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BFH: Entlastung von Kapitalertragsteuer trotz Zwischenschaltung einer GbR

Eine unmittelbare Beteiligung i.S. des § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG liegt auch dann vor, wenn diese Beteiligung unter Zwischenschaltung einer vermögens­verwaltenden, nicht gewerblich geprägten GbR gehalten wird. Maßgebend ist die steuerrechtliche Bruchteilsbetrachtung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO.

EStG § 43b, § 50d Abs. 1 und 3, § 20 Abs. 1 Nr. 1
AO § 39 Abs. 2 Nr. 2
KStG § 8b Abs. 4
MTR 2011 Art. 3 Abs. 1, Art. 5
DBA-Niederlande 1959 Art. 13

BFH-Beschluss vom 18.5.2021 ‑ I R 77/17 (veröffentlicht am 9.9.2021)

Vorinstanz: FG Köln vom 13.9.2017 ‑ 2 K 2933/15 (= SIS 17 23 96)

 I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob Dividenden auch dann gemäß § 43b des Einkommensteuergesetzes in der für das Jahr 2014 geltenden Fassung (EStG) von Kapitalertragsteuer zu entlasten sind, wenn die Beteiligung an der aus­schüttenden Kapitalgesellschaft über eine rein vermögensverwaltende GbR gehalten wird.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine nach dem Recht der Niederlande gegründete Genossenschaft mit Sitz in Z (Niederlande). Sie ist seit ...2013 zu mindestens 10 % an einer vermögensverwaltenden GbR betei­ligt, der X‑GbR. Weiterer Gesellschafter der X‑GbR ist eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, an der fast ausschließ­lich natürliche Personen beteiligt sind. Die X‑GbR hält ihrerseits 100 % der Anteile an der inländischen Y‑AG. Die Zwischenschaltung der X‑GbR war aus regulatorischen Gründen erforderlich.

Die Y‑AG nahm am ...2014 eine Gewinnausschüttung vor; der Anteil der Klägerin belief sich auf ... €. Hiervon behielt die Y‑AG Kapitaler­tragsteuer in Höhe von 25 % (... €) zuzüglich Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 % (... €) ein und führte sie an das zuständige Finanz­amt ab.

Die Klägerin stellte daraufhin beim Beklagten und Revisionskläger (Bundes­zentralamt für Steuern ‑‑BZSt‑‑) einen Antrag auf vollständige Freistellung und Erstattung gemäß § 50d Abs. 1 i.V.m. § 43b EStG, hilfsweise einen Antrag auf Freistellung und Erstattung gemäß § 50d Abs. 1 EStG i.V.m. Art. 13 Abs. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem König­reich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonsti­ger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete vom 16.06.1959 (BGBl II 1960, 1782, BStBl I 1960, 382) ‑‑DBA-Niederlande 1959‑‑, der eine Beschränkung der Kapitalertragsteuer auf 10 % vorsehe.

Mit dem Bescheid vom 22.01.2015 über die Freistellung und Erstattung von deutschen Abzugsteuern vom Kapitalertrag setzte das BZSt die Freistel­lung/Erstattung auf lediglich 10 % der Ausschüttung zuzüglich des gesamten Solidaritätszuschlags fest. Grundlage sei die in Art. 13 Abs. 1 bis 3 DBA‑Niederlande 1959 vorgesehene Beschränkung der Kapitalertragsteuer. Ein Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) Köln gab der hiergegen gerichteten Klage mit Urteil vom 13.09.2017 ‑ 2 K 2933/15 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2018, 383) statt, da die Klägerin die Voraussetzungen des § 50d Abs. 1 i.V.m. § 43b EStG erfülle. Sie sei trotz Zwischenschaltung der X‑GbR i.S. des § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG "unmittelbar" an der Y‑AG beteiligt gewesen. Dies ergebe sich aus § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO), da die X‑GbR eine rein vermö­gensverwaltende Personengesellschaft und keine Mitunternehmerschaft sei. Entsprechendes gelte im Rahmen des § 17 EStG und des § 8b Abs. 4 des Kör­perschaftsteuergesetzes in der für das Jahr 2014 geltenden Fassung (KStG). Aus der Richtlinie 2011/96/EU des Rates vom 30.11.2011 über das gemein­same Steuersystem der Mutter‑ und Tochtergesellschaften verschiedener Mit­gliedstaaten (Amtsblatt der Europäischen Union ‑‑ABlEU‑‑ 2011, Nr. L 345, 8) i.d.F. der Richtlinie 2013/13/EU des Rates vom 13.05.2013 zur Anpassung be­stimmter Richtlinien im Bereich Steuern anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien (ABlEU 2013, Nr. L 141, 30) ‑‑Mutter‑Tochter‑Richtlinie (MTR 2011)‑‑ könne kein anderes Ergebnis hergeleitet werden.

Das BZSt macht mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend und beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage ab­zuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

II.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a FGO. Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforder­lich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Das FG hat zu Recht entschieden, dass der angefochtene Bescheid vom 22.01.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.09.2015 dahin zu ändern ist, dass die Klägerin hinsichtlich der Ausschüttung der Y‑AG vom ...2014 in vollem Umfang von der Kapitalertragsteuer entlastet wird (§ 50d Abs. 1 Satz 2 und 3 i.V.m. § 43b EStG). Die Zwischenschaltung der X‑GbR war hierfür unschädlich.

1. Nach § 43b Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 EStG wird für Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG auf Antrag keine Kapitalertragsteuer erhoben, wenn diese Kapitalerträge einer Muttergesellschaft, die weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung im Inland hat, aus Ausschüttungen einer unbeschränkt steu­erpflichtigen Tochtergesellschaft zufließen.

Die Muttergesellschaft muss in Anlage 2 zum EStG aufgeführt und nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a MTR 2011 zum Zeitpunkt der Entstehung der Kapitalertrag­steuer (§ 44 Abs. 1 Satz 2 EStG) nachweislich zu mindestens 10 % unmittel­bar am Kapital der Tochtergesellschaft beteiligt sein (§ 43b Abs. 2 Satz 1 EStG). Die Tochtergesellschaft muss ebenfalls in Anlage 2 zum EStG aufge­führt sein sowie die in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b MTR 2011 bezeichneten Voraus­setzungen erfüllen (§ 43b Abs. 2 Satz 3 EStG). Darüber hinaus muss die Be­teiligung nachweislich ununterbrochen 12 Monate bestehen; hierfür reicht es aus, wenn der erforderliche Beteiligungszeitraum erst nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Kapitalertragsteuer vollendet wird (§ 43b Abs. 2 Satz 4 und 5 EStG). Die Entlastung von Kapitalertragsteuer gilt nicht für Kapitalerträge, die der Muttergesellschaft anlässlich der Liquidation oder Umwandlung einer Toch­tergesellschaft zufließen (§ 43b Abs. 1 Satz 4 EStG).

2. Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass diese Voraussetzungen im Streitfall grundsätzlich erfüllt sind.

Sowohl die Rechtsform der Klägerin als auch die Rechtsform der Y‑AG sind in Anlage 2 zum EStG (Nr. 1 Buchst. f "Aktiengesellschaft" und Buchst. t "Coöperatie") aufgeführt. Darüber hinaus sind die Ausschüttungen der Y‑AG Dividenden i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die der Klägerin aus einem ande­ren Anlass als der Liquidation oder Umwandlung der Y‑AG zugeflossen sind. Auch die Mindestbeteiligungsquote wird von der Klägerin grundsätzlich erfüllt, da sie nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) über die X‑GbR zu mindestens 10 % an der Y‑AG beteiligt war. Zum Zeitpunkt des Antrags der Klägerin am 12.06.2014 bestand diese Beteiligung ununter­brochen seit 12 Monaten.

3. Darüber hinaus hat das FG zu Recht entschieden, dass die Klägerin an der Y‑AG "unmittelbar" i.S. des § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG beteiligt war. Die Zwi­schenschaltung der X‑GbR war hierfür unschädlich.

Auf Grundlage der bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ist davon auszugehen, dass es sich bei der X‑GbR um eine vermögensverwalten­de, nicht gewerblich geprägte GbR handelt. Wird die Beteiligung an einer Kapi­talgesellschaft über eine vermögensverwaltende, nicht gewerblich geprägte GbR gehalten, ist sie wegen § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO als "unmittelbar" i.S. des § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG anzusehen (Intemann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 43b EStG Rz 8; Geurts in Bordewin/Brandt, § 43b EStG Rz 22 a.E.; Baumgartner/Brühl, Finanz-Rundschau ‑‑FR‑‑ 2020, 1033, 1036; Brühl/ Baumgartner, Internationales Steuerrecht ‑‑IStR‑‑ 2019, 784; Bullinger, IStR 2004, 406, 409; a.A.: Hasselmann in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommen­steuerrecht, § 43b Rz 36; Wenzel in Kirchhof/Kulosa/Ratschow, EStG, § 43b Rz 27). Auf die Besonderheiten von Mitunternehmerschaften i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, die zu einer Einschränkung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO führen (vgl. Bundesfinanzhof ‑‑BFH‑‑, Urteil vom 03.02.2010 ‑ IV R 26/07, BFHE 228, 365, BStBl II 2010, 751, m.w.N.), kommt es im Streitfall nicht an.

a) Entgegen der Auffassung des BZSt widerspricht die Einbeziehung von Betei­ligungen, die über eine vermögensverwaltende, nicht gewerblich geprägte GbR gehalten werden, nicht dem Wortlaut des § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG. Vielmehr kann das Erfordernis einer unmittelbaren Beteiligung sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich zu verstehen sein.

Nur eine rein zivilrechtliche Betrachtung, bei der die Rechtsprechung des Bun­desgerichtshofs zur Rechtsfähigkeit einer Gesamthand in der Rechtsform der GbR zu beachten wäre (Urteil vom 29.01.2001 ‑ II ZR 331/00, BGHZ 146, 341), führt dazu, bei Zwischenschaltung einer solchen GbR von einer lediglich mittelbaren Beteiligung auszugehen. Bei steuerrechtlicher Betrachtung wäre dagegen die Voraussetzung einer unmittelbaren Beteiligung erfüllt. Dies folgt aus der Bruchteilsbetrachtung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO.

Nach dieser Vorschrift sind Wirtschaftsgüter, die mehreren Personen zur ge­samten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zuzurechnen, soweit eine ge­trennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Die Notwendigkeit einer solchen Zurechnung muss sich aus den Einzelsteuergesetzen ergeben (BFH-Urteil vom 04.10.1990 ‑ X R 148/88, BFHE 162, 304, BStBl II 1992, 211). Sie liegt grundsätzlich vor, wenn der von der Gesellschaft verwirklichte Tatbestand steuerrechtlich nicht von Bedeutung und deshalb beim Gesellschaf­ter selbst zu berücksichtigen ist (BFH-Urteil vom 03.02.2010 ‑ IV R 26/07, BFHE 228, 365, BStBl II 2010, 751). Die Besteuerung darf also nicht die Ge­samthand, sondern muss die Gesamthänder erfassen (BFH-Urteil vom 07.12.1988 ‑ II R 150/85, BFHE 155, 395, BStBl II 1989, 237).

Diese Voraussetzungen sind für Zwecke der Einkommen- und Körperschaft­steuer bei rein vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Perso­nengesellschaften erfüllt (vgl. BFH-Urteile vom 06.10.2004 ‑ IX R 68/01, BFHE 207, 24, BStBl II 2005, 324; vom 02.04.2008 ‑ IX R 18/06, BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679; BFH-Beschluss vom 21.07.2016 ‑ IV R 26/14, BFHE 254, 371, BStBl II 2017, 202). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Gesamt­hand den Besteuerungstatbestand verwirklicht, aber selbst nicht Schuldnerin der Einkommen- und Körperschaftsteuer ist (vgl. BFH-Urteile vom 27.07.2004 ‑ IX R 20/03, BFHE 206, 444, BStBl II 2005, 33; in BFHE 207, 24, BStBl II 2005, 324; BFH-Beschluss in BFHE 254, 371, BStBl II 2017, 202). Steuerschuldner sind vielmehr die Gesellschafter, die steuerrechtlich jeweils eigenständig zu behandeln sind. Daher ist auch eine getrennte Zurechnung der anteiligen Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft, die ihren Gesellschaftern zur gesamten Hand zustehen und aus denen sie Einkünfte erzielen, Grundlage der Besteuerung (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.09.2018 ‑ GrS 2/16, BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262; BFH-Urteil vom 27.06.2019 ‑ IV R 44/16, BFHE 265, 371, BStBl II 2020, 24, jeweils zum Merkmal des eigenen Grundbesitzes gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbe­steuergesetzes ‑‑GewStG‑‑).

Das BZSt kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass weder die grund­sätzliche Verpflichtung zum Abzug der Kapitalertragsteuer noch die teilweise Entlastung nach Art. 13 Abs. 1 bis 3 DBA‑Niederlande 1959 eine unmittelbare Zurechnung der Beteiligung voraussetzten und § 43b EStG lediglich eine zu­sätzliche ‑‑für die Besteuerung nicht erforderliche‑‑ Privilegierung darstelle (a.A. Kaeser/Wassermeyer in Wassermeyer, MA Art. 10 Rz 92 zum abkom­mensrechtlichen Schachtelprivileg). Denn der Durchgriff auf einzelne in der Einheit der Gesellschaft verwirklichte Sachverhaltsmerkmale ist bereits dann i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO erforderlich, wenn nur auf diese Weise die sach­lich richtige Besteuerung des an einer Personengesellschaft oder einer steuer­rechtlich gleichwertigen Rechtsgemeinschaft Beteiligten sichergestellt werden kann (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rz 82, m.w.N.).

Aufgrund der durch § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO angeordneten Bruchteilsbetrachtung ist ein im Gesamthandsvermögen einer vermögensverwaltenden, nicht ge­werblich geprägten GbR gehaltenes Wirtschaftsgut ‑‑im Streitfall die Beteili­gung an der Y‑AG‑‑ anteilig als eigenes Wirtschaftsgut der Gesellschafter ‑‑im Streitfall der Klägerin‑‑ anzusehen. Daraus folgt, dass bei steuerrechtlicher Betrachtung trotz Zwischenschaltung der X‑GbR eine unmittelbare Beteiligung der Klägerin an der Y‑AG vorliegt (vgl. auch BFH-Beschluss in BFHE 254, 371, BStBl II 2017, 202 "unmittelbare Anteilsrechte").

b) Für das Erfordernis der unmittelbaren Beteiligung i.S. des § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG hat das FG zutreffend die steuerrechtliche und nicht die rein zivil­rechtliche Betrachtung für maßgeblich erachtet.

aa) Hierfür spricht insbesondere eine systematische Auslegung unter Berück­sichtigung des § 8b Abs. 4 KStG, der in Satz 1 eine Ausnahme von der allge­meinen Dividendenfreistellung des § 8b Abs. 1 KStG regelt. § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG setzt voraus, dass die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zu Beginn des Kalenderjahres "unmittelbar" weniger als 10 % des Grund‑ oder Stamm­kapitals betragen hat. Hierfür fingiert § 8b Abs. 4 Satz 4 und 5 KStG, dass auch über eine Mitunternehmerschaft gehaltene Beteiligungen als unmittelbare Beteiligung gelten. Dagegen werden Beteiligungen, die über eine rein vermö­gensverwaltende Personengesellschaft gehalten werden, nicht erwähnt. Der Gesetzgeber ging somit erkennbar davon aus, dass eine solche Beteiligung wegen § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO auch ohne die Fiktion des § 8b Abs. 4 Satz 4 und 5 KStG zu einer unmittelbaren Beteiligung i.S. des § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG führt (vgl. auch Gosch, KStG, 4. Aufl., § 8b Rz 289e; Herlinghaus in Rödder/ Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8b Rz 453; M. Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 8b KStG Rz 509; Pung in Dötsch/Pung/ Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8b KStG Rz 258, m.w.N.; Blümich/ Rengers, § 8b KStG Rz 117c; Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl., § 8b Rz 562e; Watermeyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8b KStG Rz 128 und 135; Behrens/Renner/Faller, Deutsche Steuer-Zeitung 2014, 336, 337; Förster/ Lang, Steuerberater-Jahrbuch 2013/2014, 103, 118 und 129; Haisch/Helios, Der Betrieb 2013, 724, 725; Hechtner/Schnitger, Die Unterneh­mensbesteuerung 2013, 269, 271; Herlinghaus, FR 2013, 529, 536; Schönfeld, Deutsches Steuerrecht 2013, 937, 940; Wiese/Lay, GmbH-Rund­schau ‑‑GmbHR‑‑ 2013, 404, 407).

Der systematische Vergleich mit § 8b Abs. 4 KStG ist vor allem deshalb für § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG von Bedeutung, weil der Gesetzgeber mit § 8b Abs. 4 KStG auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Kommission/Deutschland vom 20.10.2011 ‑ C‑284/09 (EU:C:2011:670, Slg. 2011, I‑9879) reagiert hat und so die Unionsrechtskonformität der Besteue­rung von Streubesitzdividenden erreichen wollte (vgl. hierzu auch Watermeyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8b KStG Rz 8). Dem entsprechend geht die Mindestbeteiligungsquote von 10 % ‑‑ebenso wie in § 43b EStG‑‑ auf die MTR 2011 zurück. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Gesetz­geber die Voraussetzung der unmittelbaren Beteiligung in § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG und in § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG grundsätzlich gleich behandeln wollte. Da im Rahmen des § 8b Abs. 4 KStG aus der Sonderregelung für Mitunterneh­merschaften in den Sätzen 4 und 5 deutlich wird, dass die Zwischenschaltung rein vermögensverwaltender Personengesellschaften bereits unter den Grund­tatbestand der unmittelbaren Beteiligung fällt, schlägt dies somit auf die Auslegung des § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG durch.

bb) Darüber hinaus wird die Unschädlichkeit der Zwischenschaltung einer vermögensverwaltenden GbR auch durch die neuere Rechtsprechung des BFH zur erweiterten Gewerbesteuerkürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bestä­tigt. Denn der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluss in BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262 (nachfolgend BFH-Urteile in BFHE 265, 371, BStBl II 2020, 24; vom 22.05.2019 ‑ III R 21/16, BFH/NV 2020, 103) entschieden, dass die Voraussetzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, ausschließlich "eigenen" Grundbesitz zu verwalten und zu nutzen, auch dann erfüllt sei, wenn diese Tätigkeit über eine rein vermögensverwaltende, nicht gewerblich geprägte Personengesellschaft ausgeübt werde. Dies folge aus der anteiligen Zurech­nung des Grundbesitzes im Wege der Bruchteilsbetrachtung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO. Entsprechendes muss dann aber auch für das Erfordernis einer "un­mittelbar" gehaltenen Beteiligung i.S. des § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG gelten.

cc) Die Anwendung der Bruchteilsbetrachtung für die Beteiligung an einer Ka­pitalgesellschaft, die über eine vermögensverwaltende, nicht gewerblich ge­prägte GbR gehalten wird, entspricht auch der Rechtsprechung des BFH zu den Beteiligungsvoraussetzungen des § 17 EStG (BFH-Urteil vom 09.05.2000 ‑ VIII R 41/99, BFHE 192, 273, BStBl II 2000, 686; vgl. auch Schmidt in Herrmann/Heuer/Raupach, § 17 EStG Rz 88 und 122 a.E., m.w.N.).

dd) Aus der vom BZSt angeführten Rechtsprechung ergibt sich nichts Gegen­teiliges. Das Senatsurteil vom 04.04.1974 ‑ I R 73/72 (BFHE 112, 351, BStBl II 1974, 645) ist durch die bereits zitierte Rechtsprechung überholt und erging zum Erfordernis einer unmittelbaren Beteiligung nach § 9 KStG 1960; darüber hinaus ging es in dieser Entscheidung um eine Mitunternehmerschaft. Die BFH-Urteile vom 04.04.1974 ‑ III R 168/72 (BFHE 112, 401, BStBl II 1974, 598) und vom 15.06.1988 ‑ II R 224/84 (BFHE 153, 431, BStBl II 1988, 761) betrafen nicht das Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht, sondern das Be­wertungsgesetz 1960, dem eine abweichende Besteuerungssystematik zu­grunde lag.

Das BFH-Urteil vom 21.10.2014 ‑ VIII R 22/11 (BFHE 248, 129, BStBl II 2015, 687) spricht ebenfalls nicht gegen die steuerrechtliche Ausdeutung des Erfor­dernisses einer unmittelbaren Beteiligung i.S. des § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG. Zwar hat der BFH in dieser Entscheidung eine Auslegung des Begriffs des An­teilseigners i.S. des § 20 Abs. 2a EStG a.F. unter Rückgriff auf die Bruchteils­betrachtung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO abgelehnt, weil § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO nur für die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns gemäß § 17 EStG Anwendung finde. Dies ist aber seit dem Beschluss des Großen Senats in BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262 zur erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG überholt.

c) Auf die gegebenenfalls vom EuGH zu klärende Frage, ob bei der Beteiligung über eine vermögensverwaltende Personengesellschaft eine Quellensteuerent­lastung (auch) nach Art. 5 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a MTR 2011 vorge­schrieben ist, kommt es somit nicht mehr an. Im Rahmen der richtlinienkon­formen Auslegung des § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG reicht vielmehr die Feststel­lung, dass die MTR 2011 den Mitgliedstaaten jedenfalls nicht verbietet, für die streitige Beteiligungskonstellation eine Entlastung von Kapitalertragsteuer vor­zusehen. Im Übrigen wird die einschränkende Formulierung "unmittelbar" nur von § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG, nicht aber von der MTR 2011 verwendet.

4. Schließlich bestehen auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) und des EuGH-Beschlusses GS vom 14.06.2018 ‑ C‑440/17 (EU:C:2018:437, GmbHR 2018, 851) keine Anhaltspunkte, dass die Kapitalertragsteuerentlastung im Streitfall durch § 50d Abs. 3 EStG ausge­schlossen ist. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten zu Recht kein Streit.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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