BFH: Unbeachtlichkeit des Verschuldens bei Änderung eines Gewinnfeststellungsbescheids nach § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO
§ 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO ist gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO sinngemäß auf einen Gewinnfeststellungsbescheid für eine Personengesellschaft auch dann anzuwenden, wenn sich eine gegenläufige Änderung (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO) aus einem anderen Bescheid (z.B. dem Einkommensteuerbescheid für einen feststellungsbeteiligten Gesellschafter) ergibt (Anschluss an BFH-Urteil vom 13.01.2005 - II R 48/02, BFHE 208, 392, BStBl II 2005, 451, für Gewinnfeststellungsbescheide).
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 2, § 181 Abs. 1 Satz 1, § 202 Abs. 1 Satz 3
EStG § 4 Abs. 4
BFH-Urteil vom 10.9.2020, IV R 6/18 (veröffentlicht am 17.12.2020)
Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 1.3.2017, 2 K 56/16
A.
Im Jahr 2009 gründete B, der Kläger und Revisionskläger (Kläger) --dazu B.I.--, zusammen mit A die A und B GbR (GbR) als Betreuungsdienst für geistig und seelisch behinderte Menschen. Der Kläger übte bis 2009 eine sozialpädagogische Betreuungstätigkeit auf Honorarbasis als Einzelunternehmer aus. Diese Tätigkeit setzte er anschließend in der GbR, an der er zu 60,5 % beteiligt war, fort. Im September 2012 nahm der Kläger neben seiner Tätigkeit in der GbR im Rahmen eines Einzelunternehmens eine Tätigkeit als Berufsbetreuer auf. Zum 30.09.2014 wurde die GbR beendet.
Für die Streitjahre (2010 und 2011) reichte die GbR am 02.11.2011 eine Feststellungserklärung 2010 (erklärt wurde --als laufender Gesamthandsgewinn-- ein Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 58.677,25 €; Anteil des Klägers 43.157,11 €) und am 13.07.2012 eine Feststellungserklärung 2011 (erklärter Gewinn aus Gewerbebetrieb 46.693,21 €; Anteil des Klägers 32.545,16 €) ein. Anlässlich der Erstellung dieser Steuererklärungen war der Kläger vom steuerlichen Berater der GbR nach seinen Sonderbetriebsausgaben befragt worden. Er gab an, dass er entsprechende Aufwendungen in seinen Einkommensteuererklärungen ansetzen werde, weil sie der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) in seinem Einkommensteuerbescheid 2009 anerkannt habe.
Die die GbR betreffenden Gewinnfeststellungsbescheide 2010 vom 03.02.2012 und 2011 vom 26.09.2012, in denen erklärungsgemäß jeweils Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt wurden, wurden bestandskräftig.
Am 29.11.2012 reichte der Kläger zusammen mit seiner Einkommensteuererklärung 2010 eine Anlage EÜR auf den Namen der GbR ein, in der --entsprechend dem im Gewinnfeststellungsbescheid 2010 für die GbR festgestellten Gewinnanteil des Klägers-- Betriebseinnahmen in Höhe von 43.157,11 € und als Betriebsausgaben Aufwendungen für eine Bürokraft und für Telefon sowie Miete in Höhe von 9.180,99 € ausgewiesen waren. Das FA wies den Kläger darauf hin, dass es sich bei den erklärten Betriebseinnahmen um seinen Anteil am Gewinn der GbR handele, der sich aus dem bindenden Feststellungsbescheid 2010 ergebe. Die erklärten Aufwendungen könnten nicht mehr berücksichtigt werden. Dementsprechend berücksichtigte das FA in seinem Einkommensteuerbescheid 2010 keine Betriebsausgaben.
Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch machte der Kläger geltend, es treffe nicht zu, dass die geltend gemachten Aufwendungen ausschließlich im Rahmen seiner Beteiligung an der GbR entstanden seien, denn er beabsichtige nicht, seine selbständige Tätigkeit auf eigene Rechnung mit der Gründung der GbR aufzugeben. Vielmehr habe er die bestehende Infrastruktur aufrechterhalten und hierfür Aufwendungen getätigt, auch wenn gleichzeitig in diesem Rahmen keine Einnahmen erzielt worden seien.
Nachdem die Veranlassung der Aufwendungen durch die Beteiligung des Klägers an der GbR oder durch ein Einzelunternehmen des Klägers nicht geklärt werden konnte, berücksichtigte das FA in seinem geänderten Einkommensteuerbescheid 2010 vom 27.05.2014 entsprechend den vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen Einkünfte "aus freiberuflicher Tätigkeit" in Höhe von ./. 9.181 € sowie --betragsmäßig dem festgestellten Gewinnanteil des Klägers an der GbR entsprechend-- Einkünfte "aus Beteiligungen" in Höhe von 43.157 €. Die Einkommensteuer setzte es jedoch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging der Einkommensteuerbescheid 2011 vom 21.03.2014, in dem das FA den festgestellten Gewinnanteil des Klägers zwar nicht der Einkunftsart nach (statt der festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden wiederum Einkünfte aus selbständiger Arbeit angesetzt), aber der Höhe nach (32.545 €) sowie --wie erklärt-- Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ./. 3.438 € berücksichtigt hatte.
Im Mai 2015 --nach Beendigung der GbR-- fand beim Kläger eine Außenprüfung statt. Dabei stellte der Prüfer fest, dass die in den Einkommensteuererklärungen des Klägers für die Streitjahre geltend gemachten Aufwendungen (2010: 9.180,99 €; 2011: 3.437,56 €) nicht im Zusammenhang mit einem Einzelunternehmen des Klägers, sondern mit der Tätigkeit der GbR gestanden hätten und daher im Rahmen der Gewinnermittlung der GbR zu berücksichtigen gewesen seien. Der Kläger führte dazu aus, er habe kein ausreichendes steuerliches Wissen gehabt, um die Aufwendungen richtig zuzuordnen.
In seinen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheiden 2010 und 2011 vom 04.06.2015 berücksichtigte das FA die vom Kläger geltend gemachten Betriebsausgaben nicht mehr.
Mit Schreiben vom 29.07.2015 beantragten die Berater der ehemaligen GbR eine Änderung der (bereits bestandskräftigen) Gewinnfeststellungsbescheide 2010 und 2011 für die GbR. Die Feststellung der Außenprüfung treffe zu, dass die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen im Rahmen der Gewinnfeststellung für die GbR zu berücksichtigen seien. Der Fehler könne durch die Änderung der Feststellungsbescheide nach § 174 Abs. 3 AO beseitigt werden. Mit Bescheid vom 09.09.2015 lehnte das FA eine solche Änderung mit der Begründung ab, ein Fall des § 174 Abs. 3 AO liege nicht vor, weil die Aufwendungen beim Erlass der Feststellungsbescheide 2010 und 2011 noch nicht bekannt gewesen seien.
Mit Einspruch vom 16.09.2015 wurde die Änderung der Gewinnfeststellungsbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO beantragt. Dem FA sei erst durch die Außenprüfung bekannt geworden, dass es sich bei den streitbefangenen Aufwendungen um Sonderbetriebsausgaben gehandelt habe. Damit liege eine neue Tatsache vor, die eine Änderung erlaube. Ein grobes Verschulden sei nicht zu prüfen, da die Tatsache gleichzeitig im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzungen für den Kläger steuererhöhend wirke.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage mit dem Ziel, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 09.09.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.03.2016 das FA zu verpflichten, die Gewinnfeststellungsbescheide 2010 und 2011 für die GbR dahin zu ändern, dass Sonderbetriebsausgaben des Klägers in Höhe von 9.180,99 € (2010) und 3.437,56 € (2011) berücksichtigt werden, wies das Niedersächsische Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 01.03.2017 - 2 K 56/16 ab. Ein Steuerpflichtiger könne sich nicht auf die Unbeachtlichkeit groben Verschuldens nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO berufen, wenn er seiner Mitwirkungspflicht nicht im Rahmen des Zumutbaren nachgekommen sei und hierdurch das erst nachträgliche Bekanntwerden steuererhöhender Tatsachen verursacht habe.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO). Der Grundsatz, dass eine Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen bei steuermindernden neuen Tatsachen nur bei fehlendem groben Verschulden in Betracht komme, werde für den Fall der gleichzeitig bekannt gewordenen steuererhöhenden Tatsachen ohne Einschränkung durchbrochen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei grundsätzlich der materiellen Richtigkeit der Steuerfestsetzung Vorrang einzuräumen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidung, des Ablehnungsbescheids vom 09.09.2015 sowie der Einspruchsentscheidung vom 29.03.2016 die Gewinnfeststellungsbescheide 2010 vom 03.02.2012 und 2011 vom 26.09.2012 für die A und B GbR dahin zu ändern, dass Sonderbetriebsausgaben des Gesellschafters B in Höhe von 9.180,99 € (2010) und 3.437,56 € (2011) berücksichtigt werden.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Es weist u.a. darauf hin, dass den Beratern der ehemaligen GbR und Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 19.05.2015 mitgeteilt worden sei, dass die bei der GbR durchgeführte Außenprüfung abgeschlossen sei und zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt habe (§ 202 Abs. 1 Satz 3 AO).
B.
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
I. Klage und Revision sind rechtsschutzgewährend dahin auszulegen, dass sie nicht von der GbR, sondern von B in seiner Eigenschaft als ehemaliger Gesellschafter eingelegt worden sind.
1. Nach den Feststellungen des FG wurde die GbR zum 30.09.2014 durch ihre beiden Gesellschafter beendet. Damit steht im Einklang, dass der Kläger bereits in dem den Streitjahren nachfolgenden Jahr 2012 (auch) einer Tätigkeit als Berufsbetreuer im Rahmen eines Einzelunternehmens nachgegangen ist.
2. Für einen Gewinnfeststellungsbescheid endet die Befugnis der Personengesellschaft, nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO für ihre Gesellschafter Klage zu erheben, grundsätzlich mit ihrer Vollbeendigung und es lebt die bis zum Zeitpunkt der Vollbeendigung überlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter wieder auf, deren Mitgliedschaft die Zeit berührt, die der betreffende Gewinnfeststellungsbescheid betrifft (z.B. BFH-Beschlüsse vom 26.04.2017 - IV B 75/16, Rz 15, und vom 13.02.2018 - IV R 37/15, Rz 22; BFH-Urteile vom 30.08.2012 - IV R 44/10, Rz 20; vom 20.12.2018 - IV R 2/16, BFHE 264, 102, BStBl II 2019, 526, Rz 14, und vom 28.11.2019 - IV R 54/16, BFHE 266, 250, Rz 16, m.w.N.).
3. Zwar ist die mit Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 06.04.2016 erhobene Klage in Übereinstimmung mit dem Rubrum der Einspruchsentscheidung vom 29.03.2016 im Namen der "[A] und [B] GbR" erhoben worden. Dem Rubrum des angefochtenen FG-Urteils entsprechend ist auch die Revision im Namen der GbR eingelegt worden. Nach dem Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung ist jedoch im Zweifelsfall anzunehmen, dass das Rechtsmittel eingelegt werden sollte, das zulässig ist (z.B. BFH-Urteile vom 19.04.2007 - IV R 28/05, BFHE 218, 75, BStBl II 2007, 704, unter II.1.c, m.w.N.; vom 29.11.2012 - IV R 37/10, Rz 18). Zudem kann unter der Voraussetzung, dass der die Klage einreichende Bevollmächtigte auch von den ehemaligen Gesellschaftern bevollmächtigt ist, im Wege rechtsschutzgewährender Auslegung eine namens der vollbeendeten Personengesellschaft erhobene Klage jedenfalls dann als eine solche der ehemaligen Gesellschafter anzusehen sein, wenn das Rubrum der Klage spiegelbildlich dem insoweit unzutreffenden Rubrum der Einspruchsentscheidung entspricht und dem FA --wie ausweislich der vorgelegten Verwaltungsakten auch im Streitfall-- die Vollbeendigung der Personengesellschaft bei Erlass der Einspruchsentscheidung bereits bekannt war (vgl. BFH-Urteil in BFHE 264, 102, BStBl II 2019, 526, Rz 17, m.w.N.; noch weiter gehend BFH-Urteil in BFHE 266, 250, Rz 18 ff.).
4. Nach diesen Maßstäben ist als Kläger und Revisionskläger B als ehemaliger Gesellschafter der GbR anzusehen. Nachdem die GbR zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits vollbeendet war, waren grundsätzlich die beiden ehemaligen Gesellschafter der GbR --der Kläger und A-- befugt, im Wege der Klage eine Änderung der für die GbR ergangenen Gewinnfeststellungsbescheide 2010 und 2011 zu verfolgen. Dem entspricht es, dass beide Gesellschafter die dem FG vorgelegte Prozessvollmacht unterschrieben haben. Allerdings stehen in beiden Streitjahren ausschließlich Sonderbetriebsausgaben des Klägers im Streit. Hierbei handelt es sich um eine Frage, die nur den Kläger persönlich angeht (vgl. auch § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO). Der ehemalige Gesellschafter A hingegen kann hiervon unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt i.S. des § 40 Abs. 2 FGO selbst betroffen sein (vgl. auch z.B. BFH-Urteil vom 30.08.2012 - IV R 44/10, Rz 21), so dass eine von ihm erhobene Klage unzulässig wäre. Dies rechtfertigt es, nicht auch den ehemaligen Gesellschafter A als Kläger anzusehen.
5. Dieser rechtsschutzgewährenden Auslegung steht nicht entgegen, dass das FG den Kläger zum Verfahren beigeladen hat. Zwar können durch Beiladung nur Dritte am Verfahren beteiligt werden, die nicht Hauptbeteiligte (Kläger oder Beklagter) sind. Denn die Beiladung soll eine einheitliche Entscheidung gegenüber den Personen, deren rechtliche Interessen berührt werden, ermöglichen, diesen die Interessenwahrnehmung erleichtern und die Erledigung des Rechtsstreits der Hauptbeteiligten fördern. Dieser Zweck trifft jedoch auf Personen, die bereits als Kläger am Verfahren beteiligt sind, nicht zu. Ein Kläger behält deshalb seine Stellung als Hauptbeteiligter auch dann, wenn er rechtsirrtümlich zum Verfahren beigeladen wird (BFH-Beschluss vom 08.02.2012 - IV B 76/10, Rz 6).
6. Die Berichtigung des Rubrums kann der BFH auch noch im Revisionsverfahren vornehmen (z.B. BFH-Urteil vom 29.11.2012 - IV R 37/10, Rz 19, m.w.N.).
II. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen des § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 174 Abs. 3 AO für eine Änderung der Gewinnfeststellungsbescheide 2010 und 2011 für die GbR nicht gegeben sind. Die Annahme der Finanzbehörde, der Sachverhalt sei in einem anderen Steuerbescheid zu erfassen, muss --wovon das FG zutreffend ausgegangen ist-- für die Nichtberücksichtigung dieses Sachverhalts im Steuerbescheid kausal gewesen sein (z.B. BFH-Urteil vom 29.05.2001 - VIII R 20/00, BFH/NV 2001, 1372, unter II.3.a, m.w.N.). Seine Einkommensteuererklärungen 2010 und 2011 hat der Kläger jedoch erst nach Bestandskraft der Gewinnfeststellungsbescheide 2010 und 2011 abgegeben. Deshalb war der Sachverhalt, dass der Kläger im Rahmen der Gewinnfeststellung für die GbR Sonderbetriebsausgaben geltend machen wollte, dem FA bei Erlass der streitbefangenen Gewinnfeststellungsbescheide nicht bekannt. Nachdem hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 174 Abs. 3 AO zwischen den Beteiligten aber auch kein Streit besteht, sieht der Senat von weiteren Ausführungen ab.
III. Das FG ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die vom Kläger begehrte Änderung der für die GbR ergangenen bestandskräftigen Gewinnfeststellungsbescheide 2010 und 2011 nach § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO bereits daran scheitert, dass ein Verschulden daran, dass Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO erst nachträglich bekannt geworden sind, nicht nach Satz 2 der Vorschrift unbeachtlich ist.
1. Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen, und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen erst nachträglich bekannt werden. Nach Satz 2 der Vorschrift ist das Verschulden unbeachtlich, wenn die Tatsachen in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO --also mit nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen, die zu einer höheren Steuer führen-- stehen. § 173 Abs. 1 AO ist sinngemäß auch auf Feststellungsbescheide anzuwenden (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO).
2. Losgelöst von der Frage, ob die streitbefangenen Aufwendungen des Klägers in den Streitjahren dem Grunde und der Höhe nach durch die Beteiligung des Klägers an der GbR veranlasst sind (dazu B.IV.1.), ob eine Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO eingetreten ist (dazu B.IV.2.) und ob ein Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden von "steuermindernden" Tatsachen beachtlich ist (dazu B.III.3.), liegen die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO für eine Änderung der streitbefangenen Gewinnfeststellungsbescheide vor.
a) Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 AO ist alles, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Steuertatbestandes sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Keine Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 AO sind demgegenüber Schlussfolgerungen aller Art, insbesondere juristische Subsumtionen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 28.03.1985 - IV R 159/82, BFHE 144, 521, BStBl II 1986, 120, unter 1.a; vom 22.03.2016 - VIII R 58/13, BFHE 253, 495, BStBl II 2016, 774, Rz 12, jeweils m.w.N.). Die Tatsache muss für die auf § 173 AO gestützte Korrektur erheblich sein (BFH-Urteil in BFHE 253, 495, BStBl II 2016, 774, Rz 12).
Die vom Kläger zunächst seinem Einzelunternehmen zugeordneten, nachträglich als Sonderbetriebsausgaben bei der GbR geltend gemachten Aufwendungen sind in diesem Sinne eine Tatsache, die für die begehrte Änderung der Gewinnfeststellungsbescheide 2010 und 2011 erheblich ist. Hiervon ist auch das FG ausgegangen.
b) Nachträglich bekannt geworden ist eine Tatsache, wenn sie das FA beim Erlass des zu ändernden Steuerbescheids noch nicht kannte (vgl. hierzu und zum Folgenden BFH-Urteil vom 13.01.2011 - VI R 61/09, BFHE 232, 5, BStBl II 2011, 479, Rz 15, m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt für den Kenntnisstand ist die abschließende Zeichnung des für die Steuerfestsetzung zuständigen Bearbeiters. Daher wird eine Tatsache der Finanzbehörde bekannt, wenn diejenigen Personen, die innerhalb der zuständigen Finanzbehörde organisationsmäßig für die Bearbeitung des Steuerfalls berufen sind bzw. die den zu ändernden Steuerbescheid erlassen haben, positive Kenntnis darüber erlangen. Hierbei handelt es sich um den Vorsteher, den Sachgebietsleiter und den Sachbearbeiter, weil nur diese Personen die Finanzbehörde gegenüber dem Steuerpflichtigen repräsentieren und den Steuerbescheid verantworten. Bekannt sind der zuständigen Dienststelle jedoch neben dem Inhalt der dort geführten Akten auch sämtliche Informationen, die dem Sachbearbeiter von vorgesetzten Dienststellen über ein elektronisches Informationssystem zur Verfügung gestellt werden, ohne dass es insoweit auf die individuelle Kenntnis des jeweiligen Bearbeiters ankommt. Wissen eines Außenprüfers führt nicht zu eigenen Kenntnissen der zuständigen Veranlagungsdienststelle, wenn der Außenprüfer nicht selbst die Steuern festsetzt. Kennt eine andere als die für die Bearbeitung des Steuerfalls zuständige Dienststelle die betreffende Tatsache, so ist sie deswegen nicht auch der zuständigen Dienststelle als bekannt zuzurechnen.
Auch das FG ist unter Anwendung dieser Maßstäbe davon ausgegangen, dass die streitbefangenen Aufwendungen des Klägers nicht als Sonderbetriebsausgaben bei der GbR erklärt und somit dem zuständigen Sachbearbeiter beim Erlass der Gewinnfeststellungsbescheide 2010 und 2011 noch nicht bekannt waren. Im Übrigen datiert die beim Kläger durchgeführte Außenprüfung ebenso wie eine vom FG nicht festgestellte, nach dem Vortrag des FA im Revisionsverfahren aber --möglicherweise zeitlich parallel-- bei der GbR durchgeführte Außenprüfung auf die Zeit nach Bestandskraft dieser Feststellungsbescheide. Der Inhalt der Einkommensteuererklärungen des Klägers für 2010 und 2011 ist schon deshalb nicht von Bedeutung, weil es für die Kenntnis nach den vorgenannten Maßstäben auf die organisationsmäßig für die Bearbeitung der Gewinnfeststellung für die GbR zuständigen Personen ankommt; im Streitfall hat das FG keine Umstände festgestellt, nach denen diese Personen mit den für die Bearbeitung der Einkommensteuererklärungen des Klägers zuständigen Personen identisch gewesen sind.
c) § 173 Abs. 1 AO gilt nach § 181 Abs. 1 Satz 1 AO sinngemäß auch für Feststellungsbescheide (BFH-Urteile vom 24.06.2009 - IV R 55/06, BFHE 226, 14, BStBl II 2009, 950, unter II.1.b; vom 17.05.2017 - II R 60/15, Rz 11). Dies bedeutet dessen Anwendung unter Beachtung der Besonderheiten des Feststellungsverfahrens (BFH-Urteil in BFHE 226, 14, BStBl II 2009, 950, unter II.1.b, m.w.N.). Für die Frage, ob eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache zu einer höheren (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder niedrigeren (§ 173 Abs. 1 Nr. 2 AO) "Steuer" führt, kommt es bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung von ertragsteuerrechtlichen Besteuerungsgrundlagen einer Personengesellschaft nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO (Gewinnfeststellung) darauf an, ob und wie sich die Besteuerungsgrundlagen für jeden einzelnen Feststellungsbeteiligten erhöhen oder verringern (BFH-Urteil in BFHE 226, 14, BStBl II 2009, 950, unter II.1.c). Hingegen sind für die Gewinnfeststellung (Grundlagenbescheid i.S. von § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 182 Abs. 1 Satz 1 AO) die steuerlichen Auswirkungen in den Folgebescheiden für die Änderung nach § 173 Abs. 1 AO nicht maßgeblich (BFH-Urteil in BFHE 226, 14, BStBl II 2009, 950, unter II.1.c bb; ebenso Anwendungserlass zur Abgabenordnung --AEAO-- Nr. 10.1 zu § 173). Ob sich die Besteuerungsgrundlagen erhöhen oder verringern, ist bei der Gewinnfeststellung nicht für die Personengesellschaft insgesamt, sondern für jeden einzelnen Feststellungsbeteiligten getrennt zu beurteilen (BFH-Urteil in BFHE 226, 14, BStBl II 2009, 950, unter II.1.c cc). Danach ist nach § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ein Gewinnfeststellungsbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer Erhöhung der Besteuerungsgrundlagen bei jedenfalls einem Feststellungsbeteiligten führen (BFH-Urteil vom 16.04.2015 - IV R 2/12, Rz 18, m.w.N.). Entsprechend ist ein Feststellungsbescheid nach § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO aufzuheben oder zu ändern, soweit ohne grobes Verschulden oder bei unbeachtlichem Verschulden des Steuerpflichtigen Tatsachen nachträglich bekannt werden, die zu einer Minderung der Besteuerungsgrundlagen bei jedenfalls einem Feststellungsbeteiligten führen.
Der Kläger war in den Streitjahren Feststellungsbeteiligter im Rahmen der Gewinnfeststellung für die GbR. Die Berücksichtigung der streitbefangenen Aufwendungen als Sonderbetriebsausgaben hätte eine Minderung der Besteuerungsgrundlagen beim Kläger zur Folge. Demnach hat das FG zu Recht auch eine grundsätzliche Anwendbarkeit des § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO auf die streitbefangenen Gewinnfeststellungsbescheide bejaht.
3. Das FG hat zwar zutreffend entschieden, dass die Gesellschafter der GbR ein grobes Verschulden daran trifft, dass die hier maßgeblichen Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, die zu einer "niedrigeren Steuer" --d.h. hier einer Minderung der Besteuerungsgrundlagen beim Kläger-- führen, nachträglich bekannt geworden sind. Es hat jedoch zu Unrecht verneint, dass dieses Verschulden nach § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO unbeachtlich ist.
a) Eine Feststellungserklärung wie hier für die GbR ist nach § 181 Abs. 2 Satz 1 AO von demjenigen abzugeben, dem der Gegenstand der Feststellung ganz oder teilweise zuzurechnen ist. Nach Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift ist erklärungspflichtig in den Fällen des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO jeder Feststellungsbeteiligte, dem ein Anteil an den --hier-- einkommensteuerpflichtigen Einkünften zuzurechnen ist. Dies waren hier beide Gesellschafter der GbR. Beide waren durch steuerliche Berater vertreten, die zugleich als gemeinsamer Empfangsbevollmächtigter i.S. von § 183 Abs. 1 Satz 1 AO bestellt waren. Nach den Feststellungen des FG war der Kläger von den steuerlichen Beratern der GbR nach seinen Sonderbetriebsausgaben in den Streitjahren befragt worden; er hatte angegeben, solche in seinen Einkommensteuererklärungen ansetzen zu wollen. Dass unter diesen Umständen versäumt worden ist, die streitbefangenen Aufwendungen in den betreffenden Feststellungserklärungen als Sonderbetriebsausgaben geltend zu machen, hat das FG ohne Rechtsfehler als grobes Verschulden gewürdigt, das den Gesellschaftern der GbR zuzurechnen ist. Denn das FG hat insbesondere beachtet, dass sich ein Steuerpflichtiger im Zusammenhang mit § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO das Verschulden eines von ihm hinzugezogenen steuerlichen Beraters wie eigenes Verschulden zurechnen lassen muss und dass von einem steuerlichen Berater die Kenntnis und sachgemäße Anwendung steuerrechtlicher Bestimmungen erwartet werden kann (z.B. BFH-Urteil vom 09.05.2012 - I R 73/10, BFHE 238, 1, BStBl II 2013, 566, Rz 14, m.w.N.). Ein steuerlicher Berater darf die Angaben seines Mandanten nicht ungeprüft übernehmen, sondern muss sie eigenverantwortlich aus dem steuerrechtlichen Blickwinkel überprüfen und bei Unklarheiten ggf. Nachfrage halten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 238, 1, BStBl II 2013, 566, Rz 14, m.w.N.). Ausgehend hiervon ist die Würdigung des FG nicht zu beanstanden, dass die steuerlichen Berater der GbR nicht in Kenntnis dessen, dass der Kläger "Sonderbetriebsausgaben" für die Streitjahre in seinen Einkommensteuererklärungen geltend machen wollte, diese in den Gewinnfeststellungserklärungen der GbR hätten unberücksichtigt lassen dürfen. Denn Gegenstand der gesonderten und einheitlichen Feststellung sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH (z.B. Urteil vom 11.09.1991 - XI R 35/90, BFHE 165, 336, BStBl II 1992, 4, unter II.1., m.w.N.), der das FG gefolgt ist, auch Sonderbetriebsausgaben. Solche können demgemäß auch nur im Rahmen des für die Gesellschaft durchzuführenden Gewinnfeststellungsverfahrens geltend gemacht werden (BFH-Urteil vom 10.04.2014 - III R 20/13, BFHE 244, 530, BStBl II 2016, 583, Rz 24). Es kommt deshalb nicht darauf an, wann den steuerlichen Beratern der GbR bekannt geworden ist, dass das FA nach einer Außenprüfung beim Kläger die von ihm in seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre geltend gemachten Aufwendungen nicht anerkannt hat.
b) Entgegen der Ansicht des FG ist jedoch im Streitfall das Verschulden unbeachtlich.
aa) Unter den Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO kommt es auch im Streitfall auf ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden von "steuermindernden" Tatsachen i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO nicht an. Denn diese Vorschrift ist ebenfalls bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung von ertragsteuerrechtlichen Besteuerungsgrundlagen einer Personengesellschaft (Gewinnfeststellung) sinngemäß anwendbar (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Eigenart dieses Verfahrens gebietet es nicht, die Vorschrift nicht anzuwenden (BFH-Urteil in BFHE 226, 14, BStBl II 2009, 950, unter II.1.d bb).
(1) Diese Rechtsprechung hat der erkennende Senat für das nachträgliche Bekanntwerden einer Gewinnverteilungsabrede entwickelt. Dabei hat er sich darauf gestützt, dass der Rechtsgedanke des § 174 Abs. 1 AO die doppelte Erfassung von Gewinnanteilen verbietet. Hierzu käme es aber, wenn nur die Gewinnanteile, soweit sie sich erhöhen, nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden müssten, die Gewinnanteile der anderen Beteiligten aber nicht verringert würden (BFH-Urteil in BFHE 226, 14, BStBl II 2009, 950, unter II.1.d cc; daran anschließend auch AEAO Nr. 10.2.1 zu § 173). Demnach ist § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO auf Gewinnfeststellungsbescheide jedenfalls dann anwendbar, wenn es sich um gegenläufige Änderungen von Besteuerungsgrundlagen des nämlichen Gewinnfeststellungsbescheids handelt.
(2) § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO ist gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO sinngemäß aber auch auf einen Gewinnfeststellungsbescheid für eine Personengesellschaft anzuwenden, wenn sich eine gegenläufige Änderung (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO) aus einem anderen Bescheid (hier dem Einkommensteuerbescheid für den feststellungsbeteiligten Kläger) ergibt. Denn der BFH hat die Vorschrift auch angewendet, wenn sich steuererhöhende und steuermindernde Tatsachen auf verschiedene Steuerbescheide beziehen. Der Zusammenhang zwischen steuererhöhenden und steuermindernden Tatsachen i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO ist nämlich bereits gegeben, wenn der steuererhöhende Vorgang nicht ohne den steuermindernden Vorgang denkbar ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 13.01.2005 - II R 48/02, BFHE 208, 392, BStBl II 2005, 451, unter II.2.b, m.w.N.; vom 10.07.2008 - IX R 4/08, BFH/NV 2008, 1803; BFH-Beschluss vom 19.10.2009 - X B 110/09, BFH/NV 2010, 169). Einen solchen Zusammenhang hat der II. Senat des BFH auch dann angenommen, wenn Anteile eines Steuerpflichtigen am laufenden Gewinn und am Veräußerungsgewinn einer KG einerseits zu einer Erhöhung der ihm gegenüber festgesetzten Einkommensteuer führen, andererseits die dadurch erhöhten Steuerschulden die ursprünglich ihm gegenüber festgesetzte Vermögensteuer vermindern. Bei den Anteilen handelt es sich um Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, die dazu führen, dass der Änderung des Vermögensteuerbescheids gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO kein grobes Verschulden i.S. von Satz 2 der Vorschrift entgegensteht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 208, 392, BStBl II 2005, 451, unter II.2.b). Dabei ist die Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO auch nicht im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 19.08.1983 - VI R 177/82 (BFHE 139, 343, BStBl II 1984, 48) ausgeschlossen, weil der Gesichtspunkt der Bestandskraft des nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheids nicht einschlägig ist, wenn sich die steuererhöhenden und die steuermindernden Tatsachen auf verschiedene Steuerbescheide beziehen (BFH-Urteil in BFHE 208, 392, BStBl II 2005, 451, unter II.2.b). Diese Maßstäbe gelten auch bei sinngemäßer Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO auf Feststellungsbescheide, denn die Eigenart des Feststellungsverfahrens gebietet es nicht, die Vorschrift insoweit nicht anzuwenden. Insbesondere kommt dem Verhältnis von Grundlagen- zu Folgebescheid keine Bedeutung zu, wenn zu entscheiden ist, ob Bescheid übergreifend ein steuererhöhender Vorgang nicht ohne einen steuermindernden Vorgang denkbar ist. Der Senat schließt sich deshalb dem BFH-Urteil in BFHE 208, 392, BStBl II 2005, 451 auch für die Änderung eines Gewinnfeststellungsbescheids für eine Personengesellschaft an.
bb) Soweit sich das FG darauf beruft, dass gleichwohl ein grobes Verschulden beachtlich sei, wenn das nachträgliche Bekanntwerden von Tatsachen i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO auf einer Verletzung der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen beruht, ist dem nicht zu folgen. Denn nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO genügt es, wenn für sich gesehen die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt sind, wenn also der zuständigen Stelle des FA beim Erlass des ursprünglichen Steuerbescheids noch nicht bekannte Tatsachen oder Beweismittel zu einer Steuererhöhung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO führen würden, wenn keine andere Änderungsvorschrift greifen würde (BFH-Urteil in BFHE 208, 392, BStBl II 2005, 451, unter II.2.b). Deshalb hat das FG auch zu Recht unter Bezug auf jenes BFH-Urteil ausgeführt, dass es im Streitfall keine Rolle spiele, dass die Einkommensteuerbescheide 2010 und 2011 für den Kläger nach § 164 Abs. 2 AO geändert wurden. Aus der Rechtsprechung zur Änderung von Steuerbescheiden nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zulasten des Steuerpflichtigen hat es hingegen falsche Schlüsse gezogen. Nach jener Rechtsprechung ist trotz nachträglichen Bekanntwerdens von Tatsachen eine Änderung von Bescheiden nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn das FA die steuererhöhenden Tatsachen als bekannt gegen sich gelten lassen muss, weil es bei gehöriger Wahrnehmung seiner Aufklärungspflicht (§ 88 AO) diese bereits anlässlich der ursprünglichen Veranlagung hätte feststellen können (BFH-Urteil vom 28.01.1986 - IX R 42/80, BFH/NV 1987, 78, m.w.N.). Gleichwohl kann sich der Steuerpflichtige nicht auf die Verletzung der Aufklärungspflicht des FA berufen, wenn er seiner Mitwirkungspflicht im Rahmen des Zumutbaren nicht nachgekommen ist (BFH-Urteile vom 12.10.1983 - II R 56/81, BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140, unter 4.; in BFH/NV 1987, 78). In diesem Fall ist dem FA, das seine Aufklärungspflicht verletzt, eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gerade nicht verwehrt. Selbst wenn im Streitfall also das FA --wofür sich nach den Feststellungen des FG keine Anhaltspunkte ergeben-- von seinen Ermittlungsbefugnissen keinen zureichenden Gebrauch gemacht hätte, hätte es bei Annahme einer ungenügenden Mitwirkung des Klägers die ihn betreffenden Einkommensteuerbescheide 2010 und 2011 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern können. Dies reicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO aus.
IV. Die Sache ist nicht spruchreif.
1. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des FG kann der Senat nicht beurteilen, ob die streitbefangenen Aufwendungen des Klägers (9.180,99 € für 2010 und 3.437,56 € für 2011) dem Grunde und der Höhe nach i.S. des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) durch die Beteiligung des Klägers an der GbR veranlasst und damit als dessen Sonderbetriebsausgaben (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29.07.2015 - IV R 16/12, Rz 16; vom 30.11.2017 - IV R 22/15, Rz 17) anzuerkennen sind. Das FG ist dem bislang --auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung zu Recht-- nicht nachgegangen.
2. Das FA hat in seiner Revisionserwiderung vorgetragen, dass den Beratern der ehemaligen GbR mit Schreiben vom 19.05.2015 mitgeteilt worden sei, dass die bei der GbR durchgeführte Außenprüfung abgeschlossen sei und zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt habe (§ 202 Abs. 1 Satz 3 AO). Das FG hat bislang lediglich Feststellungen zu einer Außenprüfung beim Kläger, nicht hingegen zu einer --möglicherweise zeitlich parallelen-- Außenprüfung bei der GbR getroffen. Sollte der Vortrag des FA, dass aufgrund einer Außenprüfung bei der GbR eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO ergangen sei, zutreffen, so wird das FG zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen einer Änderungssperre nach § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 173 Abs. 2 Satz 2 AO vorliegen und welche Rechtsfolgen sich daraus für den Streitfall ergeben. Nach § 173 Abs. 2 Satz 1 AO können abweichend von § 173 Abs. 1 AO Steuerbescheide, soweit sie aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO (zur Form z.B. BFH-Urteile vom 02.10.2003 - IV R 36/01, BFH/NV 2004, 307, unter II.1.b; vom 19.01.2010 - X R 30/09, Rz 20) ergangen ist.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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