Vereinbaren die Gesellschafter einer GmbH, dass sie beim Erreichen einer bestimmten Altersgrenze ihren Geschäftsanteil zum Nominalwert an einen Treuhänder verkaufen, der den Geschäftsanteil nach außen im eigenen Namen, im Innenverhältnis aber für die verbleibenden Gesellschafter erwirbt und hält und von diesen Gesellschaftern auch den Kaufpreis zur Verfügung gestellt bekommt, so ist jedenfalls nicht die GmbH Erwerberin i.S. des § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG.
ErbStG § 7 Abs. 7 Satz 1, § 20 Abs. 1 Satz 1
Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 13.11.2013, 4 K 834/13 Erb (EFG 2014 S. 220 = SIS 14 01 81))
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Wirtschaftsprüfungs-GmbH, ist durch formwechselnde Umwandlung der ... KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (A-KG) mit Wirkung zum 1.7.2000 entstanden. Ihr Stammkapital beträgt 5 Mio. €.
Neben dem Gesellschaftsvertrag haben die Gesellschafter der Klägerin einen Poolvertrag abgeschlossen, der am 30.6.2004 zu notarieller Urkunde neu gefasst wurde. Gegenstand des Poolvertrags ist die Regelung des Verhältnisses der Gesellschafter der Klägerin untereinander und die gemeinschaftliche Ausübung der Gesellschafterrechte in der Klägerin. Scheidet ein Poolmitglied aus dem Poolvertrag aus, wird er unter den übrigen Poolmitgliedern fortgesetzt.
Der Poolvertrag hat mehrere Anlagen, insbesondere verschiedene aufschiebend bedingte Kaufverträge über die Geschäftsanteile, deren Anwendbarkeit jeweils vom Grund des Ausscheidens aus der Klägerin abhängt (Anlagen 8 bis 11 zum Poolvertrag), sowie einen Treuhandvertrag für den Pooltreuhänder (Anlage 13 zum Poolvertrag). Darin ist u.a. Folgendes vorgesehen:
Die Gesellschafter halten jeweils einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 50.000 €, den sie als frühere Gesellschafter der A-KG bei deren Umwandlung in die Klägerin oder durch Kauf zum Nominalwert erworben haben. Einer der Gesellschafter fungiert als Pooltreuhänder. Er hält einen Geschäftsanteil im Nominalwert von 50.000 € im eigenen Namen und zudem als fremdnütziger Treuhänder für alle Gesellschafter den Geschäftsanteil, der nach Abzug der von ihm im eigenen Namen und den übrigen Gesellschaftern gehaltenen Geschäftsanteile vom Stammkapital der Klägerin verbleibt. Wesentliche Aufgabe des Pooltreuhänders ist es auch, Geschäftsanteile von jeweils 50.000 € zum Nominalwert auf neu aufzunehmende Poolmitglieder zu übertragen und die Geschäftsanteile ausscheidender Poolmitglieder für sämtliche verbleibenden Poolmitglieder zu erwerben. Im Außenverhältnis ist der Pooltreuhänder Vollrechtsinhaber.
Die Poolmitglieder scheiden spätestens mit Erreichen einer bestimmten Altersgrenze aus der Klägerin aus. Für den Fall des Ausscheidens enthält der Poolvertrag als Anlagen je nach dem Grund des Ausscheidens unterschiedliche, aufschiebend bedingte Kaufverträge zwischen dem ausscheidenden Poolmitglied bzw. dessen Erben und dem Pooltreuhänder. Beim Ausscheiden aus Altersgründen ist der Kaufvertrag Typ A (Anlage 8 zum Poolvertrag) maßgebend. Danach verkauft und überträgt der ausscheidende Gesellschafter sowohl den von ihm direkt gehaltenen Geschäftsanteil als auch die von ihm indirekt über den Pooltreuhänder gehaltenen Geschäftsanteile an den Pooltreuhänder. Der Pooltreuhänder hat an den ausscheidenden Gesellschafter als Kaufpreis die Nominalwerte dieser Geschäftsanteile zu zahlen. Diese Zahlungsverpflichtungen des Pooltreuhänders bestehen allerdings nur insoweit, als ihm die hierfür erforderlichen Beträge von der Klägerin zu Lasten der übrigen Poolmitglieder zur Verfügung gestellt werden können. Die aktiven Poolmitglieder sind verpflichtet, dem Pooltreuhänder das von ihm zu zahlende Entgelt für die zu erwerbenden Geschäftsanteile in der Weise zur Verfügung zu stellen, dass jedes Poolmitglied sein Gesellschafterdarlehen und hilfsweise sein Genussrechtskapital II oder I reduziert. Ein Anspruch auf stille Reserven oder einen Goodwill steht dem ausscheidenden Gesellschafter nicht zu.
Gesellschafter der Klägerin war u.a. X, der bereits Gesellschafter der A-KG gewesen war und einen Geschäftsanteil von 50.000 € hielt. X übertrug seinen Geschäftsanteil aus Altersgründen auf der Grundlage der für ihn geltenden Übergangsregelung für Gesellschafter der vormaligen A-KG und des dem Poolvertrag als Anlage beigefügten, aufschiebend bedingten Kaufvertrags zum 30.6.2005 gegen einen Kaufpreis von 50.000 € auf den Pooltreuhänder.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) nahm an, dass die Übertragung des Geschäftsanteils des X auf den Pooltreuhänder gegen Zahlung eines Kaufpreises von 50.000 € nach § 7 Abs. 7 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) bei der Klägerin der Schenkungsteuer unterliege, und setzte demgemäß gegen die Klägerin Schenkungsteuer fest.
Dagegen erhob die Klägerin Einspruch. Das FA zog die anderen am 30.6.2005 vorhandenen Gesellschafter der Klägerin bzw. deren Erben gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 der Abgabenordnung zum Einspruchsverfahren hinzu. Es ging in der Einspruchsentscheidung von einem höheren gemeinen Wert des Geschäftsanteils des X aus und erhöhte demgemäß die festgesetzte Schenkungsteuer. Mit dem während des Klageverfahrens ergangenen Bescheid vom 13.11.2013 setzte das FA die Schenkungsteuer auf der Grundlage eines niedrigeren gemeinen Werts des Geschäftsanteils wieder herab.
Das Finanzgericht (FG) gab der auf Aufhebung der Steuerfestsetzung gerichteten Klage mit der Begründung statt, der Tatbestand des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG sei nicht verwirklicht. Jedenfalls sei die Klägerin nicht Steuerschuldnerin. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 220 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG. Der Tatbestand dieser Vorschrift sei erfüllt. Steuerschuldnerin sei die Klägerin. Beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Kapitalgesellschaft sei stets die Kapitalgesellschaft Steuerschuldnerin, da es in erster Linie um das Verhältnis des ausscheidenden Gesellschafters zur Gesellschaft gehe. Die unmittelbare Abtretung des Anteils des X an den Pooltreuhänder sei somit zur Abkürzung des Leistungswegs erfolgt.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin auch dann nicht Steuerschuldnerin wäre, wenn der Tatbestand des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG erfüllt sein sollte.
1. Als Schenkung gilt nach § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG auch der auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Ausscheidens nach § 12 ErbStG ergibt, den Abfindungsanspruch übersteigt.
a) Wer Steuerschuldner ist, folgt auch im Hinblick auf § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG aus § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG. Danach ist Steuerschuldner der Erwerber, bei einer Schenkung auch der Schenker. § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG bestimmt den Steuerschuldner nicht hiervon abweichend. Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, dass beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Kapitalgesellschaft stets diese die Steuerschuldnerin sei. Hätte der Gesetzgeber anordnen wollen, dass § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG in diesem Fall nicht anwendbar sei, hätte er dies hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Dies ist indes nicht geschehen.
b) Wer bei einer Schenkung der Erwerber und somit Steuerschuldner ist, richtet sich nach Zivilrecht. Für die Fälle des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG gilt insoweit nichts anderes als für freigebige Zuwendungen i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, bei denen sich die Beurteilung der Frage, welche Personen als Zuwendender und als Bedachter beteiligt sind, ausschließlich nach der Zivilrechtslage bestimmt (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 18.7.2013 II R 37/11, BFHE 242, 158, BStBl II 2013, 934, Rz 12, m.w.N., und vom 27.8.2014 II R 43/12, BFHE 246, 506, BStBl II 2015, 241, Rz 37).
c) Vereinbaren die Gesellschafter einer GmbH in einem zusätzlich zum Gesellschaftsvertrag geschlossenen Vertrag, dass sie beim Erreichen einer bestimmten Altersgrenze ihren Geschäftsanteil gemäß einem dem Vertrag als Anlage beigefügten aufschiebend bedingten Kaufvertrag zum Nominalwert an einen Treuhänder verkaufen, der den Geschäftsanteil nach außen im eigenen Namen, im Innenverhältnis aber für die verbleibenden Gesellschafter erwirbt und hält und von diesen Gesellschaftern auch den Kaufpreis zur Verfügung gestellt bekommt, so ist entgegen der Auffassung des FA jedenfalls nicht die GmbH Erwerberin i.S. des § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG. Die GmbH erwirbt in diesem Fall weder den Geschäftsanteil noch handelt der Treuhänder im Innenverhältnis für sie. Sie braucht auch den Kaufpreis für den Anteil nicht aufzubringen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines abgekürzten Leistungswegs. Für die Annahme, die unmittelbare Übertragung des Geschäftsanteils des ausscheidenden Gesellschafters auf den Treuhänder sei zivilrechtlich als Übertragung des Anteils vom ausscheidenden Gesellschafter auf die GmbH und von dieser auf den Treuhänder zu werten, gibt es keine vertragliche Grundlage. Die GmbH ist weder Vertragspartei des allein zwischen den Gesellschaftern der GmbH geschlossenen Vertrags noch des durch Eintritt der aufschiebenden Bedingung zustande gekommenen Kaufvertrags zwischen dem ausscheidenden Gesellschafter und dem Treuhänder. Die GmbH kann demgemäß vom ausscheidenden Gesellschafter nicht verlangen, dass er seinen Anteil auf sie überträgt.
Der schenkungsteuerrechtlichen Berücksichtigung der tatsächlichen zivilrechtlichen Gegebenheiten kann auch nicht entgegengehalten werden, bei der Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft auf einen Dritten gehe es in erster Linie um das Verhältnis des ausscheidenden Gesellschafters zur Gesellschaft. Entscheidend ist vielmehr, dass der Anteil ohne Beteiligung der GmbH unmittelbar vom ausscheidenden Gesellschafter auf den Anteilserwerber (bereits vorhandener oder neuer Gesellschafter) übergeht. Nähme man demgegenüber an, dass es bei der Übertragung von Anteilen an einer GmbH in erster Linie um das Verhältnis des ausscheidenden Gesellschafters zu dieser gehe und deshalb stets die GmbH Erwerberin des Anteils und Steuerschuldnerin sei, müsste dies auch für eine schenkweise Übertragung des Gesellschaftsanteils auf Dritte, beispielsweise Ehegatten oder Verwandte, gelten. Diese Ansicht wird indes auch von der Finanzverwaltung nicht vertreten.
d) Diese Auslegung des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG wird durch § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG bestätigt. Wird aufgrund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag einer GmbH der Geschäftsanteil eines Gesellschafters bei dessen Ausscheiden eingezogen und übersteigt der sich nach § 12 ErbStG ergebende Wert seines Anteils zur Zeit seines Ausscheidens den Abfindungsanspruch, gilt die insoweit bewirkte Werterhöhung der Anteile der verbleibenden Gesellschafter nach § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG als Schenkung des ausgeschiedenen Gesellschafters. Erwerber und somit Steuerschuldner gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist in diesem Fall ebenfalls nicht die GmbH. Vielmehr sind die verbleibenden Gesellschafter Erwerber und somit Steuerschuldner (Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 7 Rz 409; Geck in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rz 198; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 16. Aufl., § 7 Rz 150; Schuck in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 4. Aufl., § 7 ErbStG Rz 249). Es ist kein sachlich einleuchtender Grund ersichtlich, warum bei der Einziehung des Anteils durch die GmbH (vgl. § 34 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) die verbleibenden Gesellschafter Erwerber und Steuerschuldner sind, jedoch bei der Übertragung des Anteils eines aus Altersgründen ausscheidenden Gesellschafters auf einen Treuhänder der verbleibenden Gesellschafter die GmbH Erwerberin und Steuerschuldnerin sein soll.
2. Das FG hat demgemäß zu Recht angenommen, dass die Klägerin auch dann, wenn im Streitfall durch die Übertragung des Geschäftsanteils des X auf den Pooltreuhänder der Tatbestand des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG verwirklicht worden sein sollte, nicht Erwerberin und Steuerschuldnerin ist. Sie war weder als Vertragspartei an dem Poolvertrag noch an dem Kaufvertrag zwischen X und dem Pooltreuhänder beteiligt und war nicht verpflichtet, den Kaufpreis für den Geschäftsanteil des X aufzubringen. Der Pooltreuhänder hielt den Geschäftsanteil auch nicht für die Klägerin.
Aus dem vom FA weiter angeführten Gesichtspunkt, dass die Gesellschafter der Klägerin mit der erforderlichen Mehrheit ihre Liquidation beschließen und ihr Vermögen nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile auf die Gesellschafter verteilen könnten, lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass die Klägerin Erwerberin und Steuerschuldnerin sei. Dies gilt auch hinsichtlich der für die Gesellschafter der Klägerin bestehende Möglichkeit, den Poolvertrag dahingehend zu ändern, dass künftig keine Verpflichtung mehr besteht, den Geschäftsanteil beim Erreichen einer Altersgrenze zum Nominalwert zu veräußern und/oder neue Gesellschafter aufzunehmen. Zum einen ändern diese Möglichkeiten nichts daran, dass aufgrund der im Poolvertrag und im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarungen zivilrechtlich nicht die Klägerin, sondern der Pooltreuhänder den Geschäftsanteil des X erworben und für die verbleibenden Gesellschafter, nicht aber für die Klägerin gehalten hat. Zum anderen handelt es sich nicht um Handlungsmöglichkeiten der Klägerin, sondern von deren Gesellschaftern.
3. Ob im Streitfall der Tatbestand des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG verwirklicht wurde, braucht somit nicht entschieden zu werden. Es kann auch auf sich beruhen, wer Steuerschuldner ist, wenn die Klage einer GmbH auf Ausschluss eines Gesellschafters Erfolg hat (zu den Voraussetzungen und gesellschaftsrechtlichen Folgen einer solchen Klage vgl. z.B. Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., Anh § 34 Rz 1 ff.).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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