, 147, BStBl II 2019, 513, Rz 25). Bei der Feststellung eines nicht ausgleichsfähigen Verlusts gemäß § 15b Abs. 4 EStG wegen eines Steuerstundungsmodells für das erste Jahr, in dem negative Einkünfte erzielt werden, greift die Anfechtungsbeschränkung des § 15b Abs. 4 Satz 3 EStG schon mangels einer Verlustfeststellung für ein Vorjahr jedoch nicht (vgl. BeckOK EStG/Levedag, 15. Ed. [01.03.2023], EStG § 15b Rz 260; KKB/Beck, § 15b EStG, 8. Aufl., Rz 146; s.a. Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15b Rz 50).
3. Gemäß § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes (JStG) 2007 vom 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878) ‑‑jetzt: § 20 Abs. 7 Satz 1 EStG‑‑ gilt die in § 15b EStG vorgesehene eingeschränkte Verlustverrechnung sinngemäß auch für Kapitaleinkünfte. Die Regelungen sind im Streitfall gemäß § 52 Abs. 37d Satz 2 i.V.m. Abs. 33a Satz 4 EStG anwendbar.
a) Gemäß § 52 Abs. 37d Satz 2 EStG gilt § 52 Abs. 33a EStG für die entsprechende Anwendung des § 15b EStG auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2b EStG i.d.F. des JStG 2007 entsprechend. Nach § 52 Abs. 33a Satz 1 EStG ist § 15b EStG nur auf Verluste der dort bezeichneten Steuerstundungsmodelle anzuwenden, denen der Steuerpflichtige nach dem 10.11.2005 beigetreten ist oder für die nach dem 10.11.2005 mit dem Außenvertrieb begonnen wurde oder die in den Sätzen 2 und 3 genannten Klarstellungen und Ersatztatbeständen verwirklicht wurden. Besteht das Steuerstundungsmodell nicht im Erwerb eines Anteils an einem geschlossenen Fonds, ist § 15b EStG anzuwenden, wenn die Investition nach dem 10.11.2005 rechtsverbindlich getätigt wurde (§ 52 Abs. 33a Satz 4 EStG). Mit den geschlossenen Fonds i.S. des § 52 Abs. 33a Sätze 1 bis 3 EStG und den sonstigen Einzelinvestitionen des § 52 Abs. 33a Satz 4 EStG bezeichnet das Gesetz sich wechselseitig ausschließende Investitionsformen des Steuerpflichtigen mit jeweils eigenständigen zeitlichen Anwendungsbestimmungen (s. BFH-Urteile vom 01.09.2016 ‑ IV R 17/13, BFHE 254, 443, BStBl II 2016, 1003, Rz 14 bis 21; in BFHE 265, 147, BStBl II 2019, 513, Rz 22, 24).
b) Im Streitfall liegt nach diesen Vorgaben kein Beitritt der Beigeladenen zu einem geschlossenen Fonds gemäß § 52 Abs. 33a Sätze 1 bis 3 EStG vor, denn die Klägerin verfügte nicht über einen geschlossenen Anlegerkreis. Weitere Anleger hätten auch nach der Gründung noch beitreten können, denn insoweit galten nach § 5 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften für Kommanditgesellschaften. Jedoch greift § 52 Abs. 33a Satz 4 EStG, da die Zeichnung der Schuldverschreibung und die Kreditaufnahme auf Ebene der Klägerin nach dem 10.11.2005 rechtsverbindlich getätigt wurden. Zu den Einzelinvestitionen i.S. des § 52 Abs. 33a Satz 4 EStG können auch Beteiligungen an Gesellschaften als Einkunftsquelle gehören (vgl. den Sachverhalt des BFH-Urteils in BFHE 256, 492, BStBl II 2017, 700; zur anlegerbezogenen Betrachtungsweise der Beteiligung als Einkunftsquelle in § 15b Abs. 1 EStG BFH-Urteil in BFHE 265, 147, BStBl II 2019, 513, Rz 24 f.; zur verfassungsrechtlich unbedenklichen unechten Rückwirkung der Anwendung des § 15b EStG auf etwaige vor dem Inkrafttreten des JStG 2007 im Streitjahr entstandenen Verluste BFH-Urteil vom 25.03.2021 ‑ VIII R 16/18, BFHE 272, 474, BStBl II 2021, 814).
4. Die Würdigung des FG, dass die Beigeladenen mit der Beteiligung an der Klägerin jeweils ein Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b EStG begründet haben, hält der revisionsrechtlichen Prüfung aber nicht stand.
a) Ein Steuerstundungsmodell i.S. des § 20 Abs. 2b Satz 1 i.V.m. § 15b Abs. 1 EStG ist anzunehmen, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen (§ 15b Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen (§ 15b Abs. 2 Satz 2 EStG). Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen (§ 15b Abs. 2 Satz 3 EStG). § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG ist bezogen auf das Tatbestandsmerkmal der modellhaften Gestaltung auch hinreichend bestimmt (BFH-Urteil vom 06.02.2014 ‑ IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rz 27).
b) Der Einsatz einer modellhaften Gestaltung zur Erzielung negativer Einkünfte i.S. des § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG ist nicht bereits dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige eine (in Fachkreisen) bekannte Gestaltungsidee mit dem Ziel der Verlusterzielung und ‑verrechnung aufgreift und selbst umsetzt. Hinzutreten muss gemäß § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG vielmehr, dass dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit einer Verlusterzielung und ‑verrechnung in der Anfangsphase der Investition geboten werden soll. Das vorgefertigte Konzept muss nach dem Wortlaut des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG von einer vom Steuerpflichtigen verschiedenen Person (dem Anbieter/Initiator) erstellt worden sein, denn nur dann kann dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit "geboten" werden, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen (BFH-Urteil in BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rz 20, 25). Ein Konzept ist danach vorgefertigt, wenn der Anwender es vorfindet und zumindest die wesentlichen Grundlagen für ein geplantes Vorhaben einsetzen kann und nicht erst selbst die Strategien und Maßnahmen zur Umsetzung seines Vorhabens entwickeln muss (BFH-Urteil in BFHE 256, 492, BStBl II 2017, 700, Rz 32).
c) Charakteristisch für das Vorliegen eines vorgefertigten Konzepts ist die Passivität des Investors/Anlegers bei der Entwicklung der Geschäftsidee, der Vertragsgestaltung und Umsetzung. Gibt der Investor/Anleger die einzelnen Leistungen und Zusatzleistungen sowie deren Ausgestaltung ‑‑sei es von Anfang an oder in Abwandlung des zunächst vorgefertigten Konzepts‑‑ selbst vor und bestimmt er damit das Konzept nicht nur unwesentlich mit, so handelt es sich nicht (mehr) um ein vorgefertigtes Konzept. Dies gilt allerdings nicht, wenn der tatsächliche Einfluss des Investors/Anlegers auf die Gestaltung nicht ins Gewicht fällt oder nur rein formal ist (BFH-Urteil in BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rz 20 f.). Ist Teil des vorgefertigten Konzepts die Gründung einer Gesellschaft, müssen der Geschäftsgegenstand der Gesellschaft und ihre Gründung und Ausgestaltung vor der eigentlichen Investitionsentscheidung durch den oder die Initiatoren festgelegt worden sein (vgl. BFH-Urteile in BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rz 18; in BFHE 256, 492, BStBl II 2017, 700, Rz 32). Demnach werden negative Einkünfte auf der Grundlage einer modellhaften Gestaltung und eines vorgefertigten Konzepts i.S. des § 15b Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG erzielt, wenn eine von einem Anbieter/Initiator abstrakt entwickelte Investitionskonzeption für Interessierte am Markt zur Verfügung steht, auf die der Investor/Anleger "nur" noch zugreifen muss, nicht hingegen, wenn der Investor/Anleger eine von ihm selbst oder dem in seinem Auftrag ‑‑nicht aber im Auftrag eines Anbieters/Initiators‑‑ tätigen Berater entwickelte oder modifizierte und individuell angepasste Investition umsetzt (BFH-Urteil in BFHE 256, 492, BStBl II 2017, 700, Rz 34).
d) Diese Maßstäbe gelten gleichermaßen, wenn die negativen Einkünfte vom Steuerpflichtigen nicht durch die Beteiligung an einem geschlossenen Fonds i.S. des § 52 Abs. 33a Sätze 1 bis 3 EStG, sondern im Wege einer sog. Einzelinvestition durch die Beteiligung an einer Gesellschaft erzielt werden (BFH-Urteil in BFHE 252, 364, BStBl II 2016, 388, Rz 15; BTDrucks 16/107, S. 6; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ vom 17.07.2007 ‑ IV B 2‑S 2241‑b/07/0001, BStBl I 2007, 542, unter Rz 7; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15b Rz 24). Der Senat hält an seiner im Urteil in BFHE 256, 492, BStBl II 2017, 700 zu einem vergleichbaren Sachverhalt dargelegten Auslegung der Merkmale in § 15b Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG fest. Auch bei Gesellschaftsbeteiligungen, die Einzelinvestitionen sind, verlangen § 15b Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG, dass der Steuerpflichtige sich bei der Entwicklung der Geschäftsidee, der Vertragsgestaltung und der Vertragsumsetzung wie ein passiver Kapitalanleger verhält (s. dazu ausführlich: Lüdicke/Fischer, Die Unternehmensbesteuerung 2013, 694; vgl. auch BeckOK EStG/Levedag, a.a.O., EStG § 15b Rz 186; Brandis/Heuermann/Heuermann, § 15b EStG Rz 13; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15b Rz 25).
Ließe man bei der Prüfung, ob dem Steuerpflichtigen die Verlusterzielung aufgrund eines vorgefertigten Konzepts geboten wird, die von diesem im Rahmen einer Einzelinvestition geleisteten Eigenbeiträge, welche nicht nur unwesentlich und formaler Natur sind, ‑‑anders als bei Fondsanlegern‑‑ unberücksichtigt, würde dies zu einer ungleichen Auslegung des Tatbestands führen, für die ein rechtfertigender Grund nicht ersichtlich ist. Auch der Gesetzesbegründung in BTDrucks 16/107 (S. 6) lässt sich nicht entnehmen, dass vom Gesetzgeber eine Schlechterstellung der Steuerpflichtigen, die Einzelinvestitionen tätigen, gegenüber den Fondsanlegern beabsichtigt war.
Ferner gebietet es der Lenkungszweck des § 15b EStG nicht, negative Einkünfte, die ein Steuerpflichtiger durch eine Einzelinvestition im Wege einer Beteiligung an einer Gesellschaft erzielt, bei Anwendung der Verlustverrechnungsbeschränkung anderen Kriterien zu unterwerfen als negative Einkünfte aus der Beteiligung an einem geschlossenen Fonds i.S. des § 52 Abs. 33a Sätze 1 bis 3 EStG. Es ist gemäß § 15b Abs. 2 Satz 3 EStG ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen (im Streitfall: der Sofortabzug des Disagios gemäß § 11 Abs. 2 Sätze 3 und 4 EStG und der gezahlten Schuldzinsen als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). § 15b EStG soll nicht verhindern, dass zur Verlusterzielung führende Vorschriften von Einzelinvestoren genutzt werden, sondern nur unterbinden, dass die Nutzung solcher Regelungen konzeptionell aufgearbeitet und einer Vielzahl von Steuerpflichtigen angeboten wird (vgl. BFH-Urteil in BFHE 265, 147, BStBl II 2019, 513, Rz 28).
e) Die vom FG festgestellten Umstände des Streitfalls tragen im Rahmen der gebotenen wertenden Gesamtbetrachtung, ob im Einzelfall ein Steuerstundungsmodell vorliegt (BFH-Urteil in BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rz 15), nicht dessen Würdigung, dass der tatsächliche Einfluss der Beigeladenen auf die Gestaltung des Investitionskonzepts und dessen Umsetzung ausgehend von den unter II.4.a bis d dargelegten Maßstäben nur unwesentlich oder rein formal war. Zudem ist entgegen der Auffassung des FG der gesamte Geschehensablauf und nicht nur der letztlich erfolgte Vertragsabschluss der Beigeladenen in den Blick zu nehmen. Die Beigeladenen haben nach den Feststellungen des FG danach die von R vorgeschlagene und in Fachkreisen bekannte Gestaltungsidee des Erwerbs einer fremdfinanzierten Schuldverschreibung individuell angepasst und sich nicht wie passive Kapitalanleger verhalten, sodass die Erzielung der negativen Einkünfte nicht (mehr) auf dem von R vorgefertigten Konzept beruhte.
aa) Die Beigeladenen zu 1. und 2. gründeten die Klägerin für den Erwerb der fremdfinanzierten Schuldverschreibungen und wurden deren Kommanditisten, der Beigeladene zu 3. beteiligte sich atypisch still. Die Gründung einer KG durch die Anleger war in dieser Form nicht Teil der von R im Juni des Streitjahres an die B‑Bank übersandten Investitionsidee. Diese sah wie bei einem geschlossenen Fonds als Publikumsgesellschaft lediglich eine Beteiligung der Investoren über ein Treuhandverhältnis mit einem abgestimmten Vertragswerk vor.
bb) Die Beigeladenen blieben auch bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Klägerin nicht passiv. Sie verfassten den auf die geplante Investition abgestimmten Gesellschaftsvertrag selbst. Die Geschäftsführung und Vornahme der für die Durchführung der Investition maßgeblichen Geschäfte oblag auch nicht einem Dritten oder Initiator. Der Beigeladene zu 2. übernahm neben der Komplementärin die Funktion eines geschäftsführenden Kommanditisten auf Ebene der Klägerin, was auch die Befugnis und Zuständigkeit für die Zeichnung der Schuldverschreibung und die Aufnahme des Kredits bei der B‑Bank beinhaltete. Daher verhandelten die Beigeladenen zur Umsetzung der Gestaltungsidee im Vorfeld ihrer Entscheidung für die A‑Bank bzw. B‑Bank mit zwei weiteren Banken hinsichtlich des Erwerbs fremdfinanzierter Schuldverschreibungen durch die Klägerin. Auch wenn die Beigeladenen sich wegen der Anleihe- und Kreditbedingungen letztendlich für die von R empfohlene B‑Bank entschieden, liegt in der eigenständigen Auslotung der marktüblichen Anleihe- und Kreditbedingungen eine über das Verhalten eines passiven Anlegers hinausgehende eigenständige Umsetzung des von R vorgeschlagenen Investitionskonzepts des Erwerbs einer fremdfinanzierten Schuldverschreibung. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladenen die Gestaltungsidee nicht auch mit diesen anderen Banken hätten umsetzen können.
cc) Schließlich nahmen die Beigeladenen nicht nur unwesentlich auf die Parameter der Investition in einem ansonsten vorgegebenen Investitionskonzept der A‑Bank bzw. B‑Bank Einfluss. Indem sie in eigenständig mit der B‑Bank geführten Verhandlungen erreichten, dass die B‑Bank eine geringere Vergütung verlangte, beeinflussten die Beigeladenen die Zahl der erwerbbaren Kaufoptionen und damit die Höhe des variablen Bonuszinses zum Endfälligkeitstermin zu ihren Gunsten.
dd) Angesichts des dargelegten Geschehensablaufs wiegt es im Rahmen der wertenden Gesamtbetrachtung des Streitfalls auch nicht schwerer, dass R eine Doppelrolle als Berater der Klägerin und als Vermittler von fremdfinanzierten Schuldverschreibungen für die B‑Bank zukam. Für die letztlich verwirklichte Gestaltung haben die Beigeladenen nicht lediglich auf eine fertige Investition zugegriffen, sondern unter Beauftragung des R und durch Eigenleistungen eine individuell angepasste Investition entwickelt und verwirklicht.
5. Rechtsfehlerhaft ist auch, dass das FG die Feststellung der negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der Gesamthand als in voller Höhe nicht ausgleichsfähige Verluste (bzw. in Höhe von 0 € "vor und nach Anwendung von § 15b") und die unterbliebene Feststellung der Sonderwerbungskosten des Beigeladenen zu 3. durch das FA nicht beanstandet hat.
a) Die Feststellung zur Höhe der "vor Anwendung des § 15b" erzielten negativen Einkünfte aus der Gesamthand ist ein Grundlagenbescheid für die Ermittlung und Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlusts gemäß § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG des Verlustentstehungsjahres (ebenso Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15b Rz 51 f.; Seer in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 15b Rz 66; Handzik in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 15b Rz 204; FG Düsseldorf, Zwischenurteil vom 17.12.2018 ‑ 2 K 3874/15 F, EFG 2019, 505, Rz 116, Revision anhängig unter I R 8/19; FG Münster, Urteil vom 22.11.2013 ‑ 5 K 3828/10 F, EFG 2014, 262, Rz 39; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.01.2013 ‑ 3 K 1185/12, EFG 2013, 849, Rz 36). Zudem sind der Verlustfeststellungsbescheid nach § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG und die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte gemäß §§ 179, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO jeweils Grundlagenbescheide für die Einkommensteuerbescheide der Beigeladenen (s. BFH-Urteil in BFHE 272, 474, BStBl II 2021, 814, Rz 30).
b) Das FA geht darüber hinaus davon aus, dass der Verlustfeststellungsbescheid nach § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG wiederum selbst als Grundlagenbescheid (i.S. der §§ 171 Abs. 10 Satz 1, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) Bindungswirkung gemäß § 182 Abs. 1 AO für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte nach §§ 179, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO entfaltet und dementsprechend in einem Verlustentstehungsjahr die negativen Einkünfte "vor Anwendung des § 15b" und die "nach Anwendung des § 15b" nicht ausgleichsfähigen Verluste festzustellen sind (zustimmend Brandis/Heuermann/Heuermann, § 15b EStG Rz 49; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15b Rz 52; KKB/Beck, § 15b EStG, a.a.O., Rz 149; FG Düsseldorf, Zwischenurteil in EFG 2019, 505, Rz 116; vgl. auch die Rechtsprechung zu § 15a Abs. 4 EStG: BFH-Urteile vom 22.06.2006 ‑ IV R 31, 32/05, BFHE 214, 239, BStBl II 2007, 687, unter II.2.c cc, und vom 10.11.2022 ‑ IV R 8/19, BStBl II 2023, 332, Rz 22: Vermeidung einander widersprechender Feststellungsbescheide für die Folgebescheidsebene, da ein Verlust nicht gleichzeitig nur verrechenbar und ausgleichsfähig sein könne; anderer Ansicht Seer in Kirchhof/Seer, a.a.O., § 15b Rz 63, 66). Da der Senat vorliegend sowohl über die Aufhebung der Verlustfeststellung nach § 15b Abs. 4 EStG als auch über eine Änderung der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte zu entscheiden hat, bedarf es jedoch im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung der Frage, ob der Auffassung des FA zu folgen ist.
aa) Da die Verlustfeststellung gemäß § 15b Abs. 4 EStG mangels Vorliegens eines Steuerstundungsmodells aufzuheben ist und hiermit auch eine etwaige Bindungswirkung der Verlustfeststellung für die Feststellung der negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen des Streitjahres aus der Gesamthand entfällt, sind bei Annahme einer wechselseitigen Bindungswirkung die im Streitjahr erzielten negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der Gesamthand und die Sonderwerbungskosten des Beigeladenen zu 3. gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO als ausgleichsfähige Verluste gesondert und einheitlich festzustellen.
bb) Verneint man grundsätzlich eine Grundlagenwirkung des Verlustfeststellungsbescheids nach § 15b Abs. 4 EStG für die Einkünftefeststellung, sind die im Streitjahr erzielten negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der Gesamthand und die Sonderwerbungskosten des Beigeladenen zu 3. ebenfalls als ausgleichsfähige Verluste gesondert und einheitlich festzustellen. Denn bei dieser Sichtweise haben unterschiedliche Feststellungen in der gesonderten und einheitlichen Feststellung zur Höhe der negativen Einkünfte aus der Gesamthand "vor Anwendung des § 15b" und zur Höhe nicht ausgleichsfähiger Verluste "nach Anwendung des § 15b" von vornherein zu unterbleiben. Es obläge bei diesem Verständnis des Verhältnisses der Feststellungsbescheide stets dem Rechtsanwender, aus der gesondert und einheitlich festgestellten Höhe der negativen Einkünfte und der Verlustfeststellung gemäß § 15b Abs. 4 EStG auf der Folgebescheidsebene (Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerbescheid des Feststellungsbeteiligten) die richtigen Folgerungen für die Anpassung an beide Grundlagenbescheide zu ziehen.
6. Die Sache ist spruchreif. Der Senat gibt der Klage statt (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
a) Die gesonderte und einheitliche Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlusts nach § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG zum 31.12.2006 wird mangels Vorliegens eines Steuerstundungsmodells aufgehoben.
b) In der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Kapitalvermögen sind negative laufende Einkünfte aus der Gesamthand in Höhe von … € festzustellen. Zudem sind (erstmals) Sonderwerbungskosten des Beigeladenen zu 3. in Höhe von … € festzustellen. Die Verluste sind als ausgleichsfähige Verluste festzustellen.
Der Abzug des Disagios gemäß § 11 Abs. 2 Satz 4 EStG als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfteermittlung auf Ebene der Klägerin ist nicht zu beanstanden. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich um ein nicht marktübliches Disagio handelte, da es 5 % der Darlehenssumme nicht überstieg und die Laufzeit des Darlehens zur Finanzierung der Schuldverschreibung mehr als fünf Jahre betrug (vgl. dazu BFH-Urteil vom 08.03.2016 ‑ IX R 38/14, BFHE 253, 232, BStBl II 2016, 646, Rz 12 bis 15; BMF-Schreiben vom 20.10.2003 ‑ IV C 3‑S 2253a‑48/03, BStBl I 2003, 546).
Die Höhe der negativen Einkünfte aus der Gesamthand ergibt sich, wenn von den in der Feststellungserklärung vom 17.12.2007 von der Klägerin geltend gemachten Werbungskosten zu ausländischen Zinsen in Höhe von … € die Sonderwerbungskosten des Beigeladenen zu 3. in Höhe von … € abgezogen werden und die bei der Gesamthand danach verbleibenden Werbungskosten in Höhe von … € um die von der Klägerin erklärten Einnahmen aus inländischen Zinsen in Höhe von … € gemindert werden. Die Höhe der Sonderwerbungskosten des Beigeladenen zu 3. für das Streitjahr ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht gemäß § 139 Abs. 4 FGO erstattungsfähig, weil die Beigeladenen keinen eigenen Sachantrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. BFH-Urteil in BFHE 272, 474, BStBl II 2021, 814, Rz 39, m.w.N.). Außerdem haben sie das Verfahren in ihren eigenen Stellungnahmen nicht in der erforderlichen Weise gefördert (vgl. BFH-Urteil vom 23.11.2021 ‑ VIII R 14/19, BFHE 275, 116, BStBl II 2022, 371, Rz 41).
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