BFH: Keine Steuerbefreiung nach § 13c ErbStG beim Erwerb eines Erbbaugrundstücks
Wird ein bebautes Erbbaugrundstück, das der Erbbauberechtigte zu Wohnzwecken vermietet, von Todes wegen erworben, ist bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs des (neuen) Grundstückseigentümers ein verminderter Wertansatz nach § 13c Abs. 1 ErbStG nicht zu gewähren.
BFH-Urteil vom 11.12.2014, II R 25/14 (veröffentlicht am 18.2.2015)
ErbStG § 13c
BGB § 95, § 535
ErbbauRG § 1, § 2
GG Art. 3 Abs. 1
Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 19.3.2014, 4 K 1106/13 Erb (EFG 2014 S. 1016 = SIS 14 15 00)
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhielt als Vermächtnis einen Anteil von 1/12 an dem Miteigentumsanteil der im Jahr 2010 verstorbenen Erblasserin an einem Grundstück.
Das Grundstück war zugunsten einer GbR mit einem Erbbaurecht belastet. Nach dem Erbbaurechtsvertrag ist nur eine Bebauung zu Wohnzwecken vorgesehen. Die Gebäude sind nach Ablauf des Erbbaurechts mit dem Verkehrswert zu entschädigen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte für den Erwerb des Grundstücksanteils aufgrund des Vermächtnisses gegen den Kläger mit Bescheid vom 15.6.2011 Erbschaftsteuer in Höhe von 18.240 € fest.
Einspruch und Klage, mit denen der Kläger einen verminderten Wertansatz nach § 13c des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der ab 2009 geltenden Fassung (ErbStG) begehrte, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Ansicht, das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück sei kein bebautes Grundstück i.S. des § 13c ErbStG. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1016 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 13c Abs. 1 und 3 ErbStG und von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Erbschaftsteuerbescheid vom 15.6.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.3.2013 dahin zu ändern, dass der erworbene Grundstücksanteil mit dem verminderten Grundstückswert nach § 13c Abs. 1 ErbStG angesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zutreffend entschieden, dass der aufgrund des Vermächtnisses (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.V.m. §§ 2147 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -) erworbene Anteil an dem Erbbaugrundstück nicht mit einem verminderten Wert nach § 13c Abs. 1 ErbStG anzusetzen ist.
1. Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs sind nach § 13c Abs. 1 und 3 ErbStG bebaute Grundstücke oder Grundstücksteile mit 90 % ihres Werts anzusetzen, wenn sie 1. zu Wohnzwecken vermietet werden, 2. im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegen sind und 3. nicht zum begünstigten Betriebsvermögen oder begünstigten Vermögen eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 13a ErbStG gehören.
2. Die Steuerbegünstigung setzt nach § 13c Abs. 3 Nr. 1 ErbStG voraus, dass sich der Erwerb auf ein bebautes Grundstück bezieht, das zu Wohnzwecken vermietet wird. Diese Voraussetzungen sind beim Erwerb eines Erbbaugrundstücks nicht erfüllt.
a) Ein erbbaurechtsbelastetes Grundstück ist trotz tatsächlich vorhandener Bebauung kein bebautes Grundstück i.S. des § 13c Abs. 3 ErbStG. Die Steuerbegünstigung nach § 13c ErbStG erfasst nicht solche Grundstücke, deren Bebauung zivilrechtlich nicht dem Grundstückseigentümer, sondern einem Dritten zuzurechnen ist.
Die auf dem Erbbaugrundstück befindlichen Gebäude sind zivilrechtlich Bestandteil des Erbbaurechts (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.12.2011 V ZR 244/10, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2012, 651, unter II.1.b). Sie gehören nach § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu den Bestandteilen des Grundstücks, mit der Folge, dass der Eigentümer des Erbbaugrundstücks nicht zugleich Eigentümer der vorhandenen Bebauung ist. Eigentümer der Gebäude ist vielmehr der Erbbauberechtigte; diesem ist die tatsächliche Bebauung auch rechtlich zuzurechnen.
b) Das Erbbaugrundstück wird auch nicht durch den Grundstückseigentümer (Erblasser) zu Wohnzwecken vermietet.
Der Grundstückseigentümer hat mit dem Erbbauberechtigten keinen Mietvertrag nach § 535 BGB, sondern einen Erbbaurechtsvertrag i.S. der §§ 1 ff. des Erbbaurechtsgesetzes (ErbbauRG) geschlossen. Der Erbbaurechtsvertrag ist darauf gerichtet, das Grundstück in der Weise zu belasten, dass dem Erbbauberechtigten das veräußerliche und vererbliche Recht zusteht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben (vgl. § 1 Abs. 1 ErbbauRG). Zum Inhalt des Erbbaurechts gehören auch die in § 2 ErbbauRG genannten Vereinbarungen. Zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten wird jedoch keine entgeltliche Nutzungsüberlassung des Grundstücks zu Wohnzwecken vereinbart.
Die Vermietung des Erbbaugrundstücks durch den Erbbauberechtigten ist dem Grundstückseigentümer nicht zuzurechnen. Das gilt auch, wenn das vereinbarte Erbbaurecht nach § 2 Nr. 1 ErbbauRG nur eine Bebauung zu Wohnzwecken vorsieht.
c) Wird ein tatsächlich bebautes Erbbaugrundstück, das der Erbbauberechtigte zu Wohnzwecken vermietet, von Todes wegen erworben, ist bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs des (neuen) Grundstückseigentümers somit ein verminderter Wertansatz nach § 13c Abs. 1 ErbStG nicht zu gewähren (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13c Rz 7; Ramb, Neue Wirtschaftsbriefe für Steuer- und Wirtschaftsrecht 2009, 2352, 2358; Billig, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2014, 208, unter Tz II.1.).
3. Die Versagung des verminderten Wertansatzes nach § 13c Abs. 1 ErbStG für ein Erbbaugrundstück verstößt nicht deshalb gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil ein unbelastetes Grundstück, das der Grundstückseigentümer zu Wohnzwecken vermietet, als begünstigtes Grundstück i.S. von § 13c Abs. 3 Nr. 1 ErbStG einzustufen ist.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen (Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 1 BvL 21/12, Deutsches Steuerrecht 2015, 31, Rz 121, m.w.N.). Die unterschiedliche Behandlung eines Erbbaugrundstücks und eines unbelasteten Grundstücks im Rahmen des § 13c Abs. 3 Nr. 1 ErbStG beruht darauf, dass der Eigentümer des Erbbaugrundstücks weder Eigentümer der auf dem Erbbaugrundstück befindlichen Gebäude ist noch das Grundstück in eigener Person zu Wohnzwecken vermietet, während der Eigentümer des unbelasteten Grundstücks auch Eigentümer der Gebäude ist und die Vermietung selbst vornimmt. Dies sind hinreichende Differenzierungsgründe. Im Übrigen wäre auch beim Erwerb eines unbelasteten Grundstücks, das der Eigentümer einem Dritten unentgeltlich zur Nutzung überlassen hat und das vom Dritten zu Wohnzwecken vermietet wird, eine Steuerbegünstigung nach § 13c ErbStG ausgeschlossen.
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