EuGH: Eine Steuerregelung, die so konzipiert ist, dass Offshore-Unternehmen der Besteuerung entgehen, stellt eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe dar
Daher hebt der Gerichtshof das Urteil des Gerichts auf und bestätigt die Entscheidung der Kommission, die es dem Vereinigten Königreich untersagt, das Vorhaben von 2002 zur Reform der Körperschaftsteuer in Gibraltar durchzuführen
Gerichtshof der Europäischen Union - Presse und Information - 15. November 2011, Pressemitteilung Nr. 120/11
Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-106/09 P und 107/09 P Kommission und Spanien / Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich
Im August 2002 meldete das Vereinigte Königreich bei der Kommission die beabsichtigte Körperschaftsteuerreform der Regierung von Gibraltar an.1 Diese Reform umfasste insbesondere die Aufhebung des alten Steuersystems und die Einführung von drei Steuern, die für alle Unternehmen in Gibraltar gelten sollten: eine Eintragungsgebühr für Unternehmen, eine Lohnsummensteuer und eine Gewerbegrundbenutzungssteuer (business property occupation tax, BPOT), wobei für die beiden letztgenannten Steuern eine Obergrenze von 15 % der Gewinne gelten sollte.
Die Kommission entschied im Jahr 20042, dass die angemeldeten Vorschläge zur Reform des Körperschaftsteuersystems in Gibraltar eine staatliche Beihilferegelung darstellten, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei, und dass diese Vorschläge daher nicht umgesetzt werden dürften. Die Kommission stellte fest, dass drei Bestandteile der Steuerreform materiell selektiv seien: 1. die Voraussetzung der Gewinnerzielung durch die Unternehmen als Grundlage für die Lohnsummensteuer und die BPOT, da diese Voraussetzung Unternehmen begünstige, die keine Gewinne erzielten, 2. die für die Lohnsummensteuer und die BPOT geltende Obergrenze von 15 % der Gewinne, da diese Obergrenze die Unternehmen begünstige, die in dem betreffenden Steuerjahr im Verhältnis zur Zahl ihrer Mitarbeiter und zur Nutzung von Geschäftsräumen niedrige Gewinne erzielten, 3. die Lohnsummensteuer und die BPOT, da diese beiden Steuern ihrem Wesen nach "Offshore-Unternehmen" begünstigten, die in Gibraltar nicht tatsächlich physisch präsent und daher nicht körperschaftsteuerpflichtig seien. Außerdem sei die geplante Reform regional selektiv, da sie ein System vorsehe, nach dem Unternehmen in Gibraltar allgemein niedriger besteuert würden als Unternehmen im Vereinigten Königreich.
Auf die Klagen der Regierung von Gibraltar und des Vereinigten Königreichs erklärte das Gericht erster Instanz am 18. Dezember 2008 die Entscheidung der Kommission für nichtig.3 Das Gericht stellte in seinem Urteil fest, dass die Kommission in Bezug auf die materielle Selektivität des Reformvorhabens keine korrekte Prüfungsmethode angewandt habe. Die Kommission hätte, um den selektiven Charakter der fraglichen Steuerregelung zu beweisen, nachweisen müssen, dass bestimmte Bestandteile dieser Regelung Ausnahmen von der allgemeinen oder "normalen" Steuerregelung von Gibraltar seien. Dabei habe die Kommission nicht, wie sie dies in ihrer Entscheidung getan habe, allgemeine Steuermaßnahmen im Hinblick auf ihre Wirkungen als selektiv ansehen dürfen. Außerdem war das Gericht der Ansicht, der Bezugsrahmen für die Beurteilung der regionalen Selektivität der Reform entspreche ausschließlich den Grenzen des Gebiets von Gibraltar und nicht denjenigen des Vereinigten Königreichs.
Die Kommission und Spanien legten daraufhin beim Gerichtshof die vorliegenden Rechtsmittel ein, mit denen sie die Aufhebung des Urteils des Gerichts begehren.
In seinem Urteil vom heutigen Tag befindet der Gerichtshof, das Gericht habe rechtsfehlerhaft die Ansicht vertreten, dass das Steuerreformvorhaben den Offshore-Unternehmen keine selektiven Begünstigungen gewähre.
Der Gerichtshof führt aus, dass eine unterschiedliche steuerliche Belastung, die sich aus der Anwendung einer "allgemeinen" Steuerregelung ergibt, als solche nicht ausreichen kann, um die Selektivität einer Besteuerung festzustellen. Allerdings liegt diese Selektivität vor, wenn, wie hier, die in einem Steuersystem als Besteuerungsgrundlage festgelegten Kriterien geeignet sind, die begünstigten Unternehmen anhand ihrer spezifischen Eigenarten als privilegierte Gruppe zu kennzeichnen.
In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass die Steuerregelung von Gibraltar u. a durch eine Kombination von Lohnsummensteuer und BPOT als einzigen Besteuerungsgrundlagen gekennzeichnet ist, woraus sich eine Besteuerung ergibt, die von der Zahl der Arbeitnehmer und der Größe der genutzten Geschäftsräume abhängt. Gleichwohl schließt die Kombination dieser beiden Besteuerungsgrundlagen (die auf an sich allgemeinen Kriterien beruhen), da andere Besteuerungsgrundlagen fehlen, von vornherein jede Besteuerung der Offshore-Unternehmen aus, da diese keine Arbeitnehmer beschäftigen und auch keine Geschäftsräume nutzen. Diese Kriterien führen daher zu einer unterschiedlichen Behandlung der Unternehmen, die sich im Hinblick auf das mit dem Steuerreformvorhaben verfolgte Ziel, ein allgemeines Besteuerungssystem für alle in Gibraltar ansässigen Unternehmen einzuführen, in einer vergleichbaren Lage befinden.
Der Gerichtshof gelangt folglich zu dem Schluss, dass der Umstand, dass die Offshore-Unternehmen auf Gibraltar nicht besteuert werden, keine zufällige Folge der fraglichen Regelung ist, sondern unvermeidliche Konsequenz der Tatsache, dass die beiden Körperschaftsteuern (insbesondere ihre Besteuerungsgrundlagen) genau so konzipiert sind, dass die Offshore-Unternehmen, die als solche keine Arbeitnehmer beschäftigen und keine Geschäftsräume nutzen, der Besteuerung entgehen. Der Umstand, dass die Offshore-Unternehmen gerade aufgrund der typischen und spezifischen Merkmale dieser Gruppe von Unternehmen der Besteuerung entgehen, erlaubt daher die Feststellung, dass diesen Unternehmen selektive Begünstigungen zugutekommen.
Der Gerichtshof weist insbesondere darauf hin, dass entgegen der Auffassung des Gerichts die Einstufung eines Steuersystems als "selektiv" nicht davon abhängig ist, dass dieses so konzipiert ist, dass sämtliche Unternehmen denselben steuerlichen Belastungen unterliegen, einige von ihnen aber von Ausnahmevorschriften profitieren, die ihnen einen selektiven Vorteil gewähren. Ein solches Verständnis des Kriteriums der Selektivität würde voraussetzen, dass eine Steuerregelung – um als selektiv eingestuft werden zu können – nach einer bestimmten Regelungstechnik konzipiert ist. Dies hätte zur Folge, dass nationale Steuervorschriften der Kontrolle auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen von vornherein aus dem bloßen Grund entzogen sind, dass sie auf einer anderen Regelungstechnik beruhen, obwohl sie dieselben Wirkungen entfalten.
Da das Steuerreformvorhaben materiell selektiv ist, soweit es den Offshore-Unternehmen selektive Vorteile gewährt, hält der Gerichtshof die Prüfung, ob das Reformvorhaben in territorialer Hinsicht selektiv ist, für nicht erforderlich.
Unter diesen Umständen hebt der Gerichtshof das Urteil des Gerichts auf und bestätigt die Entscheidung der Kommission, wonach das Steuerreformvorhaben eine staatliche Beihilferegelung darstellt, die das Vereinigte Königreich nicht umsetzen darf.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Der Volltext des Urteils wird am Tag der Verkündung auf der Curia-Website veröffentlicht
1 Die Reform, um die es in den vorliegenden Rechtssachen geht, ist jedoch nicht in Kraft getreten.
2 Entscheidung 2005/262/EG der Kommission vom 30. März 2004 über die Beihilferegelung, die das Vereinigte Königreich im Rahmen der Körperschaftsteuerreform der Regierung von Gibraltar beabsichtigt (ABl. 2005, L 85, S. 1).
3 Urteil in den Rechtssachen T-211/04 und T-215/04, Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland/Kommission (vgl. Pressemitteilung Nr. 99/08 [pdf]).
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