BFH: Geleistete Anzahlungen als Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b ErbStG
Geleistete Anzahlungen sind jedenfalls dann keine "anderen Forderungen" i.S. von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F., wenn sie nicht für den Erwerb von Verwaltungsvermögen geleistet wurden.
ErbStG § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a
BFH-Urteil vom 1.2.2023, II R 36/20 (veröffentlicht am 4.5.2023)
Vorinstanz: FG Münster vom 22.10.2020, 3 K 2699/17 F = SIS 20 18 83
I. Mit notariellem Vertrag übertrug der Beigeladene zu 1. schenkweise an den Beigeladenen zu 2. mit Wirkung zum 01.12.2013 einen Teilgeschäftsanteil an der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH.
Auf Grundlage der eingereichten Feststellungserklärung und nach Abschluss einer Außenprüfung stellte der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) mit geänderten Bescheiden vom 18.07.2016 gegenüber der Klägerin und den Beigeladenen u.a. den Wert des Anteils an einer Kapitalgesellschaft nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) und die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes i.d.F. bis 30.06.2016 (ErbStG a.F.) auf den 01.12.2013 gesondert fest.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens wurden mit geänderten Bescheiden vom 24.08.2016 der Wert des Anteils an der Kapitalgesellschaft auf 10.982.059 € sowie die Summe der gemeinen Werte des Verwaltungsvermögens mit 3.968.007 € festgestellt und die Quote des Verwaltungsvermögens mit 17,76 % angegeben. Bei der Ermittlung des Verwaltungsvermögens setzte das FA Anzahlungen in Höhe von 3.243.361 € im Zusammenhang mit einem Verwaltungsneubau sowie in Höhe von 626.673 € im Zusammenhang mit dem laufenden Geschäftsbetrieb als "andere Forderungen" i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a.F. an. Nach insoweit erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, der Begriff der "anderen Forderungen" i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a.F. sei einschränkend auszulegen und umfasse lediglich Forderungen, die auf Geld gerichtet seien. Die geleisteten Anzahlungen stellten keine auf Geld gerichteten Forderungen dar, sondern verkörperten Sachleistungsansprüche. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2020, 1826 veröffentlicht.
Mit der Revision macht das FA eine Verletzung von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a.F. geltend. Es ist der Ansicht, geleistete Anzahlungen seien "andere Forderungen" im Sinne dieser Vorschrift. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff sei nach dem Gesetzeswortlaut nicht auf Geldforderungen beschränkt. Vielmehr dokumentiere gerade die gegenüber § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG a.F. ("vergleichbare Forderung") weitgefasste Formulierung das Ziel des Gesetzgebers, einen Gestaltungsmissbrauch durch Zahlung und spätere Rückabwicklung des Geschäfts auszuschließen. Zudem müsse systemgerecht die Behandlung der geleisteten und der erhaltenen Anzahlungen korrespondieren. Wenn bei dem Anzahlungsempfänger Finanzmittel aktiviert, erhaltene Anzahlungen passiviert und so die Anzahlungen schenkungsteuerrechtlich neutral blieben, müsse bei dem die Anzahlung Leistenden ebenfalls unerheblich sein, ob die Geldmittel noch vorliegen oder bereits als Anzahlung verausgabt worden seien. Mindestens aber müsse differenziert werden nach Abschlagszahlungen, die mit anteilig bereits erbrachten Leistungen im Zusammenhang stünden, und Vorauszahlungen, bei denen eine geldbezogene Forderung im Vordergrund stehe und die deshalb jedenfalls dem Verwaltungsvermögen zuzurechnen seien.
Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Gesetzgeber habe nur Verschiebungen von Finanzmitteln auf die betriebliche Ebene einer Kapitalgesellschaft verhindern wollen und dafür im Rahmen des Verwaltungsvermögenskatalogs Wirtschaftsgüter in Gruppen zusammengefasst, die in einem sachlichen Zusammenhang stünden. Da die in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a.F. benannten Wirtschaftsgüter als eine Gruppe zusammengefasst seien, als Nr. 4a (und nicht als neue Nr. 6) platziert seien und schließlich auch in der seit dem 01.07.2016 geltenden Fassung der Vorschrift (nunmehr als § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG) der Oberbegriff "Finanzmittel" eingefügt worden sei, werde deutlich, dass ausschließlich Produkte der Geldanlage mit Forderungscharakter erfasst werden sollten. Eine Differenzierung nach Abschlags- und Vorauszahlungen sei nicht vorzunehmen, da der Leistungsempfänger stets auf seine vertragliche Verpflichtung zahle und für ihn der Anspruch auf die Sachleistung im Vordergrund stehe. Eine Umwandlung in einen Rückgewähranspruch nach Rücktritt vom Vertrag habe im Streitfall gerade nicht stattgefunden. Schließlich erfasse die Finanzverwaltung selbst in R E 13b.23 Abs. 2 der Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR) 2019 vom 16.12.2019 (BStBl I, Sondernummer 1/2019) nur auf Geld gerichtete Forderungen aller Art als Verwaltungsvermögen.
II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2, Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Bilanzposition "geleistete Anzahlungen" nicht zum Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a.F. zählt.
1. Die Vorschriften der §§ 13a, 13b ErbStG a.F. betreffend die Begünstigung des Betriebsvermögens sind verfassungswidrig, jedoch nach Maßgabe des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 ‑ 1 BvL 21/12 (BGBl I 2015, 4, BVerfGE 138, 136, BStBl II 2015, 50) weiter anzuwenden (Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 16.03.2021 ‑ II R 3/19, BFHE 272, 508, Rz 21, und vom 06.05.2021 ‑ II R 1/19, BFHE 273, 547, BStBl II 2022, 77, Rz 26, jeweils m.w.N.).
2. Zum Verwaltungsvermögen gehört u.a. nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. der nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibende Bestand an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen, soweit er 20 % des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt. Die Summen der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG a.F. werden gesondert festgestellt (§ 13b Abs. 2a Satz 1 und 2 ErbStG a.F. i.V.m. § 152 Nr. 1 bis 3 BewG).
a) Die Auslegung des Begriffs der "anderen Forderungen" im Sinne dieser Vorschrift ist umstritten. In Teilen des Schrifttums werden darunter dem Grunde nach sämtliche Sachleistungsansprüche verstanden, diese jedoch teleologisch reduziert auf solche, die bei Erfüllung wiederum Verwaltungsvermögen begründen würden (vgl. Meincke/Hannes/Holtz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 18. Aufl., § 13b Rz 72; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13b Rz 335; in diese Richtung auch Korezkij, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2021, 145; Bernhard, DStR 2021, 1089). Demgegenüber wird auch vertreten, dass der Gesetzgeber § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. betont "geldbezogen" ausgestaltet habe und daher mit "anderen Forderungen" sonstige auf Geld gerichtete Forderungen gemeint seien. Nicht einzubeziehen seien deswegen Sachleistungsansprüche (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.10.2017 ‑ 2 K 2201/15, EFG 2018, 136, Rz 20; Kirnberger in Götz/Meßbacher-Hönsch, eKomm ab [29.12.2020], § 13b ErbStG Rz 84, Aktualisierung vom [19.10.2021]; BeckOK ErbStG/Korezkij, 14. Ed. [01.01.2022], ErbStG § 13b Rz 202; Stephan Viskorf in Viskorf/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 6. Aufl., § 13b ErbStG Rz 215; Esskandari in Stenger/Loose, Bewertungsrecht, § 13b ErbStG Rz 176; Erkis/Mannek/van Lishaut, Finanz-Rundschau 2013, 245, 246; Korezkij, DStR 2013, 1764; Weber/Schwind, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge ‑‑ZEV‑‑ 2013, 369; Eisele, Neue Wirtschafts-Briefe ‑‑NWB‑‑ 2013, 2294 und NWB 2017, 2670, 2682; Viskorf/Haag, ZEV 2014, 21; Kaminski, Die Steuerberatung 2014, 6, 7; Knittel, Erbschaftsteuerberater ‑‑ErbStB‑‑ 2021, 40, 41).
b) Nach Auffassung des Senats sind mit "anderen Forderungen" i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. in erster Linie Forderungen gemeint, die auf Zahlungsmittel gerichtet sind. Die Vorschrift erfasst Sachleistungsansprüche jedenfalls dann nicht, wenn diese Ansprüche auf Wirtschaftsgüter gerichtet sind, die ihrerseits, wären sie bereits zum Stichtag aktiviert, kein Teil des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 4, Nr. 5 ErbStG a.F. wären.
aa) Wenn auch nach § 241 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs "Forderungen" alle Ansprüche aufgrund eines Schuldverhältnisses sind, zeigt schon der systematische Zusammenhang der Vorschrift, dass mit "anderen Forderungen" i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. auf Geldleistungen gerichtete Forderungen bezeichnet werden. Zwar hat der Gesetzgeber in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. ‑‑anders als in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG a.F.‑‑ nicht die Formulierung "vergleichbare Forderungen", sondern "andere Forderungen" gewählt, jedoch sind die Aktiva, die in der Aufzählung in Nr. 4a unmittelbar vorangehen (Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen), ausnahmslos Finanzmittel, auch wenn die Gesetzesfassung zum Stichtag diesen Begriff noch nicht eingeführt hatte. Die vierte Fallgruppe "andere Forderungen" ist daher als finanzmittelbezogener Typusbegriff zu verstehen. Im Übrigen wäre bei einem weiten, alle Forderungen umfassenden Begriffsverständnis die vorhergehende Benennung von "Geldforderungen" (als Spezialfall) überflüssig.
bb) Diesem Verständnis entspricht auch der in der Gesetzeshistorie zum Ausdruck kommende Gesetzeszweck. Nach der ursprünglichen Zielrichtung des § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. sollte Vermögen nicht begünstigt werden, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung dient und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt (vgl. BRDrucks 4/08, 57). Mit § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F., eingefügt durch Art. 30 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (AmtshilfeRLUmsG) vom 26.06.2013 (BGBl I 2013, 1809) reagierte der Gesetzgeber auf missbräuchliche Gestaltungen und bezweckte eine Eindämmung der sogenannten Cash-Gesellschaften (vgl. BTDrucks 17/13033, 112), denn bis zur Änderung des ErbStG durch das AmtshilfeRLUmsG zählten insbesondere Geldforderungen nicht zum Verwaltungsvermögen. Damit konnten Gelder zu "gewillkürtem" Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs erklärt werden, um so an sich nicht begünstigtes privates Vermögen in steuerbegünstigtes Betriebsvermögen umzuwandeln. Dementsprechend sollte der Katalog des Verwaltungsvermögens um "Geldforderungen und andere Finanzmittel, soweit diese nicht betriebsnotwendig sind", ergänzt werden (BTDrucks 17/13033, 112). Nach diesen Maßstäben wären Sachleistungsansprüche nicht als Finanzmittel zu verstehen und damit nicht von dem Begünstigungsausschluss gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. erfasst.
3. "Geleistete Anzahlungen" i.S. von § 266 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs sind danach keine "anderen Forderungen" i.S. von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. Inwieweit sie als Verwaltungsvermögen zu qualifizieren wären, wenn sie für Wirtschaftsgüter geleistet werden, die, wenn sie zum Stichtag bereits dem Betrieb zuzurechnen wären, ihrerseits Verwaltungsvermögen wären, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
a) Die als Bilanzposition eigener Art erfassten "geleisteten Anzahlungen" dienen der bilanziell zutreffenden Erfassung schwebender Geschäfte.
Anzahlungen sind Vorleistungen auf eine von dem anderen Vertragspartner noch zu erbringende Lieferung oder Leistung. Leistet der Unternehmer eine Anzahlung, so hat er einen Sach- bzw. Dienstleistungsanspruch (Forderung) gegenüber demjenigen, der die Anzahlung erhalten hat. Infolge des Verbots der Bilanzierung von Ansprüchen aus schwebenden Geschäften wird jedoch nicht der Sach- oder Dienstleistungsanspruch selbst beim Vorleistenden aktiviert, sondern die geleistete Anzahlung. Der Bilanzausweis dient dazu, das gestörte Gleichgewicht der Vertragsbeziehungen bilanziell abzubilden, da Ansprüche aus schwebenden Geschäften grundsätzlich nicht ausgewiesen werden dürfen (vgl. BFH-Urteile vom 03.07.1980 ‑ IV R 138/76, BFHE 131, 57, BStBl II 1980, 648; vom 25.10.1994 ‑ VIII R 65/91, BFHE 176, 359, BStBl II 1995, 312, unter 3.c aa; vom 07.12.2017 ‑ IV R 37/16, BFH/NV 2018, 440, Rz 27, und vom 07.11.2018 ‑ IV R 20/16, BFHE 262, 435, BStBl II 2019, 224, Rz 27, jeweils m.w.N.).
b) Die als "geleistete Anzahlungen" bilanzierten Aktiva sind keine "anderen Forderungen" i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. und können diesen auch nicht gleichgestellt werden.
aa) Hinter der Aktivierung der geleisteten Anzahlung verbirgt sich zwar der Anspruch auf die Gegenleistung oder ‑‑bei Nichterfüllung durch den anderen Vertragsteil oder bei Wegfall des Vertrags‑‑ der Anspruch auf die Rückzahlung (vgl. BFH-Urteil vom 26.06.1979 ‑ VIII R 145/78, BFHE 128, 243, BStBl II 1979, 625, unter 3.; BFH-Beschluss vom 04.07.1990 ‑ GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830, unter C.III.1.c aa). Das bedeutet jedoch gerade nicht, dass die geleistete Anzahlung selbst eine Forderung wäre. Die Bilanzposition "geleistete Anzahlungen" bezweckt vielmehr, die hinter ihr stehenden Ansprüche nicht zu bilanzieren, weswegen sie nicht mit diesen Ansprüchen gleichgesetzt werden darf. Schon deshalb erübrigt sich eine Differenzierung zwischen Abschlags- und Vorauszahlungen im Hinblick auf die vermeintlich durch die betreffende Aktivierung repräsentierten Forderungen.
bb) Selbst wenn man auf die hinter der Bilanzposition stehenden zivilrechtlichen Ansprüche abstellen und insoweit das Bilanzierungsverbot im vorliegenden Zusammenhang für unbeachtlich halten wollte, gälte im Ergebnis nichts anderes. Zwar ersetzen geleistete Anzahlungen die Bilanzierung sowohl des Gegenleistungsanspruchs als auch des etwaigen Rückzahlungsanspruchs. In einem schwebenden Vertragsverhältnis ist aber der Gegenleistungsanspruch vorrangig. Dieser zählt zu den Sachleistungsansprüchen, die nach den Ausführungen unter II.2.b grundsätzlich nicht zum Verwaltungsvermögen gehören. Der Rückzahlungsanspruch setzt das Hinzutreten eines zusätzlichen Ereignisses voraus, aufgrund dessen das Vertragsverhältnis abgewickelt und die geleistete Anzahlung durch die Aktivierung einer Forderung auf Rückgewähr oder Schadenersatz ersetzt werden muss. Allein die abstrakte Möglichkeit aber, dass es zu solchen Ereignissen kommen könnte, rechtfertigt es nicht, bereits die Bilanzposition "geleistete Anzahlungen" als Zahlungsanspruch zu verstehen.
cc) Aus der unterschiedlichen Behandlung geleisteter und erhaltener Anzahlungen folgt nichts anderes. Zum einen gibt es im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht kein allgemeines Korrespondenzprinzip, wonach geleistete und erhaltene Anzahlungen gleich behandelt werden müssten. Zum anderen ist nicht die Passivierung erhaltener und die Aktivierung geleisteter Anzahlungen, ebenso wenig die Minderung oder Mehrung der schenkungsteuerrechtlichen Bereicherung i.S. von § 10 ErbStG, sondern die Zugehörigkeit der ‑‑aktivierten‑‑ geleisteten Anzahlungen zum Verwaltungsvermögen die vorliegend zu entscheidende Frage. Ob im Übrigen die Passivierung der in Form von Finanzmitteln bei dem Anzahlungsempfänger vorhandenen Anzahlungen dazu führen kann, dessen Verwaltungsvermögensbestand zu mindern, hat im Streitfall offenzubleiben.
dd) Eine abweichende Interpretation des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. ist schließlich nicht bereits deshalb gerechtfertigt, weil andernfalls neuen Gestaltungsmöglichkeiten Raum gegeben werde (so aber Mannek, ErbStB 2013, 343, 345; Milatz/Herbst, GmbH-Rundschau 2014, 18; Weinmann in Moench/Weinmann, § 13b ErbStG Rz 195). Ausweichoptionen allein rechtfertigen keine in der Vorschrift nicht angelegte Auslegung. Soweit die Finanzverwaltung unter Nr. 4a u.a. sonstige auf Geld gerichtete Forderungen aller Art, "insbesondere geleistete Anzahlungen" erfasst (vgl. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10.10.2013, BStBl I 2013, 1272, Tz. 2.1 und R E 13b.23 ErbStR 2019 vom 16.12.2019, BStBl I, Sondernummer 1/2019), ist dies in sich widersprüchlich. Es beruht auf der unzutreffenden Annahme, geleistete Anzahlungen seien auf Geld gerichtete Forderungen.
4. Nach diesen Grundsätzen hat das FG im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die "geleisteten Anzahlungen" zu Unrecht als Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a.F. berücksichtigt wurden. Es ist nach den Feststellungen des FG nicht ersichtlich, dass die geleistete Anzahlung sich bereits in einen Rückgewähr‑ oder Schadenersatzanspruch verwandelt hätte. Ob im Ergebnis etwas anderes gälte, wenn die Anzahlungen für den Erwerb von Gegenständen des Verwaltungsvermögens erbracht worden wären, brauchte nicht entschieden zu werden, da die Anzahlungen nach den Feststellungen des FG im Zusammenhang mit der Errichtung eines Verwaltungsgebäudes und im Zusammenhang mit der laufenden Geschäftstätigkeit der Klägerin ersichtlich nicht auf den Erwerb von Verwaltungsvermögen gerichtet waren.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach § 139 Abs. 4 FGO nicht erstattungsfähig. Da sie keinen Antrag gestellt haben, haben sie kein eigenes Kostenrisiko i.S. des § 135 Abs. 3 FGO getragen. Zudem haben sie das Verfahren weder durch einen eigenen Sachvortrag noch durch Rechtsausführungen gefördert (vgl. BFH-Urteil in BFHE 272, 508, Rz 52).
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