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BFH: Ergänzungsbilanzgewinn als selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage; § 6b EStG: Übertragung stiller Reserven auf einen anderen Betrieb

  1. Der Ergänzungsbilanzgewinn, der mitunternehmerbezogen den laufenden Gesamthandsgewinn korrigiert, ist eine gesondert festzustellende und selb­ständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage. Eine eigene Klagebefugnis des Mitunternehmers hiergegen besteht nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO aber nur dann, wenn dieser Gewinn allein aus den Mitunternehmer betreffenden Grün­den streitig ist.
  2. Die Möglichkeit der Rechtsverletzung als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Anfechtungsklage ist schon dann gegeben, wenn der Kläger geltend macht, der unmittelbar erstrebte steuerrechtliche Nachteil sei mit einem mit­telbaren steuerrechtlichen Vorteil in einem anderen Verwaltungsakt steuer­rechtlich verknüpft.
  3. Es ist zweifelhaft, ob aus § 6b EStG eine Befugnis zu gestuften Verwal­tungsverfahren bei rechtsträgerübergreifender Übertragung stiller Reserven abgeleitet werden kann.
  4. In dem Besteuerungsverfahren für den reinvestierenden Betrieb ist nicht mit Bindungswirkung für das Besteuerungsverfahren des veräußernden Be­triebs zu entscheiden, ob dort die Veräußerung eines Wirtschaftsguts erst nach dem 31.12.2001 erfolgt und deshalb die gesellschafterbezogene Betrachtung des § 6b EStG anzuwenden ist.

EStG § 6b
AO § 171 Abs. 10 Satz 1, § 179, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, § 182 Abs. 1, § 351 Abs. 2
FGO § 40 Abs. 2, § 42, § 48 Abs. 1 Nrn. 1 und 5, § 96 Abs. 2, § 100 Abs. 1 Satz 1, § 118 Abs. 2, § 126 Abs. 4
GG Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 Abs. 1

BFH-Urteil vom 16.12.2021, IV R 7/19 (veröffentlicht am 7.4.2022)

Vorinstanz: FG München vom 25.7.2017, 5 K 3197/13 = SIS 20 09 69

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt ein land- und forstwirtschaft­liches Einzelunternehmen. Er ermittelt den Gewinn für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr vom 01.07. bis zum 30.06. des Folgejahres. Mit notari­ellem Vertrag vom xx.10.2001 verkaufte der Kläger Grundstücke aus dem Be­triebsvermögen seines Einzelunternehmens. Die Besitzübergabe sollte mit Be­zahlung des Kaufpreises erfolgen. Am Tag der Besitzübergabe sollten Gefahr, Nutzen, öffentliche Lasten, Steuern und Abgaben sowie die Verkehrssiche­rungspflichten auf die Käuferin übergehen. Die Käuferin sollte nach dem Kauf­vertrag mit Besitzübergabe in die Rechte und Pflichten des Klägers aus der Vermietung und Verpachtung der Grundstücksflächen eintreten.

Am 14.11.2001 erhielt der Kläger den Kaufpreis von der Käuferin. Der Kläger bezahlte in den Jahren 2001 und 2002 noch die Grundsteuer für die verkauf­ten Grundstücke, ohne dies der Käuferin in Rechnung zu stellen. Bis zum April 2002 erhielt der Kläger noch Zahlungen aus Miet- und Erbpachtverträgen, die er für die Grundstücke abgeschlossen hatte. Im Jahr 2002 holte der Kläger auf einem Teil der verkauften Flächen die Ernte ein und verwertete diese für sich. Mit notarieller Urkunde vom xx.03.2003 wurde die Auflassung der Grundstü­cke erklärt, die Eintragung der Käuferin als Eigentümerin im Grundbuch erfolg­te am xx.07.2003. Am 17.12.2003 wurde schließlich die Aufhebung des für die Grundstücke geschlossenen Mietvertrags und des Erbbaurechts vereinbart.

Der Kläger bildete in der Bilanz seines Einzelunternehmens zum 30.06.2002 eine Rücklage nach § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung in Höhe von 484.208 €.

Am 17.05. des Streitjahres (2006) erwarb der Kläger einen Kommanditanteil an der zu dem Verfahren beigeladenen S-GmbH & Co. KG (S‑KG). Er leistete eine Einlage von 100.000 €. Die S‑KG gab eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Ein­kommensbesteuerung für 2006 ab. Der Gewinnanteil des Klägers erhöhte sich darin um 4.990,80 € aufgrund von Abschreibungen in einer negativen Ergän­zungsbilanz. Dazu kam es, weil der Gewinn, für den der Kläger bei seinem Ein­zelunternehmen ab dem Jahr 2002 eine Reinvestitionsrücklage gebildet hatte, in Höhe von 400.000 € auf anteilige Anschaffungs- und Herstellungskosten des Klägers als Mitunternehmer der S‑KG übertragen wurde. Dies führte zu negati­ven Posten in der Ergänzungsbilanz des Klägers bei der S‑KG für Gebäude in Höhe von 332.720 € und in Höhe von 67.280 € für Grund und Boden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) erließ zunächst unter dem 31.01.2008 erklärungsgemäß einen unter dem Vorbehalt der Nach­prüfung stehenden Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung (Gewinnfeststellungsbe­scheid) für 2006 für die S‑KG.

Eine bei der S‑KG in der Folgezeit durchgeführte Außenprüfung kam zu dem Ergebnis, dass von einigen Mitunternehmern der S‑KG, darunter auch der Klä­ger, Gewinne aus Rücklagen nach § 6b EStG übertragen worden seien, obwohl der Rücklagenbildung Veräußerungen aus dem Zeitraum vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2001 zugrunde lägen und nach damaliger Rechtslage keine rechts­trägerübergreifende Übertragung möglich gewesen sei. Diese Rücklagen seien deshalb nach Ablauf der Frist in den Betrieben der Mitunternehmer wieder auf­zulösen. Die Außenprüfung wies das für die Einkommensbesteuerung des Klä­gers zuständige Finanzamt S (FA S) mit Schreiben vom 25.03.2011 darauf hin, dass ihres Erachtens die Übertragung des Gewinns aus der Rücklage nicht zulässig sei. Die Entscheidung habe jedoch das FA S als das für den Betrieb des Klägers zuständige Finanzamt zu treffen.

Das FA änderte am 13.01.2012 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprü­fung den Gewinnfeststellungsbescheid 2006 für die S‑KG. Zur Begründung wurde auf den Bericht der Außenprüfung vom 28.07.2011 verwiesen. Für den Kläger wirkte sich die Änderung dahingehend aus, dass die gewinnerhöhende Abschreibung in der negativen Ergänzungsbilanz in Höhe von 4.990,80 € ent­fiel und sein Ergänzungsbilanzgewinn entsprechend niedriger festgestellt wur­de.

Das FA S teilte dem Kläger am 23.03.2012 im Rahmen eines Einspruchsver­fahrens gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 mit, dass der Gewinnfest­stellungsbescheid des FA für 2006 Grundlagenbescheid für die bei dem FA S veranlagte Einkommensteuer 2006 sei. Einwendungen könnten insoweit nur gegen den Gewinnfeststellungsbescheid des FA erhoben werden.

Am 30.03.2012 erließ das FA einen weiteren geänderten Gewinnfeststellungs­bescheid 2006 für die S‑KG; die den Kläger betreffenden Feststellungen blie­ben jedoch hierbei unverändert.

Das FA wies den Einspruch gegen den Gewinnfeststellungsbescheid schließlich als unbegründet zurück. Eine Übertragung des Gewinns aus der im Einzelun­ternehmen des Klägers gebildeten Rücklage auf die Anschaffungskosten antei­liger Wirtschaftsgüter der S‑KG sei unzulässig. Im Streitfall sei die sog. be­triebsbezogene Fassung des § 6b EStG anzuwenden, da die Grundstücksver­äußerung noch vor dem Stichtag 01.01.2002 stattgefunden habe.

Mit seiner Klage gegen das FA zum Finanzgericht (FG) München beantragte der Kläger die Feststellung der Nichtigkeit des Gewinnfeststellungsbescheids 2006, hilfsweise dessen Änderung dahingehend, dass es bei den ursprüngli­chen, höheren Beteiligungseinkünften des Klägers verbleibe. Nach Beiladung der S‑KG wies das FG mit Urteil vom 25.07.2017 den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit als unbegründet, den Hilfsantrag auf Änderung des Gewinn­feststellungsbescheids mangels Klagebefugnis als unzulässig ab. Die Revision wurde durch den Bundesfinanzhof (BFH) nur hinsichtlich des als unzulässig abgewiesenen Hilfsantrags zugelassen (BFH-Beschluss vom 19.02.2019 ‑ IV B 63/17).

Mit seiner Revision rügt der Kläger, das FG habe keine umfassende Rechtsprü­fung vorgenommen und ihm effektiven Rechtsschutz verweigert. Die von ihm vorgetragene abweichende Inbesitznahme des veräußerten Grundbesitzes erst nach dem 31.12.2001, die die Anwendbarkeit der sog. gesellschafterbezoge­nen Betrachtungsweise des § 6b EStG zur Folge habe, habe das FG nicht ge­prüft, da es die Klage zu Unrecht bereits als unzulässig abgewiesen habe.

Das FG hätte diese Frage aber prüfen müssen. Denn die Entscheidung über die (Nicht‑)Gewährung des Abzugs des in eine Rücklage im veräußernden Betrieb eingestellten Gewinns von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts im reinvestierenden Betrieb entfalte nach § 182 Abs. 1 der Ab­gabenordnung (AO) Bindungswirkung für die Frage, ob die Rücklage im veräu­ßernden Betrieb erfolgsneutral oder erfolgswirksam aufzulösen sei. Insoweit sei der Gewinnfeststellungsbescheid für den reinvestierenden Betrieb Grundla­genbescheid für den Bescheid betreffend den veräußernden Betrieb. Denn nur der Bescheid für den reinvestierenden Betrieb enthalte eine Entscheidung da­rüber, welche Wirtschaftsgüter wegen übertragener stiller Reserven niedriger bewertet würden. Für den Kläger werde dies in der negativen Ergänzungsbi­lanz bei der S‑KG in Höhe von 4.990,80 € ausgewiesen.

Demgegenüber sei dem Einkommensteuerbescheid des FA S als dem für den veräußernden Betrieb zuständigen Finanzamt weder in seinem Verfügungssatz noch in seiner Begründung zu entnehmen, in welcher Höhe eine Anrechnung des in die Rücklage eingestellten Gewinns auf Anschaffungskosten eines Wirt­schaftsguts der S‑KG erfolge.

Abgesehen davon habe der Kläger sich darauf verlassen, dass das FG die Kla­ge als zulässig behandeln werde. Noch im Verfahren des vorläufigen Rechts­schutzes habe das FG eine Prüfung in der Sache vorgenommen und seinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) als unbegründet abgelehnt.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2006 der S-KG vom 30.03.2012 unter Aufhebung der Ein­spruchsentscheidung vom 30.09.2013 und des Urteils des FG vom 25.07.2017 ‑ 5 K 3197/13 insoweit abzuändern, als der Gewinn aus der Ergänzungsbilanz des Klägers um 4.990,80 € erhöht wird.

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten, nachdem der Senat mit Beschluss vom 02.07.2020 ‑ IV R 7/19 (BFHE 270, 391) dazu aufgefordert hatte.

Es hat ausgeführt, der Feststellungsbescheid der Mitunternehmerschaft des re­investierenden Betriebs stelle keinen Grundlagenbescheid für die Ausbuchung der Rücklage beim veräußernden Betrieb dar. Bei einem Feststellungsbescheid nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO beschränke sich die Bindungswir­kung auf die von den Feststellungsbeteiligten gemeinschaftlich erzielten Ein­künfte. Hierzu zählten nicht Sachverhalte der persönlichen Einkunftserzielung wie die Bildung und Auflösung einer Rücklage nach § 6b EStG.

Demgegenüber stelle der Bescheid für den veräußernden Betrieb im Jahr der Auflösung der Rücklage einen Grundlagenbescheid und der Feststellungsbe­scheid des reinvestierenden Betriebs für das Wirtschaftsjahr, in dem es zum Abzug des Gewinns von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts komme, insoweit einen Folgebescheid dar. Denn von den bei­den eingebundenen Finanzämtern sei das für den veräußernden Betrieb zu­ständige Finanzamt sachnäher, da das Bilanzierungswahlrecht für die Bildung und Auflösung der Rücklage durch entsprechenden Bilanzansatz im veräußern­den Betrieb auszuüben sei. Müssten die mit Bildung und Auflösung der Rückla­ge im Zusammenhang stehenden Rechtsfragen eigenständig durch das für den Reinvestitionsbetrieb zuständige Finanzamt geklärt werden, müsste der Steu­erpflichtige ggf. parallele Verfahren mit der Gefahr divergierender Entschei­dungen führen. In § 6b EStG als gesetzlicher Grundlage sei dieses Stufenver­hältnis auch ausreichend zum Ausdruck gebracht worden.

II. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen, denn die Klageabweisung durch das FG erweist sich im Ergebnis als zutreffend (§ 126 Abs. 4 der Finanz­gerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Gegenstand des Verfahrens ist die Feststellung ei­nes Ergänzungsbilanzgewinns des Klägers (dazu unter 1.). Das FG hätte die Klage nicht als unzulässig abweisen dürfen, denn der Kläger war klagebefugt (dazu unter 2.). Da eine Rechtsverletzung für den Kläger im vorliegenden Ver­fahren jedoch ausgeschlossen ist, war die Revision mit der Maßgabe als unbe­gründet zurückzuweisen, dass die Klage unbegründet ist (dazu unter 3.).

1. Gegenstand des Verfahrens ist die Feststellung eines Ergänzungsbilanzge­winns. Das FA hatte zunächst ‑‑erklärungsgemäß‑‑ einen Ergänzungsbilanzge­winn des Klägers in Höhe von 4.990,80 € festgestellt, der auf Abschreibungen in einer negativen Ergänzungsbilanz des Klägers beruhte. Im angegriffenen Gewinnfeststellungsbescheid hatte das FA diesen Ergänzungsbilanzgewinn nicht mehr berücksichtigt.

a) Nach ständiger BFH-Rechtsprechung kann ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 179, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Be­standskraft erwachsen können. Solche selbständigen Regelungen (Feststellun­gen) sind z.B. die Qualifikation der Einkünfte, das Bestehen einer Mitunterneh­merschaft und wer an ihr beteiligt ist, die Höhe des laufenden Gesamthands­gewinns sowie dessen Verteilung auf die Mitunternehmer und die Höhe eines Sonderbetriebsgewinns bzw. einer Sondervergütung. Keine selbständige Fest­stellung ist hingegen der sich aus den einzelnen Feststellungen ergebende Gesamtgewinn, der lediglich eine Rechengröße darstellt (z.B. BFH-Urteil vom 17.12.2020 ‑ IV R 14/20 (IV R 42/16), Rz 26).

b) Auch der Gewinn oder Verlust aus der (teilweisen) Auflösung von Korrektur­posten in einer Ergänzungsbilanz, der mitunternehmerbezogen den laufenden Gesamthandsgewinn berichtigt, stellt eine selbständige Besteuerungsgrundla­ge dar, die nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert festzustel­len und selbständig anfechtbar ist (noch offengelassen in den BFH-Urteilen vom 03.09.2020 ‑ IV R 29/19, Rz 36, und vom 17.12.2020 ‑ IV R 14/20 (IV R 42/16), Rz 28).

aa) Ist der Gewinn aus der Auflösung von Korrekturposten in einer Ergän­zungsbilanz Teil eines Gewinns aus der Veräußerung eines Mitunternehmeran­teils i.S. des § 16 Abs. 1 EStG, teilt er als (unselbständiger) Teil eines solchen Veräußerungsgewinns dessen verfahrensrechtliche Einordnung als selbständi­ge Besteuerungsgrundlage, die gesondert festzustellen ist (BFH-Urteil vom 03.09.2020 ‑ IV R 29/19, Rz 36).

bb) Betrifft der Ergänzungsbilanzgewinn hingegen den laufenden Gewinn der Gesamthand, so ist er durch eine gegenüber dem laufenden Gesamthandsge­winn selbständige Feststellung zu erfassen. Denn auch wenn er einen Korrek­turposten darstellt, der auf die Gesamthandsbilanz bezogen ist (z.B. BFH-Ur­teile vom 20.11.2014 ‑ IV R 1/11, BFHE 248, 28, BStBl II 2017, 34, Rz 17, und vom 22.10.2015 ‑ IV R 37/13, BFHE 252, 68, BStBl II 2016, 919, Rz 32), bildet diese Korrektur von Wertansätzen in der Gesamthandsbilanz doch die individuellen steuerrechtlichen Verhältnisse des betroffenen Mitunternehmers ab (vgl. BFH-Urteil in BFHE 248, 28, BStBl II 2017, 34, Rz 19). Eine Verände­rung des Ergänzungsbilanzgewinns eines Mitunternehmers bewirkt deshalb ‑‑anders als etwa die Verteilung des Gesamthandsgewinns auf die verschiede­nen Feststellungsbeteiligten‑‑ keine notwendige Veränderung der Vermögens­zuordnung für andere Feststellungsbeteiligte, sondern ist alleine auf den Mit­unternehmer bezogen, für den die Ergänzungsbilanz aufgestellt worden ist.

2. Die Klage ist zulässig. Entgegen der Auffassung des FG war der Kläger klagebefugt.

a) Im Streitfall steht die Feststellung eines Ergänzungsbilanzgewinns des Klä­gers im Streit. Da dieser Streit allein auf Gründen beruht, die den Kläger als den einzelnen Mitunternehmer betreffen, ist ausnahmsweise (auch) der Kläger selbst klagebefugt.

aa) Gegen Gewinnfeststellungsbescheide sind zur Klage befugt nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO zunächst der zur Vertretung berufene Geschäftsführer oder in dessen Ermangelung der Klagebevollmächtigte nach § 48 Abs. 2 FGO. Den Gesellschaftern steht daneben nur in den Fällen des § 48 Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 FGO ein eigenes Klagerecht gegen solche Feststellungsbescheide zu.

§ 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO ermächtigt danach einen Gesellschafter zur eigenen Klageerhebung, soweit es sich um eine Frage handelt, die diesen Gesellschaf­ter persönlich angeht. Nicht ausreichend ist hierfür, dass die festgestellten Besteuerungsgrundlagen Bedeutung für die Besteuerung des Gesellschafters haben. Kennzeichnend für die persönlichen Streitfragen i.S. von § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO ist vielmehr, dass sie nicht dem Bereich der gemeinschaftlichen Ein­kunftserzielung, sondern der eigenen Sphäre des Gesellschafters zugeordnet sind (z.B. BFH-Urteil vom 23.01.2020 ‑ IV R 48/16, Rz 21 f., beispielhaft zu Sonderbetriebseinnahmen, m.w.N.).

Dementsprechend ist der einzelne Mitunternehmer hinsichtlich der Feststellung eines Ergänzungsbilanzgewinns nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO nur klagebefugt, wenn der Streit über den festgestellten Ergänzungsbilanzgewinn allein auf Gründen beruht, die der eigenen Sphäre des Mitunternehmers zugeordnet sind, und nicht bereits dann, wenn eine die Höhe des Gesamthandsvermögens betreffende Frage streitig ist, die sich zwangsläufig auch auf den Ergänzungs­bilanzgewinn des einzelnen Mitunternehmers auswirkt.

bb) Danach war der Kläger nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO zur Klage gegen die (geänderte) Feststellung des Ergänzungsbilanzgewinns befugt. Denn im Streit steht nicht lediglich eine die Höhe des Gesamthandsvermögens betreffende Frage, die sich zwangsläufig auch auf den Ergänzungsbilanzgewinn des einzel­nen Mitunternehmers auswirkt. Ob für den Kläger ein Betrag von 4.990,80 € aufgrund von Abschreibungen in einer negativen Ergänzungsbilanz als Ergän­zungsbilanzgewinn zu erfassen ist, hängt vielmehr von der Entscheidung der zwischen den Beteiligten streitigen Frage ab, ob der Kläger den Gewinn aus einer in seinem Einzelunternehmen gebildeten § 6b EStG-Rücklage von den Anschaffungskosten für Wirtschaftsgüter der S‑KG abziehen konnte, und beruht damit auf Gründen, die nicht die Gesamthand betreffen, sondern die allein seiner eigenen Sphäre zugeordnet sind.

b) Entgegen der Auffassung des FG fehlt es auch nicht an der für die Klagebe­fugnis erforderlichen Geltendmachung einer Rechtsverletzung. Insoweit reicht für die Zulässigkeit der Klage die Möglichkeit einer Rechtsverletzung aus. Der Kläger zeigt eine solche mögliche Rechtsverletzung auf.

aa) Nach § 40 Abs. 2 FGO ist eine Klage, soweit gesetzlich nichts anderes be­stimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwal­tungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Vorausset­zungen dieser Vorschrift sind bereits erfüllt, wenn das Klagevorbringen es als zumindest möglich erscheinen lässt, dass die angefochtene Entscheidung eige­ne Rechte des Klägers verletzt (z.B. BFH-Urteile vom 07.02.2013 ‑ IV R 33/12, Rz 14, und vom 11.02.2021 ‑ VI R 37/18, Rz 20). Verneint das FG zu Unrecht die Zulässigkeit der Klage und entscheidet nicht in der Sache, sondern erlässt nur ein Prozessurteil, so verletzt es auch den Anspruch des Klägers auf recht­liches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), § 96 Abs. 2 FGO (z.B. BFH-Urteile vom 25.09.2013 ‑ VIII R 17/11, Rz 30, und vom 22.06.2016 ‑ V R 49/15, Rz 21).

bb) Keine Rechtsverletzung macht ein Kläger regelmäßig dann geltend, wenn er sich dagegen wendet, dass eine gegen ihn festgesetzte Steuer oder für ihn festgestellte Einkünfte zu niedrig seien. Eine Rechtsverletzung kann aber dann vorliegen, wenn ein Zusammenhang zwischen der angegriffenen ‑‑unmittel­bar‑‑ begünstigenden Steuerfestsetzung oder Einkünftefeststellung und einem den Kläger ‑‑mittelbar‑‑ benachteiligenden anderen Verwaltungsakt besteht.

So ist ein Steuerpflichtiger durch einen zu niedrigen Gewinnanteil in einer Ge­winnfeststellung dann in seinen Rechten verletzt, wenn sich dies in späteren Veranlagungszeiträumen zu seinen Ungunsten auswirken kann oder wenn die Feststellung eines zu niedrigen Gewinns Folge eines Bilanzansatzes ist, der sich in vorhergehenden Veranlagungszeiträumen bereits zulasten des Steuerpflichtigen ausgewirkt hat (vgl. BFH-Beschluss vom 09.09.2005 ‑ IV B 6/04, BFH/NV 2006, 22, unter 1.a [Rz 10]; BFH-Urteile vom 24.10.2006 ‑ I R 2/06, BFHE 215, 230, BStBl II 2007, 469, unter II.1. [Rz 12], und vom 05.06.2014 ‑ IV R 26/11, BFHE 246, 160, BStBl II 2014, 886, Rz 20).

cc) Der Kläger zeigt vorliegend einen solchen Zusammenhang zwischen dem angegriffenen, unmittelbar begünstigenden Gewinnfeststellungsbescheid und einer mittelbaren Benachteiligung durch einen anderen Verwaltungsakt auf und macht somit eine Rechtsverletzung geltend.

(1) Für die Entscheidung des Streitfalls ist von Bedeutung, in welchem Fest­setzungs- bzw. Feststellungsverfahren darüber zu befinden ist, ob und ggf. in welcher Höhe die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG erfüllt sind und ob und ggf. in welchem Umfang und auf welche Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens einer Mitunternehmerschaft, an der der Veräußerer beteiligt ist, der in die Rücklage eingestellte Gewinn übertra­gen werden konnte.

(a) Nach § 6b Abs. 1 EStG können Gewinne aus der Veräußerung von Grund und Boden u.a. auf Anschaffungskosten von Grund und Boden sowie Gebäu­den, die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder im vorangegangenen Jahr angeschafft oder hergestellt worden sind, übertragen werden. Soweit eine Übertragung nicht vorgenommen wird, kann nach § 6b Abs. 3 EStG im Wirt­schaftsjahr der Veräußerung eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rückla­ge gebildet werden. Bis zur Höhe der Rücklage können sodann die Anschaf­fungs- und Herstellungskosten nach § 6b EStG begünstigter Wirtschaftsgüter, die in den folgenden vier Jahren angeschafft oder hergestellt werden, im Wirt­schaftsjahr ihrer Anschaffung oder Herstellung gekürzt werden. In Höhe des Kürzungsbetrags ist die Rücklage aufzulösen. Ist eine Rücklage noch am Schluss der grundsätzlich vierjährigen Investitionsfrist vorhanden, so wird sie in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufgelöst (§ 6b Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 1 EStG); ist keine Kürzung wegen vorgenommener Investitionen erfolgt, so ist der Gewinn in dem Jahr der Auflösung der Rücklage für jedes volle Wirt­schaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 Prozent des aufgelösten Rücklagebetrags zu erhöhen (§ 6b Abs. 7 EStG).

(b) § 6b EStG erlaubt wegen der ‑‑bis zum 31.12.1998 und ab dem 01.01.2002 wieder geltenden (dazu BFH-Urteil vom 09.09.2010 ‑ IV R 22/07, m.w.N.)‑‑ gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise dieser Steuervergünsti­gung auch den Abzug eines dem Gesellschafter zuzurechnenden Veräuße­rungsgewinns nicht nur betriebsbezogen, sondern auch von Anschaffungs- und Herstellungskosten bestimmter Wirtschaftsgüter eines Einzel- oder Sonderbe­triebsvermögens des Gesellschafters sowie in Höhe des auf den Gesellschafter entfallenden ideellen Anteils von Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermö­gens einer Personengesellschaft, an der der Gesellschafter als Mitunternehmer beteiligt ist (vgl. BFH-Urteile vom 10.07.1980 ‑ IV R 136/77, BFHE 131, 313, BStBl II 1981, 84, unter 2.2.b [Rz 47]; vom 19.12.2012 ‑ IV R 41/09, BFHE 240, 73, BStBl II 2013, 313, Rz 31; vom 09.11.2017 ‑ IV R 19/14, BFHE 260, 121, BStBl II 2018, 575, Rz 27, und vom 22.11.2018 ‑ VI R 50/16, BFHE 263, 44, BStBl II 2019, 313, Rz 22). Demgegenüber war eine rechtsträgerübergrei­fende Übertragung unter Geltung der betriebsbezogenen Betrachtungsweise in der Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2001 nicht zulässig. Die gesellschaf­terbezogene Betrachtungsweise findet (wieder) Anwendung auf Veräußerun­gen, die nach dem 31.12.2001 vorgenommen werden (vgl. § 52 Abs. 18a EStG i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20.12.2001, BGBl I 2001, 3858).

(2) Im Streitfall stellt sich materiell-rechtlich die Frage, ob die betriebsbezoge­ne oder die gesellschafterbezogene Betrachtungsweise anzuwenden ist. Das hängt davon ab, ob die Veräußerung von Grundbesitz im Einzelunternehmen des Klägers noch im Jahr 2001 oder erst nach dem 31.12.2001 erfolgt ist. Ist sie noch im Jahr 2001 erfolgt, konnte der Kläger den Gewinn aus der Reinves­titionsrücklage nicht bei den Anschaffungskosten von Wirtschaftsgütern der S‑KG in Abzug bringen; ist sie hingegen, wie von ihm behauptet, erst nach dem 31.12.2001 erfolgt, war der von ihm begehrte Abzug möglich.

Verfahrensrechtlich ist für die Entscheidung des Streitfalls von Bedeutung, ob diese Frage im Festsetzungs- bzw. Feststellungsverfahren des veräußernden Betriebs oder in dem des reinvestierenden Betriebs zu entscheiden ist.

Nach dem Vorbringen des Klägers stellt der angefochtene Gewinnfeststellungs­bescheid für die S‑KG einen Grundlagenbescheid für die Veranlagung des Klä­gers zur Einkommensteuer dar. In dem Gewinnfeststellungsbescheid werde verbindlich darüber entschieden, ob der im Einzelunternehmen des Klägers in eine Reinvestitionsrücklage eingestellte Gewinn von seinen Anschaffungskos­ten für anteilige Wirtschaftsgüter der S‑KG abgezogen werden könne. Dies setze voraus, dass im Betrieb der S‑KG als dem reinvestierenden Betrieb ein geeignetes Reinvestitionsgut vorhanden sei. Dies wiederum beinhalte auch die Prüfung, ob auf den Streitfall die gesellschafterbezogene oder aber die be­triebsbezogene Betrachtung zur Anwendung komme. Damit entfalte die (Nicht‑)Gewährung des Abzugs im Reinvestitionsbetrieb nach § 182 Abs. 1 AO Bindungswirkung für die Frage, ob die Rücklage im Einzelunternehmen erfolgs­neutral oder erfolgswirksam aufzulösen sei. Der im Streitfall begehrte und zu einer Gewinnerhöhung führende Abzug im Gewinnfeststellungsbescheid der S‑KG wirke sich aufgrund der Bindungswirkung für die Veranlagung des Klä­gers für sein Einzelunternehmen begünstigend aus, da für dieses dann eine erfolgsneutrale Auflösung der Rücklage zugrunde zu legen sei.

(3) Es genügt für die Annahme einer möglichen Rechtsverletzung, dass die von dem Kläger vorgetragene rechtliche Verknüpfung zwischen dem ange­fochtenen Gewinnfeststellungsbescheid und dem Steuerbescheid für das Ein­zelunternehmen des Klägers auf Grundlage des geltenden Steuerrechts be­stehen könnte. Ob sie tatsächlich gegeben ist, ist eine Frage der Begründet­heit.

Träfe die vom Kläger vorgetragene rechtliche Verknüpfung zu, hätte der Klä­ger auch keine andere rechtliche Möglichkeit, den Eintritt der begünstigenden Folge bei der Besteuerung seines Einzelunternehmens herbeizuführen, als durch Anfechtung des ihn begünstigenden Gewinnfeststellungsbescheids. Denn nach § 351 Abs. 2 AO, § 42 FGO wäre er im Besteuerungsverfahren seines Einzelunternehmens mit Einwendungen ausgeschlossen, die dem Verfahren zum Erlass des Grundlagenbescheids zuzuordnen wären. Auf solche Einwen­dungen gestützte Rechtsbehelfe des Klägers in dem Besteuerungsverfahren des Einzelunternehmens wären bereits deshalb unbegründet (ständige Recht­sprechung des BFH, z.B. Urteile vom 01.07.2010 ‑ IV R 100/06, Rz 59; vom 05.11.2015 ‑ III R 12/13, BFHE 252, 304, BStBl II 2016, 420, Rz 68, und vom 27.06.2018 ‑ I R 13/16, BFHE 262, 340, BStBl II 2019, 632, Rz 20).

Entgegen der Auffassung des FG war der Kläger danach klagebefugt und die Klage zulässig.

3. Die Revision ist gleichwohl unbegründet und war daher zurückzuweisen. Zwar hat das FG die Klage, wie ausgeführt, zu Unrecht als unzulässig abge­wiesen. Dies führt im Streitfall aber nicht zur Aufhebung des Urteils, da sich die FG-Entscheidung im Ergebnis als richtig erweist. Denn eine Rechtsverlet­zung des Klägers ist im Streitfall ausgeschlossen. Die Revision war deshalb gemäß § 126 Abs. 4 FGO mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage nicht als unzulässig, sondern als unbegründet abzuweisen ist.

a) Eine erfolgreiche Anfechtungsklage setzt das Vorliegen einer Rechtsverlet­zung voraus.

Eine Anfechtungsklage kann nur dann erfolgreich sein und zur Aufhebung oder Änderung eines angefochtenen Verwaltungsakts führen, wenn dieser nicht nur rechtswidrig ist, sondern der Kläger dadurch auch in seinen Rechten verletzt ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Fehlt es an der Verletzung eines subjektiven Rechts, ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Es kann dann offenbleiben, ob der angefochtene Verwaltungsakt objektiv rechtswidrig ist. Ebenso kann dann offenbleiben, ob er nichtig ist.

b) Die geänderte Feststellung des Ergänzungsbilanzgewinns verletzt den Klä­ger nicht in seinen Rechten.

In dem angegriffenen Gewinnfeststellungsbescheid der S‑KG wurde der Ergän­zungsbilanzgewinn des Klägers niedriger festgestellt und damit zu seinen Gunsten geändert. Eine Rechtsverletzung des Klägers kann danach nur vorlie­gen, wenn dem Gewinnfeststellungsbescheid für die S‑KG hinsichtlich der Fra­ge, ob der Gewinn aus der im Einzelunternehmen gebildeten Reinvestitions­rücklage von Anschaffungskosten des Klägers für den Erwerb anteiliger Wirt­schaftsgüter der S‑KG abgezogen werden kann, Bindungswirkung für die Be­steuerung der Einkünfte des Klägers aus dem veräußernden Betrieb zukommt, und wenn von dieser Bindungswirkung auch die Frage erfasst wird, ob im Streitfall die gesellschafterbezogene oder die betriebsbezogene Fassung des § 6b EStG anzuwenden ist. Das setzt voraus, dass es sich bei dem angegriffe­nen Gewinnfeststellungsbescheid insoweit um einen Grundlagenbescheid han­delt oder ihm sonst insoweit eine materielle Bindungswirkung zukommt. Das ist jedoch ‑‑entgegen der Auffassung des Klägers‑‑ nicht der Fall.

aa) Ein Grundlagenbescheid liegt nach der Definition in § 171 Abs. 10 Satz 1 AO vor, wenn für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist. Nach § 179 Abs. 1 AO werden Besteuerungsgrundlagen nur dann durch Feststellungsbe­scheid gesondert festgestellt, wenn dies in der Abgabenordnung oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist.

Das aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Gebot der Ge­setzmäßigkeit der Verwaltung verlangt für die Vornahme solcher abgestufter (mehrstufiger) Steuerverwaltungsverfahren eine gesetzgeberische Verfahrens­entscheidung. Die unverzichtbare Rechtsgrundlage kann nicht durch allge­meine Zweckmäßigkeitserwägungen oder vergleichbare sinnvolle Überlegun­gen ersetzt werden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 11.04.2005 ‑ GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, unter C.4.a [Rz 37], m.w.N.; BFH-Urteil vom 20.06.2017 ‑ X R 26/15, BFHE 259, 251, BStBl II 2018, 58, Rz 24 f.). Darüber hinaus gebietet es die in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verbürgte Garantie eines effektiven Rechtsschutzes, dass die Gerichte angefochtene Ver­waltungsakte grundsätzlich in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachprüfen. Verfahrensstufungen mit bindenden Vorentscheidungen, die durch den Angriff gegen die Endentscheidung nicht mehr oder nur noch einge­schränkt einer gerichtlichen Prüfung zugeführt werden können, sind nur zuläs­sig, wenn die Bindung einer Behörde an vorangehende Feststellungen oder Entscheidungen einer anderen Behörde hinreichend klar aus einer gesetzlichen Bestimmung folgt, wenn gegen die mit Bindungswirkung ausgestattete Teil- oder Vorentscheidung ihrerseits effektiver Rechtsschutz zur Verfügung steht und wenn die Aufspaltung des Rechtsschutzes mit einer etwaigen Anfech­tungslast gegenüber der Vorentscheidung für den Bürger klar erkennbar und nicht mit unzumutbaren Risiken und Lasten verbunden ist (Beschluss des Bun­desverfassungsgerichts vom 31.05.2011 ‑ 1 BvR 857/07, BVerfGE 129, 1, Rz 68, 102; zum Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für die Annahme eines Grundlagenbescheids zuletzt auch BFH-Urteil vom 08.09.2020 ‑ X R 2/19, BFHE 271, 105, Rz 27).

bb) Nach Ansicht des Senats bestehen erhebliche Zweifel daran, ob aus § 6b EStG eine solche Befugnis zu gestuften Verwaltungsverfahren abgeleitet wer­den kann. Zwar kann der Norm entnommen werden, dass das Bilanzierungs­wahlrecht für die Bildung und Auflösung einer § 6b EStG-Rücklage immer durch entsprechenden Bilanzansatz im veräußernden Betrieb auszuüben ist, auch wenn die stillen Reserven aus der Rücklage auf Wirtschaftsgüter eines anderen Betriebs des Steuerpflichtigen übertragen werden sollen (z.B. BFH-Urteil in BFHE 240, 73, BStBl II 2013, 313, Rz 34 ff.). Ebenso kann der Norm entnommen werden, dass der reinvestierende Betrieb darüber entscheidet, ob und in welchem Umfang er bei Ansatz seiner Wirtschaftsgüter stille Reserven aus einer im veräußernden Betrieb gebildeten Reinvestitionsrücklage zum Ab­zug bringt. Einem Abzug kann danach etwa entgegenstehen, dass die Beteili­gungsverhältnisse des Übertragenden an dem veräußernden Betrieb nicht de­nen am reinvestierenden Betrieb entsprechen und deshalb eine (vollständige) Übertragung nicht zulassen (zu solchen Konstellationen aus Sicht der Besteue­rung des veräußernden Betriebs z.B. BFH-Urteile vom 12.07.1990 ‑ IV R 44/89, BFH/NV 1991, 599, und in BFHE 263, 44, BStBl II 2019, 313; BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 22).

Aus dem notwendigen Zusammenspiel bilanzsteuerrechtlicher Entscheidungen verschiedener Betriebsinhaber ergibt sich indes noch keine Grundlage dafür, dass das für den jeweiligen Betrieb zuständige Finanzamt das Vorliegen der Voraussetzungen für diese Fragen allein und mit Bindungswirkung für das je­weils andere Finanzamt prüft. Lediglich vorhandene Sachnähe und Zweckmä­ßigkeit genügen nach den vorgenannten Maßstäben hierfür nicht.

cc) Letztlich kann im Streitfall jedoch offenbleiben, ob und ggf. in welchem Verhältnis im Rahmen des § 6b EStG von einem gestuften Verwaltungsverfah­ren ausgegangen werden kann. Eine Rechtsverletzung des Klägers für das vorliegende Verfahren liegt in jedem Fall nicht vor.

(1) Ist kein gestuftes Verfahren anzuwenden, sind die Voraussetzungen des § 6b EStG für einen Abzug des in eine Rücklage im Einzelunternehmen des Klägers eingestellten Gewinns von den Anschaffungskosten eines Wirtschafts­guts der S‑KG (auch) von dem für das Besteuerungsverfahren der S‑KG zu­ständigen Finanzamt eigenständig zu prüfen. Dementsprechend hätte auch das FG im Streitfall das Vorliegen der Voraussetzungen in vollem Umfang zu prüfen. Der Ausgang dieses die S‑KG betreffenden Verfahrens hätte allerdings keine Bindungswirkung für das Besteuerungsverfahren des veräußernden Be­triebs, hier also für die Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer. Der Kläger könnte daher im vorliegenden Verfahren nur eine Verschlechterung sei­ner Rechtsposition erreichen, ohne dass dies zu einer Verbesserung seiner Rechtsstellung im Besteuerungsverfahren seines Einzelunternehmens führen könnte. Eine Rechtsverletzung des Klägers durch die Feststellung eines seiner Ansicht nach zu niedrigen Ergänzungsbilanzgewinns im Gewinnfeststellungs­bescheid der S‑KG wäre also ausgeschlossen.

(2) Träfe die Ansicht des FA und des BMF zu und wäre ‑‑mit Bindungswirkung für die Besteuerung des reinvestierenden Betriebs‑‑ alleine im Besteuerungs­verfahren für den veräußernden Betrieb über die Übertragbarkeit der stillen Reserven zu entscheiden, so könnte der Kläger im Klageverfahren gegen den Gewinnfeststellungsbescheid der S‑KG mangels Bindungswirkung dieses Be­scheids für die Besteuerung seines Einzelunternehmens ebenfalls keine Ver­besserung seiner Rechte erreichen. Allein die Feststellung eines seiner Ansicht nach zu niedrigen Ergänzungsbilanzgewinns verletzte ihn nicht in seinen Rech­ten.

(3) Aber auch nach der von dem Kläger angenommenen Rechtslage kann er vorliegend keine Verbesserung seiner Rechtsposition erreichen.

Der Kläger behauptet selbst nicht, dass im Gewinnfeststellungsverfahren der S‑KG als dem reinvestierenden Betrieb mit bindender Wirkung auch über die Zulässigkeit der Bildung einer Reinvestitionsrücklage in seinem Einzelunter­nehmen als dem veräußernden Betrieb zu entscheiden sei. Er sieht in dem Ge­winnfeststellungsbescheid für den reinvestierenden Betrieb lediglich insoweit einen Grundlagenbescheid für das Besteuerungsverfahren des veräußernden Betriebs, als im Besteuerungsverfahren für den reinvestierenden Betrieb mit bindender Wirkung "über den Umfang der Übertragungsmöglichkeit" entschie­den werde, und beruft sich insoweit auf das BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 599 und auf den BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 22. Dabei schließt seiner Ansicht nach die Frage, ob im Einzelfall die gesellschafterbezogene Fassung oder die betriebsbezogene Fassung des § 6b EStG zur Anwendung kommt, auch den Umfang der Übertragungsmöglichkeit mit ein, denn von der Beantwortung der Frage hänge ab, ob überhaupt eine rechtsträgerübergreifende Übertragung möglich sei.

Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Ob die Veräußerung des Grundbe­sitzes im Einzelunternehmen des Klägers bis zum 31.12.2001 oder erst danach erfolgte, wovon die anzuwendende Fassung des § 6b EStG abhängt, entschei­det sich allein auf Grundlage von Vorgängen im Bereich seines Einzelunterneh­mens und damit des veräußernden Betriebs. Es geht um die Frage, in welchem Jahr der Gewinn aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts durch den veräu­ßernden Betrieb entsteht und deshalb ggf. nach § 6b Abs. 3 EStG auch gesell­schafterbezogen übertragen werden kann. Diese Frage betrifft allein den ver­äußernden Betrieb und ist abschließend von dem für dessen Besteuerung zu­ständigen Finanzamt zu entscheiden. Es geht nicht um die Frage, ob in dem Umfang, in dem der Übertragende im reinvestierenden Betrieb einen Abzug vornehmen will, dort überhaupt auf ihn entfallende Anschaffungs- oder Her­stellungskosten vorliegen. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von den Sachverhalten, die den von dem Kläger zitierten Entscheidungen in BFH/NV 1991, 599 und in BFH/NV 2006, 22 zugrunde lagen, und in denen dem Be­scheid für den reinvestierenden Betrieb in gewissem Umfang Grundlagenfunk­tion für die Besteuerung des veräußernden Betriebs zugesprochen wurde.

Dahinstehen kann daher, ob an dieser Rechtsprechung angesichts der oben genannten Zweifel (s. oben II.3.b bb) überhaupt festgehalten werden könnte. Denn selbst wenn danach dem Bescheid für den reinvestierenden Betrieb hin­sichtlich des "Umfangs der Übertragungsmöglichkeit" Bindungswirkung für das Besteuerungsverfahren des veräußernden Betriebs zukommen sollte, wäre je­denfalls die streitentscheidende Frage, ob die Veräußerung des Grundbesitzes des Klägers in seinem Einzelunternehmen bis zum 31.12.2001 oder erst da­nach erfolgt ist, nicht im Besteuerungsverfahren der S‑KG als dem reinvestie­renden Betrieb zu entscheiden. Dementsprechend wäre der Kläger auch in die­sem Fall durch die seiner Ansicht nach zu niedrige Feststellung eines Ergän­zungsbilanzgewinns nicht in seinen Rechten verletzt.

c) Entgegen der Ansicht des Klägers kann der Grundsatz von Treu und Glau­ben an dem Entscheidungsergebnis nichts ändern. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger insoweit auf das BFH-Urteil vom 19.01.1989 ‑ IV R 2/87 (BFHE 155, 491, BStBl II 1989, 393, unter 4.c [Rz 22]). Danach kann einem Finanzamt die Anpassung eines Folgebescheids an den Grundlagenbescheid nach Treu und Glauben versagt sein, wenn das Finanzamt durch sein Verhalten im Folge­bescheidsverfahren den Steuerpflichtigen davon abgehalten hat, den Grundla­genbescheid anzufechten. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass sich das FA in dieser Weise treuwidrig dem Kläger gegenüber verhalten und ihn von einer Anfechtungsklage gegen die Einspruchsentscheidung des FA S abgehalten hat.

Der Kläger verweist auch ohne Erfolg darauf, er habe darauf vertraut, dass das FG die Klage für zulässig erachte, da das FG im Rahmen der Entscheidung über die (als unbegründet abgelehnte) AdV noch von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen sei. Aus der geänderten Rechtsansicht des FG im ange­griffenen Urteil gegenüber seiner Entscheidung im vorangegangenen Verfah­ren des vorläufigen Rechtsschutzes kann kein dem FA zurechenbarer Verstoß gegen Treu und Glauben abgeleitet werden. Im Übrigen könnte aus einem Vertrauen im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage kein dahingehendes Ver­trauen abgeleitet werden, dass der Rechtsauffassung des Klägers in der Sache zu folgen sei.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2, § 139 Abs. 4 FGO.

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