BFH: Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit bei Verwertung sicherungsübereigneten beweglichen Betriebsvermögens durch den absonderungsberechtigten Gläubiger
- Überlässt der Insolvenzverwalter gemäß § 170 Abs. 2 InsO dem absonderungsberechtigten Gläubiger die der Masse zugehörigen sicherungsübereigneten beweglichen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens zur Verwertung und entsteht nachfolgend durch deren Verkauf ‑‑infolge Aufdeckung von stillen Reserven‑‑ ein einkommensteuerpflichtiger Gewinn, ist die darauf entfallende Einkommensteuer eine "in anderer Weise" durch die Verwertung der Insolvenzmasse begründete Masseverbindlichkeit.
- Durch die Überlassung (nur) zur Verwertung erfolgt keine echte Freigabe und damit auch keine Entlassung des Gegenstandes aus dem Insolvenzbeschlag.
- Zum Klageverfahren des Insolvenzverwalters wegen der Qualifizierung von Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit ist der Insolvenzschuldner nicht gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO notwendig beizuladen.
FGO § 60 Abs. 3 Satz 1, § 73 Abs. 2
InsO § 35 Abs. 1, § 51 Nr. 1, § 50 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 166 Abs. 1, § 170 Abs. 2
BFH-Urteil vom 14.12.2022, X R 9/20 (veröffentlicht am 6.7.2023); SIS 23 10 77
Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 3.3.2020, 5 K 1193/17 = SIS 19 22 17
I. Am 01.11.2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners (I), der als Einzelunternehmer einen metallverarbeitenden Gewerbebetrieb unterhielt, eröffnet und der Kläger und Revisionskläger (Kläger) zum Insolvenzverwalter bestellt.
Mit Schreiben vom 29.11.2012 überließ der Kläger der Kreissparkasse die Verwertung der ihr sicherungsübereigneten beweglichen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens des I und bat darum, den Verwertungserlös ihm gegenüber abzurechnen und den Umsatzsteueranteil sowie den Feststellungskostenbeitrag auszukehren.
Im Rahmen der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen des Streitjahres 2013 ermittelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) aus dem Verkauf des beweglichen Betriebsvermögens einen Gewinn und kündigte an, ihn der Masse zuzurechnen. Dem Hinweis des Klägers auf die Fremdverwertung und den geringen Massezufluss folgte das FA unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16.05.2013 ‑ IV R 23/11 (BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759) nicht. Es erließ unter dem 08.07.2015 zwei Bescheide, mit welchen es unter Berücksichtigung von Einkünften des I aus Gewerbebetrieb zum einen die (anteilige) Einkommensteuer betreffend die Masse gegenüber dem Kläger und zum anderen die (anteilige) Einkommensteuer betreffend das insolvenzfreie Vermögen gegenüber I sowie seiner Ehefrau (E) ‑‑durch Bekanntgabe gegenüber I‑‑ festsetzte. Dabei teilte das FA den Gesamtbetrag der Einkommensteuer im Verhältnis der Masseeinkünfte zu den Einkünften im insolvenzfreien Vermögen auf.
Nach Abgabe der Steuererklärung änderte das FA unter dem 31.08.2015 die Einkommensteuerbescheide für 2013 aufgrund weiterer, nachträglich bekanntgewordener Verkäufe des sicherungsübereigneten Betriebsvermögens dahingehend ab, dass es nunmehr Einkünfte des I aus Gewerbebetrieb in Höhe von 63.657 € zugrunde legte, wodurch sich eine entsprechende Neuaufteilung der Gesamtsteuerschuld und eine geänderte Festsetzung der anteiligen Einkommensteuer in den an den Kläger (als Insolvenzverwalter) sowie an I und E gerichteten Einkommensteuerbescheiden ergab.
Die nach erfolglosen Einspruchsverfahren erhobenen Klagen des Klägers (Aktenzeichen 5 K 1097/17) sowie des I (Aktenzeichen 5 K 1193/17) wurden mit Beschluss des Finanzgerichts (FG) vom 12.09.2019 gemäß § 73 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unter dem Aktenzeichen 5 K 1193/17 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Das FG wies die Klage des Klägers ‑‑ebenso wie die des I‑‑ ab (Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2020, 679) und führte zur Begründung aus, die vom Kläger erklärte Überlassung des Sicherungsguts zur Verwertung durch die absonderungsberechtigte Kreissparkasse nach § 170 Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) stelle eine Maßnahme des Insolvenzverwalters i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar. Darin liege keine echte Freigabe im Sinne einer Entlassung der Gegenstände aus dem Insolvenzbeschlag, da es hierfür einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber I bedurft hätte. Es handele sich um Masseverbindlichkeiten, da der Besteuerungstatbestand erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Verkauf des beweglichen Anlagevermögens verwirklicht worden sei. Ob die Veräußerung durch den Insolvenzverwalter selbst oder durch einen zur Verwertung befugten absonderungsberechtigten Gläubiger vorgenommen werde, sei nicht entscheidend.
Mit seiner Revision macht der Kläger im Kern geltend, im Hinblick auf seine Haftungsrisiken (§ 60 InsO) müsse für den Insolvenzverwalter stets eine ‑‑die Masse schützende‑‑ Handlungsalternative bestehen. Vorliegend habe außer der Eigenverwertung oder der Überlassung der Verwertung an den Sicherungsgläubiger gemäß § 170 Abs. 2 InsO für ihn keine andere Möglichkeit bestanden, die in Rede stehenden Wirtschaftsgüter "loszuwerden". Eine Freigabe der Wirtschaftsgüter aus dem Insolvenzbeschlag sei nicht möglich gewesen. Bezüglich der sicherungsübereigneten Gegenstände habe die Kreissparkasse die "Aussonderung" verlangen können und dies auch getan. Mangels Eigentums habe I keinen Herausgabeanspruch gehabt.
Überdies gefährde die Annahme einer Freigabemöglichkeit, bei welcher die Realisation der stillen Reserven allein den Insolvenzschuldner treffe, das insolvenzrechtliche Ziel der Erlangung der Restschuldbefreiung des Schuldners. Diesem Ziel könne durch Änderung der BFH-Rechtsprechung Rechnung getragen werden. Dafür müsse in dem Insolvenzantrag jedenfalls in solchen Fällen eine Betriebsaufgabe des Steuerpflichtigen gesehen werden, in denen der Insolvenzschuldner keine Betriebsfortführung beabsichtige (innere Tatsache) und in der Folge eine solche auch weder veranlasse noch an ihr mitwirke. So liege der Fall hier: Es handele sich um einen üblichen Zerschlagungs‑/Aufgabefall. Wäre danach regelmäßig auf den Zeitpunkt der Antragstellung eine Aufgabebilanz zu erstellen, führe dies ‑‑da der realisierte Erlös aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern deren gemeinen Wert innerhalb der Aufgabebilanz entspreche‑‑ regelmäßig zu keiner Steuerschuld, sodass weder die Masse noch das insolvenzfreie Vermögen belastet würden.
Das Senatsurteil vom 07.07.2020 ‑ X R 13/19 (BFHE 270, 24, BStBl II 2021, 174) sei zu einem mit einem Grundpfandrecht belasteten Grundstück ergangen, das aus der Masse habe freigegeben werden können. Demgegenüber sei im Falle sicherungsübereigneter beweglicher Gegenstände nicht der Insolvenzschuldner Eigentümer, vielmehr sei seit der Sicherungsübereignung der absonderungsberechtigte Gläubiger Eigentümer und verfügungsbefugt. Das gesetzliche Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters ändere daran nichts. Eine Freigabe als Rückgabe der Verfügungsbefugnis an den Insolvenzschuldner sei rechtstechnisch nicht möglich, weil der Insolvenzverwalter keine Verfügungsbefugnis habe, die er an den Schuldner zurückreichen könne.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil, soweit es ihm gegenüber ergangen ist, sowie den Einkommensteuerbescheid für 2013 betreffend die Masse vom 31.08.2015 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 13.01.2017 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Es hält die vom FG gegebene Begründung für zutreffend und weist ergänzend insbesondere darauf hin, dass die vom Kläger angesprochene "Haftungsfalle" für den Insolvenzverwalter nicht bestehe. Die Entstehung der Steuer aufgrund der Realisierung der den sicherungsübereigneten Wirtschaftsgütern innewohnenden stillen Reserven hänge nicht von der die Verwertung durchführenden Person ab. Daher könne der Insolvenzverwalter durch die gesetzlich vorgesehene Überlassung zur Verwertung auch keine Pflichtverletzung begangen haben.
II. Der Insolvenzschuldner I ist trotz der Verbindung seines Klageverfahrens mit dem Klageverfahren des Klägers zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung gemäß § 73 Abs. 2 FGO kein Beteiligter des vorliegenden Revisionsverfahrens des Klägers.
Der Verbindungsbeschluss des FG gemäß § 73 Abs. 2 FGO ist rechtsfehlerhaft (unter 1.); ihm kommt ‑‑was die Beteiligtenstellung des I anbelangt‑‑ keine Bindungswirkung für das vorliegende Revisionsverfahren zu (unter 2.), sodass I nicht am Revisionsverfahren beteiligt ist (unter 3.).
1. Der Verbindungsbeschluss des FG ist rechtsfehlerhaft ergangen.
a) Nach § 73 Abs. 2 FGO wird, wenn die Klage von jemandem erhoben ist, der wegen dieses Klagegegenstandes nach § 60 Abs. 3 FGO zu einem anderen Verfahren beizuladen wäre, die notwendige Beiladung des Klägers dadurch ersetzt, dass die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und einheitlicher Entscheidung verbunden werden. Liegen bei den Klagen verschiedener Kläger die Voraussetzungen einer gegenseitigen notwendigen Beiladung gemäß § 60 Abs. 3 FGO vor, ersetzt die Verbindung nach § 73 Abs. 2 FGO die jeweiligen Beiladungen (vgl. Ossinger in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 73 FGO Rz 32; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler ‑‑HHSp‑‑, § 73 FGO Rz 4).
b) Im Streitfall lagen die Voraussetzungen für eine Verbindung gemäß § 73 Abs. 2 FGO nicht vor, da kein Fall der notwendigen Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO) gegeben ist.
Nach der BFH-Rechtsprechung scheidet eine notwendige Beiladung des Insolvenzschuldners bei einem Streit darüber aus, ob eine Steuerverbindlichkeit eine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO darstellt. Zur Begründung hierfür wird angeführt, dass die Interessen von Insolvenzverwalter und ‑schuldner nicht "nach den Steuergesetzen", sondern durch die Auslegung des Insolvenzrechts berührt seien (vgl. BFH-Urteil vom 08.09.2011 ‑ V R 38/10, BFHE 235, 488, BStBl II 2012, 270, Rz 23; Senatsurteil vom 10.07.2019 ‑ X R 31/16, BFHE 265, 300, BStBl II 2022, 488, Rz 71; Brandis in Tipke/Kruse, § 60 FGO Rz 64a; Hartman in Gosch, FGO § 60 Rz 94). Im Übrigen hat der BFH offen gelassen, ob der Insolvenzschuldner in einem vom Insolvenzverwalter geführten Klageverfahren überhaupt Dritter i.S. von § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sein kann (vgl. BFH-Urteil vom 06.06.2019 ‑ V R 51/17, BFHE 265, 294, BStBl II 2021, 52, Rz 25).
Hinzu kommt, dass § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO voraussetzt, dass die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen bringt, insbesondere also in Fällen, in denen das, was einen Prozessbeteiligten begünstigt oder benachteiligt, notwendigerweise umgekehrt den Dritten benachteiligen oder begünstigen muss, wobei ein sachlogischer oder rechnerischer Zusammenhang nicht genügt (vgl. Senatsbeschluss vom 11.01.2018 ‑ X R 21/17, BFH/NV 2018, 529, Rz 6). Im Fall der Festsetzung von Einkommensteuer während des laufenden Insolvenzverfahrens können indes mehrere insolvenzrechtliche Forderungskategorien bzw. Vermögensbereiche betroffen sein. Neben der Unterscheidung zwischen Insolvenz‑, Masse- und insolvenzfreier Forderung kommt eine weitere, den Zwangsverwalter betreffende Forderungskategorie in Betracht (bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vgl. BFH-Urteil vom 10.02.2015 ‑ IX R 23/14, BFHE 249, 202, BStBl II 2017, 367, Rz 35). Angesichts dieser unterschiedlichen Möglichkeiten fehlt es, soweit es um eine von der Einordnung als Masseverbindlichkeiten abweichende Qualifizierung geht, an einem notwendigerweise in einem bestimmten Vermögensbereich eintretenden Nachteil. Der Insolvenzschuldner wird nicht zwangsläufig im insolvenzfreien Vermögensbereich nachteilig berührt.
2. Dem Verbindungsbeschluss kommt ‑‑was die Beteiligtenstellung des I anbelangt‑‑ keine Bindungswirkung für das vorliegende Revisionsverfahren zu.
a) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist, auch wenn die Beiladung eines Beteiligten im Gesetz keine Grundlage findet, der Beiladungsbeschluss im Revisionsverfahren nicht aufzuheben; ein vom FG zu Unrecht Beigeladener bleibt am Revisionsverfahren beteiligt. Dies beruht darauf, dass der Beiladungsbeschluss nach § 128 Abs. 1 FGO mit der Beschwerde angefochten werden kann. Da diese Möglichkeit besteht, besteht kein Bedarf, einen von dem Beschwerdeberechtigten nicht innerhalb der Frist des § 129 Abs. 1 FGO angefochtenen Beiladungsbeschluss von Amts wegen im Revisionsverfahren aufzuheben (vgl. BFH-Urteil vom 27.05.1981 ‑ I R 112/79, BFHE 133, 526, BStBl II 1982, 192, unter I.2.; BFH-Beschluss vom 17.04.2013 ‑ VI R 15/12, BFH/NV 2013, 1242, Rz 20).
Demgegenüber ist der Beschluss über die Verbindung und Trennung eine prozessleitende Verfügung i.S. von § 128 Abs. 2 FGO und demgemäß ‑‑im Gegensatz zum Beiladungsbeschluss‑‑ nicht anfechtbar (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, § 73 FGO Rz 3; Ossinger in Schwarz/Pahlke/Keß, a.a.O., § 73 FGO Rz 32; Thürmer in HHSp, § 73 FGO Rz 36) und kann daher keine dem Beiladungsbeschluss entsprechende Bindungswirkung entfalten.
b) Da die Beteiligtenstellung des I vorliegend nur auf einem Verbindungsbeschluss gemäß § 73 Abs. 2 FGO beruht, ist diese für das vorliegende Revisionsverfahren nicht bindend. Ohnehin könnte dem auf das Ausgangsverfahren bezogenen Verbindungsbeschluss des FG keine Aussage über die Stellung des Insolvenzschuldners als notwendig Beigeladener in einem Revisionsverfahren des Insolvenzverwalters entnommen werden.
3. I ist an diesem Revisionsverfahren nicht beteiligt.
a) Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das angefochtene FG-Urteil nur insoweit, als darin über die Klage des Klägers entschieden wurde. Die Streitgegenstände dieser Klage (Anteil der Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit) und der Klage des I (Anteil der Einkommensteuer als insolvenzfreie Forderung) berühren sich ‑‑wie oben dargelegt‑‑ nicht. Soweit über die Klage des I entschieden wurde, ist das Urteil des FG rechtskräftig geworden.
b) Dass das FG die Klage des Klägers mit derjenigen des I verbunden hat, macht diesen nicht zum Beteiligten am Verfahren über die Revision des Klägers. Zwar ist gemäß § 122 Abs. 1 FGO Beteiligter am Verfahren über die Revision, wer am Verfahren über die Klage beteiligt war. Daraus folgt indes bei verbundenen Klageverfahren nicht zwingend, dass sämtliche Kläger auch Beteiligte eines nachfolgenden Revisionsverfahrens werden. Ungeachtet der verfahrensrechtlichen Verbindung (im erstinstanzlichen Verfahren) infolge des Verbindungsbeschlusses entsteht kein einheitlicher Streitgegenstand; die Klagen bleiben materiell-rechtlich selbständige Verfahren. Die Verbindung hat ‑‑abgesehen von der kostenmäßigen Auswirkung‑‑ nur verfahrenstechnische Wirkungen (vgl. Ossinger in Schwarz/Pahlke/Keß, a.a.O., § 73 FGO Rz 35). "Die Klage" i.S. von § 122 Abs. 1 FGO ist die von jedem einzelnen Kläger erhobene Klage, die durch die Verbindung mit den anderen Klagen dann nicht ihre Eigenständigkeit verliert, wenn ihr Streitgegenstand sich ‑‑wie hier‑‑ mit dem der anderen Klagen nicht überschneidet. In diesen Fällen ersetzt die Verbindung nach § 73 Abs. 2 FGO nicht eine notwendige Beiladung i.S. von § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO. Die verschiedenen Kläger werden nicht notwendige Streitgenossen. Die Entscheidungen über die verschiedenen Klagen können voneinander unabhängig ergehen und in Rechtskraft erwachsen (vgl. BFH-Urteil vom 22.11.1988 - VIII R 90/84, BFHE 155, 250, BStBl II 1989, 326, unter 4.).
III. Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Das Urteil der Vorinstanz verstößt ‑‑soweit vom Kläger mit der Revision angefochten‑‑ nicht gegen Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA hat zu Recht die Einkommensteuer, soweit sie auf den Gewinn des I aus der Veräußerung betrieblicher Wirtschaftsgüter entfällt, in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 2013 als gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter festzusetzende Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfasst.
Entscheidend für die Qualifikation der Einkommensteuer als Masseverbindlichkeiten ist im Streitfall ‑‑§ 55 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 InsO sind offensichtlich nicht einschlägig‑‑, ob die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben sind. Danach sind Masseverbindlichkeiten die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Vorliegend sind die Tatbestandsmerkmale des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO erfüllt.
1. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG handelte es sich bei den veräußerten Gegenständen um bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens des I, die zur Insolvenzmasse gehörten.
a) Gemäß § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). In die Insolvenzmasse fallen auch Gegenstände, die der Schuldner einem Dritten zur Sicherheit übereignet hat, wenn sie sich ‑‑zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens‑‑ noch im Besitz des Schuldners befinden (vgl. K. Schmidt/Büteröwe, InsO, 20. Aufl., § 35 Rz 6; Urteil des Bundesgerichtshofs ‑‑BGH‑‑ vom 25.09.2014 ‑ IX ZR 156/12, Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht ‑‑DZWIR‑‑ 2015, 82, Rz 6). Sicherungseigentum an beweglichen Sachen begründet im Insolvenzverfahren ein Absonderungsrecht (§ 51 Nr. 1, § 50 Abs. 1 InsO).
b) Nach Maßgabe dessen gehörten die durch die absonderungsberechtigte Kreissparkasse veräußerten beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zur Insolvenzmasse, auch wenn sie bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens von I an die Kreissparkasse zur Sicherheit übereignet worden sein sollten.
Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger der Kreissparkasse die Verwertung des ihr sicherungsübereigneten beweglichen Anlagevermögens des I überlassen und sie darum gebeten, den Verwertungserlös ihm gegenüber abzurechnen sowie den Umsatzsteueranteil und den Feststellungskostenbeitrag auszukehren. Diese Verfahrensweise stützt sich auf die Vorschrift des § 170 Abs. 2 InsO, die voraussetzt, dass der Insolvenzverwalter nach § 166 InsO zur Verwertung berechtigt ist. Nach § 166 Abs. 1 InsO darf der Insolvenzverwalter eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache "in seinem Besitz" hat. Damit ist vom FG mittelbar festgestellt, dass sich die Gegenstände im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Besitz des Schuldners befanden. Erst nachfolgend hat der Kläger sie durch Übernahme der Insolvenzmasse nach § 148 InsO selbst in Besitz genommen (vgl. K. Schmidt/Sinz, a.a.O., § 166 Rz 10).
c) Die Auffassung des Klägers, die "absonderungsberechtigte" Kreissparkasse habe einen "Aussonderungsanspruch" an den ihr sicherungsübereigneten Gegenständen gehabt, ist inhaltlich widersprüchlich und rechtlich unzutreffend. Aufgrund des Sicherungseigentums kann der Inhaber nämlich nicht geltend machen, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört (vgl. § 47 InsO); vielmehr besteht nur ein Recht zur abgesonderten Befriedigung (vgl. § 51 Nr. 1, § 50 Abs. 1 InsO). Das Vorliegen von Sicherungseigentum ändert an der Massezugehörigkeit nichts. Denn durch ein Absonderungsrecht gemäß §§ 49 ff. InsO kann lediglich die vorrangige Befriedigung aus bestimmten Gegenständen, welche zur Haftungsmasse des Schuldners gehören, beansprucht werden (vgl. Fehst/Engels in Sonnleitner, Insolvenzsteuerrecht, 2017, Kap. 2 Rz 81).
2. Die auf den Gewinn aus der Veräußerung der beweglichen Wirtschaftsgüter entfallende Einkommensteuer erfüllte ‑‑was die Zuordnung zu den insolvenzrechtlichen Forderungskategorien betrifft‑‑ die Voraussetzungen einer Masseverbindlichkeit.
a) Im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits begründete Steueransprüche sind zur Insolvenztabelle anzumelden. Später begründete Steueransprüche, die als Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 InsO zu qualifizieren sind, sind gegenüber dem Insolvenzverwalter durch Steuerbescheid festzusetzen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16.07.2015 ‑ III R 32/13, BFHE 251, 102, BStBl II 2016, 251, Rz 19). Alle sonstigen Ansprüche sind insolvenzfrei. Die einheitliche Einkommensteuerschuld ist gegebenenfalls in eine Insolvenzforderung, eine Masseforderung und eine insolvenzfreie Forderung aufzuteilen (vgl. Senatsurteil vom 18.05.2010 ‑ X R 60/08, BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, Rz 35).
Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und (sonstigen) Masseverbindlichkeiten richtet sich ausschließlich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Entscheidend ist dabei, ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit die Steuerforderung insolvenzrechtlich begründet worden ist. Dies richtet sich allein nach steuerrechtlichen Grundsätzen (ständige Rechtsprechung, so bereits BFH-Urteile vom 16.11.2004 ‑ VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193, unter II.2.; vom 29.08.2007 ‑ IX R 4/07, BFHE 218, 435, BStBl II 2010, 145, unter III.2.b dd (1), m.w.N., sowie in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 19). Für die insolvenzrechtliche Begründung des Einkommensteueranspruchs kommt es deshalb darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand ‑‑insbesondere die Erzielung von Einkünften nach § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG)‑‑ vor oder nach Insolvenzeröffnung verwirklicht wurde. Entscheidend ist, wann der Tatbestand, an den die Besteuerung knüpft, vollständig verwirklicht ist (so bereits BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 19).
b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das FA zu Recht die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuer der Kategorie der Masseverbindlichkeit zugeordnet und dementsprechend gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter durch einen (gegenständlich beschränkten) Steuerbescheid festgesetzt (vgl. BFH-Urteil vom 27.10.2020 ‑ VIII R 19/18, BFHE 271, 15, BStBl II 2021, 819, Rz 37). Im Streitfall ist nämlich der in Rede stehende Besteuerungstatbestand ‑‑Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch Veräußerung der zum Betriebsvermögen des I gehörenden beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG)‑‑ nach Insolvenzeröffnung verwirklicht worden.
Zwar ist vorliegend der Besteuerungstatbestand nicht durch eine Veräußerung seitens des Insolvenzverwalters selbst, sondern durch das Verhalten eines absonderungsberechtigten Insolvenzgläubigers (Kreissparkasse) ausgelöst worden, der die ihm zur Verwertung überlassenen beweglichen Gegenstände verkaufte. Erst mit den einzelnen Verkäufen der Wirtschaftsgüter endete aber deren Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen. Auch wenn die durch diesen Vorgang aufgedeckten stillen Reserven schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden waren (vgl. BFH-Beschluss vom 27.10.2016 ‑ IV B 119/15, BFH/NV 2017, 320, Rz 7), scheidet die Annahme eines bereits vor Insolvenzeröffnung begründeten Steueranspruchs aus. Vielmehr ist angesichts des Zeitpunkts der Gewinnrealisierung aufgrund der Veräußerung der zur Masse gehörenden beweglichen Gegenstände ‑‑vorbehaltlich der nachfolgenden Prüfung‑‑ die hierauf entfallende Einkommensteuer eine Masseverbindlichkeit.
3. Die auf die gewerblichen Einkünfte aus der Veräußerung der betrieblichen Gegenstände entfallende Einkommensteuer ist nicht gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 InsO durch Handlungen des Klägers, sondern ‑‑als weitere Möglichkeit für die Entstehung von Masseverbindlichkeiten‑‑ gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO "in anderer Weise" durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet worden; sie gehört nicht zu den Kosten des Insolvenzverfahrens gemäß § 54 InsO.
a) § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 InsO ("durch Handlungen des Insolvenzverwalters") umfasst alle Forderungen, die durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters innerhalb seines amtlichen Wirkungskreises einschließlich deliktischer Handlungen und pflichtwidriger Unterlassungen begründet werden (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ‑‑BVerwG‑‑ vom 16.12.2009 ‑ 8 C 9/09, Neue Juristische Wochenschrift ‑‑NJW‑‑ 2010, 2152, Rz 14; MüKoInsO/Hefermehl, 4. Aufl., InsO, § 55 Rz 11). Der zweiten Tatbestandsalternative (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO), den "in anderer Weise" durch Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse begründeten Verbindlichkeiten, sind Abgabenforderungen zuzuordnen, soweit sie die Insolvenzmasse betreffen. Dafür ist eine aktive Maßnahme des Verwalters nicht erforderlich (vgl. Senatsurteil in BFHE 270, 24, BStBl II 2021, 174, Rz 38). Es kommt nicht darauf an, ob der Abgabentatbestand durch ein Verhalten des Insolvenzverwalters oder durch andere Tatsachen erfüllt ist. Vielmehr genügt es, dass die Abgabenforderung durch die Insolvenzverwaltung ausgelöst wird oder jedenfalls einen Bezug zur Masse aufweist und erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurde (vgl. BGH-Urteil vom 12.01.2017 - IX ZR 87/16, DZWIR 2017, 427, Rz 19; BVerwG-Urteil in NJW 2010, 2152, Rz 14; Senatsurteil vom 03.08.2016 ‑ X R 25/14, BFH/NV 2017, 317, Rz 29; Lohmann in Kayser/Thole, Insolvenzordnung, 11. Aufl., § 55 Rz 8).
b) Für den Fall der Beteiligung des Insolvenzschuldners an einer Personengesellschaft hat der Senat bereits entschieden, dass Masseverbindlichkeiten "in anderer Weise" durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet werden, wenn die Entstehung der Steuerverbindlichkeit ihre Ursache in der zur Masse gehörenden Beteiligung des Insolvenzschuldners an der Personengesellschaft und der daraus entstehenden Teilhabe an deren Ergebnissen hat (vgl. Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, Rz 41 f.). Regelmäßig ist ein Gleichklang zwischen der Massezugehörigkeit der Beteiligung an der Personengesellschaft und der damit einhergehenden Steuerbelastung herzustellen. Die Steuerlast ist derjenigen Vermögensmasse zuzuordnen, in deren Bereich sie entstanden ist. Erklärt der Insolvenzverwalter nicht die Freigabe, muss er die aus der weiteren Massezugehörigkeit der (treuhänderischen) Beteiligung erwachsene Einkommensteuer als Verbindlichkeit gegen die Masse gelten lassen und hinnehmen (vgl. Senatsurteil in BFHE 265, 300, BStBl II 2022, 488, Rz 53 ff.).
c) Diese Rechtsgrundsätze hat der Senat ebenfalls sinngemäß angewendet, als ein zur Insolvenzmasse gehörendes und mit einem Absonderungsrecht belastetes Betriebsgrundstück nach Insolvenzeröffnung auf Betreiben eines Grundpfandgläubigers ohne Zutun des Insolvenzverwalters versteigert wurde und hierdurch ‑‑infolge Aufdeckung stiller Reserven‑‑ ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn des Insolvenzschuldners entstand (vgl. Senatsurteil in BFHE 270, 24, BStBl II 2021, 174, Rz 28 ff.).
Die auf den Gewinn aus der Versteigerung eines Gaststättengrundstücks des Insolvenzschuldners entfallende Einkommensteuer war eine "in anderer Weise" durch die Verwaltung bzw. Verwertung der Insolvenzmasse begründete Masseverbindlichkeit. Kann die Zuordnung der Einkommensteuer zu den Masseverbindlichkeiten nicht an der Person des Handelnden festgemacht werden, da der absonderungsberechtigte Gläubiger (auch) nicht dem Bereich des Insolvenzverwalters zuzurechnen ist, sondern die Stellung eines Dritten einnimmt, so bleibt als Anknüpfungspunkt allein der Umstand bestehen, dass der Vermögensgegenstand bis zur Verwertung mit Willen des Insolvenzverwalters Teil der Insolvenzmasse gewesen ist. Insoweit sind die Massezugehörigkeit des Vermögensgegenstandes sowie dessen fehlende Freigabe durch den Insolvenzverwalter als entscheidende Wertungsmomente anzusehen.
d) Nach Maßgabe dessen hat das FG im Streitfall zu Recht die Einkommensteuer, soweit sie auf die ‑‑durch die absonderungsberechtigte Kreissparkasse vorgenommene‑‑ Veräußerung der betrieblichen Wirtschaftsgüter entfällt, als Masseverbindlichkeit qualifiziert und dabei entscheidend darauf abgestellt, dass der Kläger die in Rede stehenden Gegenstände bis zur Veräußerung nicht aus der Masse freigegeben hatte. Es hat die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO ‑‑ohne Entscheidung darüber, welche der beiden Tatbestandsalternativen gegeben sei‑‑ als erfüllt angesehen, da jedenfalls die "Realisationshandlung" zur Verwirklichung des Steuertatbestandes nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens liege und es unerheblich sei, ob der Insolvenzverwalter die Verwertung aufgrund seiner Befugnis nach § 166 Abs. 1 InsO selbst vornehme oder ‑‑wie im Falle des § 170 Abs. 2 InsO‑‑ einem absonderungsberechtigten Gläubiger übertrage (vgl. FG-Urteil in EFG 2020, 679, Rz 61). Diese Wertungen des FG sind frei von Rechtsfehlern.
aa) Im Streitfall wurde die Einkommensteuerschuld nicht durch eine (Rechts‑)Handlung des Klägers begründet (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 InsO). Dies würde voraussetzen, dass bereits durch die im Schreiben des Klägers an die Kreissparkasse vom 29.11.2012 erklärte Überlassung des sicherungsübereigneten beweglichen Betriebsvermögens zur Verwertung selbst eine Masseverbindlichkeit begründet worden wäre bzw. der Kläger durch sein Handeln (unmittelbar) die Grundlage hierfür geschaffen hätte (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.04.2006 ‑ 6 AZR 364/05, Der Betrieb 2006, 2296, unter II.2.a; FG Düsseldorf, Urteil vom 21.07.2016 ‑ 11 K 613/13 E, EFG 2016, 1906, Rz 53).
Dies war allerdings nicht der Fall. Eine solche Bedeutung kann der Verwertungsüberlassung schon deshalb nicht beigemessen werden, weil der Insolvenzverwalter über § 170 Abs. 2 InsO dem gesicherten Gläubiger nicht bestimmte Gegenstände zur Verwertung aufzwingen kann; der Gläubiger kann die Übernahme der Verwertung also auch ablehnen (vgl. Uhlenbruck/Brinkmann, Insolvenzordnung, 15. Aufl., § 170 Rz 21; K. Schmidt/Sinz, a.a.O., § 170 Rz 12). Vorliegend sind die in Rede stehenden Steuerverbindlichkeiten vielmehr erst im Streitjahr durch Veräußerungsvorgänge seitens der Kreissparkasse und die dadurch verursachte Gewinnrealisierung ausgelöst worden. Mithin hat der Kläger als Insolvenzverwalter nur "mittelbar" durch Wahrnehmung der Option nach § 170 Abs. 2 InsO gehandelt, während die unmittelbare Verwertungshandlung von der Kreissparkasse als Sicherungsnehmerin ausging. Daher ist kein Fall des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 InsO gegeben (vgl. auch Cranshaw, juris PraxisReport Insolvenzrecht 11/2020 Anm. 3, unter C.).
bb) Bei der hier gegebenen Verwertungsüberlassung gemäß § 170 Abs. 2 InsO kann der Absonderungsberechtigte ‑‑hier die Kreissparkasse‑‑ auch nicht dem Bereich des Insolvenzverwalters zugerechnet werden. Diese nimmt vielmehr ‑‑im Verhältnis zum Kläger‑‑ die Stellung eines Dritten ein. Denn nach Überlassung zur Verwertung gemäß § 170 Abs. 2 InsO veräußert der Gläubiger im eigenen Namen und auf eigene Rechnung (vgl. BeckOK InsR/Lütcke, 29. Ed. [15.10.2022], InsO § 170 Rz 20). Eine andere Wertung ist auch im Hinblick auf die in dieser Vorschrift enthaltene Regelung, dass aus dem erzielten Verwertungserlös ein Beitrag in Höhe der Kosten der Feststellung sowie des Umsatzsteuerbetrages vorweg an die Masse abzuführen ist, nicht gerechtfertigt. Die Norm legt das Kostenverursachungsprinzip zugrunde, wonach die Kosten für die Feststellung und Verwertung der Absonderungsberechtigte als "Verursacher" zu tragen hat; die Masse und damit die übrigen ‑‑ungesicherten‑‑ Gläubiger sollen damit nicht belastet werden (vgl. K. Schmidt/Sinz, a.a.O., § 170 Rz 1; Hölzle in Kayser/Thole, a.a.O., § 170 Rz 6).
Dieser Fall ist zu unterscheiden von der ‑‑hier nicht gegebenen‑‑ Konstellation des § 168 Abs. 3 Satz 1 InsO, wonach die "andere Verwertungsmöglichkeit" auch darin bestehen kann, dass der Gläubiger den Gegenstand selbst übernimmt, nachdem der Verwalter die Veräußerung vorbereitet und die Veräußerungsabsicht dem Gläubiger mitgeteilt hatte. Hier würde eine Verwertung durch den Insolvenzverwalter vorliegen (vgl. Uhlenbruck/Brinkmann, a.a.O., § 170 Rz 19).
cc) Es liegt aber eine "in anderer Weise" durch Verwertung der Masse begründete Verbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO vor.
Nach den oben dargestellten Rechtsgrundsätzen ist die Massezugehörigkeit des Vermögensgegenstandes sowie dessen fehlende Freigabe durch den Insolvenzverwalter als entscheidende Wertungsmomente anzusehen. Daher ist das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Einschätzung gelangt, dass der Gewinn aus der Veräußerung der zum Betriebsvermögen und zugleich zur Insolvenzmasse gehörenden Wirtschaftsgüter entfallende Teil der Einkommensteuer eine Masseverbindlichkeit darstellt.
(1) Zum einen blieben nach zutreffender Rechtsansicht des FG die betrieblichen Vermögensgegenstände bis zu ihrer Veräußerung durch die Kreissparkasse massezugehörig, da durch die Überlassung (nur) zur Verwertung keine echte Freigabe und damit auch keine Entlassung des Gegenstandes aus dem Insolvenzbeschlag erfolgte (vgl. auch Uhlenbruck/Brinkmann, a.a.O., § 170 Rz 20; K. Schmidt/Sinz, a.a.O., § 170 Rz 13; BeckOK InsR/Lütcke, 29. Ed. [15.10.2022], InsO § 170 Rz 21; Hölzle in Kayser/Thole, a.a.O., § 170 Rz 18; Flöther in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 170 Rz 12). Außerdem war das Schreiben des Klägers vom 29.11.2012 nur an die Kreissparkasse gerichtet. Die Auslegung der Erklärung zur Verwertungsüberlassung zugleich als Freigabeerklärung scheidet von vornherein aus, da es an der bei einer Freigabe erforderlichen Willenserklärung gegenüber dem Insolvenzschuldner fehlt (vgl. Windel in Jaeger, Insolvenzordnung, § 80 Rz 35).
(2) Zum anderen hat der Kläger die streitbetroffenen betrieblichen Gegenstände ‑‑auch sonst‑‑ nicht aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben, da er keine entsprechende Erklärung gegenüber I abgegeben hat.
Ob diese Möglichkeit einer Freigabe stets bestehen muss, um die Entstehung von Masseverbindlichkeiten begründen zu können, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Die Behauptung des Klägers, eine derartige Handlungsalternative habe für ihn nicht bestanden, vermag nicht zu überzeugen. Vielmehr ist anerkannt, dass auch sicherungsübereignete Gegenstände aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben werden können (vgl. Hölzle in Kayser/Thole, a.a.O., § 170 Rz 20; Becker in Nerlich/Römermann, InsO, § 170 Rz 4; Windel in Jaeger, a.a.O., § 80 Rz 31; Cranshaw, juris PraxisReport Insolvenzrecht 11/2020 Anm. 3, unter C.; Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 12.04.2017 ‑ 19 U 165/15, juris, Rz 26, 141).
(3) Diese Auslegung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO ist auch deshalb zutreffend, weil ‑‑worauf bereits die Berichterstatterin des FG zutreffend hingewiesen hatte‑‑ ohne Freigabe der wirtschaftliche Wert des Sicherungsguts der Insolvenzmasse erhalten bleibt. Der Verwertungserlös kommt der Insolvenzmasse zugute, indem sich die Insolvenzforderung der Kreissparkasse entsprechend mindert (vgl. BFH-Urteil vom 12.05.1993 ‑ XI R 49/90, BFH/NV 1994, 274). Darüber hinaus wäre ansonsten die durch die Verwertung massezugehöriger Vermögenswerte durch einen Dritten entstehende Einkommensteuerschuld selbst dann keine Masseverbindlichkeit, wenn infolge der Verwertung ein (erheblicher) Erlös der Masse zuflösse und diese bereicherte. Verbleibt nämlich ein Übererlös, fällt dieser in die Insolvenzmasse und steht zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung (vgl. BGH-Urteil in DZWIR 2015, 82, Rz 9; Hölzle in Kayser/Thole, a.a.O., § 170 Rz 14).
(4) Masseverbindlichkeiten scheiden auch nicht deshalb aus, weil vorliegend ‑‑außer dem Kostenbetrag i.S. des § 170 Abs. 2 InsO‑‑ der Erlös nicht in die Insolvenzmasse geflossen ist. Im Einklang mit der Rechtsprechung des IV. Senats (vgl. BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 29 f.) kommt es hierauf nicht an (so schon Senatsurteil vom 09.12.2014 ‑ X R 12/12, BFHE 253, 482, BStBl II 2016, 852, Rz 46).
(5) Die Erwägung des Klägers, aus der in § 170 Abs. 2 InsO für die Umsatzsteuer getroffenen Regelung (Erstattung an die Masse) folge im Umkehrschluss, dass der Gesetzgeber für den Bereich der Ertragsteuern ‑‑mangels Verpflichtung zur Kompensation auch dieser die Masse belastenden Steuern‑‑ nicht von der Entstehung von Masseverbindlichkeiten ausgegangen sei, vermag nicht zu überzeugen.
Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass mit dieser Norm mittelbar eine Regelung auch für den Bereich der Ertragsteuern getroffen werden sollte. Vielmehr sind die tatbestandlichen Voraussetzungen, die zur Annahme von Masseverbindlichkeiten führen, u.a. in § 55 InsO geregelt. Danach können allerdings ‑‑wie dargelegt‑‑ derartige Verbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO auch ohne Handlung des Insolvenzverwalters "in anderer Weise" durch eine Fremdverwertung von zur Masse gehörenden Gegenständen begründet werden.
(6) Ein anderes Auslegungsergebnis ergibt sich auch nicht im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers, in der Insolvenzantragstellung sei jedenfalls in solchen Fällen eine Betriebsaufgabe des Steuerpflichtigen zu sehen, in denen der Insolvenzschuldner mit der Antragstellung keine Fortführung beabsichtige (innere Tatsache) und in der Folge eine solche auch weder veranlasse noch an ihr mitwirke.
(a) Mit diesem Vorbringen rügt der Kläger keinen Verfahrensfehler dergestalt, dass das FG keine ausreichenden Feststellungen hinsichtlich des Zeitpunkts der Betriebsaufgabe getroffen bzw. die Umstände in unvertretbarer Weise dahingehend gewürdigt habe, dass der Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung nicht der Betriebsaufgabezeitpunkt gewesen sei. Er wendet sich vielmehr gegen die Rechtsgrundsätze der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung.
(b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Eigenantrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch dann, wenn er vom Insolvenzgericht dem FA mitgeteilt wird, in der Regel nicht als Betriebsaufgabeerklärung anzusehen. Dies kann im Wesentlichen damit begründet werden, dass eine Betriebsaufgabeerklärung "eindeutig" sein muss. Ein Insolvenzverfahren muss nach der Konzeption der InsO nicht etwa stets zur Zerschlagung eines Betriebs führen, sondern kann ebenso dessen Erhaltung zum Ergebnis haben. Selbst für den Geltungsbereich der früheren Konkursordnung ‑‑die wesentlich stärker als die heutige InsO auf die Zerschlagung der betroffenen Unternehmen gerichtet gewesen sei‑‑ hat der BFH entschieden, dass eine Betriebsaufgabe nicht bereits mit Eröffnung des Konkursverfahrens, sondern erst durch die Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlagen während des laufenden Verfahrens bewirkt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 01.10.2015 ‑ X B 71/15, BFH/NV 2016, 34, Rz 20 ff.).
(c) Der Kläger trägt ‑‑außer dem Wunsch nach einer ergebnisorientierten Auslegung in seinem Sinne‑‑ in der Sache keine beachtlichen Gründe vor, die Zweifel an der Richtigkeit der vorstehenden Rechtsgrundsätze begründen könnten. Im Gegenteil bestätigt ‑‑ohne dass dies entscheidungsrelevant wäre‑‑ der Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten die vom Senat in seinem Beschluss in BFH/NV 2016, 34 vertretene Sichtweise. So hat I in dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 24.09.2012 ausgeführt, dass neben ihm im Unternehmen noch drei weitere Mitarbeiter beschäftigt seien. Die Arbeitsverhältnisse seien noch nicht gekündigt. Der Geschäftsbetrieb laufe bislang nach wie vor ohne Einschränkung. Vorhandene Aufträge würden abgearbeitet. Die Auftragslage sei gut. Da der Geschäftsbetrieb nach wie vor laufe und umgehend Entscheidungen im Hinblick auf eine Betriebsfortführung getroffen werden müssten, werde um kurzfristige Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters gebeten. Angesichts dieser Aussagen, die auf eine mögliche Betriebsfortführung abzielen, kann in der Insolvenzantragstellung keine Betriebsaufgabeerklärung durch I gesehen werden. Unabhängig davon, dass es an einer ausdrücklichen Erklärung fehlt, kommt in der Begründung zum Insolvenzantrag klar zum Ausdruck, dass I eine Betriebsfortführung im Rahmen des Insolvenzverfahrens erhoffte. Die Behauptung des Klägers, ein Schuldner beabsichtige regelmäßig keine Fortführung, trifft daher ‑‑insbesondere im Streitfall‑‑ nicht zu.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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