BFH: Umorientierung während einer mehraktigen einheitlichen Erstausbildung
- Nimmt ein volljähriges Kind nach Erlangung eines ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine nicht unter § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG fallende Berufstätigkeit auf, erfordert § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, zwischen einer mehraktigen einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen.
- Zwei zeitlich und inhaltlich zusammenhängende Ausbildungsabschnitte können auch dann zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammengefasst werden, wenn das Kind sich nach dem Ende des ersten Ausbildungsabschnitts umorientiert und seine Ausbildung anders als ursprünglich geplant fortsetzt (hier: Betriebswirtschaftsstudium statt Bankkolleg nach einer Bankausbildung).
EStG § 32 Abs. 4 Satz 2
BFH-Urteil vom 23.10.2019, III R 14/18, veröffentlicht am 5.3.2020
Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 9.2.2018, 5 K 277/17
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Vater eines im Dezember 1992 geborenen Sohnes (S), der nach dem Abitur eine Ausbildung bei einer Volksbank absolvierte, die im Januar 2015 endete. Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) gewährte dem Kläger Kindergeld für S bis Januar 2015.
Nach dem Abschluss seiner Banklehre wurde S von der Volksbank als Vollzeitbeschäftigter mit einer Arbeitszeit von 39 Stunden in der Woche übernommen. Bereits im April 2014 hatte er an einer Informationsveranstaltung über ein Studium am Bankkolleg des Genossenschaftsverbandes mit dem Ziel des Abschlusses als Bankfachwirt teilgenommen, dort seine E-Mail-Anschrift hinterlassen und in der Folgezeit nachgefragt, wann der Studiengang beginnen werde. Am 09.04.2015 wurde ihm mitgeteilt, dass am 20.04.2015 entschieden werde, ob der Studiengang startreif sei. Der Beginn verzögerte sich dann jedoch auf unbestimmte Zeit.
Der Kläger leitete am 27.04.2015 eine Information des Immatrikulationsbüros einer Hochschule an S weiter, wonach im Wintersemester 2015/16 der Onlinestudiengang Betriebswirtschaftslehre angeboten werde; in den vorangegangenen Durchgängen hätten sämtliche Bewerber einen Studienplatz erhalten. S bewarb sich am 10.06.2015 auf diesen Studiengang und nahm das Studium zum 01.09.2015 auf.
Im August 2017 beantragte der Kläger unter Hinweis auf das im September 2015 aufgenommene Studium erneut Kindergeld. Die Familienkasse lehnte den Antrag ab und wies den dagegen gerichteten Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 28.09.2017 als unbegründet zurück.
Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied mit dem am 21.02.2018 zugestellten Urteil, die Banklehre und das Online-Betriebswirtschaftsstudium bildeten keine einheitliche Berufsausbildung. Es fehle zwar nicht am zeitlichen Zusammenhang zwischen Lehre und Studium. S habe der Familienkasse seine Absicht, die Ausbildung weiterzuführen, auch nicht bis zum Ende des Folgemonats nach Abschluss der Banklehre mitteilen müssen; ausreichend sei insoweit, dass er sich nach dem Ende des ersten Ausbildungsabschnitts auf den nächstmöglichen Durchgang des nachfolgenden Ausbildungsabschnitts beworben habe. Die Besonderheit des Falles liege aber darin, dass S sich nach Beendigung der Banklehre umorientiert habe, indem er die Absicht eines Studiums am genossenschaftlichen Bankkolleg nicht umsetzte, als dessen Realisierbarkeit ungewiss erschien, sondern stattdessen auf ein Studium der Betriebswirtschaftslehre umgeschwenkt sei. Der Wechsel des Ausbildungsplanes bilde eine Zäsur, die die beiden Ausbildungsabschnitte Banklehre und Studium voneinander trenne; die Teilnahme an beiden Ausbildungsgängen beruhe nicht auf einem einheitlichen Entschluss. Es handele sich auch nicht um eine nur unerhebliche Abweichung des tatsächlich realisierten vom ursprünglich geplanten Ausbildungsgang, denn das Studium der Betriebswirtschaftslehre sei wesentlich breiter ausgelegt als die Ausbildung zum Bankfachwirt und weniger branchenbezogen.
Die Revision wurde rechtzeitig eingelegt, aber bis zum Ablauf der Begründungsfrist am 23.04.2018, einem Montag, nicht begründet. Nach einem entsprechenden Hinweis am 22.05.2018 ging die Begründung nebst Wiedereinsetzungsantrag ein. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde auf ein Büroversehen gestützt.
Zur Begründung seiner Revision trägt der Kläger vor, es müsse ausreichen, wenn das Kind sich --wie hier-- während des ersten Ausbildungsabschnitts für ein anschließendes Studium entscheide. Wenn sich das ursprünglich angestrebte Studium nicht verwirklichen lasse, weil es in diesem Jahr nicht angeboten werde, könne das dem Kind nicht zum Nachteil gereichen, wenn es ein von der Fachrichtung her ähnliches Studium beginne. Die Berücksichtigung dürfe nicht daran scheitern, dass das Kind zwischenzeitlich ein anderes Studium angestrebt habe, soweit es sich dabei nicht um eine gänzliche Neuorientierung handele wie z.B. einem Studium der Agrarwissenschaft anstelle eines Studiums am Bankkolleg.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das FG-Urteil, den Ablehnungsbescheid sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für den Zeitraum ab September 2015 festzusetzen.
Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist zulässig und begründet; sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat kann aufgrund der Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob das Online-Studium der Betriebswirtschaftslehre noch als Teil einer einheitlichen Erstausbildung zu qualifizieren ist.
1. Dem Kläger ist hinsichtlich der versäumten Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da das Versäumnis --was zwischen den Beteiligten unstreitig ist-- auf einem vom Prozessbevollmächtigten nicht zu vertretenden Büroversehen beruht; einem mit der büromäßigen Bearbeitung der Angelegenheit befassten und in der Vergangenheit stets zuverlässigen Mitarbeiter ist trotz ordnungsgemäßer Büroorganisation ein Fehler unterlaufen (zum Büroversehen vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26.02.2014 - IX R 41/13, BFH/NV 2014, 881, m.w.N.).
2. Die Revision ist auch begründet.
a) Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) besteht Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn dieses für einen Beruf ausgebildet wird. In den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG wird ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht (§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.S. der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind insoweit unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).
Zu den in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verwendeten Tatbestandsmerkmalen der "erstmaligen Berufsausbildung" und des "Erststudiums" hat der Senat entschieden, dass das Erststudium nur einen Unterfall des Oberbegriffes erstmalige Berufsausbildung darstellt (Senatsurteil vom 03.07.2014 - III R 52/13, BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 19 ff.) und der Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG enger auszulegen ist als das in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG verwendete Tatbestandsmerkmal "Kind, das ... für einen Beruf ausgebildet wird" (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 22 ff.).
Die den Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG begrenzenden Kriterien hat der Senat dabei vor allem in folgenden Punkten gesehen:
Es muss sich um einen öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang handeln (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 24), der auf einen Abschluss in Form einer Prüfung ausgerichtet ist (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 24). Durch die berufliche Ausbildungsmaßnahme muss das Kind die notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben, die --anders als der Besuch einer allgemein bildenden Schule-- zur Aufnahme eines Berufs befähigen (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 24). Mehrere Ausbildungsabschnitte können eine einheitliche Erstausbildung bilden, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 27). In einem solchen Fall muss aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 30). Dabei ist darauf abzustellen, ob sich die einzelnen Ausbildungsabschnitte als integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung darstellen. Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang zueinander stehen (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 30).
An einer Ausbildungseinheit fehlt es dagegen, wenn bereits die Aufnahme des zweiten Ausbildungsabschnitts eine berufspraktische Tätigkeit voraussetzt oder das Kind nach dem Ende des ersten Ausbildungsabschnitts eine Berufstätigkeit aufnimmt, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung bis zum nächstmöglichen Beginn des weiteren Ausbildungsabschnitts dient (Senatsurteil vom 04.02.2016 - III R 14/15, BFHE 253, 145, BStBl II 2016, 615, Rz 15).
b) Erforderlich, aber auch ausreichend für eine Zusammenfassung zweier Ausbildungsabschnitte ist somit, dass diese zeitlich und inhaltlich aufeinander abgestimmt sind und nach dem Ende des ersten Abschnitts aufgrund objektiver Beweisanzeichen feststeht, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden sollte.
Der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Banklehre und dem Betriebswirtschaftsstudium liegt vor. Der zeitliche Zusammenhang wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass S sich, nachdem die Bankausbildung im Januar 2015 beendet war, erst im April 2015 zum Studium der Betriebswirtschaftslehre entschlossen hat. Dabei kann dahinstehen, ob die Bewerbung zum Wintersemester der erste mögliche Zeitpunkt für die Fortsetzung der Ausbildung war. Nach den den Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) hatte S schon im April 2014 an einer Informationsveranstaltung für einen weiteren Ausbildungsabschnitt teilgenommen. Der Umstand, dass letztlich das Studium am Bankkolleg des Genossenschaftsverbandes mit dem Ziel des Abschlusses als Bankfachwirt aus von S nicht zu vertretenden Umständen nicht durchgeführt worden ist, ändert nichts daran, dass aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar war, dass S die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beenden wollte.
Der erforderliche enge sachliche Zusammenhang liegt ebenfalls zwischen der Ausbildung zum Bankkaufmann und dem Betriebswirtschaftsstudium vor.
Entgegen der Ansicht des FG führt die Umorientierung des Kindes (Betriebswirtschaftsstudium statt Bankkolleg) nicht zu der Annahme einer mehraktigen Ausbildung. Wird der sachliche Zusammenhang gewahrt, so ist eine Umorientierung unschädlich.
3. Diese unter II.2.a dargelegten Rechtsprechungsgrundsätze sind indessen --wie der Senat bereits im Urteil vom 11.12.2018 - III R 26/18 (BFHE 263, 209) entschieden hat-- für Fälle, in denen die einheitliche Erstausbildung mit einer daneben ausgeübten Erwerbstätigkeit von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen ist, fortzuentwickeln und zu präzisieren.
a) Danach kann es an einer einheitlichen Erstausbildung auch dann fehlen, wenn das Kind nach Erlangung des ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine Berufstätigkeit aufnimmt und die daneben in einem weiteren Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen gegenüber der Berufstätigkeit in den Hintergrund treten. Ob die nach Erlangung des Abschlusses aufgenommene Berufstätigkeit die Hauptsache und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen, ist dabei anhand einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse zu entscheiden, für die vor allem die nachfolgenden Kriterien von Bedeutung sind.
aa) Für die Aufnahme einer Berufstätigkeit als Hauptsache spricht, dass sich das Kind längerfristig an einen Arbeitgeber bindet, indem es etwa ein zeitlich unbefristetes oder auf jedenfalls mehr als 26 Wochen befristetes Beschäftigungsverhältnis mit einer regelmäßigen vollzeitigen oder nahezu vollzeitigen Wochenarbeitszeit eingeht. Ist das Beschäftigungsverhältnis dagegen bis zum Beginn des nächsten Ausbildungsabschnitts befristet oder überschreitet die regelmäßige Wochenarbeitszeit die 20-Stundengrenze allenfalls geringfügig, kann dies für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen, die noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung ist. Für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung kommt es auch darauf an, in welchem zeitlichen Verhältnis die Arbeitstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen zueinander stehen. Da die Summe aus Arbeits- und Ausbildungszeit nicht selten über 40 Wochenstunden liegen wird, kann allein eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von über 20 Stunden noch nicht den Ausschlag geben. Betreibt das Kind etwa neben einer 22 Wochenstunden umfassenden Arbeitstätigkeit ein Vollzeitstudium an einer Universität, kann auch weiter der Ausbildungscharakter im Vordergrund stehen (s. hierzu etwa BFH-Urteil vom 03.09.2015 - VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166).
bb) Weiter ist von Bedeutung, ob das Kind mit der nach dem ersten Abschluss aufgenommenen Berufstätigkeit bereits die durch den Abschluss erlangte Qualifikation nutzt, um eine durch diese eröffnete Berufstätigkeit auszuüben. Wird z.B. ein Geselle oder ein Kaufmann von seinem Ausbildungsbetrieb im erlernten Beruf übernommen oder nimmt ein Bachelor eine durch diesen Abschluss eröffnete Stelle an, kann dies Indiz dafür sein, dass die Berufstätigkeit in den Vordergrund getreten ist. Denn ein solcher Sachverhalt spricht dafür, dass die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur der beruflichen Weiterbildung oder Höherqualifizierung in einem bereits aufgenommenen und ausgeübten Beruf dienen. Nimmt das Kind dagegen eine Berufstätigkeit auf, die ihm auch ohne den erlangten Abschluss eröffnet wäre (z.B. Aushilfstätigkeit in der Gastronomie oder im Handel) oder handelt es sich bei der Erwerbstätigkeit typischerweise um keine dauerhafte Berufstätigkeit (z.B. bei einem Bachelor, der während des nachfolgenden Masterstudiums mit 19 Stunden als wissenschaftliche Hilfskraft tätig ist und daneben drei Nachhilfestunden pro Woche gibt), kann das für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen.
cc) Darüber hinaus ist in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen, inwieweit die Arbeitszeit den im nächsten Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen untergeordnet ist und die Beschäftigung mithin nach ihrem äußeren Erscheinungsbild "neben der Ausbildung" durchgeführt wird. Arbeitet das Kind z.B. nur nachmittags, abends oder am Wochenende, so dass sich seine Teilzeittätigkeit von regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden dem jeweiligen Ausbildungsplan anpasst, ist das ein Indiz für eine im Vordergrund stehende Ausbildung. Gleiches gilt, wenn das Kind etwa während des Semesters maximal 20 Wochenstunden arbeitet, durch eine während der Semesterferien erhöhte Wochenstundenzahl aber auf eine durchschnittliche Arbeitszeit von mehr als 20 Wochenstunden kommt. Arbeitet das Kind dagegen annähernd vollzeitig und werden die Ausbildungsmaßnahmen nur am Abend oder am Wochenende durchgeführt, deutet dies darauf hin, dass sie nur "neben der Berufstätigkeit" durchgeführt werden. Schließlich kann auch von Bedeutung sein, ob und inwieweit die Berufstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen über den zeitlichen Aspekt hinaus auch inhaltlich aufeinander abgestimmt sind.
b) Diese Fortentwicklung und Präzisierung des Erstausbildungsbegriffes widerspricht nicht der Begründung zum Entwurf des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 (Senatsurteil in BFHE 263, 209, Rz 20).
c) Soweit sich aus der Rechtsprechung des Senats in seinen Urteilen in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152 und vom 08.09.2016 - III R 27/15 (BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278) etwas anderes ergibt, wird hieran nicht weiter festgehalten. Der VI. Senat hat mitgeteilt, dass er einer Abweichung von seinem Urteil in BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166 zustimmt.
4. Das mit der Revision angegriffene Urteil entspricht diesen fortentwickelten Rechtsgrundsätzen nicht und ist daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.
Der Senat kann auf der Grundlage der vom FG bisher getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob die von S ausgeübte Erwerbstätigkeit in der Bank der Annahme einer Ausbildungseinheit zwischen der Banklehre und dem Studium entgegensteht. Das FG wird daher nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze im zweiten Rechtsgang insbesondere zu prüfen haben, ob das Studium eher dem Beschäftigungsverhältnis untergeordnet war oder umgekehrt das Beschäftigungsverhältnis dem Studium; diese Würdigung ist dem BFH als Revisionsgericht versagt.
5. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.
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