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BFH: Jahr des Rentenbeginns bei aufgeschobener Altersrente

  1. Das ‑‑für die Höhe des Besteuerungsanteils maßgebliche‑‑ "Jahr des Ren­tenbeginns" (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG) ist das Jahr, in dem der Rentenanspruch entstanden ist, also seine Voraussetzun­gen erfüllt sind.
  2. Wird der Beginn des Renteneintritts auf Antrag des Rentenberechtigten zur Erlangung eines höheren Rentenanspruchs über das Erreichen der Regelalters­grenze hinaus aufgeschoben, ist der Zeitpunkt maßgeblich, den der Rentenbe­rechtigte in Übereinstimmung mit den entsprechenden Rechtsgrundlagen des für ihn geltenden Versorgungssystems als Beginn seiner aufgeschobenen Al­tersrente bestimmt.
  3. Der erstmals für das Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt, zu ermit­telnde steuerfreie Teilbetrag der Rente hat für Folgejahre keine Bindungswir­kung. Ein eventueller Fehler, der dem FA in einem bestandskräftig veranlagten Vorjahr bei der Ermittlung des steuerfreien Rententeilbetrags unterlaufen ist, ist daher nicht in die Folgejahre zu übernehmen.

EStG § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3, 5
AO § 157 Abs. 2, § 179 Abs. 1, § 182 Abs. 1 Satz 1

BFH-Urteil vom 31.8.2022, X R 29/20 (veröffentlicht am 1.12.2022)

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG vom 2.9.2020, 2 K 159/19 (EFG 2021, 41 = SIS 20 17 75)

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 2016 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger ist Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerks (V). Er vollendete im Oktober 2009 das 65. Lebensjahr.

Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des V haben Mitglieder, die ‑‑wie der Kläger‑‑ bis zum 31.12.2010 in das Versorgungswerk eingetreten und bis ein­schließlich 1950 geboren sind, mit Vollendung des 65. Lebensjahres (Alters­grenze) Anspruch auf lebenslange Altersrente. Auf Antrag dieser Mitglieder wird die Altersrente schon vor Erreichen der Altersgrenze gewährt, jedoch frü­hestens vom vollendeten 60. Lebensjahr an, wobei von den Rentenanwart­schaften Abschläge vorzunehmen sind (§ 13 Abs. 1 Sätze 4 bis 6 der Sat­zung). Umgekehrt wird auf Antrag der Beginn der Rentenzahlung über die Al­tersgrenze hinaus aufgeschoben, jedoch längstens für die Dauer von 36 Mona­ten nach Erreichen der Altersgrenze. In diesem Fall gewährt V Zuschläge zu der nach der regulären Altersgrenze erworbenen Rentenanwartschaft, die sich bei einem Aufschub von 36 Monaten auf 21,5 % belaufen; das Mitglied ist be­rechtigt, weitere Beiträge zu leisten (§ 13 Abs. 1 Sätze 7 bis 9 der Satzung). Der Anspruch auf Zahlung der Altersrente beginnt mit dem Monat, in dem der Anspruch entsteht (§ 13 Abs. 7 Satz 2 der Satzung).

Der Kläger beantragte bei V, den Beginn der Rentenzahlung um den höchst­möglichen Zeitraum von 36 Monaten hinauszuschieben. V stimmte dem zu und formulierte dabei, "dass Ihrem Antrag, den Beginn der Rentenzahlung ... hi­nauszuschieben, stattgegeben wird". Während des Aufschubzeitraums leistete der Kläger weitere Beiträge an V.

Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2016 vom 21.03.2018 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) Rentenzahlungen des V in Höhe von 49.582 € an, von denen er einen Rentenfreibetrag von 17.499 € ab­zog. Dieser Rentenfreibetrag war ermittelt worden, indem das FA auf den Ren­tenbetrag des dem tatsächlichen Beginn der Rentenzahlungen folgenden Jah­res (2013) den für einen Rentenbeginn im Jahr 2012 geltenden gesetzlichen Besteuerungsanteil von 64 % angewendet hatte, so dass sich ein nicht der Be­steuerung unterliegender Anteil von 36 % ergab.

Die Kläger begehren demgegenüber, von einem Rentenbeginn im Jahr 2009 ‑‑und damit von einem Besteuerungsanteil von lediglich 58 %‑‑ auszugehen. Schon damals habe ein Anspruch auf Altersrente bestanden; nur der tatsäch­liche Rentenbeginn sei hinausgeschoben worden. Nach der Satzung des V stel­le sich die Rechtslage so dar, dass der Kläger die Rente bereits mit Vollendung des 65. Lebensjahres erhalten habe, diesen Betrag aber sogleich wieder dem V zur Erhöhung seiner Rentenansprüche zur Verfügung gestellt habe. Damit sei der "Rentenbeginn" bereits mit dem Eintritt des Anspruchs auf Rentenzahlung im Jahr 2009 eingetreten.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner klageabweisenden Entscheidung (Entscheidungen der Fi­nanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2021, 41) aus, es sei bereits zweifelhaft, ob der Kläger im Streitjahr 2016 den schon im Jahr 2013 festgelegten Besteuerungsanteil im Hinblick auf eine etwaige Bindungswirkung dieser Festlegung überhaupt noch angreifen könne. Jedenfalls sei der Rentenfreibetrag vom FA zutreffend ermit­telt worden. Rentenbeginn i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppel­buchst. aa Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei das Jahr der ers­ten tatsächlichen Rentenzahlung. Schon der Gesetzeswortlaut spreche eher für ein Abstellen auf ein tatsächliches Ereignis als auf einen möglichen Rechtsan­spruch. Auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen werde erst ab der tatsächlichen Zahlung erhöht, nicht aber durch einen bloßen Rechtsanspruch, dessen Erfüllung zunächst hinausgeschoben werde. Zudem würde die Auffassung der Kläger zu erhöhtem Verwaltungsaufwand führen, da der einheitliche Rentenzahlbetrag für steuerliche Zwecke in vier Teilansprüche zerlegt werden müsste. Denn neben dem bereits im Jahr 2009 erdienten Hauptteil wären die in den Jahren 2010 bis 2012 jeweils erdienten zusätzlichen Beträge mit individuell zu ermittelnden Rentenfreibeträgen auf der Grundlage anderer Prozentsätze anzusetzen.

Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie halten eine Auslegung des Begriffs "Rentenbeginn" für unergiebig, da dieser Begriff "au­ßerordentlich mehrdeutig" sei. Auch die Berufung des FG auf das Leistungsfä­higkeitsprinzip überzeuge nicht, da die Auffassung des FG zu dem Ergebnis führe, dass derjenige mehr Steuern zahle, der die Rente später erhalte.

Das zutreffende Ergebnis folge vielmehr aus der Entstehungsgeschichte des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) und aus verfassungsrechtlichen Erwägun­gen. Der Gesetzgeber habe Bezüge aus Rentenanwartschaften, die im Zeit­punkt des Rentenbeginns schon zu größeren Teilen angewachsen gewesen seien, zu größeren Teilen steuerfrei stellen wollen als Bezüge aus Rentenan­wartschaften, die im Zeitpunkt des Rentenbeginns noch in geringeren Teilen angewachsen gewesen seien. Es sei sachwidrig, an letztlich beliebige Zeit­punkte der Auszahlung von Renten anzuknüpfen und damit dem jeweiligen Rentenberechtigten die Wahl seines Steuersatzes zu überlassen. Dann würde derjenige, der eine frühzeitige Auszahlung wähle, niedrigere Steuern zahlen als derjenige, der eine spätere Auszahlung wähle. Dies verletze Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Zudem handele es sich um eine echte Rückwirkung, da der Gesetzgeber in die schon vor dem Inkrafttreten des AltEinkG bestehen­de Möglichkeit der freien Wahl des Zeitpunkts der Rentenzahlung eingegriffen habe.

Der Kläger habe letztlich zwei Rentenansprüche erworben: Die um einen Zu­schlag erhöhte Rente aus der bereits bis zur Regelaltersgrenze erworbenen Anwartschaft habe mit der Möglichkeit, die Rente auch noch durch während der Aufschubzeit geleistete freiwillige Beiträge zu erhöhen, nichts zu tun. Auch ohne die Leistung freiwilliger Beträge werde die Rente dadurch, dass die Aus­zahlung verschoben werde, entsprechend erhöht. Die Anwendung eines ein­heitlichen Jahrs des Rentenbeginns auf beide Rentenbeträge führe zu einer unzulässigen doppelten Besteuerung.

Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 21.10.2019 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2016 vom 21.03.2018 dahingehend zu ändern, dass der steuerfreie Teil der Rente in Bezug auf denjenigen Rentenbetrag, der bereits bei einem Rentenbe­ginn am 01.10.2009 gezahlt worden wäre, nicht 36 %, sondern 42 % beträgt.

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsord­nung (FGO) zurückzuweisen.

1. Leibrenten, die u.a. aus den berufsständischen Versorgungswerken erbracht werden, gehören zu den Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppel­buchst. aa Satz 1 EStG). Der Anteil, der der Besteuerung unterliegt, ist nach dem "Jahr des Rentenbeginns" und dem für dieses Jahr maßgebenden Pro­zentsatz aus der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG enthaltenen Tabelle zu entnehmen. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem der Besteuerung unterliegenden Anteil der Rente ist der steuerfreie Teil der Rente. Dieser gilt ab dem Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt, für die gesamte Laufzeit des Rentenbezugs (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Sätze 4 und 5 EStG).

2. Entgegen der vom FG angedeuteten Auffassung lässt sich dieser Regelungs­systematik nicht entnehmen, dass der erstmals für das dem Jahr des Renten­beginns folgende Jahr zu ermittelnde steuerfreie Teilbetrag der Rente für die Folgejahre eine Bindungswirkung entfalten soll und damit ein eventueller Feh­ler, der dem FA bei der Ermittlung des steuerfreien Rententeilbetrags in dem genannten Jahr unterlaufen sein sollte, zwingend auch in die Folgejahre zu übernehmen wäre.

a) Wie das FG im Ausgangspunkt noch zutreffend erkannt hat, ist die in § 182 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) vorgesehene Bindungswirkung auf Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen be­schränkt. Die Durchführung einer solchen gesonderten Feststellung setzt ge­mäß § 179 Abs. 1 AO jedoch eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung entwe­der in der AO oder in einem anderen Steuergesetz voraus. Daran fehlt es für die Höhe des steuerfreien Rententeilbetrags. Damit gilt aber der Grundsatz des § 157 Abs. 2 AO, wonach die Besteuerungsgrundlagen einen mit Rechts­behelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids darstellen, soweit sie nicht gesondert festgestellt werden. Aus dieser fehlenden selbstän­digen Anfechtbarkeit folgt zugleich ihre fehlende Bindungswirkung für künftige Veranlagungszeiträume.

b) Was das FG mit einer "materiellen Bindungswirkung" meint und aus welcher Norm eine solche nach der Auffassung der Vorinstanz folgen sollte, bleibt un­klar. Jedenfalls müsste eine derartige materielle Bindungswirkung der Ermitt­lung des steuerfreien Rententeilbetrags für Folgejahre im Hinblick auf die da­mit eintretende Verkürzung der Rechtsschutzmöglichkeiten auf eine klare ge­setzliche Anordnung gestützt werden können (vgl. zu § 20 Abs. 4 Satz 1 des Umwandlungsteuergesetzes 1995 Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 08.06.2011 ‑ I R 79/10, BFHE 234, 101, BStBl II 2012, 421, Rz 15, m.w.N.). Daran fehlt es in den dargestellten Regelungen des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG. Dass der Rentenfreibetrag grundsätzlich "für die ge­samte Laufzeit des Rentenbezugs" gilt, bedeutet nicht die Anordnung einer (rechtsschutzverkürzenden) Bindungswirkung, sondern verdeutlicht lediglich das gesetzliche Regelungskonzept.

3. Das FG hat jedenfalls im Ergebnis zutreffend erkannt, dass als "Jahr des Rentenbeginns" in Bezug auf die Altersrente des Klägers der Veranlagungs­zeitraum 2012 anzusehen ist, der Besteuerungsanteil somit 64 % beträgt und sich der steuerfreie Teil der Rente auf 36 % des im Jahr 2013 bezogenen Ren­tenbetrags beläuft.

a) Schon nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des AltEinkG war die Höhe der ‑‑damals für die Rentenbesteuerung maßgebenden‑‑ Ertragsanteile vom "Be­ginn der Rente" abhängig und in einer Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Satz 3 EStG a.F. geregelt. Hierzu hat der BFH entschieden, dass als "Beginn der Rente" der Zeitpunkt des Entstehens des Rentenanspruchs ‑‑also die Erfül­lung seiner Voraussetzungen‑‑ anzusehen ist (BFH-Urteile vom 06.04.1976 ‑ VIII R 184/72, BFHE 118, 467, BStBl II 1976, 452, m.w.N.; vom 30.09.1980 ‑ VIII R 13/79, BFHE 132, 26, BStBl II 1981, 155, und vom 14.11.2001 ‑ X R 90/98, BFHE 197, 187, BStBl II 2002, 191, unter II.1.b).

Zu der ab 2005 geltenden ‑‑auch im Streitfall anzuwendenden‑‑ Rechtslage hat der Senat ausgeführt, die bisherige Rechtsprechung zum Begriff "Beginn der Rente" bleibe auch für den ab 2005 im Gesetz verwendeten Begriff "Jahr des Rentenbeginns" maßgeblich, da sich an ihren Grundlagen durch den Sys­temwechsel nichts geändert habe und für die Ermittlung des steuerpflichtigen Anteils der Rente weiterhin das Jahr des Rentenbeginns entscheidend sei (BFH-Urteil vom 09.12.2015 ‑ X R 30/14, BFHE 252, 134, BStBl II 2016, 624, Rz 20).

In rechtlicher Übereinstimmung damit ‑‑allerdings terminologisch leicht abwei­chend‑‑ sieht die Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Fi­nanzen vom 19.08.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz 220) als "Rentenbeginn" den­jenigen Zeitpunkt an, "ab dem die Rente (ggf. nach rückwirkender Zubilligung) tatsächlich bewilligt wird (siehe Rentenbescheid)". Dem hat sich die ‑‑soweit ersichtlich‑‑ einhellige Literaturauffassung angeschlossen (Nacke in Brandis/Heuermann, § 22 EStG Rz 116; Fischer in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl., § 22 Rz 39; Neudenberger/Wernsmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 22 Rz B 197; Stöcker in Bordewin/Brandt, § 22 Nr. 1 EStG Rz 176; BeckOK EStG/Hütte, 12. Ed. [01.03.2022], EStG § 22 Rz 353; Mues in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 22 Rz 116).

Das FG hat demgegenüber eine Formulierung aus Rz 21 des bereits zitierten Senatsurteils in BFHE 252, 134, BStBl II 2016, 624 herangezogen und ausge­führt, der Rentenbeginn liege in dem Jahr, in dem der Kläger die Leistungen tatsächlich erhalten habe. Diese Formulierung war jedoch ausschließlich auf den ‑‑hier nicht gegebenen‑‑ Sonderfall bezogen, dass sich der Rechtsgrund einer ausgezahlten Sozialleistung nachträglich geändert hatte und daher die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch anzu­wenden war. Auch dort hat der Senat als "Jahr des Rentenbeginns" das Jahr angenommen, in dem bei rückblickender, objektiv zutreffender Betrachtung der Rentenanspruch rechtlich entstanden war, obschon er zunächst in Gestalt einer anderweitigen Sozialleistung ausgezahlt worden war.

Damit war auch in der genannten Entscheidung für den Senat nicht etwa die erste tatsächliche Zahlung (also der Zufluss), sondern eine rechtliche Betrach­tung der Anspruchsvoraussetzungen maßgebend (so ausdrücklich bereits das insoweit grundlegende BFH-Urteil in BFHE 118, 467, BStBl II 1976, 452; kri­tisch zum vorinstanzlichen Urteil auch Schüler-Täsch in Herrmann/Heuer/Raupach, § 22 EStG Rz 169).

b) Nach diesen Grundsätzen ist in Fällen, in denen der Beginn des Rentenein­tritts auf Antrag des Rentenberechtigten zur Erlangung eines höheren Renten­anspruchs über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus aufgeschoben wird, zur Bestimmung des "Jahres des Rentenbeginns" der Zeitpunkt maßgeb­lich, den der Rentenberechtigte in Übereinstimmung mit den entsprechenden Rechtsgrundlagen des für ihn geltenden Versorgungssystems als Beginn der aufgeschobenen Altersrente bestimmt.

c) Auf dieser Grundlage ist für den Streitfall ‑‑in Übereinstimmung mit dem vom FG auf Basis seiner abweichenden Definition gefundenen Ergebnis‑‑ von einem Rentenbeginn zum 01.10.2012 auszugehen.

aa) Erst zu diesem Zeitpunkt war nach der vom Kläger gegenüber V abgege­benen Erklärung und der Satzung des V der Anspruch auf aufgeschobene Al­tersrente ‑‑der wesentlich höher ist als der Anspruch auf Regelaltersrente und daher mit diesem nicht identisch ist‑‑ entstanden. Auch V selbst hat bei Be­scheidung des Antrags des Klägers formuliert, der "Beginn der Rentenzahlung" werde hinausgeschoben.

bb) Anders als die Kläger meinen, lässt sich der Satzung des V nicht entneh­men, dass die Altersrente auch im Fall des Aufschubs ihres Bezugs schon mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Rentenberechtigten zu laufen beginnt, aber sogleich als für zusätzliche Beitragszahlungen verwendet gilt. Im Gegen­teil formuliert § 13 Abs. 1 Satz 7 der Satzung eindeutig, dass auf Antrag "der Beginn der Rentenzahlung" über die Altersgrenze hinaus aufgeschoben wird. Dabei handelt es sich nicht lediglich um eine Fälligkeitsregelung, sondern um eine Bestimmung, die die Entstehung des Anspruchs betrifft. Damit ist der sat­zungsrechtliche Begriff des "Beginns der Rentenzahlung" als "Rentenbeginn" i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG anzusehen. Die Satzung enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine Rente schon vor dem "Beginn der Rentenzahlung" anfangen soll zu laufen, sie aber zugleich als zusätzliche Beitragszahlung verwendet wird. Eine solche Auslegung wäre zu­dem unvereinbar damit, dass der Kläger bereits durch eigene Einzahlungen den nach der Satzung des V höchstzulässigen Jahresbeitrag geleistet hat und ihm die Leistung weiterer Beiträge daher satzungsmäßig gar nicht mehr mög­lich gewesen wäre.

cc) Im Gegensatz zur Auffassung der Kläger bezieht der Kläger auch nicht zwei Renten, die zu jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten zu laufen begonnen hät­ten. Vielmehr handelt es sich um eine einheitliche Rente, in deren Bemessung sowohl die ‑‑um einen Zuschlag erhöhten‑‑ bis zum Erreichen der Regelalters­grenzen erworbenen Anwartschaften eingehen als auch die durch freiwillige Beiträge nach Erreichen der Regelaltersgrenze erlangten weiteren Anwart­schaften. Die Satzung des V enthält keine Bestimmung, aus der man eine Grundlage für die von den Klägern vertretene Aufspaltung in zwei Renten ab­leiten könnte. Auch die Kläger haben auf Nachfrage in der mündlichen Ver­handlung keine derartige Satzungsregelung benennen können.

d) Die von den Klägern ‑‑allerdings ohne Anführung verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung oder einschlägiger Literatur‑‑ angestellten verfassungsrecht­lichen Erwägungen können der Revision ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen.

aa) Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt.

(1) Der Senat hat bereits mehrfach ‑‑auch bestätigt durch das Bundesverfas­sungsgericht (BVerfG)‑‑ entschieden, dass im Rahmen der gesetzlichen Über­gangsregelung für die Umstellung von der Ertragsanteilsbesteuerung auf die nachgelagerte Besteuerung der Altersbezüge aus der Basisversorgung auch gröbere Typisierungen und Generalisierungen zulässig sind (Senatsurteil vom 19.05.2021 ‑ X R 33/19, BFHE 273, 266, Rz 17 f., mit zahlreichen Nachweisen auch auf die Rechtsprechung des BVerfG). Diese verfassungsrechtlich zulässi­gen Typisierungen umfassen auch den Umstand, dass der Gesetzgeber den steuerfreien Rententeilbetrag vom Zeitpunkt des jeweiligen Jahres des Renten­beginns abhängig machen durfte. Insoweit hat er zudem lediglich die schon vor dem Inkrafttreten des AltEinkG bestehende Typisierung fortgeführt (zum Typisierungsgedanken bei dem im Rahmen der früheren Ertragsanteilsbe­steuerung verwendeten Begriff "Beginn der Rente" schon BFH-Urteil in BFHE 132, 26, BStBl II 1981, 155).

Zudem hat der BFH entschieden, dass Art. 3 Abs. 1 GG nicht dadurch verletzt wird, dass bei einer Rentennachzahlung ‑‑unabhängig vom Zeitpunkt des Zu­flusses des Nachzahlungsbetrags und dem erstmaligen Einsetzen laufender Zahlungen‑‑ auf den Zeitpunkt des Entstehens des Rentenanspruchs abgestellt wird, weil Fälle rechtzeitiger und verspäteter Antragstellung voneinander ver­schieden sind und daher auch zu verschiedenen steuerlichen Folgen führen können (BFH-Urteil in BFHE 118, 467, BStBl II 1976, 452). Dies gilt auch im vorliegenden Zusammenhang, da Fälle der Inanspruchnahme der Altersrente mit Erreichen der Regelaltersgrenze (im Fall des Klägers noch die Vollendung des 65. Lebensjahres) nicht identisch sind mit Fällen, in denen der Beginn der Rentenzahlung um drei Jahre hinausgeschoben wird. Die Abstellung auf das Jahr des jeweiligen Rentenbeginns beruht daher auf einem sachlichen Grund und nimmt die Unterschiede der verwirklichten Sachverhalte ‑‑die hier zudem vom Willen des Steuerpflichtigen abhängig und daher von ihm beeinflussbar sind‑‑ auf.

Darüber hinaus hat das FG zutreffend darauf hingewiesen, dass der vom Ge­setzgeber ‑‑in verfassungsrechtlich zulässiger Weise‑‑ mit der Typisierung ver­folgte Vereinfachungseffekt verloren ginge, wenn entsprechend dem Begehren der Kläger unterschiedliche Besteuerungsanteile und Rentenfreibeträge für die bis 2009 und die jeweils in den Jahren 2010 bis 2012 erdienten Rententeilbe­träge anzusetzen wären.

Im Übrigen wirkt die gesetzliche Typisierung sowohl zugunsten als auch zulas­ten des Steuerpflichtigen, ist also in ihren Ergebnissen neutral. Denn auch bei einem vorzeitigen Renteneintritt wird auf das Jahr abgestellt, in dem die ent­sprechenden Voraussetzungen für die bezogene vorgezogene Altersrente ‑‑einschließlich der dafür erforderlichen Antragstellung‑‑ erfüllt sind. Da diese Renten bereits zu einem früheren Zeitpunkt beginnen, ist im Rahmen der ge­setzlichen Übergangsregelung auch der für dieses frühe Renteneintrittsjahr festgelegte ‑‑geringere‑‑ Besteuerungsanteil anzusetzen.

(2) Das von den Klägern bemühte Leistungsfähigkeitsprinzip wird nicht da­durch verletzt, dass die Kläger für die hier gewählte Gestaltung ‑‑die zu einem weitaus höheren Rentenzahlbetrag als im Fall der Inanspruchnahme der Regel­altersrente geführt hat‑‑ eine höhere Steuer zahlen müssen als bei Inan­spruchnahme der Regelaltersrente. Maßgeblich ist vielmehr, dass sie mit all denjenigen Steuerpflichtigen gleichbehandelt werden, die im Jahr 2012 erst­mals eine Rente in Höhe der dem Kläger zugeflossenen Beträge beziehen.

(3) Soweit die Kläger ‑‑ohne nähere Darlegungen‑‑ vortragen, es komme durch den späteren Rentenbeginn und den daraus resultierenden erhöhten Be­steuerungsanteil zu einer gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden doppelten Be­steuerung, ist darauf hinzuweisen, dass das FA bereits während des Ein­spruchsverfahrens (Schreiben vom 26.07.2019) eine Berechnung zur Prüfung der doppelten Besteuerung vorgenommen hat. Aus dieser ergibt sich, dass die voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse nicht nur die aus ver­steuertem Einkommen geleisteten Beiträge an V, sondern sogar die an V ge­leisteten Gesamtbeiträge übersteigen. Konkrete rechtliche oder tatsächliche Einwendungen hiergegen haben die Kläger nicht erhoben.

bb) Die von den Klägern gesehene echte Rückwirkung liegt ebenfalls nicht vor. Es trifft nicht zu, dass der Gesetzgeber rückwirkend in die nach der Satzung des V schon vor 2005 bestehende Möglichkeit der freien Wahl des Zeitpunkts des Rentenbeginns eingegriffen hat. Denn die Mitglieder des V sind ‑‑wie auch der Kläger‑‑ auch ab 2005 frei darin, den Zeitpunkt ihres Rentenbeginns in den hierfür durch die Satzung des V gezogenen Grenzen zu wählen und neben der Regelaltersrente auch von den Möglichkeiten der vorgezogenen oder auf­geschobenen Altersrente Gebrauch zu machen.

Das BVerfG und der erkennende Senat haben bereits entschieden, dass die zum 01.01.2005 vorgenommenen Rechtsänderungen ‑‑auch soweit sie zu ei­ner höheren Einkommensteuer als nach der zuvor geltenden Rechtslage füh­ren‑‑ nicht gegen das Rückwirkungsverbot oder den Grundsatz des Vertrau­ensschutzes verstoßen (vgl. nur Senatsurteil in BFHE 273, 266, Rz 32, mit Nachweisen auf die Rechtsprechung des BVerfG und des Senats).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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