FG Baden-Württemberg: Keine Aussetzung einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung
Finanzgericht Baden-Württemberg 1. März 2016, Pressemitteilung Nr. 4/2016
Der 11. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg entschied mit Urteil vom 26. Januar 2016 (Az. 11 K 2973/14), dass die Finanzbehörde nicht berechtigt sei, gegenüber der Klägerin die vorübergehende Aussetzung einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung anzuordnen. Hierfür gebe es keine Rechtsgrundlage. Das Gesetz sehe keine sog. Ruhendstellung vor. Das Finanzgericht ließ die Revision zu.
Die Klägerin, ein Kreditinstitut, war Adressatin einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung einer Finanzbehörde. Diese vollstreckte in gegen die Klägerin gerichtete Forderungen ihrer Kunden wegen deren Abgabenschulden. Die Klägerin teilte der Behörde mit, dass die von der Pfändung betroffenen Konten keine pfändbaren Guthaben ausweisen. Sie werde die Pfändung in Zukunft beachten. Eine Aussetzung von Pfändungen nehme sie nicht mehr an. Später bewilligte die Behörde dem Vollstreckungsschuldner gegen Teilzahlungen Vollstreckungsaufschub und schränkte mit Schreiben vom 30. Juni 2014 die Pfändungs- und Einziehungsverfügung in der Weise ein, dass die Klägerin gebeten wurde, bis auf Widerruf keine Beträge auf Grund der Pfändung einzubehalten. Die Pfändungsverfügung hielt sie jedoch aufrecht und wies darauf hin, dass diese in jedem Fall gegenüber später zugestellten Pfändungen bzw. Abtretungen vorrangig bleibe. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Sodann zahlte der Vollstreckungsschuldner und die Behörde hob die Verfügung auf.
Die Klägerin erhob Klage. Sie begehrte die gerichtliche Feststellung, dass der Bescheid vom 30. Juni 2014 rechtswidrig gewesen ist. Die Beschränkung sei mangels Ermächtigungsgrundlage ein rechtswidriger Verwaltungsakt gewesen, der sie in ihren Rechten beeinträchtige. Habe sie ruhend gestellte Pfändungen zu überwachen, erfordere dies einen erheblichen Verwaltungsaufwand und setze sie der Gefahr von Schadensersatzansprüchen aus. Es bestehe Wiederholungsgefahr.
Der 11. Senat entschied, dass das Schreiben vom 30. Juni 2014 ein Verwaltungsakt sei, der den Regelungsinhalt der Pfändungs- und Einziehungsverfügung mit Außenwirkung verändere. Die Finanzbehörde sei nicht befugt, die Rechtswirkungen der nach dem Gesetz vorgesehenen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch eine einseitige Anordnung dahin zu modifizieren, dass, unter Aufrechterhaltung der Verstrickung, die sich aus einem Pfandrecht ergebenden Rechtswirkungen vorübergehend entfallen. Die Zivilprozessordnung sehe keine Ruhendstellung oder Aussetzung der Wirkungen einer Pfändung vor. Die Behörde könne keine Anordnungen treffen, die nach der Zivilprozessordnung nicht gestattet seien. Die von der Behörde zitierte Norm (§ 258 Abgabenordnung) regle das Verhältnis zwischen der Vollstreckungsbehörde und dem Vollstreckungsschuldner, rechtfertige aber keine Beeinträchtigung der Rechte Dritter. Eingriffe in die Rechtsstellung Dritter, der Klägerin, bedürften einer Ermächtigungsgrundlage oder deren Zustimmung. Hieran fehle es.
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