BFH: Bestimmung des Inhaltsadressaten einer Prüfungsanordnung; Festsetzungsverjährung; Treu und Glauben
- Zur Inhaltsbestimmung eines Verwaltungsakts ist zwar der erklärte Wille der Behörde zu erfassen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften; allerdings ist ein in seinem Ausspruch eindeutig an einen bestimmten Adressaten gerichteter Bescheid insofern keiner Auslegung zugänglich.
- Eine Außenprüfung, die aufgrund einer gegenüber dem Steuerpflichtigen nicht wirksam gewordenen Prüfungsanordnung durchgeführt wird, kann den Ablauf der Festsetzungsfrist nicht hemmen.
- Ist Festsetzungsverjährung eingetreten, ermöglicht es der Grundsatz von Treu und Glauben nicht, dass zu Lasten des Steuerpflichtigen ein erloschener Steueranspruch wieder auflebt; dies gilt unabhängig davon, ob dem Steuerpflichtigen der Eintritt der Verjährung "vorwerfbar" ist oder nicht.
AO § 119 Abs. 1, § 169 Abs. 1 Satz 1, § 171 Abs. 4, § 47
BGB § 133, § 242
BFH-Urteil vom 11.11.2020, XI R 11/18 (veröffentlicht am 8.4.2021)
Vorinstanz: FG München vom 27.2.2018, 2 K 33/16 = SIS 18 07 21
I.
Streitig ist, ob bei Erlass der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betrieb in den Besteuerungszeiträumen 2004 bis 2007 (Streitjahre) eine ... Klinik, bis sie aufgrund Ausgliederungs- und Übernahmevertrags vom 22.08.2007 ihr gesamtes Vermögen gegen Gewährung einer Kommanditbeteiligung an der A GmbH & Co. KG (KG) auf diese übertrug. Beide Gesellschaften gehören der sog. X-Gruppe an.
Ihre Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre, die Steuerfestsetzungen unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstanden, hatte die Klägerin jeweils im zweiten nach dem jeweiligen Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahr beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) abgegeben.
Mit Schreiben vom 24.06.2009 informierte das FA im Vorfeld einer geplanten Umsatzsteuerprüfung bei der KG u.a. darüber, dass es davon ausgehe, dass diese als Rechtsnachfolgerin der Klägerin anzusehen sei. Am 04.12.2009 ordnete es unter Verwendung der Steuernummer der Klägerin eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) "bei der Firma A GmbH & Co. KG als RNF der B GmbH" an. Diese --der damaligen steuerlichen Vertreterin aller Gesellschaften und Einzelpersonen der X-Gruppe bekannt gegebene-- Prüfungsanordnung erging "an Sie als Empfangsbevollmächtigten mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten (§ 183 Abs. 1 AO)". Die Außenprüfung sollte sich u.a. auf die Körperschaftsteuer und die Umsatzsteuer der Zeiträume 2003 bis 2006 erstrecken.
Im Einspruchsverfahren gegen die Prüfungsanordnung mit der Begründung, die Frist zwischen der Bekanntgabe der Anordnung und dem Beginn der Prüfung sei zu kurz bemessen, erklärte die steuerliche Vertreterin unter Bezugnahme auf die vom FA verwendete Adressatenbezeichnung, sie gehe davon aus, dass es sich um eine einheitliche Prüfung bei allen Gesellschaften und Einzelpersonen der X-Gruppe handele. Mit Schreiben vom 30.07.2010 erklärte sie die Rücknahme des Einspruchs. Das FA nahm mit Bescheid vom 09.08.2010 die Prüfungsanordnung für den Zeitraum 2003 zurück.
Am 16.08.2010 erließ das FA unter derselben Adressatenbezeichnung und Verwendung der Steuernummer der Klägerin eine "geänderte Prüfungsanordnung", nunmehr betreffend die Zeiträume 2004 bis 2007.
Im Rahmen der Außenprüfung wurden der steuerlichen Vertreterin u.a. Fragen/vorläufige Feststellungen übermittelt, die als zur "Betriebsprüfung bei B GmbH" gehörend gekennzeichnet waren. Auch die Antworten der Mitarbeiter der steuerlichen Vertreterin mit Bezug zur Steuernummer der Klägerin und zur Auftragsbuchnummer der betreffenden Außenprüfung erfolgten mit Hinweis auf die Klägerin.
In seinem Bericht vom 29.11.2013 "über die Außenprüfung bei der Firma B GmbH" stellte der Prüfer zur Umsatzsteuer der Streitjahre fest, dass die Klägerin trotz Ausführung auch steuerfreier Umsätze keine Vorsteueraufteilung vorgenommen hatte. Die gebotene Aufteilung führte zu Mehrsteuern von ... € (2004), ... € (2005), ... € (2006) und ... € (2007). In der Schlussbesprechung vom 02.07.2013 wurde hinsichtlich aller Prüfungsfeststellungen Einvernehmen erzielt. Die Prüfungsfeststellungen wertete das FA mit Änderungsbescheiden vom 18.03.2014 aus.
Die Einsprüche, mit denen die nunmehr durch die Prozessbevollmächtigte vertretene Klägerin Festsetzungsverjährung geltend machte, wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 07.12.2015 als unbegründet zurück. Das Finanzgericht (FG) München wies die Klage mit Urteil vom 27.02.2018 - 2 K 33/16 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2018, 1018) ab.
Mit der Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, bei Erlass der angefochtenen Steuerbescheide sei bereits Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen. Eine Prüfungsanordnung für sie, die Klägerin, fehle von Beginn an, da die Prüfungsanordnung vom 04.12.2009 bzw. 16.08.2010 an die KG adressiert gewesen sei. Hilfsweise sei die nicht an den Inhaltsadressaten gerichtete Prüfungsanordnung nichtig. Für den Fall, dass nicht von deren Nichtigkeit auszugehen sei, sei sie nicht auslegungsfähig, weil eindeutig an die KG als Inhaltsadressatin gerichtet. Soweit das FG die Prüfungsanordnung für mehrdeutig und auslegungsfähig halte, berücksichtige es unzulässigerweise Handlungen nach Ergehen der fehlerhaften Prüfungsanordnung; insbesondere könne ihr Mitwirken an der Außenprüfung nicht zu ihren Lasten gehen. Schließlich sei ihr Berufen auf die Nichtigkeit der Prüfungsanordnung entgegen der Auffassung des FG nicht nach Treu und Glauben ausgeschlossen.
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil, die Einspruchsentscheidung vom 07.12.2015 und die Umsatzsteuerbescheide für 2004 bis 2007 vom 18.03.2014 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Es verteidigt die Vorentscheidung. Das FG habe die Prüfungsanordnung zu Recht nicht als nichtig, sondern als auslegungsfähig angesehen. Dies beruhe auf den vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen und der Gesamtwürdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls, was im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden könne, ob das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln beachtet und nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßen habe. Ein solcher Verstoß liege hier nicht vor. Die Adressierung der Prüfungsanordnung sei, soweit sie die KG als "Rechtsnachfolgerin" in Bezug genommen habe, unter einem zivilrechtlichen Gesichtspunkt der "teilweisen Gesamtrechtsnachfolge" bzw. "Sonderrechtsnachfolge", den das FG hervorgehoben habe, zutreffend gewesen. Aus dieser Dualität der zivil- und steuerrechtlichen Beurteilung ergebe sich über die vom FG angeführten Punkte hinaus ein weiteres Element einer Unsicherheit und damit Auslegungsfähigkeit des Verwaltungsakts. Aus den bereits bei Bekanntgabe der Prüfungsanordnung erkennbaren Umständen zur Bestimmung des Inhaltsadressaten habe das FG zutreffend geschlossen, dass der Klägerin "klar" gewesen sei, Adressatin der Prüfungsanordnung zu sein. Der Inhaltsadressat müsse nicht zwingend für einen Dritten aus dem Bescheid selbst oder aus beigefügten Unterlagen erkennbar sein; entscheidend sei vielmehr, ob der Inhaltsadressat durch Auslegung anhand der den Betroffenen bekannten Umstände hinreichend sicher bestimmt werden kann, was das FG hier zutreffend bejaht habe.
Der Grundsatz von Treu und Glauben könne nicht einseitig zulasten der Verwaltung wirken. Dies wäre jedoch der Fall, wenn eine Nichtigkeit der Prüfungsanordnung bedingt, dass diese nicht die Rechtsfolge der Ablaufhemmung zeitigen könne, und jegliches Verhalten des Steuerpflichtigen unbeachtlich sein müsse.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Zu Unrecht hat das FG erkannt, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist für das jeweilige Streitjahr dadurch gehemmt gewesen sei, dass vor deren Ablauf mit einer Außenprüfung begonnen wurde. Ferner ist die Klägerin entgegen der Auffassung des FG nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben daran gehindert, den Ablauf der regulären Festsetzungsfrist geltend zu machen. Die tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) reichen jedoch nicht aus, um den Streitfall abschließend zu entscheiden; das FG hat es ausdrücklich --auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung zu Recht-- offengelassen, ob aufgrund Steuerhinterziehung eine verlängerte Festsetzungsfrist gilt.
1. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist der Erlass eines Steuerbescheides nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Diese Frist begann für das Streitjahr 2004 infolge der Abgabe der gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklärung im Jahre 2006 mit Ablauf des 31.12.2006, für die übrigen Streitjahre entsprechend mit Ablauf des 31.12.2007, des 31.12.2008 bzw. des 31.12.2009 (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO). Die reguläre Festsetzungsfrist endete gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO jeweils nach vier Jahren mit Ablauf des 31.12.2010, des 31.12.2011, des 31.12.2012 bzw. des 31.12.2013, sofern ihr Ablauf nicht nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO durch den Beginn der Außenprüfung, die sich auf die steuerlichen Verhältnisse der Streitjahre erstreckte, gehemmt wurde.
2. Im Streitfall ist der Ablauf der jeweiligen Festsetzungsfrist nicht gemäß § 171 Abs. 4 AO dadurch gehemmt worden, dass vor Fristablauf mit einer Außenprüfung begonnen wurde. Zwar hat das FA für die Streitjahre Prüfungsanordnungen erlassen, doch sind diese gegenüber der Klägerin nicht wirksam geworden. Eine Außenprüfung, die aufgrund einer unwirksamen Prüfungsanordnung durchgeführt wird, kann den Ablauf der Festsetzungsfrist nicht hemmen (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21.04.1993 - X R 112/91, BFHE 171, 15, BStBl II 1993, 649, unter B.II.1.c bb, Rz 37; vom 13.10.2016 - IV R 20/14, BFH/NV 2017, 475, Rz 39).
a) Eine Ablaufhemmung durch eine Außenprüfung setzt u.a. voraus, dass eine förmliche Prüfungsanordnung erlassen wurde (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteile vom 06.07.1999 - VIII R 17/97, BFHE 189, 302, BStBl II 2000, 306, unter II.3.c, Rz 21; vom 26.04.2017 - I R 76/15, BFHE 258, 210, BStBl II 2017, 1159, Rz 21). Das FA hat am 04.12.2009 eine Prüfungsanordnung zu den Zeiträumen 2003 bis 2006 und, nachdem es am 09.08.2010 die Prüfungsanordnung für den Zeitraum 2003 zurückgenommen hatte, am 16.08.2010 eine "geänderte Prüfungsanordnung" zu den Zeiträumen 2004 bis 2007 erlassen.
Regelungscharakter kommt dabei lediglich der Anordnung vom 04.12.2009 zu den Zeiträumen 2004 bis 2006 sowie der Anordnung vom 16.08.2010 zu dem Zeitraum 2007 zu. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das FA seine Ermessensentscheidung (zur Prüfungsanordnung allgemein vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.06.2016 - III R 8/15, BFHE 254, 203, BStBl II 2017, 25, Rz 15 ff.) vom 04.12.2009, die steuerlichen Verhältnisse der Zeiträume 2004 bis 2006 zu prüfen, nochmals einer inhaltlichen Prüfung unterzogen und für diese Zeiträume am 16.08.2010 eine neue Regelung erlassen hätte. Vielmehr stellt sich die "geänderte Prüfungsanordnung" insoweit als bloß wiederholende Verfügung dar, die keine neue Regelung mit unmittelbarer Rechtserheblichkeit traf (vgl. z.B. allgemein BFH-Urteile vom 06.08.1996 - VII R 77/95, BFHE 181, 107, BStBl II 1997, 79, unter 2.b, Rz 27; vom 12.03.2015 - III R 14/14, BFHE 249, 292, BStBl II 2015, 850, Rz 39). Lediglich für den Zeitraum 2007 hat das FA am 16.08.2010 (erstmals) eine Regelung erlassen.
b) Diese der vormaligen steuerlichen Vertreterin bekannt gegebenen Prüfungsanordnungen vom 04.12.2009 und vom 16.08.2010 sind der Klägerin gegenüber nicht wirksam geworden, weil sie das FA nicht dieser gegenüber als Inhaltsadressatin, sondern gegenüber der KG erlassen hat. Dies ergibt sich aus der Anordnung einer Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO "bei der Firma A GmbH & Co. KG als RNF der B GmbH".
aa) Mit der KG hat das FA nicht den zutreffenden Inhaltsadressaten herangezogen. Denn wie sich aus der Bezeichnung der KG als (vermeintlicher) Rechtsnachfolgerin der Klägerin, der Angabe der Steuernummer der Klägerin sowie aus der Anordnung der Außenprüfung u.a. zur Körperschaftsteuer ergibt, sollten nicht die steuerlichen Verhältnisse der KG, sondern diejenigen der Klägerin geprüft werden. Da aufgrund erfolgter Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) weder die Klägerin als übertragende Rechtsträgerin untergegangen noch eine Gesamtrechtsnachfolge eingetreten war (vgl. hierzu z.B. BFH-Urteil vom 07.08.2002 - I R 99/00, BFHE 199, 489, BStBl II 2003, 835, unter II.1., Rz 17 f.), wären die Prüfungsanordnungen an die Steuerschuldnerin, die Klägerin, und nicht wie geschehen an die KG zu richten gewesen (vgl. allgemein BFH-Urteil vom 13.10.2005 - IV R 55/04, BFHE 211, 387, BStBl II 2006, 404, unter I.2., Rz 16).
Hiervon geht auch die Finanzverwaltung aus. Da in Fällen einer Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 UmwG) keine Gesamtrechtsnachfolge i.S. des § 45 Abs. 1 AO vorliegt (so auch Tz. 2 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung --AEAO-- zu § 45 AO), ist eine Prüfungsanordnung, die sich auf Zeiträume bis zur Ausgliederung bezieht, stets an den ausgliedernden Rechtsträger --im Streitfall die Klägerin-- zu richten (Tz. 9.3 AEAO zu § 197 AO).
bb) Fehler in der Bezeichnung des Steuerschuldners --bzw. der Person, die die Außenprüfung zu dulden hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 211, 387, BStBl II 2006, 404, unter I.2., Rz 16)-- können nicht durch Richtigstellung im weiteren Verfahren geheilt werden, auch nicht dadurch, dass sich der Empfänger als Adressat angesehen hat (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21.10.1985 - GrS 4/84, BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230, unter C.I.1., Rz 35; BFH-Urteil vom 25.01.2006 - I R 52/05, BFH/NV 2006, 1243, unter II.1.b cc, Rz 15). Denn die objektive Richtigkeit oder Unrichtigkeit eines Bescheides kann nicht vom Verhalten der Beteiligten abhängig sein (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230, unter C.II.1., Rz 39).
cc) Die Prüfungsanordnungen vom 04.12.2009 und vom 16.08.2010 können entgegen der Rechtsauffassung des FG auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sie sich gegen die Klägerin als Inhaltsadressatin richteten.
(1) Eine Bindung des erkennenden Senats an die Auslegung des FG nach § 118 Abs. 2 FGO besteht nicht. Die Frage, welchen Inhalt ein Verwaltungsakt hat, ist vom Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit zu beantworten (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25.09.1990 - IX R 84/88, BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120, unter B.III.1.a, Rz 18; in BFH/NV 2017, 475, Rz 50; vom 21.06.2017 - V R 3/17, BFHE 259, 140, BStBl II 2018, 372, Rz 18).
(2) Die Angabe des Inhaltsadressaten ist konstituierender Bestandteil eines jeden Verwaltungsakts. In diesem muss gemäß § 119 Abs. 1 AO hinreichend bestimmt sein, wem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll. Der Inhaltsadressat ist genügend bestimmt, wenn Zweifel durch Auslegung behoben werden können (vgl. BFH-Urteil in BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120, unter B.III.1.a, Rz 18). Bei der Auslegung eines Verwaltungsakts ist --der in § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) niedergelegten Regel entsprechend-- der erklärte Wille der Behörde zu erfassen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 2006, 1243, unter II.1.b bb, Rz 13; in BFHE 259, 140, BStBl II 2018, 372, Rz 18). Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein seinem Ausspruch nach eindeutig an einen bestimmten Adressaten gerichteter Bescheid insofern einer Auslegung zugänglich wäre (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 15.04.2010 - IV R 67/07, BFH/NV 2010, 1606, Rz 23 f.; in BFH/NV 2017, 475, Rz 49).
(3) Auch wenn die Prüfungsanordnungen vom 04.12.2009 und vom 16.08.2010 --ebenfalls fehlerhaft-- "mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten (§ 183 Abs. 1 AO)" ergingen, was auf die steuerlichen Verhältnisse der KG als beabsichtigten Prüfungsgegenstand hindeuten könnte, war der Wille des FA erkennbar, die steuerlichen Verhältnisse der Klägerin in den Zeiträumen 2004 bis 2007 einer Außenprüfung zu unterziehen. In der --rechtlich unzutreffenden und in Widerspruch zu Tz. 9.3 AEAO zu § 197 AO stehenden-- Annahme, aufgrund vollzogener Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG seien Bescheide an den übernehmenden Rechtsträger zu richten, hat das FA die Prüfungsanordnungen --erkennbar-- willentlich an die KG als (vermeintliche) Rechtsnachfolgerin der Klägerin adressiert. Zweifel an der eindeutigen Bezeichnung der KG als der falschen Inhaltsadressatin bestehen nicht.
(4) Ist danach im Streitfall mangels Mehrdeutigkeit für eine Auslegung kein Raum (vgl. z.B. allgemein BFH-Urteile vom 22.06.1983 - I R 55/80, BFHE 139, 291, BStBl II 1984, 63, unter II.1., Rz 19; in BFHE 211, 387, BStBl II 2006, 404, unter I.4., Rz 18), kann es auf das vom FG angeführte weitere Verhalten der Beteiligten nicht ankommen. Dass sich die Klägerin als Adressatin der Prüfungsanordnung angesehen habe und an der Außenprüfung mitgewirkt hat, ist --wie nachgelagerte Umstände überhaupt-- ohnehin unbeachtlich (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230, unter C.II.1., Rz 39; BFH-Urteile in BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120, unter B.III.1.a, Rz 18; in BFH/NV 2006, 1243, unter II.1.b bb, Rz 13; vom 30.09.2015 - II R 31/13, BFHE 250, 505, BStBl II 2016, 637, Rz 15).
c) Soweit nicht eine verlängerte Verjährungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO) greift, sind mithin die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis der Streitjahre erloschen (§ 47 AO).
3. Entgegen der Rechtsauffassung des FG ist es der Klägerin nicht verwehrt, sich auf den Ablauf der Festsetzungsfrist zu berufen.
Der Grundsatz von Treu und Glauben gebietet es, dass im Steuerrechtsverhältnis jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teiles angemessen Rücksicht nimmt und sich zu seinem eigenen früheren Verhalten nicht in Widerspruch setzt. Gleichwohl dürfen sich daraus keine Steuerrechtsfolgen ergeben, ohne dass der Sachverhalt vorliegt, an den das Gesetz diese Rechtsfolgen knüpft. Denn der Grundsatz von Treu und Glauben bringt keine Steueransprüche zum Entstehen oder zum Erlöschen, er kann allenfalls verhindern, dass --wie mit BFH-Urteil vom 17.06.1992 - X R 47/88 (BFHE 169, 103, BStBl II 1993, 174, unter 1.b, Rz 34 ff.) entschieden-- eine Forderung oder ein Recht geltend gemacht werden kann. Ist aber --wie im Streitfall-- Festsetzungsverjährung eingetreten, darf die Geltung von Treu und Glauben nicht dazu führen, dass zu Lasten des Steuerpflichtigen ein erloschener Anspruch des FA aus dem Steuerschuldverhältnis wieder auflebt, unabhängig davon, ob dem Steuerpflichtigen der Eintritt der Verjährung vorwerfbar ist oder nicht (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 08.02.1996 - V R 54/94, BFH/NV 1996, 733, unter II.2.b, Rz 17; vom 19.08.1999 - III R 57/98, BFHE 191, 198, BStBl II 2000, 330, Rz 12; vom 22.01.2013 - IX R 1/12, BFHE 239, 385, BStBl II 2013, 663, Rz 21).
4. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat --von seinem Standpunkt aus konsequenterweise-- nicht geprüft, ob im Streitfall die verlängerte Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 AO gilt (vgl. dazu den zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss des FG München vom 24.03.2016 - 2 V 297/16, nicht veröffentlicht, unter II.2.c). Dies wird es im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.
5. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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