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BFH: Auslegung eines Gewinnabführungsvertrags – Zur Frage der steuerlichen Rückwirkung eines notariellen Nachtragsvermerks nach § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG

  1. Gewinnabführungsverträge sind nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen. Umstände, für die sich keine ausreichenden An­haltspunkte im Vertrag finden, können zur Auslegung grundsätzlich nicht he­rangezogen werden (Bestätigung der Rechtsprechung).
  2. Die Korrektur einer Unstimmigkeit in einem Gewinnabführungsvertrag durch einen notariellen Nachtragsvermerk nach § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG entfaltet jedenfalls dann keine steuerliche Rückwirkung, wenn sich der tatsächlich ge­wollte Vertragsinhalt nicht objektiv aus den Vertragsregelungen heraus ergibt und unklar ist, wie eine mögliche Lücke in der Vertragsurkunde zu füllen ist.

KStG §§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 17 Abs. 1 Satz 1
BeurkG § 44a Abs. 2 Satz 1
AktG §§ 298, 303
AO § 38

BFH-Urteil vom 13.7.2022, I R 42/18 (veröffentlicht am 15.12.2022)

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 15.6.2017, 10 K 115/15, 10 K 116/15

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, wurde im Juni 1991 von der V‑GmbH als alleiniger Gesellschafterin gegründet. Am ….12.1991 schlossen die Klägerin und die V‑GmbH einen notariellen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag (GAV).

In der Vertragsurkunde des mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrags lautet § 4 GAV ("Dauer des Vertrages") wie folgt:

"1. Dieser Vertrag wird bis zum 31.12.1996 abgeschlossen. Seine Wirksamkeit beginnt mit Errichtung der Organgesellschaft."

--Seitenumbruch--

"3. Das Organ ist zu einer ordentlichen Kündigung so lange nicht berechtigt, als der Organträger am Organ mit mehr als 50 % des Stammkapitals beteiligt ist.

4. Eine vorzeitige Kündigung ist nur aus wichtigem Grund zulässig."

Der GAV wurde am ….06.1992 in das Handelsregister eingetragen. Im Zuge der Digitalisierung des Registerblatts im Jahre 2006 ist das Bestehen des GAV nicht übernommen worden.

Unter dem ….09.2012 fertigte der Amtsnachfolger des den GAV beurkunden­den Notars einen Nachtragsvermerk gemäß § 44a Abs. 2 Satz 1 und 2 des Be­urkundungsgesetzes (BeurkG) und stellte darin "im Hinblick auf die in § 4 ... (GAV) ‑ Dauer des Vertrages ‑ enthaltene offensichtliche Unrichtigkeit des Fehlens des Absatzes 2 dieses Paragraphen richtig, dass § 4 ... (GAV) einen Absatz 2 enthält, der lautet:

2. Wird der Vertrag nicht 1 Jahr vor seinem Ablauf schriftlich gekündigt, ver­längert er sich um jeweils 1 weiteres Jahr."

Nachdem der Nachtragsvermerk vorgelegt und mit dem GAV beim Registerge­richt hinterlegt worden war, hat dieses das Bestehen des GAV am ….09.2012 von Amts wegen in das Handelsregister nachgetragen.

Die Klägerin führte in den Jahren 2006 und 2009 (Streitjahre) auf der Grund­lage des GAV ihren Gewinn an die V‑GmbH ab. Der Beklagte und Revisionsbe­klagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) veranlagte sie zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß in der Weise, dass er ihr Einkommen von … € (2006) bzw. … € (2009) der V‑GmbH als Organträgerin zu­rechnete und die Körperschaftsteuer auf 0 € festsetzte. Nach einer Außenprü­fung erließ das FA Änderungsbescheide, in denen es u.a. dem GAV die steuer­rechtliche Anerkennung versagte und den Gewinn in Höhe der Gewinnabfüh­rungen (2006: … €; 2009: … €) außerbilanziell als verdeckte Ge­winnausschüttungen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (KStG) hinzurechnete.

Im Klageverfahren erließ das FA, nachdem über die weiteren streitigen Fest­stellungen Einvernehmen erzielt werden konnte, Änderungsbescheide vom 23.03.2017. Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) hat die Klage mit Urteil vom 15.06.2017 ‑ 10 K 115/15 und 10 K 116/15 als unbegründet abgewiesen.

Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts ge­stützte Revision der Klägerin.

Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Körperschaftsteuer­bescheide 2006 und 2009 vom 23.03.2017 dahingehend abzuändern, dass die Körperschaftsteuer jeweils auf 0 € festgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzge­richtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG ist ohne Rechtsfehler davon aus­gegangen, dass in den Streitjahren zwischen der Klägerin und der V‑GmbH kein steuerrechtlich wirksamer GAV und damit keine Organschaft gemäß §§ 14, 17 KStG bestanden hat; der notarielle Nachtragsvermerk führt jeden­falls steuerrechtlich nicht zu einer rückwirkenden Heilung dieses Mangels.

1. Dem zwischen der Klägerin und der V‑GmbH am ….12.1991 abgeschlosse­nen GAV ist die steuerrechtliche Anerkennung für die Streitjahre mit der Folge zu versagen, dass der Gewinn der Klägerin nicht der V‑GmbH als Organträge­rin zuzurechnen ist. Das FG hat den Vertrag zutreffend dahingehend ausge­legt, dass die Vertragslaufzeit wegen fehlender Verlängerung abgelaufen war.

a) Sowohl nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG (i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 KStG) in seiner aktuellen Fassung als auch in früheren Fassungen bis ins Jahr 1991 (z.B. § 14 Nr. 4 KStG i.d.F. der Neufassung des Körperschaft­steuergesetzes vom 11.03.1991, BGBl I 1991, 638, BStBl I 1991, 135) ist Vo­raussetzung für die Anerkennung einer körperschaftsteuerrechtlichen Organ­schaft u.a. ein auf mindestens fünf Jahre abgeschlossener GAV, der auch zivil­rechtlich wirksam ist (Senatsurteile vom 30.07.1997 ‑ I R 7/97, BFHE 184, 88, BStBl II 1998, 33, zu §§ 17 Satz 1, 14 Nr. 4 Satz 1 KStG 1984; vom 23.08.2017 ‑ I R 80/15, BFHE 259, 405, BStBl II 2018, 141, m.w.N., zu §§ 17 Satz 1, 14 Abs. 1 Satz 2 KStG 2002). Hieran fehlt es im Streitfall, da das FG rechtsfehlerfrei davon ausgegangen ist, dass der GAV am 31.12.1996 geendet hat und nicht verlängert worden ist.

b) Vereinbarungen der Gesellschafter mit korporationsrechtlichem Charakter ‑‑zu denen ein GAV als gesellschaftsrechtlicher Organisationsvertrag gehört‑‑ sind nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen (z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs ‑‑BGH‑‑ vom 06.03.2018 ‑ II ZR 1/17, Der Betrieb 2018, 1078, m.w.N). Dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Rege­lung kommen dabei ebenso maßgebende Bedeutung zu wie dem systemati­schen Bezug einer Klausel zu anderen Vertragsregelungen. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte im Vertrag finden, können zur Ausle­gung grundsätzlich nicht herangezogen werden (Senatsurteil vom 28.11.2007 ‑ I R 94/06, BFHE 220, 51, m.w.N.; Beschluss des Bundesfinanz­hofs ‑‑BFH‑‑ vom 27.07.2009 ‑ IV B 73/08, BFH/NV 2009, 1840; Senatsbe­schluss vom 23.01.2013 ‑ I R 1/12, BFH/NV 2013, 989). So sind z.B. außer­halb des Vertrags liegende Sachzusammenhänge bei einer Kündigungsklausel eines GAV auch dann nicht einzubeziehen, wenn deren Kenntnis bei den Mit­gliedern und Organen allgemein vorausgesetzt werden kann (BFH-Urteil vom 03.09.2009 ‑ IV R 38/07, BFHE 226, 283, BStBl II 2010, 60; Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 989). Insbesondere gilt dies für nicht allgemein erkennbare Umstände außerhalb der zum Handelsregister eingereichten Unterlagen, wie beispielsweise der Entstehungsgeschichte sowie Vorstellungen und Äußerun­gen der am Vertragsschluss beteiligten Personen (Senatsurteil in BFHE 220, 51; Senatsbeschlüsse vom 02.11.2010 ‑ I B 71/10, BFH/NV 2011, 849, und in BFH/NV 2013, 989).

Der aus § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abzuleitende und grundsätzlich auch auf formbedürftige Verträge anzuwendende Grundsatz "falsa demonstra­tio non nocet", nach dem ohne Rücksicht auf einen abweichenden Wortlaut das von den Vertragsschließenden tatsächlich Gemeinte als Inhalt des Vertrags gilt, kann im Bereich der objektiven Auslegung korporationsrechtlicher Verein­barungen nicht uneingeschränkt angewendet werden. Findet sich nämlich im Vertrag und in den allgemein zugänglichen Unterlagen kein eindeutiger Beleg für den dem Wortlaut entgegenstehenden subjektiven Willen der Vertragspar­teien, ist kein Raum für dessen Berücksichtigung (Senatsurteil in BFHE 220, 51; Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 989).

c) An diesen strengen Auslegungskriterien ist ungeachtet der in der Literatur geäußerten Kritik (Nodoushani, Deutsches Steuerrecht 2009, 620, 622; Puls, Der Konzern 2008, 555, 558 f.; s. aus zivilrechtlicher Sicht Grunewald, Zeit­schrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 2009, 647, 650 ff.) weiterhin festzuhalten (s. bereits Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 989; dem zustim­mend z.B. Krüger, Deutsche Steuer-Zeitung ‑‑DStZ‑‑ 2013, 491; Walter in Bott/Walter, KStG, § 14 Rz 636; Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, § 14 KStG Rz 66; Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG Rz 328; Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl., § 14 Rz 257; Neumann in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 14 Rz 231; Brandis/Heuermann/Krumm, § 14 KStG Rz 103). Denn sie begründen sich mit der Notwendigkeit, den Fi­nanzbehörden eine sichere Prüfungs- und Beurteilungsgrundlage zu geben, ob ‑‑durch die Organschaft‑‑ ausnahmsweise ein Steuersubjekt an die Stelle ei­nes anderen Subjekts tritt (Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 989, unter Ver­weis auf Gosch, BFH/PR 2008, 350, 351). Es muss ausgeschlossen sein, dass den Vertragsparteien ‑‑je nach wirtschaftlicher und steuerlicher Situation‑‑ ein "faktisches Wahlrecht" eingeräumt wird, sich auf den konkreten Vertragstext oder auf ein Redaktionsversehen zu berufen (Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 989, unter Verweis auf Köster, DStZ 2012, 177).

Soweit die Klägerin demgegenüber auf den durch §§ 298, 303 des Aktienge­setzes (AktG) i.V.m. § 15 des Handelsgesetzbuchs gewährleisteten Schutz der Gläubiger der Organgesellschaft verweist, die sich bei unterbliebener Eintra­gung der Beendigung eines Unternehmensvertrags weiterhin auf diesen beru­fen könnten, wird dies den steuerrechtlichen Wirkungen der Organschaft nicht gerecht. Die Gläubigerschutzvorschriften vermögen nicht die Unsicherheit zu beseitigen, ob und in welchem Umfang sich eine Körperschaftsteuerforderung gegen den Organträger oder gegen die Organgesellschaft richtet. Würde die Körperschaftsteuer zunächst gegen das falsche Steuersubjekt festgesetzt und dies erst nachträglich erkannt und dort geändert (z.B. Absehen von der Zu­rechnung des Einkommens beim Organträger wegen tatsächlich nicht beste­hender Organschaft), könnte dies wegen der Grundsätze der Bestandskraft nicht mehr ohne Weiteres bei dem anderen Steuersubjekt durch geänderte Bescheide berücksichtigt werden (z.B. Senatsurteil vom 28.01.2004 ‑ I R 84/03, BFHE 205, 1, BStBl II 2004, 539; BFH-Urteil vom 06.03.2008 ‑ IV R 74/05, BFHE 220, 304, BStBl II 2008, 663). In diesen Fällen würde eine mögliche Haftung nach § 303 AktG ins Leere gehen, wenn wegen verfahrens­rechtlicher Vorschriften eine Körperschaftsteuer nicht mehr festgesetzt werden kann.

d) Nach den vorstehenden Maßgaben hat das FG rechtsfehlerfrei festgestellt, dass in den Streitjahren 2006 und 2009 kein wirksamer GAV mehr bestanden hat; dabei unterliegen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats Verein­barungen der Gesellschafter mit korporationsrechtlichem Charakter wegen des zuvor beschriebenen Gebots der objektivierten Auslegung der freien Nachprü­fung durch das Revisionsgericht (z.B. Senatsurteile in BFHE 220, 51, unter Verweis auf BGH-Urteil vom 11.10.1993 ‑ II ZR 155/92, BGHZ 123, 347, und vom 21.01.2016 ‑ I R 22/14, BFHE 253, 82, BStBl II 2017, 336).

aa) Nach § 4 Abs. 1 GAV wurde der Vertrag bis zum 31.12.1996 abgeschlos­sen. Damit endete der Vertrag mit Ablauf dieses Datums. Es bedarf daher kei­ner Entscheidung, welche Folgen es gehabt hat, dass der GAV im Jahr 2006 nicht in das elektronische Handelsregister übernommen worden ist.

bb) Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich der GAV nicht in der Weise auslegen, dass er über den 31.12.1996 hinaus wirksam sein sollte.

aaa) Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass der Vertrag insofern unstimmig ist, als § 4 GAV die Absätze 1, 3 und 4 enthält, jedoch keinen Absatz 2. Zwar mag der Schluss in Betracht kommen, dass eine weitere Regelung in § 4 GAV und womöglich eine Verlängerungsmöglichkeit für den Vertrag gewollt war. Ebenso ist aber nicht ausgeschlossen, dass eine Verlängerung des Vertrags nicht beabsichtigt war und die Absätze 3 und 4 versehentlich in den Vertrag aufgenommen worden sind. Insoweit kann die Frage, ob § 4 GAV einen Absatz 2 enthalten sollte und welchen Inhalt dieser hätte haben sollen, aus dem GAV heraus nicht durch Auslegung ermittelt werden.

Selbst wenn man mit der Klägerin ungeachtet des Fehlens eines Absatzes 2 auf den Willen der Vertragsparteien zur Vereinbarung einer Vertragsverlänge­rung schließen wollte, ist anhand der Vertragsurkunde nicht zu ermitteln, für welchen Zeitraum und unter welchen Voraussetzungen die Verlängerung nach dem Willen der Vertragsparteien hat eintreten sollen. So enthält der beurkun­dete Vertragstext keinen Anhalt dafür, dass sich der Vertrag jeweils um ein weiteres Jahr verlängern sollte, wenn er nicht ein Jahr vor dessen Ablauf schriftlich gekündigt würde. Ebenso könnte der Wille der Vertragsparteien z.B. dahin gegangen sein, dass zur Vertragsverlängerung eine ausdrückliche Erklä­rung erforderlich sein oder dass sich der Vertrag nach Ablauf der fünfjährigen Mindestvertragslaufzeit auf unbestimmte Zeit fortsetzen sollte, mit der Mög­lichkeit der ordentlichen Kündigung durch eine der Vertragsparteien.

bbb) Der Klägerin ist auch nicht dahin zu folgen, dass für die Auslegung des GAV Umstände herangezogen werden können, die außerhalb des beurkunde­ten Vertrags liegen, insbesondere auch nicht die Regelungen der von den Schwestergesellschaften der Klägerin am selben Tag abgeschlossenen Gewinn­abführungsverträge.

(1) Zwar hat der Senat in der Vergangenheit auf die Rechtsprechung des BGH verwiesen, wonach außerhalb der Satzung liegende Sachzusammenhänge dann ausnahmsweise einzubeziehen seien, wenn deren Kenntnis bei den Mit­gliedern und Organen allgemein vorausgesetzt werden könne (Senatsurteil in BFHE 220, 51, unter Verweis auf BGH-Urteile vom 02.12.1974 ‑ II ZR 78/72, BGHZ 63, 282, und in BGHZ 123, 347). Das gilt aber nur für Fälle, in denen keine Interessen Dritter beeinträchtigt werden (Senatsurteil in BFHE 220, 51; s.a. Röhricht in Aktiengesetz, 4. Aufl., § 23 Rz 1); dies wäre aber bei der Kün­digungsklausel eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags der Fall (Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 989; BFH-Urteil in BFHE 226, 283, BStBl II 2010, 60). Und dies gilt insbesondere für nicht allgemein erkennbare Umstän­de außerhalb der zum Handelsregister eingereichten Unterlagen, wie beispiels­weise der Entstehungsgeschichte sowie Vorstellungen und Äußerungen der am Vertragsschluss beteiligten Personen (Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 989, m.w.N.).

(2) Hiervon ausgehend können die hinsichtlich der Schwestergesellschaften existierenden Unterlagen, insbesondere die am gleichen Tag abgeschlossenen Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge, nicht herangezogen werden. Diese mögen zwar für Dritte einsehbar sein. Jedoch handelt es sich dabei nicht um Unterlagen, die die Klägerin selbst betreffen. Insoweit drängt sich auch nicht auf, ob und wie Dritte ohne weiteres davon Kenntnis hätten erlangen können, dass die Klägerin Schwestergesellschaften gehabt hat, die tagesiden­tisch und ebenfalls bei diesem Notar GAV abgeschlossen haben, mit deren Hil­fe ggf. eine eventuelle Lücke im Vertrag der Klägerin geschlossen werden könnte.

(3) Aber selbst wenn man die Verträge der Schwestergesellschaften bei einer objektivierten Auslegung heranziehen wollte, ergäbe sich kein anderes Ausle­gungsergebnis. Denn es liegen keine hinreichend sicheren (objektiven) An­haltspunkte dafür vor, dass der dort jeweils vereinbarte § 4 Abs. 2 der Verträ­ge wortgleich auch in den Vertrag der Klägerin habe übernommen werden sol­len.

ccc) Aus dem Umstand, dass der GAV von den Vertragsparteien tatsächlich über den 31.12.1996 hinaus durchgeführt worden ist und sich dies z.B. aus den testierten und im Bundesanzeiger bzw. im Unternehmensregister veröf­fentlichten Jahresabschlüssen ergibt, folgt ebenfalls nichts anderes. Dabei handelt es sich um Vorgänge, die sich allesamt erst erhebliche Zeit nach dem Vertragsschluss am ….12.1991 zugetragen haben und die schon deshalb bei der Auslegung der Vertragserklärungen keine Berücksichtigung finden können.

2. Der am ….09.2012 ‑‑d.h. mehr als 20 Jahre nach Vertragsschluss‑‑ vom Amtsnachfolger des beurkundenden Notars gefertigte Nachtragsvermerk (§ 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG) kann für die Streitjahre nicht zur steuerrechtli­chen Anerkennung eines GAV führen.

a) Nach § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG kann der Notar auch nach Abschluss der Niederschrift durch einen von ihm zu unterschreibenden Nachtragsvermerk of­fensichtliche Unrichtigkeiten richtigstellen. Von einer "offensichtlichen Unrich­tigkeit" werden über Schreibversehen hinaus auch Auslassungen und Unvoll­ständigkeiten erfasst, wenn sie versehentlich erfolgt sind und sich dies aus dem Gesamtzusammenhang der Beurkundung ergibt, wobei die Umstände auch außerhalb der Urkunde liegen können (BGH-Urteil vom 10.10.2017 ‑ II ZR 375/15, BGHZ 216, 110; Winkler, Beurkundungsgesetz, 19. Aufl., § 44a Rz 18; s.a. Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 989).

b) Ob im vorliegenden Fall eine nach § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG berichti­gungsfähige offensichtliche Unrichtigkeit vorliegt, ist indes zu bezweifeln. Denn "offensichtlich" ist hier allenfalls die beschriebene Unstimmigkeit des § 4 GAV in der beurkundeten Fassung durch das Fehlen eines Absatzes 2, nicht aber auch der von den Vertragsparteien stattdessen tatsächlich gewollte Vertragsin­halt. Der an der Vertragsbeurkundung selbst nicht beteiligte Amtsnachfolger des beurkundenden Notars hat mit dem Nachtragsvermerk versucht, eine aus seiner Sicht bestehende Vertragslücke zu füllen, ohne dass die Vertragsurkun­de dahingehend zumindest andeutungsweise einen bestimmten Erklärungsin­halt hat erkennen lassen (vgl. zu diesem Erfordernis Lerch in Lerch, Beurkun­dungsgesetz, Dienstordnung und Richtlinienempfehlung der BNotK, 5. Aufl., § 44a BeurkG Rz 9; Reithmann, Deutsche Notarzeitung 1999, 27, 33). Selbst wenn für einen Nachtragsvermerk nach § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG ggf. auch auf die Erinnerung des beurkundenden Notars abgestellt werden könnte (vgl. Heckschen/Kreußlein, Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht ‑‑NZG‑‑ 2018, 401, 408), wäre hierfür in der vorliegenden Konstellation eines durch einen Amtsnachfolger gefertigten Nachtragsvermerks kein Raum.

c) Im Übrigen würde der im September 2012 gefertigte Nachtragsvermerk je­denfalls steuerlich nicht in die Streitjahre zurückwirken können. Bereits in ziv­ilrechtlicher Hinsicht wird unter Verweis auf Vertrauensschutzgesichtspunkte die Rückwirkung eines Nachtragsvermerks nach § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG bezweifelt (vgl. Winkler, a.a.O., § 44a Rz 44; Heckschen/Kreußlein, NZG 2018, 401, 414; offengelassen durch BGH-Urteil in BGHZ 216, 110, hinsicht­lich eines berichtigten Hauptversammlungsprotokolls). Jedenfalls aber in steu­errechtlicher Hinsicht kann ein Jahre später gefertigter Nachtragsvermerk nicht dazu führen, dass ein zuvor nach den Kriterien der objektivierten Ausle­gung als nach dem Willen der Vertragsparteien als beendet anzusehender GAV rückwirkend wieder "auflebt" und zur Grundlage für eine organschaftliche Ein­kommenszurechnung wird. Denn andernfalls wäre es in den Fällen, in denen sich der gewollte Inhalt nicht objektiv aus der ursprünglichen Vertragsurkunde ergibt, in das Belieben der Vertragsparteien gestellt, mit welchem Inhalt sie den GAV in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen steuerrechtlich behandelt wissen möchten. Die steuerliche Rückwirkung eines derartigen Nachtragsver­merks würde dem Rechtsgedanken des § 38 der Abgabenordnung (AO) wider­sprechen, dem zufolge die Ansprüche aus dem Steuerverhältnis entstehen, so­bald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (vgl. zu dem auf § 38 AO gestützten Rückwirkungsverbot für ergänzen­de Vereinbarungen zu Unternehmensverträgen z.B. Senatsurteil in BFHE 220, 51).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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