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BFH: Zuständigkeit für die Auflösung einer Rücklage nach § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Ausscheiden eines Mitunternehmers

  1. Das Betriebs-Finanzamt der Mitunternehmerschaft hat über die Einstellung des Veräußerungsgewinns in eine sonderbilanzielle Rücklage nach § 6b EStG zu entscheiden, auch wenn ein Mitunternehmer seinen gesamten Mitunterneh­meranteil veräußert hat.
  2. Über die später wegen des Ablaufs der Reinvestitionsfrist erforderliche Auf­lösung einer solchen Rücklage ist nicht im Gewinnfeststellungsverfahren der Mitunternehmerschaft, sondern im Einkommensteuerverfahren des früheren Mitunternehmers zu entscheiden.
  3. Wenn die Rücklage nach § 6b EStG im Gewinnfeststellungsverfahren der Mitunternehmerschaft erst aufgrund eines Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen berücksichtigt wird, ermöglicht § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung für den Ver­anlagungszeitraum des Ablaufs der Reinvestitionsfrist die Änderung eines be­standskräftigen Einkommensteuerbescheids des früheren Mitunternehmers, um den Gewinn aus der Auflösung der Rücklage zu erfassen.

EStG § 6b Abs. 3 Satz 5
AO § 18 Abs. 1 Nr. 2, § 174 Abs. 4, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b

BFH-Urteil vom 12.7.2023, X R 14/21 (veröffentlicht am 5.10.2023)

Vorinstanz: FG München vom 10.6.2021, 13 K 1825/19 = SIS 22 10 28

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 2010 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger war seit dem Jahr 2000 zu 95 % an einer gewerblichen KG beteiligt, die Eigentümerin eines bebauten Grundstücks war. Im Jahr 2006 veräußerte er seine Beteiligung.

Er beantragte im Gewinnfeststellungsverfahren der KG für 2006 zunächst er­folglos, den Veräußerungsgewinn, der vollständig auf die Wirtschaftsgüter Grund und Boden sowie Gebäude entfiel, in eine Rücklage nach § 6b des Ein­kommensteuergesetzes (EStG) einzustellen. Erst im Einspruchsverfahren kam das für die KG zuständige Betriebs-Finanzamt (Betriebs‑FA) diesem Begehren mit geändertem Gewinnfeststellungsbescheid 2006 vom 24.11.2017 nach. Die Einkommensteuer 2006 der Kläger wurde mit Änderungsbescheid vom 08.10.2018 entsprechend herabgesetzt.

Da der Kläger die Rücklage nicht von den Anschaffungs- oder Herstellungskos­ten anderer Wirtschaftsgüter abgezogen hatte, löste sie der Beklagte und Re­visionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) als Wohnsitz‑FA ‑‑ebenfalls am 08.10.2018‑‑ im vorliegend angefochtenen geänderten Einkommensteuerbe­scheid 2010 gewinnerhöhend auf und setzte einen Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG an. Dabei blieb die Einkommensteuer unverändert auf 0 € festgesetzt; der Ge­samtbetrag der Einkünfte und der Verlustabzug aus dem zum 31.12.2009 festgestellten verbleibenden Verlustvortrag erhöhten sich aber entsprechend. Verfahrensrechtlich wurde der Änderungsbescheid zunächst auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO), in der Einspruchsentscheidung dann auf eine "analoge" Anwendung des § 174 Abs. 4 AO gestützt.

Hiergegen wandten sich die Kläger im Einspruchs- und Klageverfahren vor al­lem mit dem Argument, das Wohnsitz-FA sei für die Entscheidung über die Auflösung der Rücklage nicht zuständig gewesen; vielmehr hätte diese Ent­scheidung im Gewinnfeststellungsverfahren der KG getroffen werden müssen. Auch wenn der Kläger im Streitjahr 2010 nicht mehr Gesellschafter der KG gewesen sei, könne über das weitere Schicksal einer Rücklage nur in dem Be­trieb entschieden werden, in dem sie gebildet und in der Buchführung ausge­wiesen worden sei.

Ferner sind die Kläger der Auffassung, es gebe für die Änderung des Einkom­mensteuerbescheids 2010 keine Korrekturvorschrift. § 174 Abs. 4 AO sei nicht anwendbar, weil dies die Wirksamkeit des Gewinnfeststellungsbescheids 2006 voraussetzen würde, dieser Bescheid in Bezug auf den Kläger aber unwirksam sei.

Hierzu hat das Finanzgericht (FG) festgestellt, dass im Jahr 2009 das Insol­venzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet und der erstmalige Gewinn­feststellungsbescheid 2006 für die KG vom 27.08.2010 dem Kläger nicht wirk­sam bekanntgegeben worden war. Unter dem 29.10.2010 gab das Betriebs‑FA dem Kläger den Gewinnfeststellungsbescheid 2006 nach § 183 Abs. 2 AO ein­zeln bekannt. Im Anschriftenfeld ist der Kläger genannt; in der darunter lie­genden Zeile heißt es: "für InsO-Verfahren über das Vermögen der <KG>". Im Bescheid ist angegeben, dass der Kläger am 30.06.2006 aus der KG ausge­schieden sei, die auf ihn entfallende Gewinnverteilungsquote aber bereits seit dem 01.05.2006  0/100 betrage. Das Betriebs‑FA hat dem FG nur die Seiten 1 und 2 der Aktenausfertigung dieses Bescheids vorlegen können, die das Rubrum, die getroffenen Feststellungen und einen Teil der Erläuterungen ent­halten. Die Seite 3 mit der Fortsetzung der Erläuterungen sowie der Rechts­behelfsbelehrung konnte das Betriebs‑FA hingegen nicht mehr vorlegen.

Der Kläger legte sowohl gegen den Gewinnfeststellungsbescheid vom 27.08.2010 als auch gegen die ihm einzeln bekanntgegebene Ausfertigung vom 29.10.2010 Einspruch ein. Zur Begründung führte er ‑‑neben dem letzt­lich erfolgreichen Antrag auf Bildung der Rücklage nach § 6b EStG‑‑ aus, der Bescheid sei an die Insolvenzmasse gerichtet und daher nicht wirksam be­kanntgegeben worden. Der aktuelle Steuerberater der KG sei nicht befugt, Gewinnfeststellungserklärungen mit Wirkung für den aus der Gesellschaft aus­geschiedenen Kläger zu erstellen. Der Feststellungsbescheid nach § 15a EStG sei dem Kläger nicht zugegangen, so dass der darauf basierende Gewinnfest­stellungsbescheid nicht prüffähig sei.

Nach Ergehen des geänderten Gewinnfeststellungsbescheids 2006, der dem Begehren des Klägers hinsichtlich der Rücklage nach § 6b EStG abgeholfen hatte, trugen die Kläger im Klageverfahren gegen den streitgegenständlichen geänderten Einkommensteuerbescheid 2010 weiter vor, der Erstbescheid zur Gewinnfeststellung 2006 sei auch deshalb unwirksam, weil er an die KG hätte adressiert und alle Gesellschafter darin hätten bezeichnet werden müssen. Die unter dem 29.10.2010 vorgenommene Einzelbekanntgabe des erstmaligen Gewinnfeststellungsbescheids 2006 an den Kläger sei nicht wirksam, da der Bescheid dem Kläger mit unverändertem Inhalt hätte bekanntgegeben werden müssen; die Kopie der Aktenverfügung weiche aber vom Erstbescheid ab. Aus den übersandten Unterlagen gehe nicht hervor, ob das Betriebs‑FA bei der Übermittlung der Gewinnfeststellungsbescheide mit Bekanntgabewillen gehan­delt habe. In welchen Punkten die behauptete Abweichung vorliegen soll, ha­ben die Kläger allerdings nicht erläutert. Sie haben auch die ihnen zugegange­nen Ausfertigungen der Bescheide nicht vorgelegt, obwohl das FA das FG ge­beten hatte, die Kläger zur Übermittlung der an den Kläger adressierten Fest­stellungsbescheide aufzufordern und das FG dieses Schreiben den Klägern zu­geleitet hat.

Am 10.06.2021 änderte das FA den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2010 insoweit, als es ihn im Hinblick auf anhängige Verfahren zur Verfas­sungsmäßigkeit des Gewinnzuschlags nach § 6b Abs. 7 EStG für vorläufig er­klärt hat.

Das FG wies die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2022, 1601). Zur Begründung führte es aus, zwar sei über die Auflösung der Rückla­ge grundsätzlich im Besteuerungsverfahren desjenigen Betriebs zu entschei­den, in dem der Gewinn aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts angefallen sei. Vorliegend sei aber das Wohnsitz-FA für die Auflösung der Rücklage zu­ständig gewesen, da der Kläger bereits im Jahr 2006 aus der KG ausgeschie­den sei und mit seinen nachträglichen Einkünften aus der Auflösung der Rück­lage nicht Beteiligter eines Gewinnfeststellungsverfahrens der KG für 2010 sein könne.

Das FA sei gemäß § 174 Abs. 4 AO zur Änderung des Einkommensteuerbe­scheids 2010 befugt gewesen. Insbesondere sei der ursprüngliche Gewinnfest­stellungsbescheid 2006 gegenüber dem Kläger durch die Einzelbekanntgabe wirksam geworden. Er sei zutreffender Inhaltsadressat dieses Bescheids und als solcher auch erkennbar gewesen. Alle in § 183 Abs. 2 Satz 2 AO für die Einzelbekanntgabe erforderlichen Bestandteile des Bescheids seien ihm be­kanntgegeben worden. Anhaltspunkte für ein Fehlen des Bekanntgabewillens auf Seiten des Betriebs‑FA seien nicht erkennbar, zumal dieses auf der Akten­verfügung handschriftliche Vermerke im Zusammenhang mit der Bekanntgabe des Bescheids angebracht habe. Dass das Betriebs-FA nur noch die Aktenver­fügung ohne deren Seite 3 habe vorlegen können, mache den Bescheid nicht unwirksam. Der Originalbescheid könne gar nicht in den Akten enthalten sein, da er unstreitig an den Kläger gegangen sei. Dass für den erst am 30.06.2006 ausgeschiedenen Kläger im Bescheid bereits ab dem 01.05.2006 eine Gewinn­beteiligungsquote von 0 % angegeben sei, mache den Bescheid ebenfalls nicht unwirksam.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger, die Antwort auf die Frage, in welchem Ver­fahren über die Auflösung der Rücklage zu entscheiden sei, ergebe sich nicht aus § 6b EStG, sondern aus § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG. Danach werde die Bilanz durch den "Gewerbetreibenden" aufgestellt; dies sei hier ausschließlich die KG. Ebenso habe das FG die für die Aufstellung einer geänderten Steuerbilanz oder Überleitungsrechnung geltenden Grundsätze verletzt. Die Ausübung des Wahl­rechts nach § 6b EStG habe zudem unmittelbare Auswirkungen auf die Gewer­besteuer der Personengesellschaft. Für Zwecke des Gewinnfeststellungsverfah­rens bleibe der Kläger daher an der Gesellschaft beteiligt, bis seine Rücklage nicht mehr bestehe.

Im Übrigen wiederholen die Kläger ihr Vorbringen zur Unwirksamkeit des ur­sprünglichen Gewinnfeststellungsbescheids 2006.

Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 10.06.2021 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb kein Gewinn aus der Auflösung einer Rücklage in Höhe von 1.248.450 € mehr angesetzt wird.

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Es schließt sich dem vorinstanzlichen Urteil an.

Der Senat hat mit Zwischenurteil vom 19.10.2022 ‑ X R 14/21 (BFHE 277, 88, BStBl II 2023, 588) festgestellt, dass die Revision zulässig ist, insbesondere fristgerecht eingelegt wurde.

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsord­nung (FGO) zurückzuweisen.

Das FG hat zutreffend entschieden, dass das FA die Rücklage im angefochte­nen Einkommensteuerbescheid 2010 unabhängig von einem Gewinnfeststel­lungsverfahren der KG auflösen durfte (dazu unten 1.). Ebenfalls zu Recht hat das FG die Befugnis des FA zur Änderung der bereits bestandskräftigen Ein­kommensteuerfestsetzung 2010 aus § 174 Abs. 4 AO abgeleitet; insbesondere ist der ursprüngliche Gewinnfeststellungsbescheid 2006 für die KG gegenüber dem Kläger wirksam geworden (unten 2.).

1. Ist der Gewinn aus der Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils in eine Rücklage nach § 6b EStG eingestellt worden und ist diese Rücklage nicht bis zum Ablauf der Reinvestitionsfrist von den Anschaffungs- oder Her­stellungskosten hierfür geeigneter Wirtschaftsgüter abgezogen worden, muss die Gewinnerhöhung, die sich aus der Auflösung der Rücklage ergibt, unmit­telbar im Einkommensteuerverfahren des in diesem Veranlagungszeitraum weder an der Mitunternehmerschaft noch an deren Gewinnfeststellungsverfah­ren beteiligten ehemaligen Gesellschafters berücksichtigt werden.

a) Nach § 6b Abs. 1 EStG kann der Gewinn aus der Veräußerung unter ande­rem von Grund und Boden sowie Gebäuden im Wirtschaftsjahr der Veräuße­rung von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bestimmter Wirtschafts­güter gewinnneutral abgezogen werden. Statt eines solchen Abzugs können Steuerpflichtige im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine den steuerlichen Ge­winn mindernde Rücklage bilden (§ 6b Abs. 3 Satz 1 EStG). Bis zur Höhe die­ser Rücklage können sie von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten be­stimmter Wirtschaftsgüter, die in den folgenden ‑‑grundsätzlich‑‑ vier Wirt­schaftsjahren angeschafft oder hergestellt werden, im Wirtschaftsjahr ihrer Anschaffung oder Herstellung einen Betrag abziehen; zugleich ist die Rücklage in Höhe des abgezogenen Betrags gewinnerhöhend aufzulösen (§ 6b Abs. 3 Satz 2 und 4 EStG). Ist eine Rücklage am Schluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, ist sie ‑‑soweit nicht ein Abzug von den Herstellungskosten von Gebäuden in Betracht kommt, mit deren Herstellung bis zu diesem Zeitpunkt begonnen worden ist‑‑ in diesem Zeit­punkt gewinnerhöhend aufzulösen (§ 6b Abs. 3 Satz 5 EStG). In diesem Fall ist der Gewinn des Wirtschaftsjahres, in dem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 % des aufgelösten Rücklagenbetrags zu erhöhen (§ 6b Abs. 7 EStG).

b) Aus § 34 Abs. 1 Satz 4 EStG folgt, dass eine Rücklage nach § 6b EStG ‑‑wie im Streitfall‑‑ auch für den Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunterneh­meranteils gebildet werden kann (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 25.07.1979 ‑ I R 175/76, BFHE 129, 17, BStBl II 1980, 43, unter 2.). Unge­achtet dessen, dass die Entscheidung über die Bildung der Rücklage in einem solchen Fall nur für die Besteuerung des ausscheidenden Gesellschafters Be­deutung hat, ist sie gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO im Gewinn­feststellungsverfahren der Personengesellschaft zu treffen, aus der der Gesell­schafter ausgeschieden ist. Dies ist damit begründet worden, dass die Voraus­setzungen für die Rücklagenbildung vorrangig in den Wissens- und Beurtei­lungsbereich des Betriebs‑FA der Personengesellschaft fallen (zum Ganzen BFH-Urteil vom 25.07.1979 ‑ I R 175/76, BFHE 129, 17, BStBl II 1980, 43, unter 3.; anderer Ansicht Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein, Kurzinformation vom 02.09.2014, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2014, 2180: schon das Wahlrecht zur Bildung der Rücklage sei in der Einkommen­steuererklärung auszuüben).

Da die Rücklage in einem solchen Fall nicht Bestandteil der Gesamthandsbilanz der Mitunternehmerschaft ist, bleibt bilanztechnisch nur die Möglichkeit, sie in eine Sonderbilanz des ausscheidenden Gesellschafters einzustellen (ebenso zum ‑‑etwas anders gelagerten‑‑ Fall des Gewinns aus der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen im Rahmen der Veräußerung des Mitunternehmeran­teils auch BFH-Entscheidungen vom 07.03.1996 ‑ IV R 34/95, BFHE 180, 305, BStBl II 1996, 568, unter 1., und vom 25.01.2006 ‑ IV R 14/04, BFHE 212, 231, BStBl II 2006, 418, unter 2.a).

Die spätere Auflösung einer solchen Rücklage führt zu nachträglichen gewerb­lichen Einkünften des ehemaligen Gesellschafters im Sinne des § 24 Nr. 2 EStG (BFH-Urteil vom 04.02.1982 ‑ IV R 150/78, BFHE 135, 202, BStBl II 1982, 348, unter II.2.).

c) Die durch § 6b EStG ermöglichte Übertragung stiller Reserven ist ‑‑mit Aus­nahme von Gewinnen, die durch Veräußerungen in den Jahren 1999 bis 2001 entstanden sind‑‑ gesellschafterbezogen und daher rechtsträgerübergreifend. So kann ein dem Gesellschafter zuzurechnender Veräußerungsgewinn nicht nur im veräußernden Betrieb, sondern auch von den Anschaffungs- oder Her­stellungskosten von Wirtschaftsgütern eines Einzelbetriebsvermögens des Ge­sellschafters, seines Sonderbetriebsvermögens in einer anderen Mitunterneh­merschaft oder ‑‑bis zur Höhe seines ideellen Anteils‑‑ von Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einer anderen Personengesellschaft, an der er beteiligt ist (im Folgenden: investierender Betrieb), abgezogen werden (zu­sammenfassend BFH-Urteil vom 16.12.2021 ‑ IV R 7/19, BFHE 275, 179, BStBl II 2023, 378, Rz 40, m.w.N.; R 6b.2 Abs. 6 der Einkommensteuer-Richtlinien 2012).

d) Der BFH hat sich schon mehrfach mit der Frage befasst, in welchem Be­steuerungsverfahren über eine solche rechtsträgerübergreifende Übertragung der in der Rücklage verkörperten stillen Reserven zu entscheiden ist.

aa) Dem BFH-Urteil vom 12.07.1990 ‑ IV R 44/89 (BFH/NV 1991, 599) lag zu­grunde, dass der Ehemann sein Einzelunternehmen veräußert und den Gewinn in eine Rücklage nach § 6b EStG eingestellt hatte. Diese zog er von den (ge­samten) Herstellungskosten eines neu hergestellten Wirtschaftsguts des Ge­samthandsvermögens einer Mitunternehmerschaft ab, an der er und seine Ehefrau jeweils zur Hälfte beteiligt waren. Im Gewinnfeststellungsverfahren wurde dies vom Betriebs-FA der Mitunternehmerschaft beanstandet, das die Übertragung der Rücklage auf die hälftige Beteiligung des Ehemanns an den Herstellungskosten des Investitionsobjekts begrenzte und die Rücklage im Üb­rigen ‑‑im Wege der Erhöhung des Gewinns der investierenden Mitunterneh­merschaft‑‑ auflöste. Der IV. Senat des BFH führte hierzu aus, über die Höhe des Gewinns aus der Veräußerung und dessen Versteuerung sei im Verfahren des veräußernden Betriebs zu entscheiden, über den Umfang der Übertra­gungsmöglichkeit hingegen im Verfahren des investierenden Betriebs (BFH-Urteil vom 12.07.1990 ‑ IV R 44/89, BFH/NV 1991, 599, unter 1.). Es sei je­denfalls nicht zulässig, den im veräußernden Einzelunternehmen entstandenen Gewinn in das Gewinnfeststellungsverfahren der investierenden Mitunterneh­merschaft einzubeziehen und den Gewinn, der sich aus der ‑‑mangels recht­zeitiger Investition erforderlichen‑‑ Auflösung der Rücklage ergebe, dort anzu­setzen.

In ausdrücklicher Anknüpfung an diese Entscheidung hat der IV. Senat des BFH im Beschluss vom 09.09.2005 ‑ IV B 6/04 (BFH/NV 2006, 22, unter 1.a) ausgeführt, ein Kläger, der die Übertragung eines Rücklagenbetrags auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Reinvestitionsguts eines anderen Betriebs begehre, müsse im investierenden Betrieb die Feststellung eines hö­heren Gewinns ‑‑als Auswirkung der durch die Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten verringerten Absetzung für Abnutzung‑‑ beantragen. Hingegen könne im veräußernden Betrieb nicht über den Umfang der Übertra­gung einer Rücklage entschieden werden, da dies außer Acht ließe, dass es sich bei dem Reinvestitionsobjekt um ein Wirtschaftsgut des Gesamthands­vermögens der investierenden Mitunternehmerschaft handele, das zwingend Gegenstand des entsprechenden Gewinnfeststellungsverfahrens sei.

bb) Davon zumindest in einigen tragenden Formulierungen abweichend hat der IV. Senat des BFH im Urteil vom 19.12.2012 ‑ IV R 41/09 (BFHE 240, 73, BStBl II 2013, 313, Rz 35; daran anknüpfend BFH-Urteil vom 22.11.2018 ‑ VI R 50/16, BFHE 263, 44, BStBl II 2019, 313, Rz 27) entschieden, auch das Wahlrecht auf Übertragung der Rücklage auf Reinvestitionsgüter anderer Be­triebe sei in der Bilanz des veräußernden Betriebs auszuüben. Hierfür spreche schon § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 EStG, wonach die Bildung und Auflösung der Rücklage in der Buchführung verfolgt werden können müsse. Wenn die Rück­lage im veräußernden Betrieb zu einem bestimmten Bilanzstichtag fortgeführt worden sei und die Voraussetzungen für eine Bilanzänderung (§ 4 Abs. 2 Satz 2 EStG) nicht erfüllt seien, sei eine Übertragung der Rücklage auf in die­sem Veranlagungszeitraum angeschaffte oder hergestellte Reinvestitionsgüter eines anderen Betriebs verfahrensrechtlich nicht mehr möglich.

cc) In seinem Urteil vom 16.12.2021 ‑ IV R 7/19 (BFHE 275, 179, BStBl II 2023, 378, Rz 62 i.V.m. Rz 54) hat der IV. Senat dann ausdrücklich offenge­lassen, ob an den beiden vorstehend unter aa zitierten Entscheidungen (vom 12.07.1990 ‑ IV R 44/89, BFH/NV 1991, 599 und vom 09.09.2005 ‑ IV B 6/04, BFH/NV 2006, 22) noch festgehalten werden könne. Denn die Bindungswir­kung eines Bescheids für ein anderes Verwaltungsverfahren könne nur dann angenommen werden, wenn es dafür eine gesetzliche Grundlage gebe. Es be­stünden aber erhebliche Zweifel, ob der Norm des § 6b EStG eine derartige Anordnung eines gestuften Verwaltungsverfahrens mit Bindungswirkung für andere Bescheide zu entnehmen sei.

dd) Als gesichert kann jedenfalls gelten, dass eine Rücklage als solche ‑‑ohne gleichzeitigen Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Re­investitionsguts‑‑ nicht in einen anderen Betrieb übertragen und in der dorti­gen Bilanz fortgeführt werden kann (BFH-Urteile vom 07.03.1996 ‑ IV R 34/95, BFHE 180, 305, BStBl II 1996, 568, unter 1., und vom 22.11.2018 ‑ VI R 50/16, BFHE 263, 44, BStBl II 2019, 313, Rz 21, 24 ff.). Sie ist vielmehr bis zum tatsächlichen Abzug von den Anschaffungs- oder Herstel­lungskosten eines Reinvestitionsguts oder bis zur zwangsweisen Auflösung wegen des Ablaufs der Reinvestitionsfrist in der Bilanz beziehungsweise Son­derbilanz des veräußernden Betriebs fortzuführen.

e) Eine Fallgestaltung wie die im Streitfall zu beurteilende ist ‑‑in Bezug auf § 6b EStG‑‑ von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht entschie­den worden, weshalb auch der Anregung der Kläger, das in § 11 FGO vorge­sehene Verfahren einzuleiten, nicht nachzukommen ist. Der Streitfall ist ‑‑im Gegensatz zu den Sachverhalten, die sämtlichen vorstehend unter d erwähn­ten Entscheidungen zugrunde lagen‑‑ dadurch gekennzeichnet, dass der Steu­erpflichtige an der Mitunternehmerschaft, in der der Veräußerungsgewinn ent­standen und in eine sonderbilanzielle Rücklage nach § 6b EStG eingestellt worden war, im Zeitpunkt des Ablaufs der Reinvestitionsfrist nicht mehr betei­ligt war.

aa) In einem solchen Fall kommt eine Auflösung der Rücklage im Rahmen des Gewinnfeststellungsverfahrens der Mitunternehmerschaft nicht in Betracht. Denn nach § 179 Abs. 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO sind ein­kommensteuerpflichtige Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen ‑‑nur dann‑‑ gesondert und einheitlich fest­zustellen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Beide Voraussetzun­gen sind nicht erfüllt, wenn der frühere Gesellschafter aufgrund der Veräuße­rung seines gesamten Mitunternehmeranteils aus der Mitunternehmerschaft ausgeschieden ist. Er verliert mit seinem Ausscheiden nicht nur seine gesell­schaftsrechtliche Beteiligung an den Einkünften der Gesellschaft; ihm sind auch ‑‑aufgrund des Wegfalls seiner Mitunternehmerstellung und damit des Merkmals der gemeinschaftlichen Einkünfteerzielung‑‑ ab dem Beginn des fol­genden Wirtschaftsjahres die Einkünfte der Mitunternehmerschaft steuerlich nicht mehr zuzurechnen.

Aus diesem Grund entspricht es ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass persönliche nachträgliche gewerbliche Einkünfte eines bereits in einem früheren Wirtschaftsjahr aus einer Mitunternehmerschaft ausgeschiedenen Steuerpflichtigen nicht mehr in das Gewinnfeststellungsverfahren der Mitun­ternehmerschaft einzubeziehen sind (BFH-Urteil vom 14.05.2002 ‑ VIII R 8/01, BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532, unter II.1.a, m.w.N.: von der Höhe des aktuellen Gewinns der Mitunternehmerschaft abhängige jährlich ge­zahlte Teilbeträge des Kaufpreises für die Veräußerung des Mitunternehmeran­teils; BFH-Urteil vom 08.11.2010 ‑ I R 106/09, BFHE 231, 206, BStBl II 2014, 759, Rz 10: Ruhegeldzahlungen, die der frühere Kommanditist einer KG nach Veräußerung seines Mitunternehmeranteils von der Komplementär-GmbH die­ser KG bezieht). Dies gilt auch für den ‑‑insoweit vergleichbar gelagerten‑‑ Fall, dass in einem Veranlagungszeitraum, der zeitlich nach der Aufgabe des Betriebs einer Mitunternehmerschaft liegt, nachträgliche Sonderbetriebsausga­ben eines Gesellschafters anfallen (Senatsurteil vom 22.01.2003 ‑ X R 60/99, BFH/NV 2003, 900, unter II.1.a, b), sowie für nachträgliche Einkünfte eines ausgeschiedenen Gesellschafters einer Personengesellschaft, die Überschuss­einkünfte erzielt (BFH-Urteil vom 27.07.2004 ‑ IX R 44/01, BFH/NV 2005, 188). Da die vorgenannte ständige BFH-Rechtsprechung mit Wortlaut und Zweck des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO in Einklang steht, sieht der Senat zu einer ‑‑von den Klägern im Ergebnis begehrten‑‑ Abweichung von diesen Grundsätzen keinen Anlass.

Die Vermeidung der Durchführung eines Gewinnfeststellungsverfahrens dient in einem solchen Fall auch dem Schutz des ausgeschiedenen Gesellschafters, da eine Sonderbilanz für ausgeschiedene Gesellschafter ebenfalls von der Mit­unternehmerschaft aufzustellen ist (BFH-Beschluss vom 25.01.2006 ‑ IV R 14/04, BFHE 212, 231, BStBl II 2006, 418, unter 2.a, m.w.N.). In vielen Fällen werden sich aber nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters Interes­sengegensätze gebildet oder verfestigt haben. Dies zeigt auch der Streitfall, in dem die Kläger selbst durchgehend auf tiefgreifende Meinungsverschiedenhei­ten mit den neuen Gesellschaftern und dem neuen Steuerberater der KG ver­wiesen haben. In einer solchen, nicht nur in Ausnahmefällen bestehenden Si­tuation wäre es nicht sinnvoll, den längst ausgeschiedenen Gesellschafter in eine verfahrensrechtliche Abhängigkeit von den Entscheidungen der Vertreter einer Mitunternehmerschaft zu zwingen, auf die er keinen unmittelbaren Ein­fluss mehr hat.

Zwar stellt diese rechtliche Beurteilung die Finanzverwaltung vor die Notwen­digkeit, einen Informationsfluss vom Betriebs‑FA der Mitunternehmerschaft, in der der ausgeschiedene Gesellschafter die Rücklage gebildet hatte, zum Wohnsitz‑FA des ausgeschiedenen Gesellschafters zu gewährleisten. Da die Fi­nanzverwaltung aber ebenfalls die dargestellte, vom Senat für zutreffend ge­haltene Auslegung des § 6b EStG und des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO vertritt, ist davon auszugehen, dass sie die Sicherstellung eines solchen In­formationsflusses für möglich hält.

bb) Im Streitfall ist auch kein gesondertes Feststellungsverfahren gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b AO durchzuführen. Danach werden unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb gesondert festgestellt, wenn nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums das für die geson­derte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für die Steuern vom Ein­kommen zuständig ist. Würde man in der gegebenen Konstellation die Not­wendigkeit einer gesonderten Feststellung bejahen, müsste das Betriebs-FA der Mitunternehmerschaft neben der einheitlichen und gesonderten Feststel­lung für diejenigen Personen, die im Feststellungszeitraum der Auflösung der Rücklage Mitunternehmer der Gesellschaft sind ‑‑zu denen der ausgeschiedene Gesellschafter nicht gehört‑‑, eine zusätzliche gesonderte Feststellung allein für den ausgeschiedenen Mitunternehmer durchführen.

Die Voraussetzungen des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b AO, der unter anderem auf § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO verweist, sind im Streitfall allerdings nicht erfüllt, weil die letztgenannte Vorschrift das Bestehen eines "gewerblichen Be­triebs" erfordert, der neben dem Gewerbebetrieb der Mitunternehmerschaft existiert. Ein solcher eigener Gewerbebetrieb wird von dem ausgeschiedenen Gesellschafter aber nicht allein deshalb unterhalten, weil er noch eine Rückla­ge nach § 6b EStG fortführt (vgl. auch FG Hamburg, Urteil vom 27.05.1991 ‑ VI 47/89, EFG 1992, 174, rechtskräftig, und FG Münster, Urteil vom 20.07.2018 ‑ 4 K 333/16 E, EFG 2018, 1620, unter 1., Nichtzulassungsbe­schwerde als unzulässig verworfen durch Senatsbeschluss vom 15.01.2019 ‑ X B 116/18, nicht veröffentlicht).

cc) Die vom Senat für zutreffend gehaltene Gesetzesauslegung wird auch in der Literatur überwiegend vertreten (ausführlich Neu/Hamacher, GmbH-Rundschau ‑‑GmbHR‑‑ 2016, 1; Carlé/Strahl in Korn, § 6b EStG Rz 30.2; zu­stimmend Schmidt/Loschelder, EStG, 42. Aufl., § 6b Rz 58; a.A. Bolk, DStR 2015, 1355; wohl ebenso Schießl in Brandis/Heuermann, § 6b EStG Rz 291).

f) Die von den Klägern vorgebrachten Einwendungen stehen dieser Auslegung nicht entgegen.

aa) Erstmals in der Revisionsbegründung vertreten die Kläger unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 27.05.2020 ‑ XI R 12/18 (BFHE 269, 130, BStBl II 2020, 779) die Auffassung, das bereits vom FG gefundene Ergebnis verletze § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sowie die Grundsätze für die Aufstellung einer geän­derten Steuerbilanz (§ 4 Abs. 2 Satz 2 EStG) oder Überleitungsrechnung (§ 60 Abs. 2 Satz 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung).

Indes sind die von den Klägern angeführten gesetzlichen Regelungen und die zitierte BFH-Entscheidung im Streitfall schon deshalb nicht anwendbar, weil es hier nicht um eine Bilanzänderung oder die Änderung einer Überleitungsrech­nung im Sinne der Ersetzung eines zulässigen Bilanzansatzes durch einen an­deren zulässigen Bilanzansatz geht, sondern um den erstmaligen Ansatz eines steuerpflichtigen, von den Klägern aber nicht erklärten Gewinns beziehungs­weise um die zwingende gesetzliche Folge einer in einem früheren Veranla­gungszeitraum vom Kläger zu seinen Gunsten vorgenommenen Wahlrechts­ausübung.

Dass § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG "den Gewerbetreibenden" verpflichtet, die Bilanz (der KG) aufzustellen, ist unbestritten. Davon zu trennen ist aber die ‑‑hier entscheidungserhebliche und zu verneinende‑‑ Frage, ob die Regelungen des § 6b EStG und des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO dazu verpflichten, persönliche Auflösungsbeträge eines längst ausgeschiedenen Mitunternehmers noch in ein Gewinnfeststellungsverfahren einzubeziehen.

bb) Zwar verweisen die Kläger im Ausgangspunkt zutreffend auf den Wortlaut des § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 EStG, wonach der Abzug nach § 6b Abs. 1 EStG und die Auflösung der Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG in der Buchführung verfolgt werden können müssen. Im Streitfall besteht jedoch ein Normwider­spruch zwischen der gesetzlichen Anordnung in § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO, wonach die Durchführung eines Feststellungsverfahrens die Be­teiligung mehrerer Personen an den Einkünften und die steuerliche Zurech­nung der Einkünfte an diese Personen voraussetzt, so dass nachträgliche Ein­künfte ausgeschiedener Gesellschafter nicht mehr in das Feststellungsverfah­ren einzubeziehen sind (ausführlich oben 1.e aa), und der Vorgabe der Ver­folgbarkeit in der Buchführung. Dieser Normwiderspruch ist vom Senat ‑‑in Ausübung seiner Kompetenz zur Rechtsfortbildung‑‑ dahingehend aufgelöst worden, dass der Anordnung in § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO der Vorrang gegeben wird und die Verfolgbarkeit in der Buchführung ‑‑die es für einen bereits in einem Vorjahr ausgeschiedenen ehemaligen Gesellschafter ohnehin nicht mehr gibt‑‑ zurücktreten muss.

cc) Die von den Klägern angeführten Entscheidungen, aus denen sich ihrer Auffassung nach die weitere Zuständigkeit des Betriebs‑FA auch für ausge­schiedene Mitunternehmer ergeben soll (BFH-Urteil vom 25.01.2006 ‑ IV R 14/04, BFHE 212, 231, BStBl II 2006, 418; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.03.2021 ‑ 5 K 2442/17, EFG 2021, 1199, Rev. IV R 9/21; FG Münster, Urteil vom 15.07.2021 ‑ 2 K 29/19, Deutsches Steuerrecht/Entschei­dungsdienst 2022, 657, rechtskräftig), betreffen allesamt lediglich den Veran­lagungszeitraum des Ausscheidens, nicht aber ‑‑wie hier‑‑ einen Veranla­gungszeitraum, der vier Jahre nach dem Ausscheiden liegt.

dd) Ebenso wenig folgt der Senat dem weiteren Einwand der Kläger, wonach die Ausübung des Wahlrechts nach § 6b EStG unmittelbare Auswirkungen auf die Höhe der Gewerbesteuer der Mitunternehmerschaft habe, so dass die Entscheidung zwingend im dortigen Gewinnfeststellungsverfahren zu treffen sei.

(1) Der Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils des Klägers als natürlicher Person unterlag nicht der Gewerbesteuer (§ 7 Satz 2 des Ge­werbesteuergesetzes ‑‑GewStG‑‑; zur Behandlung nichtnatürlicher Personen s. unten (4)). Daher hatte die vom Kläger getroffene und von der Mitunterneh­merschaft sonderbilanziell umzusetzende Entscheidung zur Bildung der Rück­lage im Jahr 2006 keinen Einfluss auf die Höhe der Gewerbesteuer der KG.

(2) Eine Entscheidung des ausgeschiedenen Gesellschafters, die in seiner Son­derbilanz bei der KG gebildete Rücklage von den Anschaffungs- und Herstel­lungskosten eines ihm zuzurechnenden Wirtschaftsguts eines anderen Betriebs abzuziehen, wäre für die KG gewinnneutral und würde die Bemessungsgrund­lage der Gewerbesteuer daher ebenfalls nicht beeinflussen.

(3) Dass der Gewinn aus der ‑‑durch den Ablauf der Reinvestitionsfrist er­zwungenen‑‑ Auflösung einer Rücklage auch dann der Gewerbesteuer unter­liegt, wenn diese Rücklage für einen nicht gewerbesteuerbaren Veräußerungs­gewinn gebildet worden ist, wird ‑‑soweit ersichtlich‑‑ von niemandem vertre­ten. Auch die Kläger haben zu dieser Rechtsauffassung keinen Nachweis aus Rechtsprechung, Verwaltungsauffassung oder Literatur angeführt.

Wie bereits dargelegt (oben II.1.b), führt die Auflösung einer aus einem Ver­äußerungsgewinn gebildeten Rücklage zu nachträglichen gewerblichen Ein­künften im Sinne des § 24 Nr. 2 EStG. Nachträgliche gewerbliche Einkünfte unterliegen aber nicht mehr der Gewerbesteuer, da es ‑‑in Ermangelung eines werbenden Betriebs‑‑ an einem tauglichen Steuergegenstand fehlt (Neu/Hamacher, GmbHR 2016, 1, 2, 6; Carlé/Strahl in Korn, § 6b EStG Rz 30.2; Selder in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl., § 7 Rz 94). Für diese Auffassung spricht auch das BFH-Urteil vom 30.08.2012 ‑ IV R 28/09 (BFHE 239, 53, BStBl II 2012, 877), wonach die in § 6b Abs. 4 Satz 2 EStG enthalte­ne Einschränkung, die der Sicherung des Gewerbesteueraufkommens dienen soll, nicht anzuwenden ist, wenn der in die Rücklage eingestellte Gewinn aus einem nicht gewerbesteuerbaren Veräußerungs- oder Aufgabevorgang stammt.

(4) Zwar unterliegt unter anderem der Gewinn aus der Veräußerung eines Mit­unternehmeranteils der Gewerbesteuer, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligtem Mitunternehmer entfällt (§ 7 Satz 2 GewStG). Über die ertragsteuerrechtliche und verfahrensrechtliche Behand­lung eines solchen Falles in Bezug auf § 6b EStG ist aber im vorliegenden Ver­fahren nicht zu entscheiden. Gleichwohl weist der Senat darauf hin, dass Ver­schiebungen von Teilen der Gewerbesteuerbelastung zwischen verschiedenen Steuerobjekten der Gewerbesteuer der Norm des § 6b EStG aufgrund ihrer gesellschafterbezogenen ‑‑und damit gegebenenfalls rechtsträgerübergreifen­den‑‑ Auslegung immanent sind (ausführlich zu den gewerbesteuerrechtlichen Aspekten des § 6b EStG Neu/Hamacher, GmbHR 2016, 1, 5 ff.).

ee) Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat ‑‑ohne nähere Substantiierung‑‑ behauptet hat, er habe während des Reinvestitionszeitraums durchaus Investitionen vorgenommen, die für einen Abzug der Rücklage geeignet gewesen wären, ist dies zum einen wegen § 118 Abs. 2 FGO revisionsrechtlich unbeachtlich, weil das FG einen solchen Sach­verhalt nicht festgestellt hat. Zum anderen hat der Kläger, der weiter vorge­tragen hat, sich zu keinem Zeitpunkt bei irgendeinem der in Betracht kom­menden Finanzämter um einen Abzug der Rücklage von den behaupteten In­vestitionen bemüht zu haben, nicht dargelegt, dass er verfahrensrechtlich ‑‑im Hinblick auf die ihm erst im Einspruchsverfahren zugebilligte Rücklagenbil­dung‑‑ an einer nachträglichen Geltendmachung eines solchen Abzugs gehin­dert gewesen wäre.

2. Das FA war in verfahrensrechtlicher Hinsicht gemäß § 174 Abs. 4 AO zum Erlass des geänderten Einkommensteuerbescheids 2010 berechtigt.

Das FG hat zutreffend dargelegt, dass der ursprüngliche Gewinnfeststellungs­bescheid 2006 für die KG, in dem die Rücklage noch nicht berücksichtigt war, insoweit aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ‑‑hier: der Berechtigung des Klägers, den Gewinn aus der Veräußerung seines Mitun­ternehmeranteils in eine Rücklage nach § 6b EStG einzustellen‑‑ ergangen und anschließend aufgrund des Einspruchs des Klägers zu dessen Gunsten geän­dert worden ist. Nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO können in einem solchen Fall aus dem Sachverhalt nachträglich durch Änderung eines Steuerbescheids ‑‑hier: des Einkommensteuerbescheids der Kläger für das Jahr 2010 als dem Jahr des Ablaufs der vierjährigen Reinvestitionsfrist‑‑ die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dabei ist der Ablauf der Festsetzungsfrist unbe­achtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach der Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 3 AO), was hier geschehen ist. Es handelt sich ‑‑anders als das FA in der Einspruchsentscheidung meint‑‑ nicht etwa um eine analoge, sondern bereits um eine unmittelbare Anwendung des § 174 Abs. 4 AO.

Die Revisionsbegründung beschränkt sich insoweit lediglich darauf, im Wege einer Bezugnahme auf das entsprechende Klagevorbringen die Wirksamkeit des ursprünglichen Gewinnfeststellungsbescheids 2006 zu bestreiten, obwohl das FG ausführlich und überzeugend sämtliche von den Klägern hierzu vorge­tragenen Einwendungen widerlegt hat. Eine Auseinandersetzung mit dieser Ar­gumentation des FG findet in der Revisionsbegründung nicht statt. Daher be­schränkt sich der Senat darauf, sich der umfassenden und zutreffenden Wür­digung des FG anzuschließen.

Die Auffassung der Kläger, das FG hätte hier nach den Grundsätzen über die Feststellungslast entscheiden müssen, so dass das FA das Risiko der Nichtauf­klärbarkeit der Wirksamkeit zu tragen habe, überzeugt den Senat nicht. Denn eine Entscheidung nach der Feststellungslast kommt als "ultima ratio" nur in Betracht, wenn alle gebotenen Bemühungen, den Sachverhalt zu ermitteln und festzustellen, erfolglos geblieben sind, und auch eine Minderung des Beweis­maßes im Hinblick auf die Verletzung von Mitwirkungspflichten eines Beteilig­ten nicht zu einer tatrichterlichen Überzeugungsbildung führt (BFH-Urteile vom 23.03.2011 ‑ X R 44/09, BFHE 233, 297, BStBl II 2011, 884, Rz 17 ff. und vom 02.07.2019 ‑ IX R 13/18, BFHE 265, 333, BStBl II 2020, 89, Rz 18). Vor­liegend hat das FG aber die volle Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) von denjenigen Tatsachen gewinnen können, die für die Beurteilung der Wirksam­keit des Gewinnfeststellungsbescheids erheblich sind. In einem solchen Fall kommt es auf die Feststellungslast nicht an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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