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BFH zur Anwendung abkommensrechtlicher Aktivitätsvorbehalte auf ausländische Betriebsstätteneinkünfte

  1. Sieht eine abkommensrechtliche "Switch over"‑Klausel vor, dass die An­wendung der Freistellungsmethode bei Betriebsstätteneinkünften unter einem Aktivitätsvorbehalt steht und wird hierfür auf § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 des Au­ßensteuergesetzes (AStG) verwiesen, erfüllen ausländische Betriebsstätten das dortige Tatbestandsmerkmal "ausländische Gesellschaft". Die Verweisung betrifft nicht nur die Regelung der aktiven (Grund‑)Tätigkeiten, sondern be­zieht die in § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG vorgesehenen Einschränkungen ein (hier: Mitwirkung eines gemäß § 7 AStG an der Gesellschaft beteiligten, unbe­schränkt Steuerpflichtigen an der Dienstleistung nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG).
  2. Die (Rück‑)Ausnahme des § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG i.d.F. des Jahressteuer­gesetzes 2010 (JStG 2010), die als Rechtsfolge die Beibehaltung der Freistel­lungsmethode vorsieht, kommt nicht zur Anwendung, wenn ein Wechsel der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode nicht aus § 20 Abs. 2 AStG bzw. § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG i.d.F. des JStG 2010, sondern bereits aus der Anwendung einer abkommensrechtlichen "Switch over"‑Klausel folgt.

AStG § 8 Abs. 1 Nr. 5, § 20 Abs. 2
DBA-Russland 1996 Art. 23 Abs. 2 Buchst. c
DBA-Rumänien 2001 Art. 23 Abs. 2 Buchst. c

BFH-Urteil vom 3.7.2024, I R 4/21 (veröffentlicht am 17.10.2024)

Vorinstanz: Sächsisches FG vom 15.12.2020, 1 K 1469/16 = SIS 21 14 92

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob für im Jahr 2004 (Streitjahr) erzielte Ein­künfte aus ausländischen Betriebsstätten unter Berücksichtigung abkommens­rechtlicher Aktivitätsvorbehalte und § 20 Abs. 2 des Außensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (AStG) die Freistellungs- oder die An­rechnungsmethode anzuwenden ist.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, ist Rechtsnachfolgerin der X‑GmbH, die im Streitjahr ihren Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Inland hatte und an der zu Beginn des Streitjahres A zu 70 % (ab 28.02.2004: 95 %) und B zu 30 % (ab 28.02.2004: 5 %) beteiligt waren. Aufgrund von Consultingverträgen mit … war die X‑GmbH unter anderem in Russland und Rumänien tätig. Dort wurden ihr Geschäftsräume zur Verfügung gestellt oder von ihr selbst auf eigene Rechnung angemietet, in denen eigenes Personal (darunter auch A) beratend tätig wurde. Die X‑GmbH erklärte insoweit Einkünfte aus ausländischen Betriebsstätten, die im Inland nach dem jeweils anwendbaren Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung (DBA) steuerfrei seien.

Nach einer Außenprüfung kam der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) zu dem Ergebnis, dass die Einkünfte aus den Projekten in Russland und Rumänien nicht der Freistellungs‑, sondern der Anrechnungsmethode un­terfielen, und erließ am 14.04.2014 einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenord­nung entsprechend geänderten Bescheid über Körperschaftsteuer für 2004. Während des Einspruchsverfahrens einigten sich die Beteiligten über die Höhe der Einkünfte, die der Betriebsstätte in Russland (… €) und der Be­triebsstätte in Rumänien (… €) zuzurechnen seien. Diese Einigung wurde in einem weiteren Änderungsbescheid vom 07.12.2015 umgesetzt. Im Übrigen blieb der Einspruch erfolglos.

Das Sächsische Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage mit Urteil vom 15.12.2020 ‑ 1 K 1469/16 (Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2021, 1976) als unbegründet ab. Zwar seien die streitigen Betriebs­stätteneinkünfte nach dem jeweiligen DBA grundsätzlich von der inländischen Besteuerung freizustellen. Aufgrund des in dem jeweiligen DBA vereinbarten Aktivitätsvorbehalts sei aber letztlich die Anrechnungsmethode anzuwenden. Insbesondere lägen keine (aktiven) Dienstleistungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AStG vor, da die X‑GmbH ihre Leistungen unter Mitwirkung des zu 70 % beziehungsweise 95 % beteiligten A erbracht habe (Ausschluss nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG). Eine Freistellung der ausländischen Betriebsstät­teneinkünfte ergebe sich auch nicht aus § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG in der durch das Jahressteuergesetz 2010 vom 08.12.2010 (BGBl I 2010, 1768, BStBl I 2010, 1394) geänderten Fassung (AStG n.F.).

Die Klägerin macht mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts gel­tend und beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den Be­scheid über Körperschaftsteuer für das Jahr 2004 vom 07.12.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.09.2016 dahin zu ändern, dass die Kör­perschaftsteuer von … € auf … € gemindert wird, sowie die Hinzuzie­hung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat ohne Rechtsfehler da­hin erkannt, dass die Betriebsstätteneinkünfte nicht der Freistellungs‑, son­dern der Anrechnungsmethode unterliegen.

  1. Die X‑GmbH war im Streitjahr nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteu­ergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG) unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckte sich nach § 1 Abs. 2 KStG auf sämtliche Einkünfte. Das Einkommen der X‑GmbH ermittelte sich nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG und umfasste auch die Einkünfte aus den in Russland und Rumänien erbrachten Consultingleistungen.

Soweit diese Einkünfte den dortigen Betriebsstätten der X‑GmbH zuzuordnen waren, sind sie nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutsch­land und der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 29.05.1996 ‑‑DBA‑Russland‑‑ (BGBl II 1996, 2711, BStBl I 1996, 1491) und dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen vom 04.07.2001 ‑‑DBA‑Rumänien‑‑ (BGBl II 2003, 1595, BStBl I 2004, 274) grundsätzlich von der inländischen Besteue­rung freizustellen; die Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) behält aber das Recht, diese Einkünfte bei der Festsetzung des Steuersatzes zu berück­sichtigen (Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 23 Abs. 2 Buchst. a DBA‑Russland; Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 23 Abs. 2 Buchst. a und d DBA‑Rumänien).

Hiervon gehen zutreffend sowohl das FG als auch die Beteiligten aus. Der Se­nat kann deshalb von weiteren Ausführungen absehen.

  1. Das FG ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass im Streitfall aufgrund der abkommensrechtlichen Aktivitätsvorbehalte des DBA‑Russland und des DBA‑Rumänien nicht die Freistellungs‑, sondern die Anrechnungsme­thode anwendbar ist.
a) Nach 23 Abs. 2 Buchst. c DBA‑Russland werden ‑‑ungeachtet der Be­stimmungen des Buchst. a‑‑ Einkünfte im Sinne des Art. 7 DBA‑Russland nur dann von der deutschen Steuer ausgenommen, wenn die in Deutschland an­sässige Person nachweist, dass die Betriebsstätte in dem Wirtschaftsjahr, in dem sie den Gewinn erzielt hat, ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallenden Tätigkeiten be­zogen hat.

Art. 23 Abs. 2 Buchst. c DBA‑Rumänien enthält eine vergleichbare Regelung. Danach sind auf Einkünfte im Sinne des Art. 7 DBA‑Rumänien anstelle der Bestimmungen des Art. 23 Abs. 2 Buchst. a DBA‑Rumänien die Bestimmungen des Art. 23 Abs. 2 Buchst. b DBA‑Rumänien (Anrechnungsmethode) anzuwen­den, wenn die in Deutschland ansässige Person nicht nachweist, dass die Be­triebsstätte in dem Wirtschaftsjahr, in dem sie den Gewinn erzielt hat, ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallenden Tätigkeiten bezogen hat.

Nach dem in Bezug genommenen § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG, der auch schon zum Zeitpunkt des Abschlusses des DBA‑Russland und des DBA‑Rumänien galt, gehören Dienstleistungen zu den aktiven Tätigkeiten, so­weit sich die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung nicht eines unbe­schränkt Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 AStG an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leis­tung im Geltungsbereich des Außensteuergesetzes steuerpflichtig ist. Darüber hinaus ist im Hinblick auf die anwendbaren Rechtsgrundlagen zu berücksichti­gen, dass Rumänien im Streitjahr noch nicht Mitglied der Europäischen Union war.

b) Nach diesen Maßgaben gilt für die Betriebsstätteneinkünfte abkommens­rechtlich die Anrechnungsmethode.

aa) Die Klägerin kann sich insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Aktivitätsvorbehalte des DBA‑Russland und des DBA‑Rumänien unzulässig ausgeweitet würden, wenn die Bezugnahme in § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG auf eine "ausländische Gesellschaft" auch auf Betriebsstätten angewendet wer­den sollte. Vielmehr ist § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG im Rahmen der abkom­mensrechtlichen Prüfung der Aktivitätsvorbehalte so auszulegen, dass als "ausländische Gesellschaft" unter anderem auch die ausländischen Betriebs­stätten (hier: in Russland und Rumänien) einer inländischen Kapitalgesell­schaft (hier: X‑GmbH) anzusehen sind.

Dies folgt bereits daraus, dass die Aktivitätsvorbehalte in Art. 23 Abs. 2 Buchst. c DBA‑Russland und Art. 23 Abs. 2 Buchst. c DBA‑Rumänien unter anderem für Einkünfte aus einer "Betriebsstätte" Anwendung finden, die "eine in Deutschland ansässige Person" im jeweils anderen Vertragsstaat unterhält. Die nationalen Regelungen des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG, auf die diese Akti­vitätsvorbehalte zur Unterscheidung zwischen aktiven und passiven Tätigkei­ten Bezug nehmen, sind dagegen auf die Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft im Sinne des § 7 Abs. 1 AStG zugeschnitten. Eine abkommens­rechtlich in Deutschland ansässige Person kann aber grundsätzlich keine aus­ländische Gesellschaft im Sinne des § 7 Abs. 1 AStG sein. Somit ist der Ver­weis auf § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG abkommensrechtlich nicht auf die Tätig­keiten einer ausländischen Gesellschaft zu beschränken, sondern auf Tätigkei­ten der ausländischen Betriebsstätte einer im Inland ansässigen Person zu übertragen. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt darin keine unzulässi­ge Erweiterung des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG, sondern eine für die abkom­mensrechtlich angeordnete Anwendung erforderliche Anpassung.

bb) Die Voraussetzungen der Aktivitätsvorbehalte des Art. 23 Abs. 2 Buchst. c DBA‑Russland und des Art. 23 Abs. 2 Buchst. c DBA‑Rumänien sind im Streit­fall erfüllt.

(1) Die X‑GmbH erzielte unter Art. 7 des jeweiligen DBA fallende Einkünfte aus Betriebsstätten, für die nach den Methodenartikeln dieser DBA grundsätzlich die Freistellungsmethode anzuwenden ist. Der in dem jeweiligen Aktivitätsvor­behalt vorgesehene Verweis auf § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG könnte zwar grundsätzlich dazu führen, die Tätigkeiten der X‑GmbH als (aktive) Dienstleis­tungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AStG einzuordnen. Aufgrund der in § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG geregelten Ausnahme liegen aber passive Tätig­keiten vor, für die in dem jeweiligen Aktivitätsvorbehalt als Rechtsfolge ein abkommensrechtlicher Wechsel der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode vorgesehen ist. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat A ‑‑und damit ein im Streitjahr an der X‑GmbH über­wiegend beteiligter Gesellschafter‑‑ in den jeweiligen Betriebsstätten mitgear­beitet.

(2) Soweit das FG in seiner Entscheidung darauf abstellt, dass die X‑GmbH kein Einzelunternehmer sei, ist dies ‑‑entgegen der Auffassung der Klägerin‑‑ frei von Rechtsfehlern. Das FG widerspricht damit nicht Art. 3 Abs. 1 Buchst. b DBA‑Russland und Art. 3 Abs. 1 Buchst. d DBA‑Rumänien, wonach abkom­mensrechtlich eine "Person" nicht nur natürliche Personen, sondern auch Ge­sellschaften und alle anderen Personenvereinigungen sind. Vielmehr bezieht sich das FG insoweit lediglich auf die zu § 20 Abs. 2 AStG geführte Diskussion, ob Dienstleistungen von Einzelunternehmern ‑‑unabhängig von der zeitlichen Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG n.F.‑‑ bei fiktiver Anwendung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG auszunehmen seien (vgl. hierzu FG Bremen, Be­schluss vom 25.05.2020 ‑ 1 V 16/20 (3), juris). Diese Diskussion hat ‑‑wie vom FG zu Recht ausgeführt‑‑ auf den Streitfall schon deshalb keine Auswir­kungen, weil die X‑GmbH eine Gesellschaft und kein Einzelunternehmer ist. Dadurch fällt sie nicht erst über die Fiktion des § 20 Abs. 2 AStG, sondern di­rekt in den auf Gesellschaften zugeschnittenen Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG, auf den die Aktivitätsvorbehalte Bezug nehmen. Dass in diesem Zusammenhang eine Übertragung der in § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG geregelten Voraussetzungen auf ausländische Betriebsstätten einer im Inland ansässigen Kapitalgesellschaft erforderlich bleibt, ändert daran nichts.

(3) Soweit ein Teil der Literatur den Verweis der Aktivitätsvorbehalte auf § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG so auslegt, dass nur auf die dort genannten (Grund‑)Tätigkeiten ‑‑wie beispielsweise "Dienstleistungen"‑‑ abgestellt wird, nicht aber auf etwaige Einschränkungen wie in § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG (Schönfeld/Häck in Schönfeld/Ditz, DBA, 2. Aufl., Art. 23A/B Rz 89; Haase, Internationales Steuerrecht ‑‑IStR‑‑ 2011, 338, 340; vgl. auch Dörrfuß in Wassermeyer Singapur Art. 24 Rz 68; speziell für § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG durch teleologische Reduktion unter Berücksichtigung des § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG n.F.: Kaminski/Strunk, IStR 2011, 137, 141; zustimmend ["wün­schenswert"] Schwarz, IStR 2012, 861, 866), ist dem nicht zu folgen.

Eine solche Auslegung ist mit dem Wortlaut der im Streitfall anzuwendenden abkommensrechtlichen Regelungen nicht zu vereinbaren (im Ergebnis zustim­mend Ditz/Licht, Internationale SteuerRundschau ‑‑ISR‑‑ 2022, 411, 414; Oertel in Hummel/Kaminski (Hrsg.), Internationale Unternehmensbesteuerung angesichts globaler Krisen, 2023, S. 225, 237 f.). Denn die Aktivitätsvorbehal­te beziehen sich ausdrücklich auf die unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG "fallen­den Tätigkeiten". Daraus wird deutlich, dass nur solche Tätigkeiten gemeint sind, die auch unter Berücksichtigung der in diesen Vorschriften vorgesehenen Einschränkungen und der konkreten Umstände des Einzelfalls zu den aktiven Tätigkeiten gehören.

Eine teleologische Reduktion unter Berücksichtigung des § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG n.F. kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die abkommensrechtli­chen Aktivitätsvorbehalte untereinander ‑‑und auch gegenüber der unilatera­len sogenannten Switch over‑Klausel in § 20 Abs. 2 AStG beziehungsweise § 20 Abs. 2 AStG n.F.‑‑ vielfältige Unterschiede aufweisen (z.B. Ditz/Licht, ISR 2022, 411, 412). Somit fehlt bereits ein einheitlicher Grundge­danke, an dem sich eine teleologische Reduktion orientieren könnte. Auch die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG n.F. geht lediglich auf die Problematik von Betriebsstätten natürlicher Personen ein, die im Aus­land Dienstleistungen erbringen (BTDrucks 17/2249, S. 85). Dass diese Vor­schrift letztlich auch für Betriebsstätten von Kapitalgesellschaften Anwendung findet (zutreffend Ditz/Licht, ISR 2022, 411, 413), ändert daran nichts. Auch wenn eine Vereinheitlichung der Voraussetzungen des "Switch over" wünschenswert erscheinen mag, bleibt sie dem Gesetzgeber vorbehalten.

cc) Hinsichtlich des Umfangs der erfassten Einkünfte sehen die abkommens­rechtlichen Aktivitätsvorbehalte des DBA‑Russland und des DBA‑Rumänien als Rechtsfolge eine Anwendung der Anrechnungsmethode auf sämtliche Einkünf­te aus der ausländischen Betriebsstätte vor, sofern nicht nachgewiesen wird, dass diese ausschließlich oder fast ausschließlich aus aktiven Tätigkeiten er­zielt worden sind ("Alles-oder-Nichts-Prinzip"). Eine Aufteilung der Einkünfte wie in § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG n.F. ("soweit") bzw. § 20 Abs. 2 AStG und § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG n.F. ("insoweit") scheidet daher aus (Schönfeld/Häck in Schönfeld/Ditz, DBA, 2. Aufl., Art. 23A/B Rz 91; Gebhardt/Quilitzsch, IStR 2011, 169, 171; a.A. wohl Haversath, EFG 2021, 1978; Ditz/Licht, ISR 2022, 411, 413 ["wirtschaftlich sachgerecht"]). Das Senatsurteil vom 01.04.2003 ‑ I R 31/02 (BFHE 202, 446, BStBl II 2003, 875) steht dem nicht entgegen, da dieser Entscheidung ‑‑anders als im Streitfall‑‑ eine abkommensrechtliche "soweit"‑Regelung zugrunde lag.

  1. Darüber hinaus hat das FG zu Recht auch eine Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG n.F. abgelehnt, der als Rechtsfolge eine (Rück‑)Ausnahme und damit den Verbleib bei der Freistellungsmethode vorsieht.
a) Ausgangspunkt ist § 20 Abs. 2 AStG. Fallen danach Einkünfte in der auslän­dischen Betriebsstätte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an und wären sie als Zwischeneinkünfte (im Sinne des Außensteuergesetzes) steuerpflichtig, falls diese Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, ist insoweit die Doppelbesteuerung nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuern zu vermeiden (unilatera­le "Umschalt"‑ oder "Switch over"‑Klausel).

Durch das Jahressteuergesetz 2010 ist ein neuer Satz 2 angefügt worden, der hierfür eine (Rück‑)Ausnahme vorsieht. Danach gilt der Wechsel der Freistel­lungs- zur Anrechnungsmethode nicht, soweit in der ausländischen Betriebs­stätte Einkünfte anfallen, die nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG als Zwi­scheneinkünfte steuerpflichtig wären (§ 20 Abs. 2 Satz 2 AStG n.F.).

b) Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG n.F. schon für das Streitjahr anwendbar war, obwohl § 21 Abs. 19 Satz 2 AStG n.F. nur auf diejenigen Fälle verweist, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist, und zur hier streitigen Körperschaft­steuer keine Aussage trifft (vgl. hierzu Prokopf in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 20 AStG Rz 10, m.w.N.).

Denn § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG n.F. stellt (nur) eine (Rück‑)Ausnahme von dem in § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG n.F. (bzw. § 20 Abs. 2 AStG) vorgesehenen Wech­sel der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode dar. Sofern ‑‑wie im Streitfall‑‑ schon wegen eines abkommensrechtlichen Aktivitätsvorbehalts die Anrech­nungsmethode gilt, kommt § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG (bzw. insgesamt § 20 Abs. 2 AStG) hingegen nicht zur Anwendung, so dass § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG n.F. ins Leere läuft (Brandis/Heuermann/Vogt, § 20 AStG Rz 38; Hahn in Lademann, § 20 AStG Rz 184; Prokopf in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 20 AStG Rz 151.5 und 166; Wassermeyer/Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 20 AStG Rz 128.1; Ditz/Licht, ISR 2022, 411, 413; Gebhardt/Quilitzsch, IStR 2011, 169, 172; Kaminski/Strunk, IStR 2011, 137, 141; Weiss, IStR 2020, 849, 850; a.A. Haase, IStR 2011, 338, 340; wohl auch Rupp in Haase, AStG/DBA, 3. Aufl., § 20 AStG Rz 129). Dabei folgt die Anknüpfung des § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG n.F. an dessen Satz 1 bereits aus der Bezugnahme "Das gilt nicht, soweit…" am Anfang des Satzes 2 (s.a. Satz 2 i.d.F. des ATAD-Umsetzungs­gesetzes vom 25.06.2021 [BGBl I 2021, 2035, BStBl I 2021, 874] mit Wirkung zum 01.07.2021: "Satz 1 gilt nicht, soweit…").

Dass § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG n.F. (bzw. § 20 Abs. 2 AStG) seinerseits die ab­kommensrechtliche Anwendung der Freistellungsmethode voraussetzt, kommt seit dem ATAD-Umsetzungsgesetz dadurch zum Ausdruck, dass die Einkünfte aufgrund eines DBA "von der Besteuerung auszunehmen" sein müssen. Dies ist aber nur als ge­setzliche Klarstellung anzusehen, die dem Gesetz auch in der Fassung des Streitjahres zu entnehmen war. Auch § 20 Abs. 2 AStG hat an die "Freistel­lung" angeknüpft. Zwar ist dies lediglich im Rahmen der Regelung der Rechts­folge geschehen. Da diese Rechtsfolge (Wechsel der Freistellungs- zur Anrech­nungsmethode) aber denklogisch nur dann eintreten kann, wenn zuvor die Freistellungsmethode gilt, ergibt sich daraus auch ein entsprechendes Tatbe­standsmerkmal (Gebhardt/Quilitzsch, IStR 2011, 169, 172; Kaminski/Strunk, IStR 2011, 137, 141; a.A. Haase, IStR 2011, 338, 339). Dass es sich dabei um eine abkommensrechtlich vorgesehene Freistellung handeln muss, folgt aus der amtlichen Überschrift "§ 20 Bestimmungen über die Anwendung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung" (zutreffend Wassermeyer/Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außen­steuerrecht, § 20 AStG Rz 160).

c) Soweit gefordert wird, § 20 Abs. 2 AStG sei dahin auszulegen, dass nur die grundsätzliche Anwendbarkeit der Freistellungsmethode, nicht aber deren tat­sächliche Anwendung unter Berücksichtigung etwaiger Aktivitätsvorbehalte und der konkreten Umstände des Einzelfalls gemeint sei (so wohl Haase, IStR 2011, 338, 339), ist dem nicht zu folgen. Wie bereits aufgezeigt, kommt ohne eine tatsächliche abkommensrechtliche Freistellung denklogisch auch ein uni­lateraler Wechsel der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode nicht in Be­tracht.
 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
 
5. Der Antrag der Klägerin, die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist im Revisionsverfahren unzulässig. Für die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO ist das FG als Gericht des ersten Rechtszugs zuständig (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 28.06.2022 ‑ I R 24/21, BFHE 277, 347, m.w.N.).
 
6. Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO).
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