BFH: Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer beim Erwerb eines Grundstücks zur Errichtung einer Windkraftanlage
Bei dem Erwerb eines Grundstücks zur Errichtung einer Windkraftanlage gehört eine Entschädigungszahlung, die der Käufer an den Verkäufer für An- und Durchschneidungen und ggf. notwendige Baulasten und Dienstbarkeiten auf anderen Grundstücken des Verkäufers zahlt, nicht zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.
BFH-Urteil vom 10.5.2017, II R 16/14 (veröffentlicht am 19.7.2017)
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1
Vorinstanz: FG Mecklenburg-Vorpommern vom 29.1.2014, 3 K 528/11 = SIS 14 14 49
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) kaufte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22.9.2010 vom Land ein Grundstück zur Errichtung einer Windkraftanlage. Sie hatte neben dem vereinbarten Kaufpreis von 11.550 € einen "Entschädigungswert für das Recht zur Errichtung von einer Windkraftanlage incl. des Entschädigungswerts für An- und Durchschneidung und ggf. notwendiger Baulasten und Dienstbarkeiten" in Höhe von insgesamt 454.500 € zu zahlen. Das Land verpflichtete sich, auf den ihm weiterhin gehörenden Grundstücken in der Umgebung des verkauften Grundstücks die zum Betrieb der Windkraftanlage erforderlichen Baulasten und Dienstbarkeiten zu bestellen. Der Berechnung des "Entschädigungswerts" lag ein Sachverständigengutachten zu Grunde. Danach entfiel dieser Wert zu 93.800 € auf das verkaufte Grundstück und zu 360.700 € auf die anderen Grundstücke des Landes. Das Land schuldete nicht die Verwendbarkeit des an die Klägerin verkauften Grundstücks für deren Zwecke.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) setzte mit Bescheid vom 4.2.2011 gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 16.311 € fest. Als Bemessungsgrundlage legte das FA sowohl den Kaufpreis in Höhe von 11.550 € als auch den gesamten Entschädigungsbetrag in Höhe von 454.500 € zu Grunde. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der auf Herabsetzung der Grunderwerbsteuer auf 404 € gerichteten Klage insoweit statt, als es die Grunderwerbsteuer auf 3.687 € festsetzte. Nach seiner Ansicht unterliegen nur der Kaufpreis von 11.550 € und der anteilig auf das verkaufte Grundstück entfallende Entschädigungswert in Höhe von 93.800 € der Grunderwerbsteuer, nicht aber der auf die benachbarten Grundstücke des Landes entfallende Anteil am Entschädigungswert.
Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung von § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG).
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Entschädigung von 360.700 €, die auf die dem Land verbleibenden Grundstücke entfällt, nicht zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer gehört.
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet, der Grunderwerbsteuer. Gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG bemisst sich die Steuer nach dem Wert der Gegenleistung.
a) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gilt als Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis. Der Kaufpreis ist in Übereinstimmung mit dem bürgerlichen Recht (§ 433 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) das Entgelt für den Kaufgegenstand "Grundstück". Zum Kaufpreis gehört alles, was der Käufer vereinbarungsgemäß an den Verkäufer leisten muss, um den Kaufgegenstand zu erhalten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23.9.2009 II R 20/08, BFHE 227, 379, BStBl II 2010, 495, Rz 11, m.w.N.).
Das gilt auch für "Entschädigungen", die der Verkäufer für mit dem Verlust des Grundstücks verbundene negative wirtschaftliche Folgen erhält. Zum Kaufpreis gehört beispielsweise der Betrag, den sich der Verkäufer eines Grundstücks vom Käufer zum Ausgleich einer zu erwartenden Wertminderung der ihm verbleibenden Nachbargrundstücke bezahlen lässt (BFH-Urteil vom 8.8.1990 II R 22/88, BFH/NV 1991, 412; Loose in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 18. Aufl., § 9 Rz 108).
b) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gelten zudem als Gegenleistung bei einem Kauf auch die vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Als sonstige Leistungen sind alle Verpflichtungen des Käufers anzusehen, die zwar nicht unmittelbar Kaufpreis für das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, aber gleichwohl Entgelt für den Erwerb des Grundstücks sind. Der Erwerb des Grundstücks und die Gegenleistung müssen kausal verknüpft sein. Dabei ist nicht ausschlaggebend, was die Vertragschließenden als Gegenleistung für das Grundstück bezeichnen, sondern zu welchen Leistungen sie sich verpflichtet haben (BFH-Urteile vom 2.6.2005 II R 6/04, BFHE 210, 60, BStBl II 2005, 651; vom 13.12.2006 II R 22/05, BFH/NV 2007, 1183, und vom 18.6.2014 II R 12/13, BFHE 246, 211, BStBl II 2014, 857).
Leistungen des Erwerbers, die nicht den der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang betreffen, insbesondere also für eine andere Leistung aufgewendet werden als für die Verpflichtung, Besitz und Eigentum an dem Grundstück zu verschaffen, scheiden demgegenüber aus der Gegenleistung i.S. von § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aus (BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 412).
2. Das FG hat danach zu Recht angenommen, dass der auf die benachbarten Grundstücke des Landes entfallende Anteil am Entschädigungswert in Höhe von 360.700 € nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen ist. Diesen Betrag hat die Klägerin nicht bezahlt, um das Eigentum an dem gekauften Grundstück zu erhalten, sondern für davon zu unterscheidende Leistungen des Landes, nämlich die Bestellung der für den Betrieb der Windkraftanlage erforderlichen Baulasten und Dienstbarkeiten an den ihm verbleibenden Grundstücken und die Duldung von An- und Durchschneidungen dieser Grundstücke. Es handelt sich somit nicht um eine Entschädigung für eine bloße Wertminderung dieser Grundstücke.
Dass der gesamte Entschädigungswert in Höhe von 454.500 € nach dem Wortlaut des Kaufvertrags (auch) "für das Recht zur Errichtung von einer Windkraftanlage" vereinbart wurde, rechtfertigt es nicht, diesen Entschädigungswert insgesamt in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen. Diese Vereinbarung hat nicht zur Folge, dass auch der anteilig auf die benachbarten Grundstücke des Landes entfallende Anteil am Entschädigungswert in Höhe von 360.700 € Gegenleistung für den Erwerb des Eigentums an dem gekauften Grundstück ist. Sie ändert nichts daran, dass dieser Anteil am Entschädigungswert eine Gegenleistung der Klägerin für die vereinbarten weiteren Leistungen des Landes ist, die sich auf die ihm verbleibenden Grundstücke beziehen. Das im Kaufvertrag angesprochene Recht zur Errichtung der Windkraftanlage auf dem gekauften Grundstück hat als solches keinen darüber hinausgehenden, eigenständigen Wert, der die Einbeziehung des gesamten Entschädigungswerts in Höhe von 454.500 € in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer begründen könnte. Im Kaufvertrag konnte nur die zivilrechtliche Seite der Errichtung der Anlage im Verhältnis der Klägerin zum Land vereinbart werden. Das Land schuldet nach den im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarungen nicht die Verwendbarkeit des Grundstücks für Zwecke der Klägerin. Die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens ergibt sich nicht aus dem Kaufvertrag. Sie richtet sich vielmehr nach den maßgebenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
-
„Vielen Dank für die stets freundliche und konstruktive Betreuung durch Ihr Haus“
Horst Flick, Groß- und Konzernbetriebsprüfer in Hessen
-
„Irgendwann innerhalb dieser 20 Jahre habe ich es einmal mit einem anderen Anbieter versucht. Das war aber gleich wieder vorbei. Nachher wusste ich SIS erst richtig zu schätzen.“
Brigitte Scheibenzuber, Steuerberaterin, 84137 Vilsbiburg
-
„Ihre Datenbank ist eigentlich schier unerschöpflich und ich arbeite sehr gern damit. Ein großes Lob für die leichte Handhabung, die vielfachen Suchmöglichkeiten und überhaupt.“
Ingrid Nigmann, Kanzlei Dipl.-Kfm. Georg-Rainer Rätze, 39112 Magdeburg
-
„Wir benutzen mit größter Zufriedenheit Ihre Datenbank, sie stellt wirklich eine enorme Erleichterung im täglichen Arbeitsleben dar.“
Schneider, Siebert & Kulle, Partnerschaftsgesellschaft, 60486 Frankfurt
-
„Ich möchte nicht versäumen, Sie für die ‘SteuerMail’ zu loben. Die Aktualität und die Auswahl der Themen ist wirklich sehr gut.“
Frank Zoller, Rechtsanwalt und Steuerberater, 75179 Pforzheim
-
„Sie haben offensichtlich die Bedürfnisse des steuerberatenden Berufs bei seiner Arbeit richtig eingeschätzt. Die Zuordnung der verschiedenen Dokumente zur jeweiligen Rechts-Vorschrift ist schlichtweg genial. Auch der Hinweis auf weitere Kommentare und Aufsätze ist außerordentlich wertvoll.“
Willi Besenhart, Steuerberater, 81739 München
-
"Es macht wirklich Spaß mit Ihrer Datenbank zu arbeiten."
Robert Kochs, Steuerberater, 52074 Aachen
-
"Ich bin sehr zufrieden. Die Datenbank ist äußerst hilfreich, Preis-Leistungsverhältnis stimmt."
Erika Dersch, Steuerberaterin, 82431 Kochel am See
-
"Bin von Anfang an begeisterter Anwender und möchte SIS nicht mehr missen."
Harald Dörr, Steuerberater, 63571 Gelnhausen
-
"Die SIS-Datenbank ist hervorragend; m.E. besser als die von den Finanzbehörden in BW verwendete Steuerrechtsdatenbank."
Wolfgang Friedinger, 89077 Ulm
-
"Sehr gut ist die SteuerMail mit den Anlagen und die Internetseite mit den aktuellen Themen!"
Karin Pede, IHR-ZIEL.DE GmbH, 91320 Ebermannstadt
-
"Mit Ihrer SIS-Datenbank bin ich seit Jahren sehr glücklich, hat mir schon sehr viel geholfen und der Preis ist nach wie vor sehr zivil für diese feine Geschichte."
G. Grisebach, Steuerberaterin
-
"Auf vieles kann man verzichten - auf SIS niemals! Herzlichen Glückwunsch zur aktuellen SIS-Datenbank, vielen Dank für Ihren äußerst aktuellen Informations-Service"
Friedrich Heidenberger, Steuerberater, 90530 Wendelstein
-
"Ihre Datenbank ist konkurrenzlos benutzerfreundlich."
Godehard Wedemeyer, 47807 Krefeld
-
"Ich bin sehr zufrieden - rundum ein Lob von meiner Seite. Ich nutze die SIS-Datenbank schon seit vielen Jahren und finde sie sehr, sehr gut."
Reinhard Geiges, Finanzbeamter, 70173 Stuttgart
-
"Herzlichen Dank für die schnelle Antwort. Das funktioniert, wie alles bei Ihnen, wunderbar. An dieser Stelle mal ein großes Lob an das gesamte Team. Ich bin wirklich froh, dass es Sie gibt."
Uwe Lewin, Geschäftsführer Exacta Steuerberatungs GmbH, 07546 Gera