BFH: Erklärung zur optionalen Vollverschonung von Betriebsvermögen
- Der bis zum 30.06.2016 für die Gewährung der Vollverschonung von Betriebsvermögen maßgebende Anteil des Verwaltungsvermögens ist auch bei mehreren gleichzeitig übertragenen wirtschaftlichen Einheiten für jede Einheit gesondert zu ermitteln.
- Bei einer einheitlichen Schenkung von mehreren wirtschaftlichen Einheiten kann die Erklärung zur optionalen Vollverschonung für jede wirtschaftliche Einheit gesondert abgegeben werden.
- Wurde die Erklärung zur optionalen Vollverschonung für eine wirtschaftliche Einheit abgegeben, die die Anforderungen an die Vollverschonung nicht erfüllt, ist für diese wirtschaftliche Einheit auch nicht die Regelverschonung zu gewähren.
BGB §§ 133, 157
ErbStG a.F. §§ 13a Abs. 1 Satz 1, Abs. 8, 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Sätze 1 bis 4, Abs. 4
BFH-Urteil vom 26.7.2022, II R 25/20 (veröffentlicht am 20.10.2022)
Vorinstanz: FG Münster vom 10.9.2020, 3 K 2317/19 Erb = SIS 20 15 92
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erhielt von ihrer Mutter am 31.12.2010 schenkweise Beteiligungen an vier KGs übertragen (KG1, KG2, KG3 und KG4).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) setzte die Schenkungsteuer in Höhe von 175.332 € fest. Dabei wurde für alle erworbenen KG-Beteiligungen die Regelverschonung des § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der auf den Streitfall anwendbaren Fassung (ErbStG a.F.) in Höhe von 85 % gewährt. Der Bescheid wurde im Anschluss aus hier nicht streitigen Gründen geändert.
In der Folge stellte das für die Bewertung zuständige Finanzamt die Werte der Anteile am Betriebsvermögen für Zwecke der Schenkungsteuer sowie die Verwaltungsvermögensquoten gesondert fest. Für den KG2-Anteil wurde eine Verwaltungsvermögensquote von 13,74 % mitgeteilt. Für alle KG-Anteile zusammen lag die Quote ‑‑zwischen den Beteiligten unstreitig‑‑ unter 10 %.
Unter Berücksichtigung der gesondert festgestellten Werte erhöhte das FA auf Grundlage der Regelverschonung mit geändertem Bescheid vom 21.03.2018 die Schenkungsteuer auf 212.838 €.
Im Einspruchsverfahren gegen diesen Bescheid erklärte die Klägerin am 10.04.2018 unwiderruflich, dass für den gesamten Erwerb des begünstigten Vermögens die Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. (Vollverschonung) in Anspruch genommen werde. Sie vertrat die Auffassung, bei konsequenter Anwendung der Verwaltungsauffassung, wonach der Antrag zur Vollverschonung nur einheitlich gestellt werden könne, sei auch die Verwaltungsvermögensquote einheitlich zu berechnen. Sollte demgegenüber die Verwaltungsvermögensquote je Betrieb zu ermitteln sein, müsse für den KG2-Anteil die Regelverschonung gelten.
Mit Bescheid vom 10.04.2019 änderte das FA die Steuerfestsetzung erneut und setzte die Steuer auf 99.161 € herab. Für die übertragenen Anteile an den KG1, KG3 und KG4 wurde die Vollverschonung, für den Anteil an der KG2 weder die Regel- noch die Vollverschonung gewährt.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, für den KG2-Anteil sei keine Verschonung zu gewähren. Die Verwaltungsvermögensquote sei bei einheitlicher Schenkung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten gesondert für jede wirtschaftliche Einheit zu ermitteln. Der Antrag auf Vollverschonung könne jedoch nur einheitlich für sämtliche erworbenen Einheiten gestellt werden. Sei er gestellt, sei ein "Rückfall" auf die Regelverschonung für eine wirtschaftliche Einheit, die zwar nicht die Voraussetzungen der Vollverschonung, wohl aber die Voraussetzungen der Regelverschonung erfülle, nicht möglich. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2020, 1713 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin einen Verstoß gegen § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. geltend.
Könne ‑‑wovon FG und Finanzverwaltung ausgingen‑‑ die Optionserklärung nur für alle übertragenen Einheiten einheitlich abgegeben werden, müsse folgerichtig auch die Verwaltungsvermögensquote einheitlich für alle Einheiten ermittelt werden. Damit sei für alle geschenkten KG-Anteile einschließlich des Anteils an der KG2 die Vollverschonung zu gewähren.
Hilfsweise müsse für den KG2-Anteil zumindest die Regelverschonung gewährt werden. Es sei schon nicht einsichtig, warum der Steuerpflichtige die Optionsverschonung nicht für die jeweilige wirtschaftliche Einheit beantragen dürfe. Der Gesetzgeber habe mit der Vollverschonung nur den Erwerb einer (einzelnen) wirtschaftlichen Einheit vor Augen gehabt. Es gebe keinen sachlichen Grund, eine aus Vereinfachungsgründen zusammengefasste Schenkung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten anders zu behandeln, als die Schenkung derselben wirtschaftlichen Einheiten hintereinander. Wenn man eine Einzeloption gestatte, sei die Erklärung der Klägerin dahingehend zu verstehen, dass sie sich auf die Anteile an den KG1, KG3 und KG4 beschränke. Selbst wenn man jedoch eine einheitliche Option annehme, müsse für diejenigen wirtschaftlichen Einheiten, die die Voraussetzungen der Optionsverschonung nicht erfüllen, zumindest der Rückfall auf die Regelverschonung möglich sein, denn deren Voraussetzungen lägen vor.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 15.07.2019 aufzuheben und den Schenkungsteuerbescheid vom 10.04.2019 dahingehend zu ändern, dass die Schenkungsteuer auf 0 € festgesetzt wird,
hilfsweise, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 15.07.2019 aufzuheben und den Schenkungsteuerbescheid vom 10.04.2019 dahingehend zu ändern, dass die Schenkungsteuer unter Berücksichtigung der Regelverschonung für den Erwerb des KG2-Anteils festgesetzt wird.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Aus § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. ergebe sich, dass ein Erwerber die Optionsverschonung insgesamt nur einheitlich für alle Arten des erworbenen Vermögens erklären könne. Anschließend seien jedoch die infolge der Option modifizierten Verschonungsvoraussetzungen für die jeweiligen wirtschaftlichen Einheiten zu ermitteln. Verfüge eine wirtschaftliche Einheit über mehr als 10 % Verwaltungsvermögen, komme für diese Einheit gar keine Verschonung in Betracht. Einem Rückfall auf die Regelverschonung stehe die Unwiderruflichkeit der Option entgegen. Eine Ungleichbehandlung mit Schenkungen, die nicht in einem einheitlichen Vertrag vollzogen würden, bestehe nicht, da auch in diesen Fällen eine einheitliche Schenkung in mehreren Akten vorliegen könne.
II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass für den Anteil der KG2 weder die Vollverschonung noch die Regelverschonung zu gewähren ist.
1. Die Schenkung von Beteiligungen an einer KG unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes der Schenkungsteuer. Für den Erwerb von Betriebsvermögen sieht § 13a i.V.m. § 13b ErbStG a.F. unter bestimmten Voraussetzungen Steuerbefreiungen vor.
a) Die im Streitfall anwendbaren Vorschriften der §§ 13a, 13b ErbStG a.F. sind nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17.12.2014 ‑ 1 BvL 21/12 (BGBl I 2015, 4, BVerfGE 138, 136, BStBl II 2015, 50) mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar. Das BVerfG hatte jedoch ihre Anwendbarkeit bis zu einer Neuregelung angeordnet, die spätestens bis zum 30.06.2016 zu treffen war. Eine solche wurde durch Art. 1 Nrn. 3 und 4 des Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 04.11.2016 (BGBl I 2016, 2464) mit Wirkung ab dem 01.07.2016 geschaffen.
b) Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 ErbStG a.F. bleibt vorbehaltlich des § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. unter verschiedenen Voraussetzungen u.a. der Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu 85 % außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Eine solche Gesellschaft ist auch die KG. Ausgenommen von der Steuerbefreiung bleibt Betriebsvermögen, wenn es zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F.). Die Bestimmung des Verwaltungsvermögens sowie dessen Anteil am gemeinen Wert des Betriebs richtet sich nach § 13b Abs. 2 Sätze 2 bis 4 ErbStG a.F.
c) Nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. kann der Erwerber unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung nach den Absätzen 1 bis 7 in Verbindung mit § 13b ErbStG a.F. nach Maßgabe der Bestimmungen in den nachfolgenden Ziffern gewährt wird. U.a. tritt nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG a.F. an die Stelle des Prozentsatzes für das Verwaltungsvermögen von 50 % in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. ein Prozentsatz von 10 %, nach § 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG a.F. an die Stelle des Prozentsatzes für die Begünstigung von 85 % in § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. ein Prozentsatz von 100 % (Vollverschonung).
2. Der relevante Anteil des Verwaltungsvermögens ist in Bezug auf jede übertragene wirtschaftliche Einheit und damit für jeden übertragenen Anteil an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG gesondert zu ermitteln. Das gilt sowohl für die Regelverschonung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1, 2 und 4 ErbStG a.F. als auch für die über § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. eröffnete Vollverschonung (vgl. Geck in Kapp/Ebeling, § 13a ErbStG, Rz 216; BeckOK ErbStG/Claussen/Thonemann-Micker, 16. Ed. [01.07.2022], ErbStG § 13a Rz 572 ff.; Söffing, in Götz/Meßbacher-Hönsch, eKomm, ab 01.07.2016, § 13a ErbStG Rz 357 Aktualisierung vom 26.01.2021; Riedel in Daragan/Halaczinsky/Riedel, ErbStG, BewG, 3. Aufl., § 13a ErbStG Rz 373; Meincke/Hannes/Holtz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 18. Aufl., § 13a Rz 119; Althoff, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge ‑‑ZEV‑‑ 2014, 325; Reich, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2014, 1424; Bernhard, ZEV 2021, 209; vgl. auch R E 13a.1 Abs. 2 Satz 2 und R E 13b.20 Abs. 3 Satz 1 der Erbschaftsteuer-Richtlinien ‑‑ErbStR‑‑ 2011 vom 19.12.2011, BStBl I 2011, Sondernummer 1/2011, S. 2).
a) Nach dem System der Steuerbegünstigung i.S. der §§ 13a, 13b ErbStG a.F. ist jeder übertragene Betrieb einzeln zu betrachten.
aa) Die Vorschriften zur Ermittlung des Verwaltungsvermögens sind teilweise lediglich in Bezug auf die jeweils übertragene betriebliche Einheit anwendbar. Dies betrifft etwa § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG a.F. ("im überlassenden Betrieb"), § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG a.F. ("Verpachtung eines ganzen Betriebs"), aber auch § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. ("dem Betrieb ... zuzurechnen"). Eine zusammenfassende Betrachtung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten ist im Gesetz nicht angelegt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 14.11.2018 ‑ II R 34/15, BFHE 263, 273, BStBl II 2019, 674, Rz 30 zu § 13a Abs. 1 Sätze 2 und 4 ErbStG a.F. zur Bestimmung der Zahl der Beschäftigten und zur Einhaltung der Lohnsumme).
bb) Insbesondere aber die Behaltensfristen nach § 13a Abs. 5 ErbStG a.F. knüpfen an die jeweilige wirtschaftliche Einheit an und können deshalb nur isoliert und nicht im Wege einer konsolidierten Betrachtung zu prüfen sein (Geck in Kapp/Ebeling, § 13a ErbStG, Rz 216).
b) Der Wortlaut der Vorschriften steht dem nicht entgegen. Auch wenn § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. zunächst allgemein von Betrieben und Gesellschaften in der Mehrzahl spricht, erfolgt die Abgrenzung des Verwaltungsvermögens vom sonstigen Betriebsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a.F. im Folgenden ausschließlich auf den jeweiligen Betrieb bezogen. Dasselbe gilt für die Abgrenzung des sog. jungen Verwaltungsvermögens i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. und für § 13b Abs. 2 Satz 4 ErbStG a.F., der ebenfalls den "Wert des Betriebs" in der Einzahl verwendet.
Auch die Wortwahl "insgesamt" in § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. meint nicht die Addition verschiedener wirtschaftlicher Einheiten, sondern soll vielmehr sicherstellen, dass das gesamte Betriebsvermögen, also einschließlich des Verwaltungsvermögens, begünstigt wird (vgl. Königer, Betriebsberater 2014, 1251; Althoff, ZEV 2014, 325 Reich, DStR 2014, 1424 mit Verweis auf die Entstehungsgeschichte der Regelung und BTDrucks 16/7918, S. 33; Geck in Kapp/Ebeling, § 13a ErbStG, Rz 216).
c) Es besteht kein Anlass und aus den dargestellten Gründen auch keine Möglichkeit, bei Anwendung des § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. die Ermittlung der Verwaltungsvermögensquote abweichend von diesen Grundsätzen für alle im Rahmen eines Erwerbs übertragenen wirtschaftlichen Einheiten kumuliert zu berechnen.
§ 13a Abs. 8 ErbStG a.F. schafft keinen eigenen Begünstigungstatbestand, sondern bewirkt nur, dass mit der Erklärung des Erwerbers einzelne für die Regelverschonung geltenden Tatbestandsvoraussetzungen durch andere ersetzt werden. Die Option ändert aber nichts daran, dass es strukturell unmöglich ist, die Verwaltungsvermögensquote betriebsübergreifend zu bestimmen. So kann insbesondere die von fünf auf sieben Jahre verlängerte Behaltensfrist (§ 13a Abs. 8 Nr. 2 ErbStG a.F.) denklogisch nur jeweils für eine bestimmte wirtschaftliche Einheit ermittelt werden. Die Verwendung des bestimmten Artikels in § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. kann deshalb nur "die" Steuerbefreiung für die jeweilige wirtschaftliche Einheit meinen. An alldem änderte sich auch dann nichts, wenn, wovon die Finanzverwaltung ausgeht, die Erklärung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. nur einheitlich für alle Gegenstände des jeweiligen Erwerbstatbestands abgegeben werden könnte.3. Die Vollverschonung nach Maßgabe von § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. ist an die Abgabe einer entsprechenden Erklärung geknüpft.
a) Diese Erklärung kann bei einer einheitlichen Schenkung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten für jede erworbene wirtschaftliche Einheit gesondert abgegeben werden (a.A. für den Erbfall die Finanzverwaltung in R E 13a.13 Abs. 1 Satz 1 ErbStR 2011; vgl. auch R E 13a.21 Abs. 1 Satz 1 ErbStR 2019 vom 16.12.2019, BStBl I 2019, Sondernummer 1/2019).
aa) Durch die Rechtsprechung ist bereits entschieden, dass die für einen Übertragungsfall erklärte optionale Vollverschonung jedenfalls keine Wirkung für weitere Übertragungsfälle hat. Vielmehr kann der Beschenkte oder Erbe in jedem Übertragungsfall neu entscheiden, ob er die optionale Vollverschonung wählt und sich deren Voraussetzungen unterwirft (BFH-Beschluss vom 05.03.2020 ‑ II B 99/18, BFH/NV 2020, 852, Rz 16).
bb) Das Gesetz bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass die Erklärung nur einheitlich für alle wirtschaftlichen Einheiten abgegeben werden könne (vgl. Meincke/Hannes/Holtz, a.a.O., § 13a Rz 122 f.; Riedel in Daragan/ Halaczinsky/Riedel, a.a.O., § 13a ErbStG Rz 376; Hannes/Onderka, ZEV 2009, 421). Weder die Wortwahl des § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. ("bleibt insgesamt außer Ansatz") noch die des § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. ("die" und nicht etwa "eine" Steuerbefreiung) verlangen eine einheitliche Erklärung.
cc) Eine nur einheitlich auszuübende Erklärung zur optionalen Vollverschonung wäre vielmehr systemwidrig (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13a Rz 511; Scholten/Koretzkij, DStR 2009, 73, 78; Stalleiken in von Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2. Aufl., § 13a Rz 255; BeckOK ErbStG/Claussen/Thonemann-Micker, a.a.O., § 13a Rz 574; Löcherbach in Viskorf/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 6. Aufl., § 13a ErbStG Rz 220). Die Möglichkeit der "Einzeloption" für jede wirtschaftliche Einheit entspricht der betriebsbezogenen Ermittlung der Verwaltungsvermögensquote (vgl. oben unter II.2.). Da auch die weiteren Voraussetzungen, an die die Vollverschonung geknüpft ist, für jede wirtschaftliche Einheit gesondert festzustellen sind, wäre eine einheitliche Erklärung nicht zu rechtfertigen.
dd) Auch die Gesetzesbegründung rechtfertigt keine andere Auslegung. Vielmehr wird darin ausgeführt, dass "dem Betriebsnachfolger" eine Option eingeräumt wird (BTDrucks 16/11107, S. 10). Das Fortführungserfordernis ist ebenfalls betriebsbezogen formuliert.
ee) Abweichendes ist schließlich nicht deshalb geboten, weil ansonsten eine missbräuchliche "Umschichtung" schädlichen Verwaltungsvermögens in eine von mehreren wirtschaftlichen Einheiten die Vollverschonung für die anderen ermöglichen könnte. Eine entsprechende Gestaltung wäre ebenso durch eine Aufspaltung auf mehrere Übertragungsfälle und eine jeweils unterschiedliche Optionsausübung möglich (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 852, Rz 16 zur unterschiedlichen Optionsausübung).
b) Die Optionserklärung ist nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. unwiderruflich (vgl. auch R E 13a.13 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2011 und R E 13a.21 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2019). Sie entspricht einem Antragsrecht (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 852, Rz 8).
c) Ob und in welchem Umfang eine Erklärung zur optionalen Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. abgegeben wurde, ist durch Auslegung der abgegebenen Willenserklärung zu ermitteln.
aa) Die Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts erfolgt durch Willenserklärung, die nach Maßgabe von §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auszulegen ist (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2020 ‑ I R 23/18, BFH/NV 2021, 944, Rz 8, 12). Im Zweifel ist eine Erklärung so auszulegen, dass dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des Erklärenden entspricht (vgl. BFH-Beschluss vom 22.11.2018 ‑ II B 8/18, BFHE 262, 470, BStBl II 2020, 153, Rz 15).
bb) Die Auslegung von Willenserklärungen gehört zum Bereich der tatsächlichen Feststellungen und bindet den BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO, wenn sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB entspricht und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt, d.h. jedenfalls möglich ist. Das Revisionsgericht prüft, ob das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und die für die Auslegung bedeutsamen Begleitumstände erforscht und rechtlich zutreffend gewürdigt hat (vgl. BFH-Urteil vom 11.07.2019 ‑ II R 4/17, BFHE 265, 447, BStBl II 2020, 319, Rz 13). Der BFH darf die Auslegung einer Willenserklärung nur nachholen, wenn das FG diese nicht selbst vorgenommen hat, die Auslegung aber notwendig ist und das FG alle notwendigen Umstände für die Auslegung festgestellt hat (vgl. BFH-Urteil vom 29.08.2017 ‑ VIII R 33/15, BFHE 259, 213, BStBl II 2018, 69, Rz 22).
4. Wurde die optionale Vollverschonung für eine wirtschaftliche Einheit erklärt, die die Anforderungen an die Vollverschonung nicht erfüllt, ist für diese wirtschaftliche Einheit auch die Regelverschonung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 ErbStG a.F. nicht zu gewähren, selbst wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind.
a) Die Erklärung zur Vollverschonung ist nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. unwiderruflich (vgl. oben unter II.3.b). Diese Tatbestandsvoraussetzung hätte keine Bedeutung, wäre immer dann, wenn die Anforderungen an die 100%ige Verschonung nicht erfüllt sind, die Regelverschonung in Höhe von 85 % zu gewähren.
b) Die Angaben in den Nrn. 1 bis 4 sind auch nicht als Voraussetzung für die Ausübung der Option formuliert. Sie stellen vielmehr Anforderungen dar, die die Voraussetzungen aus der Regelverschonung nach Abgabe der (unwiderruflichen) Erklärung zur optionalen Vollverschonung ersetzen (... "nach folgender Maßgabe gewährt wird ...").
Nach dem Wortlaut des § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. ist erst nach Ausübung der Option zu prüfen, ob die erworbene wirtschaftliche Einheit (u.a.) die Voraussetzung nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 i.V.m. § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. erfüllt, d.h. die Verwaltungsvermögensquote weniger als 10 % beträgt. Wird die Voraussetzung nicht erfüllt, ist für die erworbene wirtschaftliche Einheit mangels Erfüllung der Verschonungsvoraussetzungen weder die Vollverschonung noch die Regelverschonung zu gewähren. Die Gewährung der Regelverschonung für die einzelne Wirtschaftseinheit setzt daher voraus, dass der Erwerber für diese wirtschaftliche Einheit keine Erklärung zur optionalen Vollverschonung abgegeben hat.
c) Auch Sinn und Zweck sprechen für dieses Ergebnis.
Der Zweck der §§ 13a, 13b ErbStG a.F. besteht darin, mittels Begünstigung des Erwerbs bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer einen bestehenden Betrieb des Erblassers oder Schenkers und dessen Arbeitsplätze zu erhalten und davor zu schützen, dass der Erwerber zur Begleichung seiner persönlichen Erbschaftsteuer- oder Schenkungsteuerschuld auf die Vermögenswerte des Betriebs zurückgreifen muss (BFH-Urteil vom 08.05.2019 ‑ II R 18/16, BFHE 264, 287, BStBl II 2019, 681, Rz 21). Dieser gesetzlichen Zielrichtung wird dadurch entsprochen, dass begünstigungsfähiges Vermögen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. auch ohne Antrag bereits in Höhe von 85 % begünstigt ist. Das Ziel der Vollverschonung besteht hingegen darin, dem Steuerpflichtigen einen vermehrten Anreiz für die Einhaltung der in § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. enthaltenen strengeren Verschonungsvoraussetzungen zu geben, um den gesetzgeberischen Zweck ‑‑den bestehenden Betrieb des Erblassers oder Schenkers und dessen Arbeitsplätze zu schützen‑‑ in noch weiterem Umfang zu verwirklichen. Zu diesen Anreizen gehört auch der drohende Verlust der Regelverschonung, wenn der Erwerber die erhöhten Anforderungen an die Vollverschonung nicht erfüllt.
5. Nach diesen Grundsätzen sind FA und FG im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass für die Übertragung der Anteile der KG2 weder die Vollverschonung noch die Regelverschonung gewährt werden kann.
a) Die Erklärung der Klägerin vom 10.04.2018 ist dahingehend auszulegen, dass sie auch für den Erwerb der Anteile der KG2 die Vollverschonung unwiderruflich erklärt hat.
Der BFH kann die Erklärung der Klägerin selbst auslegen. Das FG hat den Inhalt der Erklärung nicht ausgelegt, da es die Auffassung vertrat, dass die Erklärung zur optionalen Vollverschonung nur für alle Einheiten einheitlich abgegeben werden könne. Es hat aber die Abgabe der Erklärung als solche festgestellt. Weitere für die Auslegung relevante Feststellungen waren nicht zu treffen. Anders als die Klägerin nunmehr im Revisionsverfahren ‑‑erstmals‑‑ vorträgt, kann ihre Erklärung hinsichtlich der Gewährung der Vollverschonung nicht dahingehend verstanden werden, dass sie sich auf die Anteile der KG1, KG3 und KG4 beschränkt habe. Ihr Hauptbegehren im verwaltungs- und anschließenden Klageverfahren war stets auf eine einheitliche Berechnung der Verwaltungsvermögensquote gerichtet, der nach Auffassung der Klägerin konsequenterweise ein einheitlicher Optionsantrag entspreche. Dieses Begehren führte sie auch im Revisionsverfahren als Hauptantrag fort und beantragte eine Steuerfestsetzung von 0 €. Lediglich als Hilfsbegründung wurde der Rückfall auf die Regelverschonung angeführt.
b) Eine Vollverschonung für die Übertragung der Anteile der KG2 kann nicht gewährt werden, da die Verwaltungsvermögensquote des KG2-Anteils über 10 % liegt und somit die Anforderung des § 13a Abs. 8 Nr. 3 i.V.m. § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. nicht erfüllt ist. Der "Rückfall" zur Regelverschonung ist nach der unwiderruflichen Erklärung zur optionalen Vollverschonung nicht möglich.
c) Art. 3 Abs. 1 GG wird durch eine solche Anwendung ‑‑entgegen der Auffassung der Klägerin‑‑ nicht verletzt. Die einheitliche Schenkung von mehreren wirtschaftlichen Einheiten in einem Vorgang und die gesonderte Schenkung von mehreren wirtschaftlichen Einheiten durch gesonderte Vorgänge in geringem zeitlichem Abstand werden gleichbehandelt. In beiden Fällen kann die Erklärung zur optionalen Vollverschonung separat für die jeweilige wirtschaftliche Einheit unwiderruflich abgegeben werden. Erfüllt die wirtschaftliche Einheit nicht die Anforderungen an die Vollverschonung, ist in beiden Fallkonstellationen nach Antragstellung die Gewährung der Regelverschonung nicht mehr möglich. Eine ungleiche Behandlung gleicher Sachverhaltskonstellationen ist nicht ersichtlich.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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