BFH: Wegfall des Verschonungsabschlags bei mehrstöckigen Personengesellschaften
- Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer (Unter-)Personengesellschaft, an der eine Oberpersonengesellschaft beteiligt ist, führt nicht zum nachträglichen Wegfall des verminderten Wertansatzes für das Betriebsvermögen der Oberpersonengesellschaft.
- Der Verschonungsabschlag für den Erwerb eines Anteils an einer Oberpersonengesellschaft kann jedoch nachträglich wegfallen, wenn Wirtschaftsgüter der Unterpersonengesellschaft, die wesentliche Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft darstellen, veräußert oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden. Für die Beurteilung, ob Betriebsgrundlagen der Unterpersonengesellschaft funktional wesentlich für den Betrieb der Oberpersonengesellschaft sind, sind qualitative und quantitative Merkmale heranzuziehen.
ErbStG a.F. §§ 13a Abs. 2, Abs. 5 Nr. 1 Sätze 1 und 2
BFH-Urteil vom 16.3.2021, II R 10/18 (veröffentlicht am 15.7.2021)
Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 24.1.2018, 4 K 1043/17 Erb (EFG 2018 S. 688 = SIS 18 03 47)
I.
Die Mutter des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) war Kommanditistin der X-KG. Die X-KG war alleinige Kommanditistin der grundbesitzenden A-KG.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom …2008 übertrug die Mutter einen Teilanteil ihres Kommanditanteils an der X-KG aufschiebend bedingt auf den …2008 auf den Kläger. Die Übertragung geschah teilweise entgeltlich und teilweise unentgeltlich im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge.
Am …08.2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A-KG eröffnet. Am …09.2012 veräußerte der Insolvenzverwalter die Maschinen, Betriebsvorrichtungen und Vorräte, soweit hieran keine Rechte Dritter bestanden, sowie das Recht, die Firma der A-KG fortführen zu dürfen, sämtliche Pläne und Konstruktionen, das Know-how, Fertigungsverfahren, Betriebsgeheimnisse, Kunden- und Lieferantendaten, Patente und Markenrechte an die Käuferin (K). Die Betriebsgrundstücke der A-KG wurden nicht veräußert, sondern an die K vermietet.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) legte im geänderten Schenkungsteuerbescheid vom …2013 zunächst einen --im Verhältnis zu den vorangegangenen Bescheiden niedrigeren-- verminderten Wertansatz nach § 13a Abs. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes i.d.F. bis 31.12.2008 (ErbStG a.F.) der Besteuerung zugrunde und setzte schließlich nach Verböserungshinweis mit Einspruchsentscheidung vom …2017 die Schenkungsteuer in Höhe von … € ohne verminderten Wertansatz nach § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. fest. Bei der Beteiligung der X-KG an der A-KG handelte es sich nach Auffassung des FA um ein wesentliches "Standbein" der X-KG. Diese Beteiligung habe eine wesentliche Betriebsgrundlage für die X-KG dargestellt; sie sei für die X-KG im Vergleich zu ihren anderen Beteiligungen nicht nur von untergeordneter Bedeutung gewesen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A-KG habe deshalb dazu geführt, dass der Bewertungsabschlag vollständig weggefallen sei.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A-KG habe nicht zur Folge, dass die X-KG ihren Gewerbebetrieb aufgegeben habe. Außerdem seien auch keine wesentlichen Betriebsgrundlagen der X-KG i.S. des § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F. innerhalb der Frist des § 13a Abs. 5 ErbStG a.F. veräußert worden. Es müsse sich dabei um funktional wesentliche Betriebsgrundlagen handeln. Die Veräußerung von einzelnen nicht betriebswesentlichen Vermögensgegenständen reiche nicht aus. Zwar könne man annehmen, dass durch Vertrag vom …09.2012 wesentliche Betriebsgrundlagen der A-KG veräußert worden seien, dies stelle aber noch keine Veräußerung von wesentlichen Betriebsgrundlagen der X-KG dar. Die Beteiligung der X-KG an der A-KG mache ca. 37 % sämtlicher Beteiligungen der X-KG aus. Wesentliche Betriebsgrundlage der X-KG sei sie nicht gewesen. Die A-KG habe keine nachhaltig positive Ertragskraft gehabt, was sich auch an ihrer Insolvenz zeige. Im Übrigen habe der Insolvenzverwalter die Betriebsgrundstücke der A-KG nicht veräußert, sondern nur vermietet. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 688 veröffentlicht.
Mit seiner Revision macht das FA eine Verletzung von § 13a Abs. 5 Nr. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. Abs. 2 ErbStG a.F. geltend.
Die Beteiligung an der A-KG sei eine wesentliche Betriebsgrundlage der X-KG. Die Insolvenz der A-KG innerhalb der Frist des § 13a Abs. 5 ErbStG a.F. komme einer Aufgabe des Gewerbebetriebs der A-KG gleich und gelte insoweit als steuerschädliche Veräußerung nach § 13a Abs. 5 Nr. 1 Sätze 1 und 2 ErbStG a.F. Sinn und Zweck der Nachsteuerregelung des § 13a Abs. 5 ErbStG a.F. sei, dass die volle Rechtsposition des bisherigen Betriebsinhabers in Bezug auf das übergegangene Betriebsvermögen mindestens fünf Jahre in der Person des Erwerbers erhalten bleibe. Nur in diesem Fall gingen auch die Risiken aus der Sozialgebundenheit auf den Bedachten über. Durch den Verkauf der Wirtschaftsgüter der A-KG seien wesentliche Betriebsgrundlagen der X-KG veräußert worden, da wesentliche Betriebsgrundlagen der A-KG auch wesentliche Betriebsgrundlagen der X-KG sein könnten. Ausschlaggebend für die Frage, ob es sich bei den wesentlichen Betriebsgrundlagen einer Unterpersonengesellschaft auch um solche einer Oberpersonengesellschaft handle, sei eine funktionale, keine quantitative Betrachtungsweise. § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG a.F. knüpfe mit den Begriffen "ganzer Gewerbebetrieb" und "wesentliche Betriebsgrundlage" an das Ertragsteuerrecht an. Es sei daher entscheidend, ob ein Wirtschaftsgut nach Art des Betriebs und seiner Funktion im Betrieb für diesen wesentlich sei. Im Ertragsteuerrecht kämen als wesentliche Betriebsgrundlagen auch immaterielle Werte in Betracht. Der Insolvenzverwalter habe u.a. immaterielle Werte, u.a. Pläne und Konstruktionen, Know-how, Fertigungsverfahren, Patente und Markenrechte veräußert. Diese Vermögensgegenstände seien wesentlich für den Betrieb der A-KG gewesen. Allein der Umstand, dass die A-KG eine 100 %ige Beteiligung der X-KG gewesen sei, rechtfertige es, die wesentlichen Betriebsgrundlagen der A-KG auch als solche der X-KG anzusehen.
Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, über das Vorliegen einer wesentlichen Betriebsgrundlage entscheide eine funktionale und quantitative Betrachtungsweise. Diese sei normspezifisch anhand eines jeden Einzelfalls zu bestimmen. Wirtschaftsgüter der Unterpersonengesellschaft, die nicht im Betrieb der Oberpersonengesellschaft eingesetzt seien, sondern nur der Beteiligung dienten, seien keine wesentlichen Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft. Wirtschaftsgüter eines Mitunternehmers befänden sich nicht im Gesamthandsvermögen der Oberpersonengesellschaft. Anteile an Personengesellschaften könnten mangels Wirtschaftsguteigenschaft nicht als funktional wesentliche Betriebsgrundlagen angesehen werden.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
II.
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zwar zu Recht entschieden, dass die Insolvenz der A-KG nicht zum Wegfall des verminderten Wertansatzes für den Anteil des Klägers an der X-KG mit Wirkung für die Vergangenheit geführt hat. Es hat jedoch nicht festgestellt, ob der Grundbesitz der A-KG eine wesentliche Betriebsgrundlage der X-KG war, die durch die Vermietung an K betriebsfremden Zwecken zugeführt wurde.
1. Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. bleiben Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften i.S. des § 13a Abs. 4 ErbStG a.F. vorbehaltlich des § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG a.F. insgesamt bis zu einem Wert von 225.000 € unter bestimmten Voraussetzungen außer Ansatz. Der nach Anwendung des § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. verbleibende Wert des Vermögens i.S. des § 13a Abs. 4 ErbStG a.F. ist nach § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. mit 65 % anzusetzen. Nach § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG a.F. fallen der Freibetrag oder Freibetragsanteil i.S. des § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. und der verminderte Wertansatz i.S. des § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, einen Anteil an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes veräußert; als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs (vgl. § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 ErbStG a.F.). Gleiches gilt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden (vgl. § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F.).
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Regelungen in §§ 13a und 13b ErbStG a.F. insgesamt für verfassungswidrig, jedoch für weiter anwendbar erklärt (vgl. BVerfG-Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12, BStBl II 2015, 50; vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14.11.2018 - II R 34/15, BFHE 263, 273, BStBl II 2019, 674, Rz 39).
2. Gegenstand einer steuerschädlichen Veräußerung i.S. des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG a.F. kann der gesamte Gewerbebetrieb, ein Teilbetrieb oder ein Anteil an einer Mitunternehmerschaft sein. Die Begriffe sind ertragsteuerrechtlich zu bestimmen.
a) Eine Veräußerung eines ganzen Betriebs liegt vor, wenn der Betrieb in seinen wesentlichen Teilen in der Weise auf den Erwerber übergeht, dass er ihn unverändert fortführen kann. Unter einem Teilbetrieb ist ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebs zu verstehen, der für sich allein lebensfähig ist; es muss sich um einen selbständigen Zweigbetrieb im Rahmen eines Gesamtunternehmens handeln (BFH-Urteil vom 17.06.2020 - X R 15/18, BFHE 269, 330, BStBl II 2021, 157, Rz 48, m.w.N.). Werden wesentliche Betriebsgrundlagen vom Veräußerer zurückbehalten, ist keine Veräußerung eines ganzen Betriebs gegeben. In einem solchen Fall kommt aber die Veräußerung eines Teilbetriebs oder die Veräußerung von wesentlichen Betriebsgrundlagen in Betracht (vgl. Söffing in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 13a ErbStG Rz 133 f., Stand März 2020).
Gemäß § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 2 ErbStG a.F. gilt als Veräußerung auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs.
Auf die Gründe für die Veräußerung oder Betriebsaufgabe kommt es für die Nachbesteuerung nicht an. Daher führen z.B. die zwangsweise Betriebsveräußerung aufgrund gesetzlicher Anordnung, die insolvenzbedingte Aufgabe des Betriebs oder die insolvenzbedingte Veräußerung des Betriebsvermögens zum anteiligen Wegfall des Verschonungsabschlags (BFH-Urteil vom 01.07.2020 - II R 19/18, BFHE 269, 450, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2020, 2599, Rz 19, m.w.N.).
b) Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Personengesellschaft lediglich eröffnet, stellt dies nach der Rechtsprechung des BFH keine Aufgabe des Gewerbebetriebs i.S. des § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 2 ErbStG a.F. dar. Nach dem klaren Wortlaut des § 13a Abs. 5 Nr. 1 Sätze 1 und 2 ErbStG a.F. führen nur die Veräußerung des Anteils an einer KG, die Betriebsaufgabe oder die Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen zum nachträglichen Wegfall des Verschonungsabschlags. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist zudem nicht mit der Betriebsaufgabe vergleichbar, da es im Verlauf des Insolvenzverfahrens denkbar ist, dass der Betrieb zunächst oder dauerhaft fortgeführt wird oder nur unwesentliche Betriebsgrundlagen veräußert werden, um die Gläubiger zu befriedigen. Erst wenn der Insolvenzverwalter den Betrieb endgültig einstellt oder wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert, ist der Tatbestand des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG a.F. erfüllt. Auch der Zweck des § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. erfordert es nicht, dass die Steuerbegünstigung bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegfallen muss (BFH-Urteil in BFHE 269, 450, DStR 2020, 2599, Rz 24 ff.).
c) Diese Grundsätze gelten auch, wenn das Insolvenzverfahren nicht über das Vermögen der Oberpersonengesellschaft, die Gegenstand des steuerbegünstigten Erwerbs ist, eröffnet wird, sondern über das Vermögen einer (Unter-)Personengesellschaft, an der die Oberpersonengesellschaft beteiligt ist. Führt nämlich die Insolvenzeröffnung bei einer (insolventen) Gesellschaft nicht zu ihrer Betriebsaufgabe, so kann die Insolvenzeröffnung bei einer Unterpersonengesellschaft, an der die Oberpersonengesellschaft lediglich eine Beteiligtenstellung innehat, erst recht nicht als ihre Betriebsaufgabe gemäß § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 2 ErbStG a.F. angesehen werden.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Unterpersonengesellschaft steht der Aufgabe des Gewerbebetriebs der Oberpersonengesellschaft damit nicht gleich und führt infolgedessen nicht zum nachträglichen Wegfall des verminderten Wertansatzes i.S. des § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 ErbStG a.F. für das Betriebsvermögen der Oberpersonengesellschaft. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der verbundene Unternehmen insolvenzrechtlich selbständig bleiben, da es keine Konzerninsolvenz gibt (vgl. BFH-Urteil vom 15.12.2016 - V R 14/16, BFHE 256, 562, BStBl II 2017, 600, Rz 20).
3. Die Steuerbegünstigung fällt gemäß § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F. auch fort, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen der Unterpersonengesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft sein. Deren Veräußerung, Überführung in das Privatvermögen oder Zuführung zu anderen betriebsfremden Zwecken kann dann dazu führen, dass der Verschonungsabschlag für den Erwerb der Beteiligung an der Oberpersonengesellschaft rückwirkend wegfällt.
a) Der Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage i.S. des § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F. ist grundsätzlich nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen auszulegen (vgl. R 63 Abs. 2 Satz 2 der Erbschaftsteuer-Richtlinien --ErbStR-- 2003 vom 17.03.2003, BStBl I 2003, Sondernr. 1/2003, 2, und 91; R E 13a.13 Abs. 2 Satz 4 ErbStR 2019 vom 16.12.2019, BStBl I 2019, Sondernr. 1/2019, 2; Löcherbach in Viskorf/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 6. Aufl., § 13a ErbStG Rz 99; Stalleiken in von Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2. Aufl., § 13a Rz 142; Wachter in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 7. Auflage, § 13a Rz 436).
Betriebsgrundlagen sind Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens. Dazu gehören Sachen, Rechte oder tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten oder Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lässt, die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind, in der Regel eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen und zumindest mit dem Betrieb übertragen werden können (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10.03.2016 - IV R 41/13, BFHE 253, 337, BStBl II 2016, 984, Rz 26, m.w.N.).
Die einzelnen Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen der Unterpersonengesellschaft sind im Ertragsteuerrecht grundsätzlich nur (wesentliche) Betriebsgrundlagen der Unterpersonengesellschaft und können daher grundsätzlich keine --insbesondere keine wesentlichen-- Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft sein.
b) Der Zweck des § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. gebietet es allerdings, bei der Anwendung dieser Norm von der einkommensteuerrechtlichen Definition der wesentlichen Betriebsgrundlagen bei Mitunternehmerschaften abzuweichen. Wirtschaftsgüter der Unterpersonengesellschaft können zugleich als wesentliche Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft anzusehen sein, wenn diese für den Betrieb der Oberpersonengesellschaft und seine Fortführung funktional wesentlich sind (vgl. Urteil des FG-Münster vom 31.07.2003 - 3 K 3764/00 Erb, EFG 2003, 1636; vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/ Gottschalk, ErbStG, § 13a Rz 286; vgl. Söffing in Wilms/Jochum, a.a.O., § 13a ErbStG Rz 145).
aa) Die Steuerbegünstigung nach § 13a ErbStG a.F. hat zum Ziel, das in besonderer Weise dem Gemeinwohl dienende Vermögen angemessen zu begünstigen. Deshalb sollen diejenigen Unternehmen von der Steuer entlastet werden, bei denen im Zuge des Betriebsübergangs die Arbeitsplätze weitestgehend gesichert werden (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/7918 vom 28.01.2008, S. 33). Die Arbeitsplatzsicherung und damit auch die Betriebsfortführung ohne Belastung durch die Erbschaft- und Schenkungsteuer zur Arbeitsplatzsicherung sind Ziel und Zweck des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG a.F. (BFH-Urteil in BFHE 269, 450, DStR 2020, 2599, Rz 29).
bb) Ein Wirtschaftsgut der Unterpersonengesellschaft ist für die Oberpersonengesellschaft funktional wesentlich i.S. des § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F., wenn es für den Betriebsablauf ein erhebliches Gewicht hat, mithin für die Fortführung des Betriebs der Oberpersonengesellschaft notwendig ist. Für die Beurteilung, ob ein Wirtschaftsgut diese Voraussetzungen erfüllt, sind qualitative und quantitative Merkmale heranzuziehen. Beispielsweise kann ein Grundstück der Unterpersonengesellschaft wesentliche Betriebsgrundlage der Oberpersonengesellschaft sein, wenn es die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit der Oberpersonengesellschaft bildet und es der Oberpersonengesellschaft ermöglicht, ihren Geschäftsbetrieb aufzunehmen, auszuüben und fortzuführen (vgl. auch BFH-Urteil vom 29.11.2017 - I R 7/16, BFHE 260, 334, BStBl II 2019, 738, Rz 27, m.w.N.).
cc) Die Steuerbegünstigung nach § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. für das Betriebsvermögen der Oberpersonengesellschaft fällt u.a. dann rückwirkend weg, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft veräußert oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden (vgl. § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F.). Eine Zuführung zu anderen betriebsfremden Zwecken kann darin liegen, dass ein Grundstück der Unterpersonengesellschaft, das nach den unter II.3.b bb genannten Kriterien eine wesentliche Betriebsgrundlage der Oberpersonengesellschaft darstellte, an einen Dritten verpachtet wird und damit nicht mehr dem betrieblichen Zweck der Oberpersonengesellschaft dient.
dd) Maßgeblich für die Entscheidung, ob Wirtschaftsgüter der Unterpersonengesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft i.S. des § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F. darstellen, ist der Zeitpunkt der Veräußerung oder der Zuführung zu anderen betriebsfremden Zwecken (gl. A. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, a.a.O., § 13a Rz 294; Löcherbach in Viskorf/Schuck/Wälzholz, a.a.O., § 13a ErbStG Rz 99).
ee) Für die Beurteilung, ob Wirtschaftsgüter der Unterpersonengesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft sind und innerhalb der steuerschädlichen Fünfjahresfrist veräußert oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt wurden, sind die Gesamtumstände des Einzelfalls maßgebend (vgl. Geeb in Frotscher/Geurts, EStG, § 16 Rz 104a; Halaczinsky, Erbschaftsteuerberater 2018, 138). Das FG hat entsprechende Tatsachen festzustellen und sie in seine Gesamtwürdigung einzubeziehen.
4. Nach diesen Grundsätzen war die Vorentscheidung aufzuheben. Das FG hat zwar zutreffend dargelegt, dass es sich bei den durch den Insolvenzverwalter veräußerten Wirtschaftsgütern der A-KG nicht um wesentliche Betriebsgrundlagen der X-KG gehandelt habe. Es hat aber nicht geprüft, ob das Betriebsgrundstück der A-KG eine wesentliche Betriebsgrundlage der X-KG darstellte, die durch die Vermietung an K anderen als dem Betrieb der X-KG dienenden Zwecken zugeführt wurde.
5. Die Sache ist nicht spruchreif. Der BFH kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob aufgrund der Vermietung des Grundstücks der A-KG der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. mit Wirkung für die Vergangenheit weggefallen ist. Entsprechende Feststellungen wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.
6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. Die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergibt sich aus § 90 Abs. 2 FGO.
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