Die Luftverkehrsteuer ist nicht nur nach nationalem Recht, sondern auch nach Art. 1 RL 2008/118/EG keine Verbrauchsteuer. Etwaige Verstöße der im LuftVStG geregelten Begünstigungen gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot (Art. 107 Abs. 1 AEUV) oder der Verpflichtung zur Bestellung eines steuerlichen Beauftragten gegen die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) bzw. das allgemeine Diskriminierungsverbot (Art. 18 AEUV) führen nicht zur Aufhebung eines Luftverkehrsteuerbescheids.
LuftVStG
AEUV Art. 18, 56, 107, 108
RL 2008/118/EG Art. 1
RL 2003/96/EG Art. 14 Abs. 1 Buchst. b
Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 16.5.2013, 1 K 1074/11 (ZfZ 2014, Beilage 2, 24 = SIS 14 02 70)
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1. (Klägerin zu 1.) ist ein in der Europäischen Union ansässiges Luftfahrtunternehmen. Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 2. (Klägerin zu 2.) ist die inländische steuerliche Beauftragte der Klägerin zu 1. (§ 7 Abs. 2 Satz 3 des Luftverkehrsteuergesetzes i.d.F. vom 9.12.2010, BGBl I 2010, 1885 - LuftVStG - i.V.m. § 8 LuftVStG). Beide Klägerinnen erhoben gegen die als Steuerbescheid geltende Luftverkehrsteueranmeldung für den Monat Januar 2011 Sprungklage mit dem Ziel, diesen Bescheid aufzuheben bzw. das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Fragen zur Unionsrechtskonformität des LuftVStG vorzulegen.
Mit Urteil vom 16.5.2013, 1 K 1074/11 (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern - ZfZ - 2014, Beilage Nr. 2, 24) wies das Finanzgericht (FG) die Klage als unbegründet ab. Das LuftVStG sei formell und materiell verfassungskonform. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH scheide aus, da das LuftVStG darüber hinaus unionsrechtskonform sei. Die Luftverkehrsteuer sei weder als Verbrauchsteuer zu qualifizieren noch verstießen die Regelungen über den steuerlichen Beauftragten gegen die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) oder gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot gemäß Art. 18 AEUV. Auch ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV liege nicht vor. Im Übrigen könne ein solcher Verstoß nicht im hiesigen Klageverfahren geltend gemacht werden.
Mit ihrer Revision machen die Klägerinnen insbesondere einen Verstoß des LuftVStG gegen Unionsrecht geltend.
Zum einen sei die Luftverkehrsteuer eine Verbrauchsteuer i.S. des Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2008/118/EG (VStSystRL) des Rates vom 16.12.2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (Amtsblatt der Europäischen Union - ABlEU - 2009 Nr. L 9/12). Hierfür sei kein direkt proportionaler Zusammenhang mit der verbrauchten Menge der zu besteuernden Ware erforderlich. Vielmehr reiche es aus, dass das LuftVStG wegen der Staffelung nach Ländergruppen materiell bzw. mittelbar an den Verbrauch von Kraftstoff für die Luftfahrt knüpfe. Dem entsprechend habe die Kommission auch die mit der Luftverkehrsteuer vergleichbare irische "Air Travel Tax" als Verbrauchsteuer bezeichnet. Die verdeckte Besteuerung von Flugbenzin durch das LuftVStG sei nicht mit Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG (EnergieStRL) des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABlEU Nr. L 283/51) vereinbar, der eine zwingende Steuerbefreiung für Flugbenzin vorsehe. Eine Anwendung des Art. 1 Abs. 2 bzw. 3 VStSystRL komme nicht in Betracht.
Zum anderen führe das LuftVStG zu unzulässigen Beihilfen i.S. des Art. 107 Abs. 1 AEUV. Dies gelte für die Verschonung der Luftfracht und der Rundfluganbieter sowie für das Umsteigerprivileg gemäß § 2 Nr. 4 und 5 LuftVStG und die aus der Ausgestaltung des Steuersatzes folgende Begünstigung von Fluggesellschaften, die überwiegend Flüge im oberen Preissegment anbieten. Hinsichtlich des Umsteigerprivilegs verweisen die Klägerinnen insbesondere auf die vom Gericht der Europäischen Union zur irischen "Air Travel Tax" geäußerten Bedenken (Urteil Ryanair/Kommission vom 25.11.2014 T-512/11, EU:T:2014:989). Das daraus folgende Durchführungsverbot gemäß Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV sei durch die Aufhebung des Steuerbescheids umzusetzen.
Des Weiteren verstießen die Regelungen über den steuerlichen Beauftragten gegen die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV und das allgemeine Diskriminierungsverbot gemäß Art. 18 AEUV, soweit sie bis zu den mit Wirkung zum 1.1.2013 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen auch bei einem Sitz des Luftverkehrsunternehmens in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union Anwendung fanden. Es handele sich um eine offene Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, die nicht aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sei. Insbesondere genüge hierfür nicht das Ziel, Steuerausfälle zu vermeiden. Die fehlende Rechtfertigung sei auch entscheidungserheblich, da die Verletzung der Dienstleistungsfreiheit die Nichtanwendung des LuftVStG zur Folge haben müsse. Entgegen der Auffassung des FG führe die freiwillige Bestellung als steuerliche Beauftragte im Streitfall zu keinem anderen Ergebnis.
Schließlich lägen auch ein Verstoß gegen Art. 15 Abs. 2 Satz 3 des Abkommens über die internationale Zivilluftfahrt vom 7.12.1944 (Chicagoer Abkommen) sowie ein Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Buchst. c des Luftverkehrsabkommens vom 25.4.2007 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie den Vereinigten Staaten von Amerika andererseits ("Open-Skies"-Abkommen, ABlEU Nr. L 134/4) vor.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt - HZA -) schließt sich der Begründung des FG an und macht darüber hinaus geltend, dass eine Rechtswidrigkeit der Vorschriften über die Bestellung eines steuerlichen Beauftragten keinen Einfluss auf die Steuerpflicht nach dem LuftVStG habe. Dies gelte auch für die im Streitfall klagende steuerliche Beauftragte, da diese sich freiwillig zur Verfügung gestellt habe. Im Übrigen habe sie weder einen Haftungsschaden noch einen anderen finanziellen Schaden dargelegt. Des Weiteren seien die angegriffenen Regelungen erst mit Ablauf der Umsetzungsfristen der Richtlinie 2011/16/EU (AmtshilfeRL) des Rates vom 15.2.2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABlEU Nr. L 64/1) und der Richtlinie 2010/24/EU (EU-BeitreibungsRL) des Rates vom 16.3.2010 über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen (ABlEU Nr. L 84/1) rechtswidrig geworden, da die Luftverkehrsteuer vorher nicht von diesen Regelungen erfasst gewesen sei. Sobald die Umsetzungsfristen der novellierten Fassungen der AmtshilfeRL und der EU-BeitreibungsRL abgelaufen seien, habe der Gesetzgeber die Regelungen zur Bestellung eines steuerlichen Beauftragten an die neue unionsrechtliche Rechtslage angepasst. Das von den Klägerinnen angeführte Chicagoer Abkommen stelle einfaches Bundesrecht dar, so dass der Gesetzgeber hierüber verfügen könne. Im Übrigen seien keine Steuern erfasst. Das "Open-Skies"-Abkommen sei bereits nicht anwendbar, weil es nur Steuern auf Treibstoff verbiete.
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das Urteil entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die als Steuerbescheid wirkende Anmeldung zur Luftverkehrsteuer vom 10.2.2011 für den Monat Januar 2011 rechtmäßig ist.
1. Das FG ist zunächst zutreffend von der formellen und materiellen Verfassungsmäßigkeit des LuftVStG ausgegangen. Dies folgt aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 5.11.2014, 1 BvF 3/11 (BGBl I 2014, 1764, BVerfGE 137, 350).
2. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen ist das LuftVStG darüber hinaus auch unionsrechtskonform.
a) Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 Buchst. b EnergieStRL (zwingende Steuerbefreiung für Flugturbinenkraftstoff KN-Code 2710 19 21 bei Verwendung als Kraftstoff für die gewerbliche Luftfahrt) entfällt bereits, weil es sich bei der Luftverkehrsteuer unionsrechtlich nicht um eine Verbrauchsteuer i.S. des Art. 1 Abs. 1 VStSystRL handelt, die mittelbar oder unmittelbar auf den Verbrauch eines Energieerzeugnisses i.S. der EnergieStRL erhoben wird.
Zwar hat der EuGH in seinem Urteil Braathens vom 10.6.1999 C-346/97 (EU:C:1999:291, ZfZ 1999, 341) hinsichtlich der schwedischen Umweltsteuer auf den Inlandsflugverkehr aus dem Jahr 1988 entschieden, ein Verstoß gegen die Richtlinie 92/81/EWG liege vor, wenn eine solche Umweltschutzabgabe nach den Angaben über den Kraftstoffverbrauch sowie über die Kohlenwasserstoff- und Stickstoffmonoxidemissionen der betreffenden Flugzeugtypen auf einer durchschnittlichen Flugstrecke berechnet werde. Hintergrund war aber die Feststellung des EuGH, dass ein unmittelbarer, untrennbarer Zusammenhang zwischen dem Kraftstoffverbrauch und den genannten Schadstoffen bestehe, so dass die streitige Abgabe insgesamt auf den Verbrauch von Kraftstoff selbst erhoben anzusehen sei. Auch die von Art. 1 Abs. 1 VStSystRL erfasste Variante der mittelbaren Erhebung der Steuer auf den Verbrauch eines Energieerzeugnisses setzt also einen Anknüpfungspunkt voraus, der seinerseits in einem proportionalen Verhältnis zur verbrauchten Menge des Energieerzeugnisses steht.
Diese Auslegung des Art. 1 Abs. 1 VStSystRL wird durch Art. 4 Abs. 2 EnergieStRL bestätigt, nach dem die EnergieStRL (nur) die Gesamtheit derjenigen indirekten Steuern erfasst, die direkt oder indirekt anhand der Menge an Energieerzeugnissen und elektrischem Strom berechnet werden. Eine weitere Bestätigung folgt aus dem Urteil des EuGH Kernkraftwerke Lippe-Ems, KLE vom 4.6.2015 C-5/14 (EU:C:2015:354, ZfZ 2015, 189) zum deutschen Kernbrennstoffsteuergesetz. Der EuGH verneint in dieser Entscheidung einen Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 VStSystRL mit dem Hinweis, es bestehe kein unmittelbarer und untrennbarer Zusammenhang zwischen der von der Besteuerung erfassten Verwendung von Kernbrennstoff und dem Verbrauch des vom Reaktor erzeugten Stroms. Die Steuer werde weder direkt noch indirekt anhand der Menge des elektrischen Stroms i.S. des Art. 4 Abs. 2 EnergieStRL berechnet.
Die Anwendung dieser Grundsätze führt zu dem Ergebnis, dass die Luftverkehrsteuer weder unter Art. 1 Abs. 1 VStSystRL noch unter die EnergieStRL fällt. Denn die Luftverkehrsteuer wird weder unmittelbar noch mittelbar auf den Verbrauch von Flugturbinenkraftstoff erhoben, sondern setzt gemäß § 1 Abs. 1 LuftVStG an dem Rechtsvorgang an, der zum Abflug eines Fluggastes mit einem Flugzeug oder Drehflügler berechtigt. Zwar ist sie durch die Einteilung in Länderklassen (§ 11 Abs. 1 LuftVStG) grundsätzlich nach den Entfernungen zum Zielort und damit nach einem den Kraftstoffverbrauch beeinflussenden Kriterium gestaffelt und jeder Fluggast führt auch zu einer Erhöhung des Gewichts und damit zu einer Erhöhung des benötigten Kraftstoffs. Die Höhe der Steuer ist im Ergebnis aber trotzdem nicht von der Höhe des verbrauchten Kraftstoffs unmittelbar oder mittelbar abhängig, da zahlreiche weitere für den Kraftstoffverbrauch maßgebliche Faktoren unberücksichtigt bleiben. Dies gilt insbesondere für den Flugzeugtyp sowie für die Auslastung des Flugzeugs. Außerdem fällt die Luftverkehrsteuer unabhängig davon an, ob überhaupt ein Kraftstoff i.S. der EnergieStRL verwendet wird. So wären beispielsweise auch Flugzeuge mit Solarantrieb erfasst. Dass die Luftverkehrsteuer im Bundestag als ein "Ersatz für eine national nicht einzuführende Besteuerung von Flugbenzin" bezeichnet worden ist, führt zu keiner Änderung. Vielmehr wird daraus deutlich, dass eine (unzulässige) Besteuerung des Flugturbinenkraftstoffs gerade nicht gewollt war. Darauf nimmt auch die Kommission in Rz 64 ihrer beihilferechtlichen Entscheidung vom 19.12.2012 C (2012) 9451 Bezug, in der sie im Übrigen die Auffassung des Senats zur fehlenden Proportionalität zwischen der Fluggastzahl und dem Kraftstoffverbrauch teilt.
Darüber hinaus liegt keine andere indirekte Steuer gemäß Art. 1 Abs. 2 VStSystRL vor, die für besondere Zwecke auf ein Energieerzeugnis i.S. der EnergieStRL erhoben wird. Denn die Luftverkehrsteuer ist zwar eine indirekte Steuer, aber nicht - wie Art. 1 Abs. 2 VStSystRL ebenfalls voraussetzt - auf eine verbrauchsteuerpflichtige Ware i.S. des Art. 1 Abs. 1 VStSystRL. Insoweit wird auf die Ausführungen zu Art. 1 Abs. 1 VStSystRL Bezug genommen. Damit kann offen bleiben, ob sich der Gesetzgeber bei Einführung einer anderen indirekten Steuer auf Flugturbinenkraftstoff darauf berufen könnte, dass die Steuerbefreiungen der EnergieStRL gemäß Art. 1 Abs. 2 VStSystRL unberücksichtigt bleiben können, oder ob eine solche Steuer auf Grundlage des EuGH-Urteils Braathens (EU:C:1999:291, ZfZ 1999, 341) von vorneherein ausgeschlossen wäre, weil bei einem nach der EnergieStRL steuerbefreiten Energieerzeugnis ein Rückgriff auf Art. 1 Abs. 2 VStSystRL ausscheidet.
Ob die Luftverkehrsteuer unter Art. 1 Abs. 3 VStSystRL fällt (vgl. auch Rz 50 f. der beihilferechtlichen Entscheidung der Kommission vom 19.12.2012 C (2012) 9451, wonach die LuftVSt an eine Tätigkeit und nicht an eine Ware oder Dienstleistung geknüpft ist), kann ebenfalls offen bleiben, da sie jedenfalls keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich zieht und damit die Restriktionen des Art. 1 Abs. 3 VStSystRL beachtet. Denn Sinn und Zweck ist nach dem Erwägungsgrund 5 der VStSystRL allein der freie Warenverkehr. Dieser wird durch die von den Klägerinnen gerügten Registrierungserfordernisse gemäß § 7 Abs. 2 LuftVStG nicht berührt.
b) Die Klägerinnen können sich auch nicht auf das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV berufen.
Zunächst ist festzustellen, dass es den mitgliedstaatlichen Gerichten grundsätzlich nicht obliegt zu entscheiden, ob eine Beihilfe i.S. des Art. 107 Abs. 1 AEUV mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Denn nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist ausschließlich die Kommission für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen oder einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt zuständig (EuGH-Urteile Lucchini vom 18.7.2007 C-119/05, EU:C:2007:434 und Steinike & Weinlig vom 22.3.1977 Rs. 78/76, EU:C:1977:52, Rz 9). Innerstaatlich ist das Beihilfeverbot des Art. 107 Abs. 1 AEUV, das weder absolut noch unbedingt ist, nicht unmittelbar anwendbar (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 31.7.2013 I R 82/12, BFHE 243, 180, BStBl II 2015, 123; Senatsbeschluss vom 25.11.2014 VII B 65/14, BFHE 247, 182, BStBl II 2015, 207).
Sofern es - wie im Streitfall - um Maßnahmen zur Umsetzung des Durchführungsverbots gemäß Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV geht und die Kommission noch kein förmliches Prüfverfahren gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV eröffnet hat, müssen die nationalen Gerichte den Beihilfebegriff allerdings selbst auslegen und anwenden, um zu bestimmen, ob die Kommission von diesen Maßnahmen hätte unterrichtet werden müssen (EuGH-Urteil Deutsche Lufthansa vom 21.11.2013 C-284/12, EU:C:2013:755, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 2013, 3771).
Trotzdem kommt es im Streitfall nicht darauf an, ob bzw. inwieweit das LuftVStG zu unionsrechtswidrigen Beihilfen i.S. des Art. 107 Abs. 1 AEUV führt und welche konkreten gerichtlichen Maßnahmen deshalb im Rahmen des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV ergriffen werden können. Denn das HZA hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des EuGH die etwaige Rechtswidrigkeit einer Steuerbefreiung wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot nicht die Rechtmäßigkeit der Steuer selbst berühren kann. Unternehmen, die diese Steuer zu entrichten haben, können sich vor den nationalen Gerichten nicht auf die Rechtswidrigkeit einer anderen Unternehmen gewährten Steuerbefreiung berufen, um sich der Entrichtung dieser Steuer zu entziehen oder deren Erstattung zu erwirken (Urteile des EuGH Air Liquide Industries Belgium vom 15.6.2006 C-393/04 und C-41/05, EU:C:2006:403 und Finanzamt Linz vom 6.10.2015 C-66/14, EU:C:2015:661). Entsprechendes muss gelten, wenn das nationale Steuergesetz keine Steuerbefreiung vorsieht, sondern von vorneherein den Steuertatbestand beschränkt bzw. eine einheitlich erhobene Steuer bei Steuerpflichtigen, die unterschiedliche Geschäftsmodelle haben, zu unterschiedlichen Belastungswirkungen führt.
Die vom EuGH-Urteil Air Liquide Industries Belgium (EU:C:2006:403) entwickelten Voraussetzungen für eine Ausnahme von diesen Grundsätzen liegen im Streitfall nicht vor. Die Luftverkehrsteuer und die streitigen Begünstigungen sind keinesfalls integraler Bestandteil einer etwaigen Beihilfemaßnahme, da zwischen ihnen kein zwingender Verwendungszusammenhang besteht, d.h. das Aufkommen aus der Luftverkehrsteuer wird nicht zur Finanzierung der Begünstigungen verwendet. Darüber hinaus liegt der Streitfall anders als der im Urteil des EuGH Laboratoires Boiron vom 7.9.2006 C-526/04 (EU:C:2006:528). Diese Entscheidung betraf den Sonderfall zweier direkt miteinander konkurrierender Gruppen von Wettbewerbern, von denen (nur) eine Gruppe mit einer Direktverkaufsabgabe belegt worden war, um zwischen beiden Gruppen gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen. Dem entsprechend betonte der EuGH, dass die Abgabe und die etwaige Beihilfemaßnahme untrennbare Bestandteile ein- und derselben fiskalischen Maßnahme seien. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor, und zwar nicht nur hinsichtlich der Verschonung von Luftfrachtunternehmen und Rundfluganbietern sowie hinsichtlich etwaiger Belastungsunterschiede in Abhängigkeit von dem gewählten Geschäftsmodell, sondern auch hinsichtlich des Umsteigerprivilegs des § 2 Nr. 4 und 5 LuftVStG. Dies folgt bereits daraus, dass die Luftverkehrsteuer nicht zur Begünstigung eines anderen Wettbewerbers, sondern zur Gewinnung von Staatseinnahmen und zur Einbeziehung des Flugverkehrs in eine ökologisch orientierte Mobilitätsbesteuerung erhoben wird (vgl. BVerfG-Urteil in BGBl I 2014, 1764, BVerfGE 137, 350 unter Verweis auf BTDrucks 17/3030, S. 36).
Die Klägerinnen können sich auch nicht mit Erfolg auf das EuGH-Urteil Deutsche Lufthansa (EU:C:2013:755, NJW 2013, 3771) berufen. Denn im Gegensatz zum Streitfall ging es dort nicht darum, das von einer etwaigen Beihilfe nicht begünstigte Unternehmen von seinen Belastungen zu befreien, sondern um Maßnahmen der nationalen Gerichte gegenüber dem begünstigten Unternehmen.
c) Ein etwaiger Verstoß des LuftVStG gegen die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV oder das allgemeine Diskriminierungsverbot gemäß Art. 18 AEUV aufgrund der Anknüpfung der Verpflichtung zur Benennung eines steuerlichen Beauftragten gemäß § 8 LuftVStG an Luftverkehrsunternehmen, die keinen Sitz im Inland haben (§ 7 Abs. 2 Satz 3 LuftVStG in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung), und die damit im Zusammenhang stehende Haftung des Eigentümers oder Halters des Luftfahrzeugs gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVStG sowie die Steuerschuldnerschaft des steuerlichen Beauftragten gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 LuftVStG führt ebenfalls nicht zu einem Erfolg der Klage.
Hinsichtlich der Klägerin zu 1. folgt dies bereits daraus, dass die Höhe der Steuerschuld nicht von der Bestellung eines steuerlichen Beauftragten abhängt. Etwaige zusätzliche Belastungen aufgrund der Verpflichtung zur Bestellung eines steuerlichen Beauftragten können nicht im Verfahren gegen den streitigen Steuerbescheid geltend gemacht werden.
Dagegen wäre die Klägerin zu 2. ohne die Bestellung als steuerliche Beauftragte keine zusätzliche Steuerschuldnerin gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 LuftVStG. Aus ihrer Sicht ist diese Bestellung aber die Folge einer freien unternehmerischen Entscheidung, für die sie ein Entgelt verlangen kann, das die mit der Bestellung verbundenen Nachteile kompensiert.
3. Darüber hinaus verstößt das LuftVStG nicht gegen Art. 15 Abs. 2 Satz 3 des Chicagoer Abkommens, nach dem die Vertragsstaaten "keine Gebühren, Taxen oder sonstige Abgaben" lediglich für das Recht der Durchreise, Einreise oder Ausreise eines Luftfahrzeugs oder der an Bord befindlichen Personen oder Güter erheben dürfen (vgl. auch Hessisches FG, Urteil vom 3.6.2015, 7 K 631/12).
Trotz der weiten Formulierung "sonstige Abgaben" erfasst Art. 15 Abs. 2 Satz 3 des Chicagoer Abkommens keine Steuern, sondern nur solche Abgaben, mit denen ein konkreter Vorteil ausgeglichen bzw. eine Gegenleistung erbracht wird. Dies ergibt sich zunächst aus einer systematischen Auslegung unter Berücksichtigung der Überschrift des Art. 15 des Chicagoer Abkommens ("Flughafen- und ähnliche Gebühren"). Eine Bestätigung dieser Auslegung folgt aus einem Vergleich mit der englischen Sprachfassung. Dort ist ebenfalls nur von "fees, dues and other charges" und damit nicht von Steuern die Rede. Im Übrigen entspricht diese Auslegung dem Verständnis der International Civil Aviation Organization (ICAO), wie es in den "Policies on Taxation in the Field of International Air Transport" aus dem Jahr 2000 (Doc 8632) zum Ausdruck kommt. Dort heißt es ausdrücklich: "ICAO, for the purpose of its policy objectives, makes a distinction between a charge and a tax, in that charges are levies to defray the costs of providing facilities and services for civil aviation while taxes are levies to raise general national and local government revenues that are applied for non-aviation purposes."
4. Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Buchst. c des "Open-Skies"-Abkommen vor. Zwar sollen nach dieser Vorschrift auf Treibstoffe, die zur Verwendung in einem im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeug eines Luftfahrtunternehmens der anderen Vertragspartei in das Gebiet einer Vertragspartei eingeführt oder dort geliefert werden, keine Steuern, Zölle, Gebühren und Abgaben erhoben werden. Wie bereits ausgeführt, stellt die Luftverkehrsteuer aber weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Besteuerung des von den Flugzeugen verwendeten Treibstoffs dar.
5. Ob bzw. inwieweit das Chicagoer Abkommen und das "Open-Skies"-Abkommen überhaupt subjektiv-öffentliche Rechte der Klägerinnen begründen, kann aufgrund der Ausführungen unter Ziffer 3. und 4. dahingestellt bleiben.
6. Der Senat hält die von ihm vorgenommene Auslegung des einschlägigen Unionsrechts aufgrund der Rechtsprechung des EuGH für eindeutig. Ein Anlass zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH besteht demnach nicht (vgl. EuGH-Urteil CILFIT vom 6.10.1982 Rs. 283/81, EU:C:1982:335).
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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